GRIZZLY ADAMS BAND

Auf so eine beknackte Idee muss man auch erst einmal kommen! Da kaufen sich vier Burschen aus Münster und umliegenden Haufen-, Rund- oder Zeilendörfern teure Instrumente und hochwertige elektrische Verstärkeranlagen, üben sich im Spielen selbstverfasster Rocksongs und machen überhaupt alles, um eine richtig coole Rock´n´Roller-Band aus dem westfälischen Boden zu stampfen und damit ihr soziales Ansehen bei den gleichaltrigen Rüpeln und ebensolchen Puppen raketenhaft zu steigern, und dann benennen sich die Pfeifen doch tatsächlich nach dem "Mann in den Bergen"!

Ja, wie kann man denn auf so einen Bolzen kommen?? Die Jüngeren unter den Lesern bewahrt vielleicht die Gnade der späten Geburt vor der Kenntnis jener sturzöden Sonntagvorabendserie aus einer vergangenen Dekade, aber wer in den Siebzigern schon irgendwie gelebt hat, wird sich sicherlich noch an jene Oberschnarchnase mit Vollbart namens "Grizzly Adams" erinnern. Was soll denn, bitte schön, dieser lahme Trappersack mit Rock´n´Roll oder gar Punkrock zu tun haben? Ja, wenn ihr ´ne Folkband währt, dann wär das natürlich ein super Name, aber so?!

So müssen die Jungens nun gegen eine Hypothek arbeiten, indem sie Leistung zeigen, und das haben sie auch schon gemacht. Sonst würde so ein Superjournalist, wie ich ja einer bin, wohl kaum einen derart feinen, auf junges Talent hinweisenden Newcomerartikel wie diesen hier schreiben. Die Grizzlies, wie ich die so unglücklich getaufte Band nun mal echt schleimig nennen will, haben das bisher mit couragierten und wirklich feste rockenden Live-Auftritten getan und nicht zuletzt auch mit einer satten, von mir in dieser Postille bereits gewürdigten Debütsingle, die mit nicht weniger als sechs Stücken aufwartet. Der Stil der Band, zu dem ich jetzt wohl langsam auch mal ein paar Worte ausspucken muss, siedelt sich dabei im Bereich des unzweifelhaft garagigen Midtempo-Punkrockstompers an, zu dem man unglücklicherweise fantastisch den Arm samt Zeigefinger hochrecken und wohlmöglich auch noch mitgrölen kann. Unglücklich ist das deshalb, weil man dann aussieht wie ein kompletter Vollidiot, genauso nämlich wie die Vollidioten um einen herum, von denen es ja immer ziemlich viele gibt. Indes was soll´s, man ist nur einmal jung, und das ist auch schon wieder lange her. Wieso soll man also nicht mal den Griffel in die Luft halten, nur so zum Spaß, als Witz halt!

Da die von mir gegebene Stilbeschreibung vielleicht etwas schwammig ist, kam ich auf den Kniff, die Band einfach selbst danach zu befragen, die müßten schließlich wissen, was sie da veranstalten. "77er Garage-Punk´n´Roll" bekam ich daraufhin zu hören. Eine Antwort, so unbefriedigend und nicht minder schwammig, die mich zwang, weiterzubohren und nach Vorbildern zu recherchieren. Zunächst bekam ich auch auf diese Frage nur unbefriedigende Allgemeinplätze zu hören, man nannte mir nämlich NEW BOMB TURKS und die LAZY COWGIRLS - zeig´ mir eine Band, die was taugt, die nicht mindestens eine von denen nicht als Referenz angibt! - dann schob Sänger Christian aber noch einen Namen nach, der wirklich ein bißchen Sinn zu machen schien, die HUMPERS! Die guten alten HUMPERS - Gott hab´ die sympathischen Trunkenbolde selig! - deren seinerzeitiges uvre hatte in der Tat was vom "Grizzlypunk" der Westfalen, bzw. umgekehrt. So weggetreten (sprich: dauerblau) wie man die Kalifornier auf ihrer Tour vor einigen Jahren erleben konnte habe ich die Burschen von der GRIZZLY ADAMS BAND aber zum Glück noch nicht erlebt.

Etwas anderes, was ihnen erfreulicherweise auch abgeht und sie damit vom Gros anderer heutiger Bands unterscheidet, die es auf´s "Rocken" abgesehen haben und bei denen auch viel mit den Pfoten in der Luft herumgefuchtelt wird, ist dieser Tätowierungstick und der Rest des albernen "Greaserpunk"-Trendoutfits. Das kommt meiner akuten Allergie gegen Flammen, Billardkugeln und desweiteren auf Körperteilen, Hemden, Hosen oder was auch immer sehr entgegen. Die Jungs von der G. A. Band geben sich dagegen eher erfrischend uncool und sehen einfach aus wie, ...äh, na einfach wie so Jungs eben. Ja, und die lachen ja sogar auf ihren Pressefotos! Das finde ich nun wirklich mal wieder ein positives Statement, und es zeigt mir, dass der Humor dem Punkrock doch noch nicht vollends den Rücken gekehrt hat. Es war in der letzten Zeit mitunter ja kaum noch auszuhalten, wie einem die SOCIAL DISTORTION-Brigade mit 7-Tage-Regenwetter-Gesicht ihre harten Eier vor die Nase gehalten hat. Vielleicht läutet die "GRIZZLY ADAMS BAND" mit ihrem uncoolen Namen und ihrer relaxten Attitüde ja nun ein lockereres Klima ein und zeigt, dass man auch ohne miesepetrig zu gucken und den Totschläger zu mimen einen astreinen Soundtrack zum Luftgitarre spielen zusammenschrubben kann. Es bleibt zumindest zu hoffen.

Die Band hat nach ihrer Debütsingle, die wohl schon ziemlich ausverkauft ist, auch schon wieder ein bis zwei Eier in der Pfanne. Wie ich hörte haben die Grizzlies bereits 10 neue Songs aufgenommen (bei "Kanne und Willi" in Duisburg-Rheinhausen, falls die jemand kennt), die spätestens Anfang kommenden Annos in Form einer Split-7" mit den COLT SEAVERS (das ist ja wohl schon eher ein Typ, nach dem man seine Band benennen kann!) und einer ganz eigenen Single herauskommen sollen. Letztere wird dann wohl auch wieder so ein Wert-für-Geld-Ding mit 6 Songs drauf, wie schon die erste eines war.