FEMINISMUS VS. MUSIKSZENE

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Eine Studie Teil 1 von 3: Band Aids

Mein temporärer Job als Tour-Managerin bringt immer wieder mit sich, dass man mit Situationen konfrontiert wird, die man in der Indierock-Szene eigentlich nicht für möglich gehalten hätte. Die man zwar aus dem Fernsehen kennt, aber nicht im wahren Leben. Da schickt man den Sänger einer Band namens STATISTICS, mit der man unterwegs ist, irgendwann ins Bett, da er total besoffen ist, und muss mitbekommen, wie sich ein ihm wildfremdes Mädchen einfach zu ihm ins Bett legt, und dieser – trotz Freundin zu Hause – nichts dagegen hat. Selbiger tatscht auf Tanzflächen über ganz Europa hinweg Frauen an, versucht sich so an sie ranzumachen, hält diese Anmache für unfehlbar, und sich selbst für unwiderstehlich; nennt diese Frauen dann – egal ob sie auf seine billigen Sprüche reinfallen oder nicht – hinter deren Rücken „Bitches“ und „Sluts.“

Man muss sich mit Müttern auseinander setzen, die versuchen, ihre 19-jährigen Töchter irgendwelchen Bands aufzudrängen. (Meine Mutter sagt immer, ich solle mich von Bands fern halten, insbesondere von denen, die auf einem anderen Kontinent wohnen als ich.) Da laufen zum Beispiel nach einem BRIGHT EYES-Konzert in Paris an die sechzig Mädchen ihrem Idol Conor Oberst hinterher, als er noch in eine Bar einen trinken gehen will. Da fragt man sich, ob Musiker, die so umgarnt werden, Respekt vor den Frauen verlieren, die sich so unterwürfig an sie ranmachen, oder ob sie diese Aufmerksamkeit genießen. Eine weitere Frage, die bei diesem Thema aufkommt, ist, wie die Frauen sich dabei fühlen, die in diesen Bands spielen oder diese fahren, die Tour managen etc., ob sie diese Frauen und/oder Männer verachten, dieses Verhalten befremdlich finden oder dies alles nachvollziehen können. Und auch ich ertappe mich manchmal dabei, wie ich heimlich nach Bildern von Conor Oberst schiele, oder mich meine Freunde komisch ansehen, wenn ich begeistert von den neuen BRIGHT EYES-Platten rede. Dann muss ich mich erst wieder einmal beim Schlafittchen packen und mich fragen, wie bescheuert ich eigentlich bin, und wie ich überhaupt meinen Uni-Abschluss hingekriegt habe. Natürlich ist es ein weiter Weg vom Attraktivfinden eines Menschen bis zum Groupie, doch wird man als Frau schnell in eine Ecke gedrängt, schnell abgestempelt. Als ich zum Beispiel einmal auf einer Fahrt mit der Mitfahrzentrale gefragt wurde, was ich beruflich mache und „Tour-Management“ antwortete, sagte der einzige Mann im Auto gleich: „Ach so, Groupie!“ und grinste mich breit an. Als ich dann meine Miene verzog und erwiderte, dass dies mein Job wäre und ich nicht zum Spaß mit Bands auf Tour ginge, meinte er: „Ja, ja, ein professionelles Groupie also.“ (Was man wohl mit einer Prostituierten gleichsetzen könnte. Seltsamerweise fühlte sich dieser Typ offensichtlich sehr stark von mir angezogen und lauerte mir monatelang am Geschäft meiner Eltern auf, von dem ich blöderweise auf dieser Fahrt erzählt hatte.)

