TURBO A.C.'S

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In den Avenues von New York City

Es gibt Bands, die wird man nicht mehr los und will das auch gar nicht. Die TURBO A.C.’s zum Beispiel. Seit ich vor acht oder neun Jahren auf das New Yorker Trio aufmerksam wurde, kreuzten sich unsere Wege immer wieder: Sie spielten auf dem Ox-Festival, waren mehrfach auf der Ox-CD zu hören, waren auf dem Cover von #51 zu sehen und das hier ist auch tatsächlich schon das vierte(!) Interview, diesmal allerdings nur mit Frontmann Kevin Cole allein. Geführt Anfang März via eMail anlässlich des neuen, im April erscheinenden Albums „Avenue X“, als die Band gerade von ihrer Australientour nach New York zurückgekehrt war. Muss ich noch betonen, dass das neue Album natürlich das bislang beste ist? Zumindest bis zum Erscheinen des nächsten ...

Kevin, in diesem Februar hattet ihr das erste Mal die Gelegenheit, durch Australien zu touren. Wie kam das zustande?


„Ich habe es lange Zeit heimlich geplant, uns nach Australien zu bringen, nur damit ich dort dann surfen kann, haha. Das stimmt sogar, aber so ist es nicht passiert. In Australien gab es ein Label, das gerne ‚Automatic‘ rausbringen wollte, und auch einen Booker, der mit uns eine Tour organisieren wollte. Beide traten also mit uns in Kontakt und so nahmen die Dinge ihren Lauf.“

Wie reagierten die Leute auf euch, kannten sie euch? Ich glaube, ihr seid inzwischen schon ungefähr 20-mal in Europa gewesen, aber das erste Mal in eine Stadt oder ein Land zu kommen, muss echt schwierig sein.

„Es war wirklich großartig, das erste Mal dort zu sein und Menschen zu sehen, die TURBO A.C.’S-Tattoos haben und Fan von uns sind. Viele Leute haben schon eine lange Zeit darauf gewartet, dass wir endlich mal dort auftreten. Natürlich gab es dort auch kleinere Städte, in denen uns keiner wirklich kannte ... Ich meine, wir sind es irgendwie gewohnt, vor Menschen zu spielen, die unsere Songs kennen und die Lieder mitsingen, aber wir gehen da raus und machen unsere Musik, weil wir es einfach lieben – unabhängig vom Publikum. Man könnte eventuell annehmen, dass es für eine Band wie uns schwierig ist, wieder an den Anfang zurückzukehren, aber es tat auch gut, zu wissen, dass man wieder von vorne anfangen kann und so auch wieder das Publikum für sich gewinnen kann, wie wir es ja auch sonst machen.“

Was waren die ersten australischen Bands, die ihr kanntet? Und mit welchen Bands habt ihr gespielt, irgendwelche außerordentlichen Bands, von denen du etwas erzählen kannst?

„AC/CD waren natürlich immer schon ein Einfluss und Inspirationsquelle. Eines meiner Lieblingszitate kommt von Angus Young. Als ihm gesagt wurde, dass eine Musikkritik AC/DC ziemlich runtergemacht hatte, indem sie in einem Artikel geschrieben hatten, dass alle bisherigen zehn AC/DC-Alben alle gleich klingen, sagte er: ‚Er ist ein Lügner! Wir haben insgesamt elf Alben gemacht, die alle gleich klingen!‘ Ansonsten waren wir noch mit GO SET auf Tour, die in etwa die australische Version von den REAL McKENZIES sind. Komplett mit Dudelsäcken und so. Leider haben wir nicht viele australische Bands gesehen, aber es war dennoch großartig.“

Habt ihr Kängurus und Koalabären gesehen? Und wie viele davon überfahren auf der Straße?

„Wir haben keine gesehen, aber wir hielten ständig Ausschau nach ihnen! Wir fanden aber heraus, dass diese Tiere ohnehin pure Erfindung sind, um den Tourismus anzukurbeln ... Entweder das, oder die Australier waren irgendwann einmal ganz fürchterlich betrunken und dachten, sie hätten eine große Ratte gesehen, die in Boxhandschuhen rumspringt. Ich frage mich, was sie wohl getrunken haben, wenn sie ein Schnabeltier sehen.“

Was passierte sonst noch so in der aufregenden Rock’n’Roll-Welt der TURBO A.C.’s im letzten Jahr? Knifefights, fighting magic bullets, standing in the real rain, looking for trouble? Do you feel lucky or no time?

