THERAPY?

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Andy allein zu Haus

Auf Andy Cairns von THERAPY? ist Verlass: Pünktlich auf die Minute greift er in Cambridge zum Hörer, um vom neuen Album zu erzählen. Die Gelegenheit ist günstig, denn seine Frau ist mit Sohn Jonah Ramone bei den Schwiegereltern. Dementsprechend gut gelaunt präsentiert sich Andy und schwärmt vom neuen Album „Never Apologize Never Explain“, das die Nordiren wieder als Trio aufnahmen.

„Mit Martin gab es ständig Ärger. Er war einfach kein Teamplayer mehr. Auf Tour beschwerte er sich ständig über dieses und jenes, und sorgte für Spannungen in der Band. Als er krank wurde, spielten wir die letzten drei Konzerte ohne ihn. Danach setzten wir uns zusammen und beschlossen, getrennte Wege zu gehen.“ Das hat der Band offensichtlich gut getan, denn das neue Album strotzt nur so vor Energie. Gerade Songs wie der Opener „Rise up“ erinnern an die Anfangstage der Band in den frühen Neunzigern, als der Metal-Einschlag noch deutlich größer war. Seitdem haben THERAPY? eine wechselhafte Karriere mit vielen Höhepunkten, aber auch einigen Pleiten durchlebt. „Der Albumtitel ist eine Redensart, der widerspiegelt, wie wir uns im Moment fühlen. Uns gibt es jetzt seit 14 Jahren. Gerade am Anfang waren wir doch sehr naiv. Hinzu kommen die diversen Wechsel im Line-up. Jetzt sind wir wieder gute Freunde, und konnten nicht zuletzt deshalb die Platte innerhalb von nur 14 Tagen aufnehmen. Dass dabei ein ‚In your face‘-Album‘ herausgekommen ist, überrascht mich nicht.“

Ausdrücklich nichts zu tun hat der Albumtitel übrigens mit den immer wieder auftauchenden Fragen nach dem Megaseller „Troublegum“, die Andy ganz gelassen hinnimmt. „Ich bin Realist. Ohne ‚Troublegum‘ würde es uns wohl nicht mehr geben. Als die Scheibe 1994 herauskam, waren wir eine junge Band, die zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort war. Wir profitierten von dem NIRVANA-Effekt, unsere Videos liefen auf den entsprechenden Kanälen und unsere Plattenfirma unterstützte uns voll und ganz. Wir schauen gerne auf diese Zeit zurück. Trotzdem ist das Kapitel für uns abgeschlossen.“ Seitdem muss man halt wieder kleinere Brötchen backen. Finanzielle Unterstützung für Tourneen von Seiten der Plattenfirma gibt es schon seit Jahren nicht mehr. Trotzdem gehen die Nordiren immer wieder gerne auf Tour, nicht zuletzt in Deutschland. „Als 16-Jähriger habe ich an einem Jugendaustausch teilgenommen und zweieinhalb Wochen in einer Gastfamilie in Dorsten verbracht. Seitdem liebe ich deutsches Essen und natürlich euer Bier. Die deutsche Lebensweise ist mir immer noch in guter Erinnerung. Außerdem haben wir unsere ersten Shows auf dem europäischen Kontinent in Deutschland gespielt. Insofern haben Auftritte bei euch immer so etwas wie ein Coming Home für mich.“

Anfang November waren THERAPY? bereits zu einem ersten Gastspiel in den Medienstädten. Weitere Auftritte werden hoffentlich folgen. Zum Schluss des Gesprächs lässt es sich Andy nicht nehmen, von den wiedervereinigten UNDERTONES zu schwärmen. Die Landsmänner haben es ihm offensichtlich angetan, genau wie THE LIBERTINES, die ihn an seine Lieblingsband THE ONLY ONES erinnern. Gefragt, wie er denn den Rest des Abends zu verbringen gedenke, kann man Andy förmlich durchs Telefon verschmitzt lächeln sehen. „Ich werde mir gleich die neuen Scheiben von MINISTRY und THE DILLINGER ESCAPE PLAN auflegen. Bei voller Lautstärke!“ Schließlich ist die Gelegenheit günstig. Wer weiß, wann Ehefrau und Sohnemann wiederkommen.