Zwar passieren mir solche Dinge nur bei Leuten, die mich nicht kennen, und zum Glück auch meistens nichts mit Musik zu tun haben, doch musste ich lange dafür arbeiten, innerhalb dieser Szene als gleichwertig anerkannt zu werden, oder zumindest einen gewissen Grad an Respekt zugesprochen zu bekommen. Ich würde nicht mal heute, nach fast zehn Jahren Musikgeschichte, die ich hinter mir habe, sagen, dass ich denselben Respekt wie ein Mann in meiner Position bekomme. Denn erst letzte Woche, als ich mit meinem Bruder eine Show von ROBOCOP KRAUS verließ, wurde ich lauthals als Groupie beschimpft. Denn unglücklicherweise hatten wir einen aus der Band im Schlepptau, der bei meinem Bruder übernachtete. Heute erzählt mir mein Mitbewohner, dass ich von einer seiner Kolleginnen (die es besser wissen sollte, da ihr mit Sicherheit schon ähnliche Dinge passiert sind) als Groupie bezeichnet wurde, da ich gestern mit den Jungs von KOUFAX herumhing. Allerdings kenne ich die schon seit ungefähr fünf Jahren vom Organisieren diverser Shows. Wir haben gemeinsame Freunde und KOUFAX kennen sogar meine Familie. Und ich will gar nicht erst wissen, wie viele Leute mir schon Dinge dieser Art unterstellt haben, von denen ich nicht einmal etwas weiß. Natürlich können solche Aussagen nie verallgemeinert werden, natürlich gibt es viele Menschen, die mir wie selbstverständlich diesen Respekt zusprechen und all dies überhaupt nicht in Frage stellen. Trotz allem gibt es hin und wieder Vorfälle, bei denen ich aufgrund meines Geschlechts einfach abgestempelt werde. Und obwohl ich immer sofort von meinen männlichen Mitstreitern verteidigt werde, sind solche Vorfälle doch unheimlich ärgerlich. Stefanie Drootin von BRIGHT EYES drückt dies so aus: „Ich war mir nie bewusst, dass ich eine Frau war, die Musik macht. Dessen wurde ich mir erst bewusst, als mich Leute darauf ansprachen. Ich fand es immer ganz normal, dass ich Musik machte, und dachte nicht, dass es etwas Außergewöhnliches sei. Ein Satz, der mir immer im Kopf blieb, war: ‚Du bist eine sehr gute Bassistin, für ein Mädchen.‘ Dieser Zusatz ‚für ein Mädchen‘ ist so herablassend, denn was hat das mit meinem Geschlecht zu tun? Ich wäre auch so ein guter Bassist, nicht nur für eine Frau.“
Weiterhin ist mir nach und nach bei betrunkenen, nächtlichen Gesprächen mit anderen Tour-Managerinnen, Fahrerinnen, Konzert-Veranstalterinnen und Musikerinnen aufgefallen, dass ich auf Tour genau dieselben Erfahrungen gemacht habe wie alle anderen Frauen. Also fragte ich mich, ob dahinter ein Schema steckt, und was es heute, nach Riot Grrl und in einer Zeit, in der Indierock-Musiker verehrt werden wie Mitglieder einer Boyband, bedeutet, eine Frau in dieser Szene zu sein. Denn alle stimmten überein, dass man als Frau heute, im Jahr 2005, immer noch doppelt so hart arbeiten muss wie ein Mann, um akzeptiert zu werden, und härter um Anerkennung für gute Arbeit kämpfen muss. Also befragte ich verschiedene Frauen, die sich in dieser Szene alleine hoch gekämpft haben, um denselben Respekt wie ein Mann zu bekommen, den Respekt erkämpfen mussten, der ihnen eigentlich von Natur aus durch ihr Können zustehen sollte. Eines der Themen, die einem in diesem Zusammenhang als Erstes durch den Kopf schießen, ist natürlich – wie könnte es anders sein – das Phänomen des Groupies, oder, wie es seit Cameron Crowes Film „Almost Famous“ auch so schön heißt: des „Band Aids“.

