UNFINISHED SYMPATHY

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Die SCORPIONS und Punkrock

THE UNFINISHED SYMPATHY aus Barcelona haben gerade ihr neues Album „An Investment in Logistics“ via Strange Fruit in Deutschland veröffentlicht, nachdem es zuvor schon auf BCore in heimischen Spanien erschienen ist. Deshalb war die Band im Januar für zwei Wochen in Deutschland unterwegs, immerhin nun schon zum dritten Mal. Grund genug, den STANDSTILL-Labelmates in Gestalt von Sänger Eric ein paar Fragen zu stellen, denn auch wenn Spanien eine fruchtbare Szene beherbergt, so ist der kulturelle Austausch mit Deutschland immer noch eher gering. Und jetzt noch die CD zu Ox #53 raussuchen und in „I killed her but that‘s not the point“ reinhören, damit klar ist, um wen es geht - um mitreißenden Indierock nämlich.

Kannst du zuerst mal deine Band vorstellen?


„Wir sind eine Band aus Barcelona, die nie die Absicht hatte, eine typisch spanische Band zu sein. Wir singen auf Englisch, da wir schon immer eine internationale Band sein wollten, zumal 99% der Bands, die wir hören, auch Englisch singen. Ich will damit sagen, dass für uns Bands wie die SCORPIONS, SEPULTURA oder THE CARDIGANS – alles Bands, die nicht in ihrer Muttersprache singen – viel wichtiger sind als spanische Bands, die in Spanien zwar viele Platten verkaufen, jedoch außerhalb von Spanien keine Möglichkeit haben zu spielen. In den drei Jahren, seit es uns gibt, haben wir versucht, so oft wie möglich außerhalb Spaniens zu spielen.“

Wieso habt ihr euch einen MASSIVE ATTACK-Songtitel als Bandname ausgesucht - oder ist das ein Zufall?

„Es ist ein schöner Name für einen guten Song, und wir fanden, der würde auch zu uns als Band gut passen. Der Song vermittelt auf seltsame Weise sowohl Traurigkeit wie Heiterkeit, und das passt auch gut zu unserer Musik.“

Wo liegen denn eure musikalischen Wurzeln? Im klassischen Indie-Rock?

„Der Großteil der Musik, die wir in unserem Leben gehört haben, stammt aus den Achtzigern und frühen Neunzigern und reicht von DURAN DURANs Synthiepop über die RED HOT CHILI PEPPERS und Bay Area-Thrashmetal bis hin zu melodiösem Hardcore und die Punk-Klassiker - typischer ‚Indie-Rock‘ etwa aus der PIXIES-Schule ist da aber nicht dabei.“

Ihr habt vor zwei Tagen in Madrid vor 800 Menschen gespielt. Ist es in Spanien normal, dass so viele Menschen auf eure Shows kommen?

„Nein, absolut nicht. Das Konzert in Madrid war ein B-Core-Festival, dort haben sieben Bands aus Barcelona gespielt. Hätten wir da alleine gespielt, wären wohl kaum so viele Menschen gekommen.“

Euer Video zum Song „I killed her but that‘s not the point“ läuft in Spanien auf MTV.

„Ja, das stimmt, aber MTV in Spanien kann man auch nicht mit MTV England vergleichen. Unser Label B-Core hat sehr gute Kontakte zu MTV Spanien, und die sind in Barcelona, wo wir auch herkommen. Deshalb läuft unser Video zwar auf MTV, aber die Radiostationen und die meisten Magazine kommen aus Madrid und ignorieren uns mehr oder weniger. Deshalb gibt es auch das oben erwähnte B-Core Festival in Madrid.“

Aber es gibt einen Radiosender in England, der euch gerne mal zu sich einlädt. Ihr seid nämlich die erste spanische Band, die von John Peel zu einer seiner Peel-Sessions eingeladen worden ist. Mittlerweile seid ihr sogar ein zweites Mal dort gewesen. Erzähl doch mal, wie der Kontakt zu John Peel zustande kam?

„Nun, ich habe ihm einfach einen Brief geschrieben und unsere CD dazugelegt. Ein paar Monate später war er zu Besuch in Spanien, um dort bei einem Festival als DJ aufzulegen. Dort habe ich ihn auf meinen Brief angesprochen und konnte es kaum glauben, denn er hatte meinen Brief in seiner Tasche und meinte, dass er sich auch bei uns melden wollte. Und so sind wir dann ein paar Wochen später nach London gereist und haben dort ein paar Songs aufgenommen. Die wurden vor ca. einem Jahr auch gesendet. Als wir dann unsere zweite Platte fertig hatten, habe ich sie ihm wieder geschickt, und er hat uns direkt wieder eingeladen. Ich glaube, dass er es vor allem witzig findet, wie wir Spanier klingen, wenn wir Englisch singen. Aber wir verstehen uns mittlerweile auch freundschaftlich sehr gut, wir haben viele ähnliche Interessen.“

Bisher haben wir über große Shows und Videos auf MTV, etc. geredet. Wollt ihr – eine Band, die aus der Punkrock/Hardcore Szene kommt – jetzt richtige Rockstars werden?

„Haha, Leute werden nicht Rockstars, sie sind dazu geboren ... Ich finde, dass
es in der Punk-Szene einen großen Widerspruch gibt, aber das gilt auch für andere Bereiche wie Hardcore, Indie, Metal, etc. Es gibt da viele Werte, an die ich absolut glaube. Gleichheit, Unabhängigkeit, DIY, Verteidigung von eigenen Rechten usw. Aber das Problem ist, dass wir alle diese Werte schon kennen. Für Hardcore-Kids brauche ich darüber keine Songs mehr zu machen, da sie diese Werte schon lange kennen – das ist sinnlos. Wenn du etwas in der Welt ändern willst, ist es ziemlich blöd, wenn du mit deinen Ideen und deiner Musik in deinem Ghetto bleibst. Denn es ist nicht unsere Welt, die sich ändern muss, sondern die Welt der Britney Spears-Fans – die müssen wir erobern. Wenn ich Leuten meine Ideen erzähle, die die eh schon kennen, wird wohl jeder einsehen, dass das nicht so nützlich ist, als wenn ich bei MTV viel mehr Leuten zeigen kann, dass es immer noch Menschen gibt, die ihr Leben als etwas ansehen, das nicht nur aus Bankkonto und Job besteht. Sondern dass ein Leben möglich ist, das auf Kommunikation und Freundschaft zwischen Menschen basiert, und auf der Wertschätzung der schönen Dingen des Lebens. Wir alle wissen das hoffentlich, aber die wissen das nicht. Und deswegen müssen wir es ihnen sagen, vor allem auf MTV.“