GO FASTER NUNS

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Brat punk nunsense

Sie nennen es Beatpunk, ich auch. Macht Dinge einfacher und darüber hinaus klingt es gut. Und das Beste: es passt auch noch! Wobei die Eigeninterpretation (ich zitiere: „zwischen THE WHO und BLACK FLAG“) mehr als breit gefächert scheint und trotzdem den Nagel trifft. Und das ziemlich genau ... um genau zu sein. Und mit dem aktuellen, vor kurzem auf Go Kart erschienenen Album „Under The Neon Light“ ist es dem Vierer aus der Bischofsstadt Bamberg endlich auch gelungen, im Studio das umzusetzen, was die Zuschauer sonst vor allem live bestaunen dürfen. Das Auge isst eben mit und darf sich nach einer kompletten Show mit den Bamberger Messdienern in gesättigtem Wohlbefinden zurücklehnen. „Die haben eine Macke – aber geil!“ ist die Satz gewordene Schnittmenge aller durchweg positiver Resonanzen nach einer knappen Stunde extremsten Aufreibens in Unterhose Gr. 7, Schottenrock, abgeklebten Brustwarzen, und unglaublichen Kosakentänzen. Die sind bekloppt, aber nett! Armin besonders, schließlich spielt er Bass, hat grüne Haare und ist nicht zuletzt ein Interviewpartner, den man knuddeln möchte ...

Eines sollte vorab geklärt werden ... der Name ... ich meine ... es soll doch nicht wirklich wörtlich übersetzt „Die geh schneller Nonnen“ heißen, oder? Nicht, dass ich euch das nicht zutrauen würde, nachdem ich euch mittlerweile zweimal auf der Bühne gesehen habe, aber ...

„Nein, das entstammt einem Gedicht unseres Gitarristen T. van Guzyfer, in dem er sich auf ‚Wir Kinder vom Bahnhof Zoo‘ und ‚Plan 9 From Outer Space‘ bezieht. Und irgendwann fiel der Satz ‚Go faster, nuns!‘. Da dachten wir uns, hey, das isses, da wir ja noch dazu aus einer Bischofsstadt kommen.“

Wo du es schon erwähnst. Ist es hart, das Leben in einer Bischofsstadt? So etwas prägt sicherlich ...

„Geprägt hat das uns oder vielmehr die Band insofern, dass es hier für eine Band schwieriger ist, nach draußen in die große, weite Welt zu kommen, da einfach die Medienstruktur nicht so vorhanden ist, wie eben im Pott, Hamburg oder Berlin. Aufmerksamkeit zu erhaschen, ist also schwieriger, allerdings macht es auch vieles einfacher, da keiner auf irgendwelche gerade angesagten Trends achtet, was zur Folge hat, dass viele Bands hier schon einen eigenen Stil entwickeln. Irgendjemand hat mal gesagt, die besten Bands kämen aus der Provinz, das unterschreibt meine Hand blind und zu jeder Tages- und Nachtzeit. Schwierig ist es für Subkultur jeglicher Art, da es eben eine katholische bayrische Stadt ist. Das sagt wohl alles!“

Und trotzdem waren bei eurer Release-Party in Bamberg gleich mehrere hundert Leute. Oder gerade deswegen?

„Ja, da waren 500 zahlende Gäste, was aber daran liegt, dass wir uns hier im nordbayrischen Raum schon einen sehr guten Namen erspielt haben. Es ist ja auch nicht so, dass gar nichts geht, im Gegenteil: es gibt hervorragende und viele Bands, mittlerweile viele Konzerte und eine doch recht große und vielschichtige ‚Szene‘. Aber die Obrigkeit hat halt leider doch nur Ohren für Symphoniker, Theater und wahrscheinlich die Bundesliga-Basketballer. Wenn dann mal Bands wie wir oder die NEW WAVE HOOKERS existieren, die in Europa unterwegs sind und waren, dann wird das gar nicht registriert. Außerdem fehlt es nach wie vor an Konzertorten.“

Ja, den Eindruck habe ich auch. Es scheint im Norden Deutschlands um einiges besser auszusehen, was Konzerte, Clubs usw. anbelangt. Aber, verdammt, 500 Zahlende sprechen eine andere Sprache. Damit hattet ihr mehr Leute, als die CAESARS im Underground in Köln. Liegt vermutlich daran, dass die Leute im Großraum Bamberg regelrecht ausgehungert sind. Es kann also auch von Vorteil sein. Wer weiß, wenn ihr eine Kölner Band wärt, und dort die Release-Party gefeiert hättet ...