Ina Persson, eine lokale Veranstalterin für Shows im Kafe 44 in Stockholm, Schweden sagt dazu: „Wir sind doch alle schon mal dort gewesen, waren das Indierock- oder Hardcore-Groupie. Wir haben doch alle schon einmal etwas mit jemandem in einer Band gehabt und waren somit ‚the butt of everyone’s joke.‘ Es ist einfach lächerlich ein Groupie zu sein, und doch haben wir es doch alle schon mal gemacht.“ Dies kann man allerdings nur mit einem ironischen Unterton so stehen lassen. Denn wenn Jenny Lewis, ihres Zeichens Sängerin und Gitarristin der Band RILO KILEY, sagt: „Musik ist alles, an was ich denke, sie ist mein ganzes Leben“, dann hat sie zwangsweise eben auch nur Freunde, die etwas mit Musik zu tun haben. Und die einzigen Leute, mit denen sie etwas zu tun hat, sind aus der Musikbranche. Doch sagt sie auch: „Ich habe wirklich ein Problem mit der ganzen Groupie-Geschichte. Und ich selber habe nicht einmal bei einer Show einen Typen getroffen, den ich so attraktiv fand, dass ich sofort etwas mit ihm angefangen hätte. Und ich bin seit Jahren auf Tour. Ich habe einfach kein Interesse daran, jemanden zu küssen, den ich nicht kenne. Ich muss erst jemanden kennen lernen bevor ich ihn küssen will.“ Doch hatte auch sie natürlich schon Freunde in Bands, denn alle Leute, die sie kennt, scheinen mehr oder weniger in das Musikbusiness involviert zu sein: „Es sieht so aus, als wären all meine Beziehungen aus der Welt der Musik entstanden, so dass ich zum Beispiel mit einer Band auf Tour gehe und somit eben mit einem bestimmten Typen mehr abhänge.“ Doch werden Frauen in der Musikszene gerne sofort abgestempelt und in eine Ecke gestellt.
Und der Unterschied besteht im Endeffekt darin, dass die Frauen, die in Bands spielen, diese fahren, mischen oder sonstiges machen, Leute wie Conor Oberst nicht, als er nach einer Show noch etwas trinken gehen will, wie sechzig andere junge Frauen in Paris verfolgen. Stattdessen machen sie ihren Job. Und gehen dann nach Hause. Oder mit der Band feiern. Und lernen dann vielleicht hin und wieder jemanden kennen, mit dem sie sich öfters treffen. Aber was erwarten diese sechzig anderen Frauen von Herrn Oberst? Dazu meint Stefanie Drootin, die Bassistin von BRIGHT EYES: „Conor schreibt Texte, die das Leben von bestimmten Leuten sehr beeinflussen, ich denke, dass diese Leute im alltäglichen Leben ganz normal sein können, aber eben durchdrehen, wenn sie in seiner Nähe sind, da er die eine Person ist, die für sie wie ein Gott ist. Manchmal denke ich, dass ich, und auch der Rest der Band, Respekt für eine bestimmte Person verlieren, aber nicht für Frauen im Allgemeinen. Denn es gibt so viele Frauen auf unseren Shows, die vollkommen normal und respektabel sind. Dass Leute ihm so krass hinterherlaufen, ist schon komisch, aber diese Leute sind einfach große Fans und wollen mit ihm rumhängen, ihn eben wenigstens an diesem einen Abend in ihrer Nähe haben. Ich denke, dass Fans für Conor eine größere Belastung sind, als für den Rest der Band oder mich. Denn die meisten Leute wollen sowieso nur mit ihm reden, nicht mit uns. Doch sehr oft werden wir auch alle von den Leuten abgeschottet.“ Doch macht es Stefanie im Grunde nichts, wenn Frauen auf ihren Sänger abfahren, solange sie ihn nicht nerven. „Denn ich kann es verstehen, ein Fan zu sein und sich in den Sänger zu verlieben, also macht mir diese Tatsache an sich nichts aus“, erklärt sie. „Es gab aber ein paar Vorfälle, wo Frauen anfingen zu heulen und ihn anflehten, ihr ein Baby zu machen, und das ist wirklich etwas zu viel.“

