CHEFDENKER

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Von den Straßen Köln-Porz’

Mit „Eine von hundert Mikrowellen“ haben die Kölner CHEFDENKER ihr zweites Album auf die Menschheit losgelassen. Was mit dem Debüt „16 Ventile in Gold“ bereits gelungen ist, wird hier konsequent fortgeführt. 18 Songs, die trotz ihres Abwechslungsreichtums allesamt das unwechselbare Siegel der CHEFDENKER tragen. Songs, die man so nicht anderswo zu hören bekommt. Songs zwischen stumpfem Scharfsinn und genialer Banalität. Songs, die jeder Grundsatzerklärung trotzen und somit ein eigenes Manifest darstellen. Wow! Alles das, was ihr zum aktuellen Album wissen solltet, sozusagen quasi als Ergänzung zum Booklet, erfahrt ihr im weiteren Verlauf an dieser Stelle. Claus, Kollege, Graf Disco und Knüllerkönig waren so freundlich und kommentierten die neuen Songs in ihrer gesamten Bandbreite.

Warum eine von hundert Mikrowellen?

Knüllerkönig:
„Können Aliens CHEFDENKER-Platten hören? Nein, antropomorphisierenderweise können sie die Platte nur sehen. Denn Mikrowellen sind nicht Schallwellen mit einer anderen Frequenz, sondern elektromagnetische Wellen. Eine aktuelle Studie aus Island hat aber gezeigt, dass jeweils eine von hundert Mikrowellen den Klang auch für Aliens hörbar machen kann. So haben wir uns das Ziel gesetzt, das neue Album vom Sound her so zu gestalten, dass wir diese besondere elektromagnetische Welle durch Abspielen der LP und der CD erzeugen und dadurch die Chance haben, auch Aliens in unsere Hörerschaft einzubeziehen.“

Nehmen wir einmal an, jeder Bürger wäre im Besitz eures neuen Albums. Was würde dies für die Menschheit bedeuten?

Graf Disco:
„Bezogen auf Deutschland mit ihren schätzungsweise 82 Millionen Einwohnern würde das 164-mal Platin bedeuten. Ich glaube, das hat noch keiner geschafft.“
Claus: „Man könnte die CD nicht bei ebay loswerden, wenn sie einem nicht gefällt, es sei denn jemand braucht zwei davon.“

Bei unserem letzten Interview sprach Claus davon, dass sein bisher bester Song noch in der Mache sei? Findet man diesen Song denn nun in vollendeter Form auf der aktuellen Platte?

Claus:
„Nein. Ich arbeite gerade an einem Lied, das 70 Minuten lang sein wird, also gerade so eben auf eine normale Audio-CD passt. Die ersten vier Minuten sind bereits fertig. Ich denke mal, frühestens 2015 darf man damit rechnen.“
Knüllerkönig: „Claus hat sich im Songwriting zu diesem Album wieder mehr als übertroffen. Ich denke, im Vergleich zur ersten Platte sind diesmal textlich sowie musikalisch noch bessere Lieder am Start.“

Wie hoch ist eigentlich die Wegfallquote an ursprünglichen Songentwürfen, wenn es gar 18 Tracks aufs Album schaffen?

Claus:
„0%. Wenn wir einen Songentwurf scheiße finden, wird halt solange dran rumgefummelt, bis er mindestens mittelmäßig ist. Das ist dann gerade gut genug, um es zu veröffentlichen.“
Graf Disco: „Ich glaube wir haben bisher so gut wie jeden Song irgendwie irgendwo veröffentlicht.“

Was war eure Maxime? Sollte es ein Hit-an-Hit-Album werden oder eher ein Album, das sich langsam entfaltet?

Graf Disco:
„Das Album ist wie bei vielen anderen Alben auch eher so ein Album, das man ein paar Mal hören muss, um die ‚Hits’ rauszufinden. Ein Hit-an-Hit-Album kommt leider nur sehr selten vor. Und ehrlich gesagt, ist ein solches Album auch schnell ‚totgehört’. Mir persönlich kommt die Wertung ‚abwechslungsreich‘ unserem neuen Album am nächsten.“
Claus: „Ich fand es früher nie verkehrt, auch immer ein paar Schrottsongs auf ein Album zu packen. Das hebt die besseren Songs scheinbar auf ein höheres Niveau. Eine Weisheit, die allerdings im CD oder MP3-Zeitalter hinfällig ist, denn die Fernbedienung liegt neben der Couch. Wenn man allerdings zum Plattenspieler will, muss man aufstehen. Eigentlich könnten Fernbedienungen und MP3-Player ein Segen für den Endverbraucher sein, sind es aber nicht, und Bands müssen sich nicht mehr, sondern sogar weniger Mühe geben, wenn sie etwas verkaufen wollen. Denn der beste Freund der Fernbedienung ist alles, was den musikalischen Horizont erweitern könnte, sprich alles was mit Mühe verbunden ist. Alco-Pops wurden ja auch nur erfunden, damit man sich leichter das Saufen angewöhnen kann. Und ob eine CD nun ein Hitalbum ist, entscheidet also nicht mehr die Band selber sondern letztendlich die Fernbedienung.“