„Ja, natürlich. Wir hatten hier zweifellos den Heimbonus, richtig gefeiert wird, wenn wir im Underground mal 500 Leute haben. Waren ja auch da bei der Go Kart-Tour mit DUESENJAEGER und JUPITER JONES, nur leider waren die meisten mit ihrer Tarnkappe unterwegs, so dass letztlich nur 100 sichtbar waren. Aber ich hab sie mit meinen Bass-Tentakeln deutlich gespürt, diese Massen.“

Ich merke schon, du bist auch bekloppt. Zuerst habe ich gedacht, nur die anderen hätte es erwischt, Guzy im Rock mit Zöpfen, Herr Pregnant mit Schlabberunterhose und DD sowieso. Im Ernst, die Show ist schon ein wichtiger Bestandteil eurer Auftritte ...

„Jein, es ist schon so, dass wir auch optisch etwas darstellen wollen auf der Bühne. Denn wie oft passiert es einem, dass die Musik, die von der Bühne kommt, zwar ganz nett ist, aber auf der Bühne vier RAMONES-Lookalikes rumstehen? Das langweilt mich. Aber es gab keinen Masterplan, jeder sollte das anziehen, was er wollte. Das hat teilweise praktische Gründe, wie z. B. bei Betty Pregnant, der nur in sexy alten Unterhosen auftritt, da er derjenige ist, der den kompletten Bandschweiß absondern muss. Mit einem ausgeklügeltem Schlauchsystem, das für das Publikum kaum sichtbar ist, führen wir ihm all unsere Körperflüssigkeiten zu, die er dann verarbeitet, an einen Apparat hinter der Bühne weiterleitet und am Ende der Show liegen im Backstagebereich Goldbarren im Wert von 20 Airbussen. Und die Aktionen, die auf der Bühne passieren, würde ich nicht als Show bezeichnen, sondern das passiert einfach, das kann keiner von uns steuern und bekommt auch keiner so richtig mit. Wenn z. B. der Bass geschmissen wird, dann ist das keine Show, sondern eben Energie, die raus muss. Sehr unvernünftig, denn wir haben nur diesen einen Bass und die nächste Show muss dann eben mit geklebten Wirbeln oder Hals gespielt werden. Wir sind schließlich nicht TRAIL OF DEAD, die Instrumente zertrümmern und sich dann einfach die nächste Gitarre neben der Bühne schnappen und weiterspielen.“

Wo du gerade geklebte Wirbel und Hälse erwähnst. Betty hatte einen schweren Autounfall nach der allerersten Ox-Party überhaupt, und konnte die kommenden Partys aufgrund der Schwere der Verletzungen nicht spielen. Was genau ist passiert und wie geht es ihm mittlerweile?

„Das kommt davon, wenn man sich vom Bandgefüge entfernt. Er ist privat mit seiner Freundin und einer Bekannten im Auto vorausgefahren und bei Limburg von einem anderen Auto gerammt worden und ins Schleudern geraten, mit allem, was dazu gehört, überschlagen, auf dem Dach schlittern usw. Die Batterie wurde 100m weiter weg gefunden, so eine Wucht war es. Wir sind dann ins Krankenhaus gefahren und haben zwei Stunden gewartet, weil Betty so lange beim Röntgen war wegen etwaigen Rückenverletzungen. Seine Freundin hatte Löcher in den Händen und eine gebrochene Kniescheibe und er eben seine Rückenverletzung plus einen komplett geprellten Körper. Da er aber beim allwöchentlichen Fitnesstraining der GO FASTER NUNS immer einer der Fleißigsten war, ist alles zum Glück glimpflich ausgegangen und mittlerweile kann er auch wieder schmerzfrei spielen.“

Eigentlich unglaublich, dass es die beiden überlebt haben. Ich habe Bilder vom Auto gesehen. So was nennt man wohl Glück im Unglück ...

„Ja, die Bilder kennt man eigentlich nur aus Unfallberichten, bei denen keiner überlebt hat. Aber zum Glück war es Sonntag und kein Lkw auf der Straße, denn wenn da einer noch reingefahren wäre, nicht auszudenken.“

Was bedeutet für dich Glück ansonsten ... in Bezug auf die Band?