Robert Ehrenbrand von BOY SETS FIRE meint, dass er sich natürlich wünschen würde, dass Leute ihn nicht nur ansprechen, weil er in einer Band spielt. „Denn sind wir doch ehrlich, nur weil jemandem ein Konzert gefällt, weiß die Person doch noch nicht wirklich viel über einen als Person und somit ist das ‚Gefallen‘ auf die falschen Stützen gebaut“, meint er. Andererseits ginge es ihm auch so, dass er Leute, deren Musik er mag, gerne kennen lernen will. Denn seiner Meinung nach ist ein gutes Konzert oder Album durchaus eine emotionale Erfahrung und soll es ja auch sein. „Nur mit Verlieben oder Attraktivfinden sollte das nichts zu tun haben“, erklärt er. Auch Jenny Lewis findet, dass zwischen dem Mögen einer Platte oder eines Konzertes und dem, sich von einem Menschen angezogen zu fühlen, ein Unterschied gemacht werden soll und muss. Denn ihrer Meinung nach richtet sich das „Groupie-Ding“ alleine auf physische Schönheit aus: „Ich denke, dass Männer, und hier rede ich nicht nur von meiner Band, in Richtung der Mädchen driften, die sie ästhetisch ansprechend finden. Und das ist eine komplette Fehlinterpretation dessen, was eine Frau ausmacht. Das fasst im Endeffekt alles zusammen, was ich an Masochismus und Sexismus hasse. Du siehst diese Frauen in der Menge, und die hübscheren Frauen können nach der Show backstage kommen. Und wenn diese Mädchen Idioten sind, ist das vollkommen egal. Hauptsache sie sind hübsch. Natürlich ist das das Einzige, wonach Bands diese Mädchen beurteilen können, da sie diese Mädchen natürlich nur für ein paar Stunden kennen lernen.“ Doch versteht sie, auch wenn sie es nicht gerne sieht, die Sache von beiden Seiten, sagt, sie könne das rationalisieren. Dass junge Mädchen aus einer Kleinstadt Jungs in Bands toll finden. Die nur einen Tag da sind und niedlich, und natürlich wollen sie dann mit diesen Pseudo-Rockstars herumhängen. „Ich kann allerdings nicht sagen, dass ich es immer akzeptiere und immer freundlich bin, wenn Mädchen damit im Hinterkopf in den Backstageraum kommen, mit den Jungs etwas anzufangen“, meint Jenny. „Aber meistens bin ich nicht gemein und ziehe mich einfach zurück, denn ich bin normalerweise nicht gewillt, an der ganzen Sache teilzuhaben. Es ist eine schwierige Situation. Denn wenn die Mädchen es genauso wollen wie die Jungs, wer bin ich zu sagen, dass das nicht okay ist?“

Kate Hiltz, ihres Zeichens Tourmanagerin der BOUNCING SOULS und Robert Ehrenbrands Freundin, sieht die Sache etwas anders. Sie behandelt Situationen, in denen Mädchen backstage wollen, ganz simpel: entweder hat besagte Dame einen Backstage-Pass oder nicht. Wenn einer aus den Bands, die sie betreut, jemanden trifft und einen Backstage-Pass für diese Person haben will, so gibt sie ihm einen. Weiterhin sagt sie: „Ich halte es auch nicht für ein Verbrechen, wenn man mit den Jungs in der Band rumhängen will. Sie sind talentiert, anders, niedlich, etc. Ich werde es sicher niemandem vorhalten, wenn er/sie etwas Spaß haben will. Für mich besteht kein Unterschied zwischen einem ‚Blouser‘ (so nennen sie und die BOUNCING SOULS diese Art Mädchen) oder einem notgeilen Band-Typen.“ Solche Dinge stören sie nur, wenn sie weiß, dass jemand eine Frau oder feste Freundin zu Hause hat, und somit Betrug mit im Spiel ist. „Ich bin zwar ein großer Verfechter von ‚what happens on the road, stays on the road‘, aber manchmal müssen sich bestimmte Leute am nächsten Tag ganz bestimmt anhören, was ich zu sagen habe. Aber“, lacht sie, „ich denke, dass ich sehr viel Glück habe, denn – und das sage ich nicht nur einfach so – meine Jungs sind ziemlich ehrenhafte und treue Gentlemen. Also passieren mir solche Sachen eher selten. Wenn wir mit anderen Bands auf Tour sind, sind solche Situationen einfach nur lustig. Insbesondere wenn ich darauf bestehe, vorgestellt zu werden.