Erklärt mir die Welt eurer Songs in 2-3 Sätzen. Los geht’s: „Kugel durch den Kopf“.

Claus:
„Sobald in geselliger Runde eine Kerze auf dem Tisch steht, gibt es immer irgendjemand, der mit den Fingern im Wachs rumpopelt und entweder Kugeln oder Würfel formt.“
Kollege: „Wenn eine Platte mit Gitarrengewichse anfängt, hat sie automatisch schon gewonnen!“

„Nackte Weiber“.

Claus:
„Rock’n’Roll-Lieder, die nicht von Sex, Suff oder Autos handeln, stehen unter Innovationsverdacht. Innovation ist im Rock’n’Roll allerdings unerwünscht, deshalb dieses Lied.“
Kollege: „Gotthit mit Motorengeräuschen und Gestöhne während des Solos. Alles richtig gemacht!“

„Über alles wächst Gras“.

Graf Disco:
„Cooler Song mit klassischem Köterchor!“
Claus: „In einigen ostdeutschen Städten versagt angeblich das Abwassersystem, weil der Durchmesser der komplett sanierten Rohre für eine Vollauslastung konzipiert war. Das Resultat ist Fäkalgeruch aufgrund schrumpfender Bevölkerungszahlen in ostdeutschen Großstädten.“
Knüllerkönig: „Wenn man bei dem Lied mal genau hinhört, wird man bei 1:48 ein männliches Geräusch aus Analgegenden bemerken können.“

„Ich lache später“.

Claus:
„Hätte eigentlich ein Kirchentag-Lagerfeuer-Klassiker werden können. Leider haben wir es versäumt, in jeder zweiten Textzeile den Herrn zu preisen. Deshalb doch nur Fahrstuhlmusik.“
Kollege: „Was KETTCAR können, können wir auch.“

„Immer in Gefahr“.

Claus:
„Die meisten Unfälle passieren im Haushalt. Wenn das stimmt, haben alle Menschen ein unglaublich aufregendes Leben, selbst wenn sie nur in der Nase bohren.“
Knüllerkönig: „Schon mal mit dunkler Sonnenbrille in die Disco gegangen?“

„Mikrowelle“.

Claus:
„Wenn Texte unter Zeitdruck fertig gestellt werden müssen, kommt meistens Schwachsinn dabei raus. Ein Phänomen, das z. B. bei Werbeagenturen an der Tagesordnung ist.“
Kollege: „Heimlicher Hit.“

„Die Welt in 2-3 Minuten“.

Claus:
„Deutschpunktexte neigen dazu, vereinfachte Weltbilder zu transportieren. Das muss auch so sein und kommt besonders erfrischend, wenn die zugehörige Musik extrem primitiv ist.“
Kollege: „Stumpfer Text, stumpfe Musik, bedient alle Klischees, mein Lieblingsstück.“
Knüllerkönig: „Ein Song, um den D-Punk-Faktor aufrecht zu erhalten. Man beachte den Grammatikfehler am Ende der ersten Strophe.“

„Vielen Dank für Ihre Bewerbungsunterlagen“.

Graf Disco:
„Vor den Aufnahmen war ich bei dem Lied eher skeptisch. Haben das auch nie geprobt, weil wir es für scheiße befunden haben. Aber im Studio haben wir alles rausgeholt und es ist meines Erachtens einer der größten Hits des Albums.“
Claus: „Unglaublich, welchen Anforderungsprofilen man heutzutage selbst für den letzten Drecksjob angeblich gerecht werden muss. Dieses Lied ist ein Leitfaden fürs nächste Bewerbungsgespräch. Um das Lied noch auf die Platte zu retten, mussten drei Gastmusiker verpflichtet werden.“

„Ein Tag wie jeder Andere“.

Graf Disco:
„Refrain mit sieben Gitarren und fünf Stimmen. Eine Wand von Refrain.“
Claus: „Meiner Meinung nach das beste Lied auf der Platte. Wir haben allerdings beschlossen, das nie live zu spielen, weil es zu viele Akkordwechsel hat, die man sich im Suff nicht alle merken kann.“

„Bauernopfer Namedropping“.