„Glück? Hm ... Live natürlich ein Publikum, das uns die Energie wiedergibt, die wir auf der Bühne fabrizieren. Und da ist es uns egal, ob fünf oder 500 Leute. Das ist zwar ein blöder Standardspruch, ist aber wirklich so. Ich glaube, hier im Ox stand mal, dass wir die deutsche Band sind, die auch noch vor drei Leuten am meisten rockt. Ein schöneres Kompliment kann man als Band nicht bekommen. Nette Veranstalter und Bands sind natürlich auch immer gerne gesehen und glücklich macht uns alleine schon der Umstand, auf der Bühne zu stehen, zu knien, zu rutschen und auch die ein oder andere Prellung, denn dann wissen wir, es war gut. Was wir auch gerne sehen, ist, dass eine ‚Band‘ wie NU PAGADI ganz schnell von der Bildfläche verschwindet, wenn nun noch 2.000 andere Bands genauso schnell verschwinden würden, dann wäre das ein ganz großes Glück, nicht nur für uns, sondern für alle hier auf Mama Erde. Gin Tonic und gutes Bier sind natürlich Glücksverstärker, die wir nicht missen möchten.“

Höre ich da einen leichten Unmut in Bezug auf gecastete Bands? Dann ist an den Gerüchten also nichts dran, dass ihr selbst gecastet seid?

„Ach, jedem Tierchen sein Pläsierchen, ist eigentlich auch nicht schlecht, wenn die Leute mal merken, wie es im großen, harten Musikbusiness abläuft. Und immer wieder schön anzuschauen, wie doof die Leute sind, die das trotzdem kaufen. Bei den 10- bis 14-jährigen sag ich ja gar nix, aber erwachsene Menschen, die in den Laden rennen, um ein so hochgezüchtetes Produkt zu kaufen? Ich weiß nicht ... Dann sich schon lieber im stillen Kämmerlein casten lassen, so wie es bei uns der Fall war. Entdeckt vom berühmt-berüchtigten Punkrockpapst Joe de Lamaru, weiterverwurstet von Fabsi vom Weserlabel und die letzten Tropfen ausgesaugt von Go Kart Records und Weird World. So und nicht anders sollte modernes Punkrocktum aussehen!“

Apropos, warum eigentlich der Wechsel von Fabsi zu Go Kart? Das Weserlabel ist ja nun auch nicht unbedingt das unbekannteste ...

„Nein, das nicht, und es war auch super mit Fabsi. Aber er kümmert sich ja nun wieder verstärkt um seine MIMMIS und da hätte er einfach nicht mehr so viel Zeit und Energie in uns investieren können, wie wir uns das gewünscht hätten. Außerdem wurden wir öfter als uns lieb ist in die Funpunk-Ecke gestellt, was doch nicht ganz zu uns passt. Von den Bands her ist das Umfeld bei Go Kart schon geeigneter für uns, und mit Nicole und David haben wir zwei Menschen getroffen, die auf unserer Wellenlänge liegen, sowohl privat als auch musikalisch. Wir sind also rundum zufrieden. Es ist eben nicht nur die reine Band-Label-Beziehung, sondern wir besuchen uns mal privat auf ein, zwei Bierchen. Das ist uns als Band auch sehr wichtig, dass man auch ohne Grund mal lustig sein kann mit seinen Plattenbossen.“

Könnt ihr denn jetzt, zu einem Zeitpunkt, wo euer aktuelles Album noch gar nicht lange draußen ist, schon sagen, wann es die nächste Veröffentlichung geben wird? Ich frage deshalb, weil ich bei euch immer den Eindruck habe, dass ihr euer Pulver noch lange nicht verschossen habt ...

„Dankeschön, der Herr ... Wir können mit Sicherheit sagen, dass es diesmal nicht wieder vier Jahre dauern wird. Wir sind schon dabei, Songs fürs nächste Album zu schreiben, die hoffentlich wieder diese Popmelodien haben werden. Ich denke auch, dass wir gerade erst am Anfang stehen, wir sind mittlerweile als Band zusammengewachsen und wissen nun, was wir wollen und was einen GO FASTER NUNS-Song ausmachen sollte.“