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GANGSTER’S PARADISE - JERUSALEMA

In der spärlichen Filmografie des Südafrikaners Ralph Ziman finden sich nur drei Arbeiten, vor JERUSALEMA mit deutlichem Abstand THE ZOOKEEPER von 2001 mit Sam Neill, der hierzulande nie veröffentlicht wurde.

Insofern nähert man sich JERUSALEMA mit keiner allzu großen Erwartungshaltung, da es sich hier nur um den x-ten Aufguss von SCARFACE zu handeln scheint. Also der Aufstieg und Fall eines Gangsters aus ärmlichen Verhältnissen, der dabei den Mythos des tragischen Helden aufrechterhält, die übliche Glorifizierung eines rücksichtslosen Kriminellen, meist das größte Problem dieses Genres, denn nur die wenigsten dieser Gestalten hatten tatsächlich das Zeug zum modernen Robin Hood.

So eine Figur ist auch Lucky Kunene, der in den Slums von Johannesburg aufwächst, eigentlich eine höhere Schulbildung anstrebt, aber dann doch im kriminellen Milieu hängenbleibt, das ihn zu einem reichen Mann macht.

Das Ganze findet vor dem langsamen Zusammenbruch des Apartheidregimes statt, insofern ist Kunene in doppelter Hinsicht eine Bedrohung für die Weißen, einmal als gefährlicher Krimineller und als Ausdruck des erstarkenden Selbstbewusstseins der unterdrückten Schwarzen Bevölkerung.

Und so ist Kunene tatsächlich lange Zeit eine Art Robin Hood, der sein Geld damit verdient, indem er weiße Immobilienbesitzer um ihren verwahrlosten Mietskasernen erleichtert, um damit selbst Geld zu verdienen.

Aber zu großer Erfolg ruft auch Neider auf den Plan, in Gestalt von anderen Slumlords, deren Drogengeschäfte durch Kunene behindert werden, was ihn in einen brutalen Bandenkrieg hineinzieht, der den Weißen Cops gerade recht kommt, denen der saubere Herr Kunene ebenfalls ein Dorn im Auge ist.

Lucky Kunene ist zwar eine fiktive Figur, die Ereignisse, die Ziman zu seinem kraftvollen Gangsterfilm inspirierten, sollen tatsächlich so stattgefunden haben, vor allem in Bezug auf die angesprochenen ungewöhnlichen Immobiliengeschäfte.

Ansonsten kommt einem die Story von JERUSALEMA natürlich bekannt vor, wobei Ziman seinem Film durch die starke Einbeziehung der politischen Entwicklungen in Südafrika bis Mitte der Neunziger eine Form von Authentizität verleiht, die eben nicht jedes beliebige Gangstermärchen zu bieten hat.

Und so fühlt sich JERUSALEMA über weite Strecken wie die Biographie eines real existierenden Menschen mit all seinen Widersprüchen an, großartig von dem eher unbekannten Rapulana Seiphemo verkörpert, der Kunene zu einer sehr ambivalenten Figur macht.

Eher ein cleverer Geschäftsmann als ein grobschlächtiger Gangster, der seine Herkunft nie gänzlich abschütteln kann und zum Sündenbock für die gescheiterte politische Umgestaltung des Landes wird, in dem Millionen schwarzer Südafrikaner immer noch im Elend leben und Mord- und Totschlag an der Tagesordnung sind.

Insofern steckt in JERUSALEMA mehr, als es im ersten Moment den Anschein hat, auch wenn man Zimans Film einfach nur als spannenden, temporeichen und harten Gangsterstreifen mit schicken Bildern wegkonsumieren kann.

Vielleicht nicht ganz so brillant und episch wie CITY OF GOD, aber durchaus in dessen Nähe anzusiedeln. Die Originaltonspur trägt übrigens durchaus zur Atmosphäre von JERUSALEMA bei, denn da wird ein wildes Gemisch aus Afrikaans, Englisch und anderen afrikanischen Dialekten und Slangformen gesprochen.