WILD AT HEART BERLIN

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On The Rocks!

Das Wild At Heart in Berlin-Kreuzberg ist längst einer der Punkrock-Clubs geworden, die nationalen und internationalen Kultstatus besitzen, und so sind es nicht nur die REAL McKENZIES, die das Wild At Heart ein ums andere Mal beehren. Letztes Jahr wurde auch das Tiki Heart eröffnet, das aus einem Cafe/Restaurant im Tiki-Stil und einem sehr schönen kleinen Laden für allerlei Rock’n’Roll-Accessoires besteht. Darüber hinaus gibt es noch das hauseigene Label Wild At Heart Berlin Records, auf dem die beiden, im Wild At Heart mitgeschnittenen Live-Sampler „Live At The Wild At Heart Vol. 1 & 2“ sowie das neue CHURCH OF CONFIDENCE-Album „On The Hook!“ erschienen sind. CHURCH OF CONFIDENCE-Sänger Uli und seine Frau Lea sind es auch, die hinter Cafe, Laden, Club und Label stehen. Und da neben dem Wild At Heart auch das Tiki Heart langsam, aber sicher Kultstatus erlangt, wurde es Zeit, einmal mit Uli über die beiden Läden und über CHURCH OF CONFIDENCE, seine feine Punk’n’Roll-Band, zu sprechen. Im Tiki Heart fanden wir uns an einem vorweihnachtlichen Abend wieder.

Uli, erzähl doch kurz, in welchen Bereichen du überall tätig bist.

„Meine Frau Lea und ich machen zusammen mit Volker, einem Freund, das Wild At Heart. Lea und ich machen das Booking, ich mache die Technik und den Sound bei den Shows, wenn ich nicht mit CHURCH OF CONFIDENCE auf Tour bin. Recht neu ist unser eigenes Label Wild At Heart Berlin Records, auf dem wir einmal im Jahr Live-Compilations mit 20 Songs von 20 Bands veröffentlichen, die bei Shows im WAH aufgenommen wurden. Im April 2004 haben wir zusätzlich das Tiki Heart aufgemacht. Das Tiki Heart ist im gleichen Haus wie das Wild At Heart und auf zwei Etagen verteilt.“

Wie kamt ihr auf die Idee, das Wild At Heart um das Tiki Heart zu erweitern?

„Wir haben die Räumlichkeiten schon häufiger angeboten bekommen. Da wir aber mit dem WAH immer ausgelastet waren, konnten wir kein griffiges Konzept entwickeln, was wir mit den Räumen machen sollten. Mit der Zeit entwickelte das WAH eine Eigendynamik und als uns die Etagen erneut angeboten wurden, haben wir zugeschlagen, kurzfristig ein Konzept entwickelt und die Räume in drei Monaten ausgebaut.“

Wie war es denn in den Anfangstagen des Wild At Heart, als sich die Eigendynamik des Clubs noch nicht entwickelt hatte?


„Dass man einen Club eröffnet und er gleich sehr gut läuft, ist so wahrscheinlich wie ein Lotto-Gewinn. Dementsprechend hart mussten wir arbeiten, um das WAH zu etablieren. Am Anfang war der Raum im Club ja noch kleiner, als er heute ist, und deswegen hatten wir Probleme namhafte Bands zu bekommen. Aufgrund dessen haben wir viele Konzerte mit lokalen Bands gemacht und uns dadurch nach und nach Kontakte zu Bookern aufgebaut, so dass wir fortan auch größere Bands buchen konnten. Nach einigen Jahren hatte das Wild At Heart einen gewissen Kultstatus erreicht und Punkrock, Hardcore und Rock’n’Roll-Bands wollten unbedingt bei uns spielen.“

Nach welchen Kriterien sucht ihr die Bands aus, die im Wild At Heart auftreten?

„Das Hauptkriterium ist unser Geschmack, und Gitarrenmusik muss es sein. Wir bekommen eine Menge Material zugeschickt, hören es uns an und suchen die Bands aus. Darüber hinaus arbeiten wir mit einigen Booking-Agenturen zusammen, von denen wir wissen, dass sie unseren Geschmack bedienen. Daneben geben wir aber auch Bookern, die beispielsweise im Bereich Emo arbeiten, die Möglichkeit, Konzerte im Wild At Heart zu veranstalten. Wir kennen uns in der Szene nicht so gut aus, da wir aus dem Bereich Rock’n’Roll und Old School-Punkrock/Hardcore kommen. Deswegen werden diese Shows von anderen Leuten gebucht.“

Ist die Größe des Wild At Heart immer ein Nachteil?

