VEIL

Worte gegen das Nichts

VEIL, Hannovers’s Finest in Sachen Straight Edge-Hardcore, haben eine neue Platte raus – ihre zweite. 1994 ohne ernste Hintergedanken für einen einmaligen Festivalauftritt gegründet, stellte sich das Zusammenspiel für Raoul (Gesang), Nils (Gitarre), Flo (Schlagzeug) und Jens (Bass) als so harmonisch dar, dass man der Einfachheit halber beschloss, seine alten Bands dranzugeben und fortan als VEIL zusammen weiterzumachen. Es folgten diverse Singles auf kleinen D.I.Y.-Labels (letztes Jahr als „The Works“ in CD-Form wiederveröffentlicht), ’96 dann das erste Album auf dem ebenfalls in Hannover ansässigen Label Frontline Records. VEIL tourten u.a mit 108 und letztes Jahr im Vorprogramm von BIOHAZARD – und dann kam das Angebot des neugegründeten Dortmunder Hardcorelabels Kingfisher, das neue Album hier zu veröffentlichen. „Words vs. Nothing“ ist jetzt raus, ein wütend-komplexes Album zwischen New School und Old School, mit einer stimmigen Mischung aus melodischen und aggressiv-metallischen Parts, der man durchaus anhört, dass Snapcase seinerzeit eine prägenden Einfluss bei den vier hinterlassen haben. Professionalität – ein wichtiges Stichwort für Sänger Raoul Festante. Im Grunde ihres Herzens der D.I.Y.-Idee verbunden, merkten VEIL schon vor dem Release des ersten Albums, dass die Band ganzen Einsatz erforderte und sich wachsender Beliebtheit erfreute. In letzter Konsequenz führte das zum Deal mit Kingfisher, denn hier, so Raoul sei die Kombination aus professionellem Arbeiten und persönlichem Kontakt einfach gewährleistet. VEIL, das merkt man, sind ambitioniert und selbstbewusst, wissen um die Notwendigkeit Kompromisse eingehen zu müssen zwischen der Band als Ausdruck der eigenen Kreativität und Lebenseinstellung einerseits und finanziellem Fiasko andererseits – letzteres eine Erfahrung, die aus selbstausbeuterischen Touren und Aktionen der frühen Bandtage herrührt und nach denen sich Raoul kaum zurücksehnt. Jetzt aber plötzlich das dicke Geld zu verdienen mit Hardcore, den Gedanken hegen VEIL trotz allem nicht – nur das ständige Draufzahlen, wovon wohl so ziemlich jede Band ein Lied singen kann, das hat jetzt wohl ein Ende. Sind die Alltagssorgen erstmal aus der Welt, ist der Kopf frei für die wesentlichen Dinge – Songs und Texte zu schreiben. VEIL sind bis heute Teil der europäischen Straight Edge-Szene, im Gegensatz zu anderen Formationen promoten die vier Hannoveraner diese Idee aber eher unterschwellig, setzen mehr auf durchdachte, persönliche Text als auf Holzhammer-Parolen. Eine durchaus angenehme Eigenschaft, die trotzdem nicht im Widerspruch steht zum Albumtitel: in Zeiten, da fast jede Jugendkultur massivst von Werbestrategen ins Visier genommen wird, stehen eben „Worte gegen das Nichts“.