NINE POUND HAMMER

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The Return Of The Wild Bunch

Es ist kein Geheimnis, dass diese Punk’n’Roll-Combo aus Kentucky zu meinen ewigen Favoriten zählt. Seit Mitte der Achtziger machen sie die Welt mit ihrem punkigen Rawk’n’Roll unsicher. Ich hatte das große Glück, ihren großartigen Gig hier in Kopenhagen 1994 mitzuerleben, eine Erfahrung, die ich nie vergessen werde. Seitdem hört man von mir immer wieder den Satz „Nimm die schlappe Scheiße runter und leg mal NINE POUND HAMMER auf, du Pussy“, den ich betrunken auf Partys zum Besten gebe. Die Jahre nach „Hayseed Timebomb“, ihrem dritten Album 1994, waren für die Jungs recht ruhig. Sie spielten zwar immer mal Reunion-Shows, doch ihr letztjähriges glorreiches Comeback-Album „Kentucky Breakdown“ zeigte, welchen wichtigen Einfluss sie auf die Punkrock-Szene hatten, und wie sehr ihre Redneck-Songs vermisst wurden. Ich sprach mit Sänger Scott Luallen vor dem Gig in Loppen.

Euer letztes Album „Kentucky Breakdown“ wurde elf Jahre nach dem Vorgänger „Hayseed Dixie“ aufgenommen, es klingt aber so, als ob dazwischen gerade ein halbes Jahr läge.


„Das stimmt. Wie Blaine sagte, haben wir von Anfang an gewusst, was wir machen wollten, und es hat auch vom ersten Tag an funktioniert: Punkrock im Geiste der RAMONES zu spielen, und da wir nun mal aus Kentucky kommen, konnten wir uns nicht dem Einfluss der Country-Musik entziehen. JASON AND THE SCORCHERS waren ein wichtiger Einfluss für uns, auch wenn wir komplett anders klingen.“

Die sind völlig unterbewertet.

„Oh ja, sie sind unsere großen Helden, aber wir waren immer zwei Jahre später dran als sie. Nicht dass wir sie kopiert hätten, aber wir beide haben ‚Folsom prison blues‘ hart und rockig gespielt. Wir haben mit unserem Tour-Manager über Country-Melodien geredet, die Leute hören so was gerne, und wenn du sie mit Hardrock/Punk-Zeugs kombinierst, ist das so etwas wie Bluegrass.“

HAYSEED DIXIE haben gesagt, dass jeder gut C&W-Song auch als Hardrocksong funktioniert – und umgekehrt.

„Ja, das passt gut zusammen. Und ich habe mit unserem Schlagzeuger Earl darüber geredet, ein paar unserer Hardrock-Songs mehr im Honky-Tonk-Stil zu spielen.“

Die meisten Leute kennen Blaine Cartwright durch NASHVILLE PUSSY, die er seit zehn Jahren macht. Was hast du gemacht, als NPH in die Pause gingen?

„Ich habe gearbeitet, und ich habe geheiratet. Ich habe auch viel mit anderen Bands gespielt, nur zum Spaß. Wir haben 2000 eine Reunion-Show gespielt, aber ich habe sonst nur gearbeitet, geheiratet und bin fett geworden, haha. Ich habe immer davon geträumt, mal wieder mit der Band zu spielen, aber wir haben einfach eine Pause gebraucht. Das war ganz natürlich, und es war auch natürlich, sich wieder zusammen zu tun. Die Sache war noch nicht zu Ende. Aber es war schon komisch, erst als wir uns aufgelöst hatten, wurden wir berühmt, haha.“

Dann gab es diese „Live at Vera“-Sache.

„Das habe ich alleine gemacht, also nicht ganz alleine, aber eigentlich nur, um die Dinge am Laufen zu halten.“

Letztes Jahr habt ihr in Europa gespielt.

„Ja, aber keine richtige Tour, wir sind bloß für ein Festival in Spanien rüber geflogen, und haben dann noch das Shock-Festival in Belgien gespielt, zusammen mit NASHVILLE PUSSY. Wir waren bei beiden Festivals der Headliner, das war cool. Die GEORGIA SATELLITES haben auch da gespielt, das sind große Helden für uns.“

Ihr habt eine Split-Single mit SOUTH 75 gemacht.

„Das war kurz vor ‚Kentucky Breakdown‘.‚Double super buzz‘ und ‚Ain’t hurting nobody‘. Beides Live-Aufnahmen. Jetzt kommt noch eine neue 7“ raus, ein ganz neuer Song, ein Dwight Yoakam-Cover.“

Ihr seid auch auf der Bloodshot-Compilation.

