KAHLSCHLAG

1992 tobte in Rostock-Lichtenhagen ein rechter Mob, versuchte Asylbewerber umzubringen, bald darauf kam es in Mölln zu einem rechtsextremen Mordanschlag auf türkische Migranten – und 1993 zum Brand- und Mordanschlag von Solingen.

In Deutschland tobte der Streit ums Asylrecht, die Stimmung war aufgeheizt, es bildete sich eine rechte Jugendsubkultur heraus, die sich damals vorzugsweise mit Insignien der Skinhead-Szene schmückte.

In dieser Atmosphäre entstand der ARD-Spielfilm „Kahlschlag“, der, in Köln spielend, die Wandlung des sechzehnjährigen Robin vom rebellischen, intelligenten Außenseiter zum rechten Skinhead erzählt – und die seiner Läuterung.

Im Grunde war und ist diese Geschichte, dieser Film eine lobenswerte Sache, doch schaut man sich den Film an, kommt es einem vor, als stamme der mindestens aus den frühen Achtzigern, so holzschnittartig sind die Figuren dargestellt, so absehbar ist die Geschichte, so schlecht die schauspielerischen Leistungen.

Vielleicht kann man mit diesem Film als Sozialarbeiter heute vor Zwölfjährigen noch Eindruck machen, als Erwachsener mit entsprechendem subkulturellem Hintergrund und einem Mindestanspruch an filmemacherischer Qualität ist man dann doch eher fassungslos.

Zum Kultfilm für die Skinhead-Gemeinde à la „Romper Stomper“ oder „Clockwork Orange“ taugt er nur bedingt: nämlich um sich, losgelöst von der mahnenden Geschichte über rechte Verführer, zu später Stunde mit reichlich Bier kaputt zu lachen über die klischeehaften Skinhead- und Nazi-Darstellungen sowie die miesen schauspielerischen Leistungen allgemein.

„Star“ des Films ist übrigens Willi Herren, der „Olli“ aus der Lindenstraße, der dort ja seinerzeit auch als Skinhead auftrat. Und die Musik? Miserabel – kein Punk, kein Oi!.