„Ja klar, bei uns geht es immer wild zu. Echt witzig, wie du die Songtitel zusammen aufgezählt hast, denn das beschreibt ziemlich genau, wie wir uns fühlen und was um uns herum so geschieht. Wenn man wissen möchte, was so los ist, dann sollte man sich einfach unser neues Album anhören, denn das kommt da schon ziemlich nah ran.“

Wovon handelt „Anthem of united humanity“? Ist es ein politischer Song?

„Ja, auf jeden Fall! Er ist sehr politisch. Er fasst unsere Empfindungen gegenüber der Politik zusammen – achte einfach auf die Worte!“

Und was ist ein „Turbonaut“?

„Inspiriert von Juggernaut aka Vishnu, Herrscher über die Welt, eine massive, unerbittliche Kraft, die alles zerstört, was ihr in den Weg kommt. Wir mögen auch die Anspielung auf Sabbath. Oh Mann, wir können den Marvel-Superbösewicht einfach nicht vergessen ... Wie du siehst, haben unsere Songs immer einen zweifachen, dreifachen, wenn nicht auch noch vierfachen Sinn.“

Wo wir gerade dabei sind, wie steht die „Turbojugend“ zu euch? Gibt es eventuell so etwas wie eine spirituelle Verbindung außer dem Wort „Turbo“?

„Also, das ‚Turbo‘ ist absoluter Zufall und die meisten Leute wissen jetzt auch, dass wir unseren Namen aus dem Film ‚The Warriors‘ haben, Gang der Turnbul A.C.’s. Ich weiß, dass wir ziemlich viele Turbojugend-Fans haben, aber ich glaube nicht, dass das mit dem ‚Turbo‘ in unserem Namen zusammenhängt. Ich denke, es hat eher damit zu tun, dass wir Punkrock einigermaßen ernsthaft betreiben, genauso wie die guten alten TURBONEGRO. Wir gehören offiziell nicht zur Turbojugend, aber wir lieben TURBONEGRO und zollen ihnen jede Menge Respekt. Und hey, ich bin verdammt stolz darauf, sagen zu können, dass wir unsere Release-Party für ‚Ave X‘ auf dem großen Turbojugend-Festival in Hamburg haben werden!“

Habt ihr schon mal was von der alten Band TURBO HI DRAMATICS gehört?

„Unglaublich, ich werde das mal abchecken. Bevor wir mit den TURBO A.C.’s anfingen, hatte ich nie zuvor von eine dieser ‚Turbo‘-Bands gehört. Aber sobald wir unseren Namen gefunden hatten, tauchte überall irgendwas mit ‚Turbo‘ auf. Es war nicht sehr viel später, als ich von TURBONEGRO hörte. Sie waren im ‚Flipside‘, einem alten Punkzine aus Kalifornien. Aber das war noch zu der Zeit, als sie schwarze Gesichter hatten und diese Afro-Perücken trugen. Ich dachte mir zu dem Zeitpunkt einfach nur: ‚Das ist cool, aber unsere Wege werden sich wahrscheinlich sowieso nicht kreuzen.‘ Haha, echt witzig, wie sich die Dinge ändern können.“

Wo habt ihr diesmal die Filmdialogschnipsel zwischen den Songs geklaut?

„Aus ‚Die glorreichen Sieben‘, ‚Repo Man‘ und anderen ... Wir lieben es, diese Dialoge auf unsere Alben zu packen, nicht nur wegen des Inhaltes, sondern auch wegen der Filme an sich. Vor allem ‚Repo Man‘. Wir zitieren ‚Repo Man‘ praktisch täglich.“

Du hast genau eine Minute Zeit zu begründen, warum das neue Album bis dato das Beste ist.

„Das ist bis jetzt das ehrlichste Album der TURBO A.C.’S. Es ist das Album, das wir schon immer machen wollten. Wir haben uns bei diesem Album wirklich angestrengt.“

Wohin führt die „Avenue X“?