“ Auch Robert Ehrenbrand hat eine ähnliche Meinung, sieht das alles als Mann aber etwas distanzierter: „Ich denke nicht zuviel darüber nach, denn ich habe ja die Person, mit der ich zusammenleben oder zusammen sein will, bereits gefunden und würde das niemals aufs Spiel setzen. Ich finde es etwas befremdlich, wenn Leute zuviel in ein schönes Live-Erlebnis hineininterpretieren ... Solange sich das aber auf nettes Kennenlernen und ein gutes Gespräch beschränkt, ist das doch klasse. Aber wenn es zu weit geht, ziehe ich einfach die Grenze. Das heißt allerdings nicht, dass ich es generell scheiße finde, wenn sich zwei erwachsene Menschen backstage kennen lernen, und beschließen ihren Spaß zu haben. Das sollte jede(r) selber wissen ... Solange beide Parteien nichts Falsches erwarten und/oder sich etwas vorspielen, ist das völlig okay. Heuchelnde Prüderie habe ich in den Staaten bereits genug, dank der christlichen rechten Agenda.“

Andrea Kellermann, Gründerin des Eine-Frau-Projekts FIREFOX und der unglaublichen LAS PUERTAS, einer Band die sie zusammen mit ihrem Mann Rasmus aka TIGER LOU gegründet hat, denkt im Gegensatz dazu gar nicht daran, dass es so etwas in der Art gibt. Sie und ihr Mann können sich nicht vorstellen, dass Menschen auf Musiker abfahren könnten. „Kümmert sich wirklich irgend jemand darum wie Musiker aussehen, abgesehen mal von Britney Spears- und 50 CENT-Fans? Wir hoffen mal nicht!“, ist ihre Meinung dazu. Und wenn wirklich mal jemand versucht ihren Mann aufzureißen, dann findet Andrea das eher lustig, denn schließlich ist sie ja diejenige, die mit ihm heimgeht. Rasmus denkt nicht, dass Leute ihn toll finden, nur weil er Musik macht. Zumindest hat er es, wenn dem so ist, noch nie mitbekommen. Aber er denkt, dass dies wohl ganz natürlich ist, denn wenn er eine Band mag, hat er auch eine Vorstellung davon, was die Person, die eine bestimmte Art von Musik macht, für ein Mensch ist. „Aber im Endeffekt ist diese Vorstellung meistens ein totaler Scheißdreck. Leute können totale Vollidioten sein und fantastische Musik machen, und anders herum genauso“, sagt er. Und genau dies findet auch Jenny Lewis, und deswegen kann sie das Groupietum von Seiten der Männer, die darauf eingehen, nicht verstehen. Denn sie tendiert dazu, Männer nicht nach ihrem Aussehen zu beurteilen, sondern nach ihrem Können. Aber ihrer Meinung nach sei dies eine weibliche Eigenschaft, und deswegen funktioniert diese ganze Groupie-Geschichte auch. Frauen finden einen Mann aufgrund seines Könnens, in dem Falle seinen Songwriter-Qualitäten, anziehend. Woraufhin sich der Mann die Hübschesten dieser ihn bewundernden Frauen aussuchen kann. Also ist dieses Verhalten im Endeffekt nur eine Widerspiegelung des traditionellen Rollenverhaltens der Gesellschaft auf kleinerem Raum. Nicht mehr, nicht weniger. „Natürlich freue ich mich auch über einen gut aussehenden Mann“, fügt Jenny noch hinzu. „Aber ich finde, dass Menschen attraktiver werden, wenn sie etwas Gutes zu sagen haben. Und somit driftet das Aussehen dann in den Hintergrund ab, wird zu einer Nebensache.“

Doch kann man das Groupietum nicht nur auf das weibliche Geschlecht beschränken, auch wenn das allgemein gerne gemacht wird. Frauen werden sofort als Groupies abgestempelt, wenn sie nur andeuten, jemanden in der Musik-Szene attraktiv zu finden, während es bei Männern vollkommen akzeptiert wird, Frauen in Bands attraktiv zu finden. Allerdings kann die Faszination des anderen Geschlechts, wie im normalen Leben, auch in der Musikszene beängstigende Ausmaße annehmen. Stefanie Drootin erzählt mir nur eine der Geschichten, die ihr als unerreichbarem Objekt der Begierde schon passiert sind: „Normalerweise sind meine Fans nicht zu creepy, wollen nur mal ein Autogramm hier oder ein Foto dort. Allerdings kann ich eine Geschichte erzählen, die schon etwas komisch war. Wir waren in Texas und ein Typ aus dem Publikum