SHADOW REICHENSTEIN

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Der schwarze Mann ist da

Nach Veröffentlichung zahlreicher Horrorpunk-Perlen geht das Kölner Label Fiendforce überraschende Wege und veröffentlicht mit „Werewolf Order“ ein Album, das so düster und sperrig ist, dass zahlreiche MISFITS-Jünger Reißaus nehmen und sich vor Angst unter dem Bett verstecken werden. Da Bandleader und Namensgeber Shadow Reichenstein nicht nur soundmäßig bewusst aneckt, war ein Gespräch zwischen Deutschland und Texas fällig.

Ich nenne es „Horror-Rock“, gibt Herr Reichenstein auf die Frage zu Protokoll, wie er denn nun seine Soundkreationen beschreiben soll.


„Der Begriff lässt mir viel Spielraum, so habe ich zum Beispiel auf unserem ersten Album ‚Monster Rock‘ eher mit älterer Surf-Musik experimentiert, während ich jetzt, wo ich auch was älter geworden bin, mehr Einflüsse aus den Siebzigern und Achtzigern integriert habe.“

Wobei wohl gerade die Achtziger-Post-Punk/Gothic-Bewegung einen großen Anteil am heutigen musikalischen Output von Shadow Reichenstein hat. Das dürfte die Death-Rocker freuen.

„Ach was, ich mache ja keine Musik für eine bestimmte Zielgruppe“, gibt der Texaner zu verstehen. „Ich will einzig und allein mich zufrieden stellen. Auf ‚Werewolf Order‘ hört man Punk, Death-Rock, 80s New Wave, Rock und sogar etwas klassischen Metal. Die einzige Konstante ist die Horror-Thematik.“

Dass der Düster-Rocker damit keinen MTV-Award einheimsen wird, ist ihm klar.

„Trotzdem glaube ich, dass die Hörer erkennen werden, dass wir einfach gute Songs fabrizieren, egal mit welcher Subkultur die assoziiert werden.“

Besonders auffällig und eigenwillig kommt auf dem zweiten REICHENSTEIN-Werk die Gesangsarbeit daher, die von lykanthropischem Grunzen bis zu vampirischen Jagdgebrüll reicht, aber auch eine BAUHAUS-Färbung nicht verleugnen kann.

„Mein Gesangsstil ist mehr geprägt durch eine Charakter-Stimme als eine Sing-Stimme“, stimmt Shadow zu, „In einer Kritik wurde sie mal als ‚draculaesque‘ bezeichnet, was ich sehr stimmig fand. Und sie passt einfach perfekt zu unserem Sound, der wie einer Vertonung alter Gruselfilme erscheint.“

Das mag man auch dem Namen SHADOW REICHENSTEIN attestieren, der natürlich Assoziationen an „Frankenstein“ weckt. Der Begriff „Reich“ klingt dagegen etwas gewöhnungsbedürftig.

„Der Name bezieht sich allerdings nicht auf das Dritte Reich, sondern soll einfach nur Stärke und Macht vermitteln“, erklärt Shadow.

Die Iron-Cross-T-Shirts der Band, in Verbindung mit dem Album-Titel „Werewolf Order“, würden in Deutschland allerdings reichen, um gleichzeitig unzählige Nazi-Spackos auf die Gigs zu locken und die Antifa zu mobilisieren. In den USA hat die Band jedoch andere Erfahrungen gemacht:


„Hier kommen alle möglichen Arten von Menschen zu unseren Gigs, außer eben rechte Typen. Bei uns gibt es überhaupt keine Nazi-Skinheads mehr und wir hatten deshalb glücklicherweise auch nie ein Problem mit ihnen. Und jetzt mal ehrlich, das ‚Iron Cross‘ ist mittlerweile so ein universell benutztes Rock’n’Roll-Symbol, dass die Nazis ganz schön zu tun hätten, wenn sie jede Band antesten wollten, die es benutzt.“

Wie das Eiserne Kreuz, sind allerdings auch die (typisch deutschen) Nazis in den USA mittlerweile Bestandteil der Popkultur. Sie sind keine Bedrohung mehr, sondern werden in Filmen wie „Hellboy“ oder „Jäger des verlorenen Schatzes“ einfach als die bösen Gegenspieler in die Handlung integriert. Shadow verwundert das nicht.

„Ich hasse modernes Entertainment wie Filme, TV und Musik. Die Unterhaltung heute wird von Geschäftsleuten am Fließband produziert und lässt jegliche Originalität und jeden Hintergrund vermissen. Mir ist es mittlerweile echt total egal, was für eine Scheiße sie den Leuten in den Hals werfen.“

Das Horrorgenre ist für Shadow Reichenstein da allerdings noch eine Ausnahme. Aber er selbst sieht seine Band nicht in der Tradition von Horrorfilmen, die Tabu-Themen ansprechen und so eine Aufarbeitung forcieren.

„Nein, wir sind eher wie KISS als U2. Wir haben keinen tieferen Anspruch und wir wollen kein politisches Statement abgeben. Wir sind eine Horror-Rock-Band. Wir tragen Make-up, wir schreiben Songs, die von Horrorfilmen inspiriert sind und die unterhalten sollen, nicht erziehen.“

Anecken kann man mit einem solchen Düster-Image übrigens sogar im Bush-Staat Texas nicht mehr.

„Wir kommen aus Dallas, einer riesigen Stadt, die nichts mehr mit der TV-Show aus den Achtzigern zu tun hat. Es gibt kaum mehr was, das Dallas noch nicht gesehen hat, also wird auch niemand von uns groß schockiert sein. Allerdings denke ich, dass wir in Kalifornien besser verstanden werden, als in Texas.“

Dort dürfte auch die Bühnenshow von SHADOW REICHENSTEIN für Aufsehen sorgen, denn das Quartett schafft es, einen 1a-Friedhof auf die Bühne zu bringen, komplett mit Zäunen, Kreuzen, Nebel und einem riesigem Sarg, der von der Decke hängt. Selbst Bands wie FRANKENSTEIN und THE DEEP EYNDE sprechen bewundernd von den Live-Shows der Texaner.

„Ich freue mich über solche Statements“, gibt sich Mr Reichenstein zurückhaltend, „Aber mir ist wichtig, dass sich die Menschen nicht vom Hörensagen leiten lassen, sondern selbst kommen und sich überzeugen. Wir versprechen einen unvergesslichen Abend.“