ELDORADO RECORDS

Foto

Musikalische Neuzeit in der Altstadt

Es war im Winter 1999, als ich in der Kinokneipe in Regensburg von meinem ehemaligen Mitbewohner Christoph auf den Plattenladen Eldorado aufmerksam gemacht wurde. Wenige Tage später ging ich die Unteren Schwibbögen der Donaustadt entlang, um das von außen unscheinbare Geschäft zu besuchen, und mich darin mal umzusehen. Ich wollte einige PE-Schutzhüllen, und da ich wohl meinen Wunsch etwas undeutlich äußerte, kamen Christian Willnecker und ich sehr angeregt ins Gespräch. Mittlerweile kreuzten sich unsere Wege immer wieder mal aus beruflichen Gründen. Längst ist es mir ein Anliegen, die Arbeit von Eldorado in der Oberpfälzer Bezirksstadt Regensburg zu würdigen, ganz im Sinne des alten Slogans: „Support your local scene!“

Wer steckt hinter Eldorado und was macht ihr ?


„Im März 1999 habe ich alleine mit dem Laden begonnen und seit September 2001 ist Oise dabei. Anfangs waren wir ein klassischer Punkrock-Plattenladen, heute tendiert unser Repertoire mehr in Richtung Indie, da sich mit Oise einiges verändert hat. Mit Join The Team Player Records begannen wir mit dem Großhandel, exklusiv arbeiten wir mittlerweile mit sechs Labels zusammen und ein Internet-Mailorder ist im Aufbau.“

Welcher persönliche Background steckt dahinter, um ausgerechnet so eine Art Plattenladen aufzumachen?

„An sich bin ich examinierter Krankenpfleger, aber schon während der Ausbildung war mir klar, dass ich den Job nicht ein Leben lang machen will. Ich wollte mein eigenes Ding machen, und Musik war schon immer ein Hobby von mir. Als ich mich mit dem Gedanken anfreundete, so was einfach mal zu probieren, war noch nicht klar, dass sich das in Richtung Laden bewegen sollte, was sich aber während meiner Zivildienstzeit langsam ganz klar rauskristallisierte. Das Hobby zum Beruf machen, und wenn‘s nicht klappen sollte, habe ich ja immer noch meine Ausbildung. Nach dem Zivildienst habe ich neun Monate beim Paketdienst gearbeitet, und mit dem Geld, das ich mir damals verdient hatte, habe ich mir die Basis zum Laden verschafft. Oise kennt die Szene, egal ob Straight Edge oder Oi!, zudem er schon immer in irgendeiner Band gespielt hat, war es bei ihm wohl der gleiche Wunsch, das Hobby zum Beruf zu machen.“

Mit welchen Erwartungen seid ihr rangegangen?

„Ich bin ins kalte Wasser gesprungen. Es ging anfangs einzig und alleine darum, über die Runden zu kommen. Für Oise soll es langfristig möglich werden, aus seinem Job auszusteigen und hier in den bereits genannten Tätigkeitsfeldern eine langfristige Perspektive zu bekommen.“

Könntet ihr auf den Laden aufgrund des Online-Shops verzichten?

„Eldorado stützt sich auf drei Standbeine: Laden, Vertrieb und Online-Shop. Das Einrichten des Internet-Mailorders war wichtig, um über die Stadtgrenzen Regensburgs hinaus das Publikum zu erreichen. Trotz der Umsatzsteigerung können wir auf den Laden nicht verzichten.“

Ihr auch mit Plattenkisten auf Konzerten gewesen ...

„Um so mehr in der Öffentlichkeit präsent zu sein. Der zusätzliche Arbeitsaufwand zahlt sich auch aus. Nur so haben uns viele Leute erst kennen gelernt. Da ich aber 50-60 Stunden die Woche arbeite, und ich um 3 Uhr morgens von einem Konzert aus München zurückkomme, ist das körperlich dann irgendwann einfach nicht mehr zu schaffen. Das nervt auf die Dauer, so dass einem der Spaß daran verloren geht. Auf ausgewählten Konzerten sind wir aber immer noch mit Stand vor Ort.“

Es reicht aber noch nicht, damit Oise davon leben könnte?