„Ich würde sagen, dass sie sich mittlerweile zu einem Vorteil des Clubs entwickelt hat. Denn sie ermöglicht es uns, auch Konzerte mit Bands zu veranstalten, die noch unbekannter sind und deswegen nicht so viele Leute ziehen. Da wir ja viele Konzerte machen und zusätzlich auch für den Club, das Cafe und den Laden arbeiten, können wir uns einen Abend, bei dem wir keinen Gewinn machen, auch leisten. Was ich nicht sehr schlimm finde, denn wenigstens hat man eine Band unterstützt und vielleicht kommt sie wieder und bringt beim zweiten oder dritten Mal mehr Leute. Wir lehnen Bands nicht aus wirtschaftlichen Gründen ab, würden wir das tun, könnten wir auch alle in irgendeiner Firma arbeiten.“

Du sprachst vorhin den Kultstatus des Wild At Heart an. Wie kam es dazu, dass der Club Anlaufstelle für weite Teile der nationalen sowie internationalen Punkrock-Szene wurde?

„Ich denke, dass die Leute gemerkt haben, dass wir nicht nur einen Club XY betreiben, sondern dass wir das mit dem Wild At Heart auch leben. Zum Wild At Heart kann man einen Bezug aufbauen. Ich kenne das ja selber von Touren, du kommst in einen Club, da ist ein Techniker und jemand, der das Essen macht, aber es ist alles vollkommen unpersönlich. An solche Läden erinnerst du dich nicht. Wenn du aber in einem Club spielst, wo sich jemand um die Bands kümmert und für sie da ist, kommst du gerne wieder. Von Anfang an haben wir uns beim Wild At Heart um die Bands gekümmert und ich denke, dass wir uns dadurch Schritt für Schritt einen bestimmten Status aufgebaut haben.“

Verfolgt ihr eine gewisse Preispolitik oder Preisethik?

„Ja klar. Im Normalfall bezahlst du im WAH für ein Konzert mit zwei Bands ca. sieben Euro. Manchmal haben wir einen besonderen Künstler, den man unbedingt machen will, der aber eine hohe Gage verlangt. Dann muss man mal einen Euro drauf schlagen, was aber sehr selten vorkommt. Man muss auch sehen, dass Touren, was ich aus eigener Erfahrung mit CHURCH OF CONFIDENCE weiß, teuer sind. Mit Mietwagen und Benzin kommen da schon ordentliche Kosten zusammen. Deswegen ist die Umsatzspanne bei einem Eintritt von 7 Euro gering. Da wir aber sehr viele Konzerte machen, und auch wollen, dass die Leute sich mehr als ein Konzert pro Monat im Wild At Heart anschauen können, macht es wenig Sinn, sehr viel teurer zu werden.“

Wie ergänzen sich das Wild At Heart und das Tiki Heart?

„Die Bands, die im Wild At Heart spielen, gehen im Tiki Heart essen. Ansonsten sind es relativ unterschiedliche Läden. Das Wild At Heart ist recht dunkel und erinnert dadurch und durch den abendlichen Betrieb an einen Nachtclub. Das Tiki Heart sollte einen Gegenpol bilden. Ein heller Laden, der tagsüber offen ist, und in dem es Frühstück und anderes Essen gibt. Außerdem kann man sich, gesetzt es wird einem im Wild At Heart zu unruhig, hier entspannt zurückziehen. Neben unserem Wild At Heart-Publikum kommen aber auch viele Leute ins Tiki Heart, die nicht ins Wild At Heart gehen. Viele normale Leute, die einfach mal essen gehen wollen. Von außen sieht man ja schon, dass es ein Cafe ist, das hawaiianisch und auch etwas kitschig eingerichtet ist. Während das Wild At Heart ein geschlossener Laden ist, dessen Innenleben du von außen nicht sehen kannst. Die Mischung der Leute finde ich aber gut. Wir wollten schließlich nichts aufmachen, wo nur unser Stammpublikum hingeht.“

Welche Rolle spielt Kitsch beim Tiki Heart und beim Wild At Heart?