Claus:
„Handelt von langweiligen Bands, die sich in ihren langweiligen Bandinfos damit profilieren, im Vorprogramm von langweiligen Bands gespielt zu haben.“
Knüllerkönig: „Bislang der schnellste CHEFDENKER-Song überhaupt. Da wurde pauschal die Klickzahl so dermaßen geschmeidig angehoben, dass wir extra für die Aufnahme des Liedes ein halbes Jahr ins Fitnessstudio mussten.“

„Blut strömt durch die Strassen von Köln-Porz“.

Claus:
„Irgendwann stand im Kölner ‚Express‘ die Schlagzeile ‚Blut strömt durch die Strassen von Bagdad‘. Wann endlich auch in Köln-Porz?“

„Wie ein weißer Schimmel“.

Graf Disco:
„Ein Mid-Tempo-Stück mit ganz viel Gefühl.“
Claus: „Ein Pleonasmus ist eine überflüssige Anhäufung sinnverwandter Wörter. Der Schlussrefrain des Liedes ist eine überflüssige Anreicherung von Pleonasmen, denn er trägt nicht dazu bei, diesem Text irgendeinen Sinn zu verleihen. Da der Song im Bereich der Schlagermusik anzusiedeln ist, wäre es ein eklatanter Stilbruch, ihn mit sinnvollem Text auszustatten.“

„Lösung mit System“.

Claus:
„Fünf Minuten vor dem Einsingen aus dem Arsch gezogener Text. Lückenfüller-Song, im Studio zusammengefrickelt.“
Knüllerkönig: „Besonders uninteressant ist, dass ich am Ende des Liedes tausend Snares übereinander eingespielt habe. Das ganze Lied bekommt somit unbewusst vielseitige Interpretationsmöglichkeiten.“

„Heile Welt in 1-2 Minuten“.

Graf Disco:
„Kurz! Schnell! Hit!“
Claus: „Die primitivste Art, einen Text zu schreiben, ist, etwas anzuprangern, was der potentielle Hörer auch scheiße findet. Man nennt so was, ‚sich anbiedern‘ oder auch Deutschpunk. Warum sollte man sich bei der Musik mehr Mühe geben? Die Schlagzeugspur wurde einfach von ‚Die Welt in 2-3 Minuten‘ rüberkopiert, Gitarre und Bass spielen die ganze Zeit dasselbe, Chorus und Strophe haben dieselben Akkorde.“

„Wenn ich die Wahl hätte“.

Graf Disco:
„Also, wenn ich die Wahl zwischen Köln und Wuppertal hätte, würde ich wohl Köln vorziehen.“
Kollege: „Einer der ersten Songs, die wir direkt nach der 16V gemacht haben, deswegen kommt der uns fast schon zu den Ohren raus. Live immer klasse zum Tanzen, finden die Mädels immer gut.“

„Die Message der Dancefloormusik“.

Claus:
„Dass Dancefloormusik keinen sinnvollen Text haben darf, ist ja weitläufig bekannt. Aber muss es denn immer wieder irgendein ‚Move your Body’-Schwachsinn sein? Man kann doch auch über andere sinnlose Dinge singen, hört doch eh keiner zu.“

„Zu cool für Rock’n’Roll“.

Kollege:
„Erkläre CHEFDENKER mit einem Satz!“
Claus: „Cadillacs, Tätowierungen, tief hängende Gitarren, wenn ich so was auf Plattencovern sehe, setze ich ganz schnell meine Sonnenbrille auf und gehe in die Schlagerplattenabteilung, denn da sind mit Sicherheit mehr Innovationen zu erwarten.“

„Frag mich ruhig“.

Claus:
„Wenn man ‚etwas über den Äther sendet‘, dann bedeutet das, dass elektromagnetische Wellen den Äther zum Schwingen anregen, das glaubte man zumindest vor etwa 100 Jahren noch. Heutzutage ist es durchaus üblich etwas, was man glaubt, als Meinung kundzutun, anstatt einfach mal den Mund zu halten.“

„Ich sinn der Guido“.

Knüllerkönig:
„Frag ihn ruhig, der Guido weiß alles und kennt jeden. Der Held aus Flockenbersch hat schon als kleines Kind Büttenreden gehalten und ist der Begründer des Begriffs ‚upmaachen‘. Guido wird sein erstes Studioalbum auf einem Major veröffentlichen und somit schon bald das Murschbicher Platt über den großen Teich in die Staaten bringen.“