„Hmmm, die ‚Avenue X‘ ist eine Straße auf Coney Island ... Hier haben wir also wieder unseren Bezug zu dem Film ‚The Warriors‘, den wir ja schon um unseres Namens willen mögen. Man muss aber nichts über den Schauplatz des Films wissen, um die Bedeutung von ‚Ave X‘ zu erfassen. X ist immer etwas Unbekanntes wie eben die Variable X. Also kann ‚Ave X‘ eine unbekannte Richtung meinen. Für mich bedeutet es allerdings noch etwas anderes, was ich dir allerdings nie erzählen werde. Die Leute können jede Bedeutung, die sie haben wollen, auf diesen Namen beziehen. Mit dieser Absicht schreibe ich auch unsere Songs.“

Wer ist das Model auf dem Cover? Es sieht so aus, als ob sie in einer AC/DC-Schuluniform posieren würde.

„Haha, da habe ich noch gar nicht drüber nachgedacht ... Aber ich wünschte, ich wäre auf diese Schule gegangen! Ich habe das Foto ausgesucht, weil ich durch verschiedene Sachen inspiriert worden bin: Durch die Filme ‚The Warriors‘ und ‚The Taking of Pelham One Two Three‘ und den Song ‚Mafioso‘ von unserem letzten Album ‚Automatic‘. Wieder einmal viele verschiedene Punkte, aber egal, es ist ein großartiges Foto!“

Kein Auto auf dem Cover, dafür aber öffentliche Verkehrsmittel! Wie kommt’s?

„Weißt du, wir sind ziemlich gelangweilt von den Leuten, die immer bestimmte Erwartungen an uns haben, aber es dabei noch nicht einmal verstehen. Wir fingen mit einem Mädchen und einem Auto auf dem Albumcover an, aber wir versuchten stets etwas zu machen, das wesentlich cooler ist als dieses langweilige Punkrock-Klischee. Es gibt sicherlich noch einige Leute, die diese Sachen bei uns vermissen und uns als langweiliges Rock’n’Roll-Klischee abtun, aber ... Fuck ’em! Wir scheren uns um diese Leute nun wirklich nicht, aber auf Dauer wird es echt ermüdend, ständig falsch verstanden zu werden. Dann gab es ‚Automatic‘, wo kein Auto auf dem Cover war. Das war totale Absicht und richtete sich an die Leute, die es einfach nicht kapieren. Was wir eigentlich mit dem Cover erreichen wollen, ist, dass man etwas Schönes mit der Kraft und der Einstellung der Musik verbindet. Wie bei ‚Automatic‘ haben wir uns das attraktivste Mädchen ausgesucht und ihr einfach ein fettes, hässliches TURBO A.C.’s-Tattoo aufgedrückt. Bei diesem Mal haben wir uns einfach dazu entschlossen, mit dem Auto/Mädchen-Klischee zu arbeiten, und setzten ein Mädchen in ein Auto, nur dass wir dieses Mal einen U-Bahn-Wagon genommen haben. Hast du es verstanden? Ich bin mir sicher, dass ich schon wieder missverstanden werde. Aber es ist mir egal, ich mache das, wonach mir ist.“

Ihr habt das neue Album wieder in Manhattan aufgenommen. Welches Studio, wer hat es produziert, was waren die Voraussetzungen?

„Das Studio heißt LOHO und ist an der Lower East Side. Es war das perfekte Studio! Alles an exzellentem Equipment und nur vier Blöcke von meiner Wohnung entfernt. Als ich dort hinging, um es mir mal anzuschauen, sah ich Bilder von Ronnie Spector und Keith Richards an den Wänden, und da wusste ich, dass ich dort das Album aufnehmen wollte! Um unser letztes Album aufzunehmen, sind wir durch das halbe Land nach Hollywood gereist. Und obwohl ich dieses Album liebe, habe ich die den Produktionsprozess gehasst! Das neue Album haben wir nun nah an zu Hause auf eigene Faust produziert, und ich denke, dass man das hören und fühlen kann.“

Was gibt es über die VENUSSHELLS zu sagen? Eure Supportband auf der nächsten Tour ...?

„Eine meiner liebsten Bands aus Deutschland wird mit uns auf die nächste Tour gehen. Ich liebe ihr Album ‚Bloody Slut Choir‘. Und die Sängerin ist echt niedlich ...“