wusste, dass mein Lieblingsdrink Dirty Wodka Martini ist, also kaufte er mir einen und brachte ihn an die Bühne. Es war im Allgemeinen eine komische Nacht, es waren sehr viele komische Leute auf der Show. Zum Beispiel folgte mir ein Typ auf die Toilette, auf welcher nur ein Vorhang vor der Tür hing, und drückte die ganze Zeit gegen diesen, während ich auf der Toilette war, und nach diesem Vorfall war ich schon etwas vorsichtiger geworden. Nun also kaufte mir dieser Typ diesen Drink, ich nahm ein paar Schlucke und ging dann von der Bühne, da Tim Kasher, Sänger und Gitarrist von THE GOOD LIFE, ein paar Solo-Songs spielte. Irgendwie war ich etwas nervös, den Drink zu trinken. Also schenkte ich ihn meinem Freund Heath, der auch mit uns auf Tour war. Heath ist ein ziemlich starker Trinker, kann wirklich sehr viel trinken. Er trank ihn also und eine halbe Stunde später ging es ihm total schlecht, er lag nur noch im Van und meinte, er hätte sich noch niemals so komisch gefühlt. Nach der Show kam dann der Typ, der mir den Drink gekauft hatte, zu mir und meinte: ‚Du hast ihn nicht getrunken, oder?‘ Daraufhin sagte ich etwas verängstigt: ‚Doch, ich habe ihn hinter der Bühne getrunken‘, woraufhin er fragte, ob ich denn nicht Angst hätte, dass mir Leute Drogen in meine Drinks schütteten. Und das war mir schon etwas suspekt. Ich bin mir sicher, er hat da nichts reingeschüttet, aber wer weiß ... Denn er war so komisch wegen der ganzen Sache, hat ein großes Ding daraus gemacht, ob ich den Drink getrunken hatte oder nicht. Das war eine sehr komische Nacht.“
Ein weiteres Problem von BRIGHT EYES ist auch die Wahrung ihrer Privatsphäre. Denn natürlich muss man mehr auf seine Privatsphäre achten, wenn man in einer Band wie dieser spielt, als in einer gewöhnlichen Band. „Manchmal finde ich schon, dass Fans zu sehr in meine Privatsphäre eindringen“, sagt Stefanie hierzu, „aber nicht sehr oft. Manchmal lesen Leute, insbesondere im Internet, Sachen über einen, die gar nicht stimmen oder privat bleiben sollen. Es stört mich im Grunde sehr, dass so oft Gerüchte über mich herumgehen. Das häufigste ist, dass ich, da ich die Frau in der Band bin, Conors Freundin bin, oder die Freundin von irgendjemand anderem in der Band. Das ärgert mich schon, denn nur weil ich ein Mädchen bin und mit den Jungs auf der Bühne stehe, heißt das noch lange nicht, dass ich die Freundin von einem von ihnen bin. Das impliziert irgendwie, dass ich nicht aufgrund meines Könnens als Musikerin in dieser Band bin. Und das ärgert mich.“ Jenny Lewis hingegen weiß ihre Privatsphäre, insbesondere auf Tour, auch zu schützen: „Wenn diese Dinge um mich herum vorgehen und ich mich deswegen unwohl fühle, dann kann ich auch weggehen, zurück zum Bus. Oder ich sage deutlich, dass ich mich unwohl fühle, und solche Dinge nicht im Backstageraum, der ja auch meiner ist, haben will. Doch habe ich auf dieser Tour versucht, netter zu den Groupies zu sein, und habe herausgefunden, dass manche von ihnen eigentlich ganz nett sind.“

Kate Hiltz hatte immer eine goldene Regel: „Never date a boy in a band!“ Bis sie Robert traf. Sie hatte diese Regel nicht, weil sie dachte, dass Jungs in Bands ekelige, betrügende Lügner seien, es lag nur daran, dass sie den Lifestyle von Bands kennt und weiß, wie schwierig es ist, mit einer solchen Person ein häusliches Leben aufzubauen. „Und jetzt sind wir zu zweit mit unseren verrückten Zeitplänen!“, lacht sie. „Aber als ich Robert traf, war die Sache einfach sonnenklar und ich würde auch nicht mit jemand anderem zusammen sein wollen. Was Frauen anbelangt ... ich denke, dass es sehr hilft, dass ich keine eifersüchtige Person bin. Aber hauptsächlich vertrauen wir uns eben einfach. Und komplizierter ist das Ganze auch wirklich nicht!“