„Wir haben für sie auf dem ‚South By Southwest‘-Festival in Austin gespielt, und wir spielen darauf einen Song namens ‚I’m your huckleberry‘, ein neuer Song.“

Lass uns über „Ain’t hurting nobody“ reden ... Meistens haben eure Songs ja einen witzigen Hintergrund, aber dabei geht es ja um eine tatsächlichen Vorfall, bei dem ein Vietnam-Veteran, der Marihuana angebaut hatte, von den Cops erschossen wurde.

„Kentucky ist neben Kalifornien der größte Produzent von Gras in den USA, und aus irgendeinem Grund fliegt die Nationalgarde dort Militäreinsätze mit Hubschraubern. Und der Kerl hatte wirklich nur zwölf Pflanzen, der tut doch keinem weh, weißt du? Das beunruhigt uns wirklich.“

Warum Zeit an einen Kerl wie Tommy Chong verschwenden, der Bongs über das Internet verkauft? Ihr müsst doch den Krieg gegen den Terror führen!

„Genau. Das Thema war schon älter, und Blaine hatte die Musik dazu, es war eine Zusammenarbeit. Es ist unterschiedlich, manchmal kommt die Musik von mir, und von ihm die Texte. Ich spiele auch etwas Gitarre.“

„Zebra lounge“ ist ein Song über eine wirkliche Bar.

„Die Bar gibt es wirklich, ein alter Honky-Tonk-Schuppen in Lexington, Kentucky. Ich habe da mal mit den SMELL HOUNDS gespielt, alte Freunde von uns, einer von ihnen hat den Song geschrieben. Ich habe also quasi einen eigenen Song gecovert, haha.“

Vom Thema her ist das ja ein C&W-Song.

„Absolut, da geht es um einen Kerl, der in die Bar kam und seine Freundin erschossen hat, weil sie ihn betrogen hatte. Sie saß mit dem anderen Typen an einem Tisch, und es macht ‚Boom!‘.“

Du kanntest Hasil Adkins, der Ende April starb. Er wurde vor seinem Wohnwagen von einem Truck angefahren und starb eine Woche später.

„Ja. Hasil hat öfters in Lexington gespielt, das war ein Trip. Irgendwann wollte ich noch mal ‚No more hotdogs‘ mit ihm spielen. Wir haben in Lexington zusammen abgehangen. Er war ein großer Gitarrist. Er lebte in West Virginia, direkt an der Grenze zu Kentucky. Kennst du Jesco White, den Bergtänzer? Die kommen alle aus Boom Country. Jesco wohnte direkt neben Hasil. Tom Arnold hat ihn mal gesehen und brachte ihn ins Fernsehen. ‚Double super buzz‘ ist über Jesco, er lebt auch in einem Wohnwagen und schnüffelt Benzin durch eine Socke, das ist wirklich ein doppelter Super-Buzz, haha.“

Wie ist die Tour so gelaufen?

„Wir wollten in den Westen, aber das hat nicht geklappt, also haben wir im Osten, Chicago, Austin, St. Louis, Detroit etc. gespielt. Wir wollten die Platte so gut wie möglich promoten. Dort ist es wie in Europa, wir haben immer noch Fans, die zu uns halten, und deren Unterstützung hat es möglich gemacht, wieder einen Plattendeal und diese Tour zu bekommen. Keine drei- oder viermonatige Tour, denn Blaine ist Vollzeitmitglied bei NASHVILLE PUSSY, und der Rest von uns muss arbeiten. Wenn wir größer wären, würden wir ständig touren. Die Wiedergeburt von SPINAL TAP, haha. Ich habe SPINAL TAP mal auf ihrer Tour 1994 gesehen, das war ein Riesenspaß, sie haben vor 10.000 Leuten gespielt.“

Das Intro von „Kentucky Breakdown“ ist aus dem Film „The Wild Bunch“, und „Devil’s playground“ ist aus „Texas Chainsaw Massacre 2“.

„Wir sehen uns viele Filme an, daher holen wir Ideen für Titel und Textzeilen. Sam Peckinpah ist ein Favorit. Mit ‚The Wild Bunch‘ begann das ganze Genre der blutigen Baller-Western. Blaine brachte den Sample mit, und es passte sehr gut zu unserer Situation als Band, die sich wieder traf: ‚Es ist zwar nicht mehr so wie früher, aber wir machen’s trotzdem‘. Der neue Sample ‚I’m your huckleberry‘ ist aus dem ‚Tombstone‘-Film über Doc Holliday. Ich mag auch Walter Hill, ‚Extreme Prejudice‘ ist so was wie ein Remake von ‚The Wild Bunch‘. Nick Nolte ist darin klasse!“

Sonst noch was?

„Wir werden einen neue Platte machen, eine 16-tägige Tour, das sind die Pläne für die Zukunft, falls uns David Geffen nicht vorher anruft, haha. Wenn es die Leute glücklich macht, sind wir auch glücklich.“

Übersetzung: Gereon Helmer