„Kitsch sollte bei beiden Läden in einem augenzwinkernden Zusammenhang gesehen werden. Was viele Leute nicht wissen ist, dass es in den 50er Jahren in Amerika eine Populärkultur gab, die sich um Tiki drehte. Ein paar geschickte Leute haben das ausgenutzt, ein paar Skulpturen aus Hawaii mitgebracht und ein bisschen Popart dazu gemacht. Fertig war der amerikanische Kitsch, die Tiki-Kultur. Diesen Trash wollten wir mit dem Tiki Heart aufgreifen.“

Gehörte der Rock’n’Roll-Laden von Anfang in das Konzept des Tiki Heart?

„Ja. Das Cafe/Restaurant auf zwei Etagen auszudehnen, wäre zu umständlich gewesen und als wir überlegten, was wir in der unteren Etage machen könnten, kamen wir auf den Laden. So können wir Merchandise, das Bands uns da lassen, nebst einigen anderen Rock’n’Roll-Accessoires unter die Leute bringen. In Zukunft wollen wir auch Gitarren- und Bass-Saiten sowie Schlagzeug-Felle in das Programm aufnehmen, so dass Musiker, die bei uns spielen, nicht unendlich weit in einen Musikladen fahren müssen.“

Lass uns über CHURCH OF CONFIDENCE sprechen. „On The Hook!“, euer viertes Album, erschien im September. Wie kam es, dass ihr die Platte selber auf „Wild At Heart Berlin Records“ herausgebracht habt?

„Mit allen unseren Alben hatten wir ein bisschen Pech, so dass wir mit jeder Platte bei einem anderen Label waren. Da ich durch WAH Berlin Records einige Erfahrung gesammelt hatte und wusste, wie man ein Label leitet und sich um die geschäftliche Belange wie etwa den Vertrieb kümmert, entschloss ich mich, mit dem neuen Album die Geschicke in die eigene Hand zu nehmen und ‚On The Hook!‘ selber heraus zu bringen.“

Ihr werdet laufend mit SOCIAL DISTORTION verglichen, wie stehst du dazu?

„Viele vergleichen uns mit ihnen, weil sie sich Fotos der beiden Bands angeschaut haben. Es geht dabei also weniger um die Musik als vielmehr um das Aussehen. Früher wussten die Leute es nicht richtig einzuordnen, wenn eine Band Punkrock spielt, aber Tollen hat und eher nach Rock’n’Roll aussieht. Da waren SOCIAL D halt die einzige Band, die man zum Vergleich heran ziehen konnte. Ich finde den Vergleich teilweise richtig, SOCIAL DISTORTION sind aber sehr viel tragischer als wir. Ich möchte meinen Gesang auch gar nicht mit dem von Mike Ness vergleichen, er singt ganz anders und meiner Meinung nach auch besser.“

Du hast „On The Hook!“ und das letzte Album von UP TO VEGAS produziert. Wie aktiv bist du als Produzent?


„Kaum, da das durch die Arbeit für das Tiki Heart und das Wild At Heart eingeschränkt wird. Mit beiden Läden ist soviel zu tun, dass ich mich nicht einfach ins Studio stellen und aufnehmen kann. Für gute Freunde mache ich das schon noch. Das Studio ist eigentlich mein Proberaum, in dem Aufnahme-Equipment steht. Darüber hinaus habe ich auch keinen Bock auf Auftragsarbeit. In erster Linie nutze ich das Studio ohnehin für Live-Aufnahmen, die mich zeitlich viel weniger binden als eine Albumaufnahme.“

Nimmst du jeden Auftritt auf?

„Nein, wenn eine Band ihren Auftritt mitgeschnitten haben möchte, dann sagt sie uns das vorher und für einen kleinen Obolus nehme ich sie auf. Was die ‚Live At The Wild Heart Berlin‘-Sampler angeht, so suchen wir uns die Bands aus, die wir auf die Sampler haben wollen, schreiben sie an und fragen, ob sie mit dem Mitschnitt ihres Sets einverstanden sind. Dann gebe ich der Band nach dem Konzert einen Roughmix des Abends auf CD mit, von dem sie sich dann einen Song für den Sampler aussuchen können.“