„Trotz jährlicher Umsatzsteigerung ist Oise auf die Stelle in der Behindertenbetreuung angewiesen. Leider ist es nicht so wie manche meinen, dass wir uns mit Eldorado die Taschen mit Geld vollstopfen. Gerne sind sie eine Woche eingeladen, um mal zu sehen, was es heißt, den Umsatz zu erwirtschaften, um die Kosten wie Krankenversicherung, Laden- und Wohnungsmiete einer Person decken zu können, geschweige denn die einer zweiten Person mit dem damit verbundenem Mehrumsatz. Als langfristiges Ziel soll jedoch auch Oise davon leben können.“

Thema Angebot, Nachfrage und Einfluss ausüben auf den Käufer/Markt.

„Wir hatten bisher den Ruf als Punkladen, der nur das Härteste vom Härtesten führte. Von diesem Image wollten wir weg. Die Kundschaft soll wissen, dass sie bei uns auch Major-Releases auf Vinyl erhalten kann. Unser persönlicher Geschmack beeinflusste das angebotene Repertoire. Früher hatten die Leute Bedarf an Ska, heute bieten wir davon wegen mangelndem Interesse nichts mehr an. Jüngeres Publikum lässt sich gerne beraten, und somit auch beeinflussen, und für Unbekanntes begeistern. Vinyl bekommt wieder mehr Bedeutung auf dem Markt. Manche Bands fordern von ihren Labels, dass es auch eine Vinylversion geben muss. 70 Prozent unseres Umsatzes ziehen wir aus dem Verkauf von Vinyl. Ansonsten ist unser Einfluss eher gering.“

Welche Rolle spielen 2nd-Hand-Läden oder Online-Auktionen?

„In Regensburg ist die Situation so, dass wir uns gegenseitig empfehlen, und so auch gut untereinander verstehen. Ein Mailorder, der mit Ebay zusammen arbeiten muss, stellt sich meiner Meinung nach selbst ein Armutszeugnis aus. Irre, was manche Leute bei Ebay für Platten ausgeben, die es noch ganz regulär zu kaufen gibt. Als ernstzunehmende Konkurrenz sehen wir beides nicht.“

Deine Meinung zu 3-Klassen-CD und Online-Labels?

„3-Varianten-CD: Totaler Schwachsinn! Was das CD-Brennen und die illegalen Downloads betrifft, kommen die Indies sicher besser weg als die Majors. Wer will denn diese Eintagsfliegen? Unsere Kundschaft will bewusst das ganze Produkt, und gibt für Beiblatt, farbiges Vinyl, Booklet und Digipack auch etwas mehr Geld aus. Der richtige Weg ist ein interessantes und umfangreich gestaltetes Produkt eines Interpreten, fernab dieser Eintagsfliegen, kombiniert mit einem vernünftigen Preis. Ich sehe das sehr gelassen, was Online-Labels betrifft, da unsere Klientel das komplette Produkt zu schätzen weiß.“

Welche Rolle spielt der Laden für die Regensburger Musikszene?

„Wir dienen sicherlich als Informationsquelle für diverse musikalische Aktivitäten. Oise selbst veranstaltet ja auch Konzerte. Hier treffen sich auch Leute, um sich zu informieren, was an Konzerten und dergleichen geboten ist. Bemerkbar ist auch wieder ein verstärktes Szenebewusstsein, so dass mehr gemacht wird in Sachen Fanzines, Konzerte oder Bands.“

Was läuft am besten und was ist das Ding von morgen?

„Anfangs liefen die Punkrock-Klassiker sehr gut. Dann kam Emo und jetzt wollen die Leute wieder mehr brachiales Zeug oder klassische Indie-Releases. Leute, die früher Ska kauften, hören heute mehr Surf, Rock- und Psychobilly. Ein Kreislauf, der sich immer wieder mal wiederholt.“

Und was hörst du persönlich?

„Als ich vor fünf Jahren den Laden aufgemacht habe, hat sich punktgleich, mal abgesehen von wenigen Ausnahmen, in meiner privaten Plattensammlung nichts mehr getan. Ich höre zu Hause kaum Musik.“

Was sollte man einen Plattenhändler besser nicht fragen?

„,Läuft der Laden?‘ Diese Frage kann ich echt nicht mehr hören. Was willst du hören? Umsatzzahlen? Wie viel Geld in der Kasse ist ...?“