UNDERMINDED

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Hail Pablo Escobar!

Zugegeben, VANDALS-Bassist und Kung Fu Records-Kopf Joe Escalante hat in den letzten Monaten nicht durch besonders geistreiche Kommentare geglänzt. Dass die Athener Show seiner Band nicht stattfand – lokalen Punks war der Besuch der VANDALS bei „ihren Jungs“, den im Irak stationierten amerikanischen Soldaten, ein Dorn im Auge und sie verhinderten das Konzert der „Kung Fu Europe Tour“ –, kann man mehr als nachvollziehen. Die Geister, die man ruft, wird man eben nicht los. Und Punkrock hat immer noch herzlich wenig damit zu tun, eine Armee zu unterstützen, die das eine oder andere Verbrechen gegen die Menschenrechte begeht.

Nichtsdestotrotz beherbergt Mr. Escalante auf seinem Label die eine oder andere sehr feine Band. Man denke nur an SOCIAL DISTORTION, TSUNAMI BOMB und, ganz neu, UNDERMINDED, die nicht nur musikalisch, sondern auch textlich weit über den Tellerrand von Kung Fu Records hinausschauen und wenig mit dem emotionellen Punk, der für Kung Fu bisher labeltypisch war, zu tun haben. Deren erstes Album „Hail Unamerican!“ erschien letzten Herbst und bietet eine sehr schöne, energische Mischung aus HOPE CONSPIRACY, STRIKE ANYWHERE, POISON THE WELL und BOYSETSFIRE. „Hail Unamerican!“ ist gekennzeichnet von markanten Songs, die immer wieder durch tolle Breaks und mitreißende Refrains bestechen. Vor allem der Gesang erinnert oft an STRIKE ANYHWERE, nur, dass die zwei UNDERMINDED-Sänger und -Gitarristen Nick Martin und Matt Johnson wesentlich mehr shouten und somit den Sound ihrer Band in Richtung Newschool-Hardcore drücken.
Das vereinen UNDERMINDED mit persönlichen Texten, die einen deutlichen politischen Unterton haben.


„Das Konzept des Albums ist Bildung. Viele Menschen in den USA, vor allem Teenager, haben keine Ahnung davon, was um sie herum passiert. Und das macht mich verrückt!“, erzählt Nick Martin.

„Wir sind sicherlich keine neo-politische Band, die versucht, ihren Hörern eine Meinung aufzuzwingen. Leider verstehen viele Leute UNDERMINDED aber als eine solche Band. Politik und ihr kritisch gegenüber zu stehen, ist ein Teil von mir und den anderen in der Band. Trotzdem geht es auf ‚Hail Unamerican!‘ um sehr viel mehr, als nur darum, mit dem Finger auf die Dinge zu zeigen, die geändert werden müssen.“

Man muss sich zwar etwas an „Hail Unamerican!“ gewöhnen, dann aber macht der musikalische Cocktail der Vier mehr und mehr Spaß. Metal trifft auf Hardcore, trifft auf Punk, trifft auf Rock. Und von dieser Mischung lebt die Atmosphäre der Songs. Gut produzierte Gitarrenwände verhelfen dem manchmal verzweifelt wirkenden Gesang zu immenser Durchschlagkraft, und hier und da streut man sogar eine Melodie ein, so dass der druckvolle Metal-Hardcore-Einschlag abgefedert wird.

„Wir sind keine Hardcore-Band! Versteh mich nicht falsch, Hardcore ist einer unserer Einflüsse, musikalisch sowie von den Werten her. Dennoch wollen wir den Rahmen sprengen und neben Hardcore noch andere Einflüsse einbauen, etwa die Sounds von OASIS, GODSPEED, NORMA JEAN oder James Brown.“

Es bleibt noch die Frage nach der Rolle der Drogen in der Band. Denn „Hail Unamerican!“ thematisiert sie mit dem ersten Song „Pablo Escobar’s stash: revisited“. Betrachtet man ihn im Gesamtkontext von „Hail Unamerican!“, ist er eher ungewöhnlich: „In dem Song geht es um die Auseinandersetzung zwischen Drogen und einem Menschen. Der Mensch schreit die Drogen an, versucht sie loszuwerden, schafft es aber nicht, da die Drogen ihn an sich gebunden haben. Dabei geht es nicht um jemanden von uns. Ich rauche ein paar Joints, habe es aber voll unter Kontrolle.“

Dann kann man ja beruhigt sein. Und auf eine baldige UNDERMINDED-Headliner-Tour in Europa (den Kontinent besuchten sie unlängst auf der erwähnten „Kung Fu Europe Tour“) und auf den Nachfolger von „Hail Unamerican!“ hoffen.