ART BRUT

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Art Brats?

Art Brut: die Kunstder gesellschaftlich Unangepassten. Was für die Musik der in London gegründeten Band so viel heißen mag wie „die Musik, die abseits der etablierten, ausgelutschten Rockwelle entstanden ist“. Das fand ich gut, das Interesse packte mich schon allein des Namens wegen, die Lieder und deren Umsetzung auf der Bühne stelle ich mir vor wie auf chaotisch-poetische Weise eine Leinwand mit schnellen, abstrakten Pinselstrichen zu bemalen. „Bang Bang Rock & Roll“ ist zur Freude aller in den Plattenläden, „My little brother just discovered r’n’r“ und „Haven’t read the NME in so long, don’t know which genre we belong“ kann man sich jetzt so oft anhören, bis einem vor lauter Glückseligkeit die Ohren bluten. Daneben darf man noch der Ironie und dem Witz in Eddie Argos’ Stimme lauschen, wie ich es schon bei den kleinen Gigs in London tat, wo ART BRUT u.a. Pete Doherty im Vorprogramm unterstützten. Dort haben mich ART BRUT wie keine andere Band der Szene mit ihrem Sound und Auftreten gefesselt. Ich unterhielt mich mit Sänger Eddie und Schlagzeuger Mike.

You formed a band – wie kam’s dazu?

Eddie: „Yeah, we formed a band – look at us! Ich komme aus Dorset, dort habe ich Chris auf einer Party getroffen, auf der ich mir erhoffte, Leute zu finden, die Lust haben, Musik zu machen. Die meisten hatten für die Idee nicht viel übrig, aber da Chris schon lange Gitarre spielte, ließ er sich darauf ein, ebenso Ian. Er erzählte mir von seiner Nachbarin Frederica, die Bass spielte, also fehlte nur noch ein Drummer. Es gibt in der Stadt einen Laden, von dem wir wussten, dass ein Typ dort arbeitet, der Schlagzeug spielt. Wir hatten keine Ahnung, wie er hieß, also hinterließen wir dem Besitzer eine Nachricht mit den Worten: Wir wissen nicht, wie ihr Mitarbeiter heißt, nur dass er Deutscher ist. Wir wollen ihn in unserer Band. That’s how we formed the band.“
Mike: „Ich selber komme ja gar nicht aus England, sondern aus dem Allgäu. In diesem Teil von Bayern hält man es nicht lange aus. Vor vier Jahren bin ich mit meinen Drumsticks und ein paar netten Anziehsachen nach London gereist und habe in diesem Laden namens ‚Merc‘ gearbeitet, wo man sich mit Mod-Klamotten ausrüsten konnte. Jetzt spiel ich bei ART BRUT, es war also eine gute Entscheidung, Deutschland zu verlassen.“

Dann habt ihr „Brutlegs“ aufgenommen ...

Mike: „Genau, das war unser erstes Demo. Zu der Zeit hatten wir auch unsere ersten Gigs in London. Die Tracks vom Demo konnte man sich im Internet anhören, unter anderem ‚Formed a band‘. Rough Trade sind so auf uns aufmerksam geworden und haben im Frühjahr 2004 die Single rausgebracht. Danach haben wir ein paar bekanntere Bands aus der Umgebung supported und später auch Pete Doherty mit einem seiner Nebenprojekte.“

Und nun das Debüt auf Fierce Panda.

Eddie: „Ja, wir hatten zwar auch von anderen Labels Angebote bekommen, aber irgendwie hatten wir das Gefühl, schon allein bei der Konversation mit den Menschen unter Druck zu stehen. Mit Fierce Panda haben wir ein relativ junges Label in London gefunden, das sehr unkomplizierte Mitarbeiter hat und einen echt guten Job macht.“

Wer oder was inspiriert euch bei eurer Musik?

Eddie: „Ich bin absolut besessen von Jonathan Richman und Vincent van Gogh. Ich war letztens in Holland im Van Gogh-Museum. Ich kann mich nicht erinnern, jemals so beeindruckt gewesen zu sein. Der Mann war ein Genie, seine Kunst und sein Leben haben mich als Musiker und auch als Maler sehr inspiriert. Dann ist da eben noch Jonathan Richman, ich habe alle seine Platten, die ständig laufen, ich hoffe, das ist nicht der Grund dafür, dass ich nur noch so selten Besuch bekomme. Vor kurzem habe ich auch dieses Buch gelesen von Harland Miller‚ ‚Slow Down Arthur, Stick To Thirty‘. Da geht es um einen jungen David Bowie-Imitator, der unbedingt selber einmal auf der Bühne stehen will. Er gerät dann in die Rock’n’Roll-Szene und macht Erfahrungen mit Drogen und reißt alle Mädchen auf. Eine schöne Geschichte, und einer meiner größten Träume ist es bei ‚Top Of The Pops‘ aufzutreten, ich kann mich also gut mit der Person identifizieren. Um die Frage auf das Album zu beziehen, die Texte sind von meinem Leben inspiriert, was ich so erlebe, was ich denke über Medien und sonstigen Rummel. Dass ich es für wichtig halte, einen Song zu schreiben, der universeller ist als ‚Happy Birthday‘ und achtmal die Woche im Radio läuft. Die Personen auf dem Album gibt es auch alle wirklich, wie ‚Emily Kane‘.“
Mike: „Ich weiß auf jeden Fall, wer mein favorisierter Maler ist – Eddie Argos! Nein, im Ernst, ich habe zur Kunst leider nicht so den großen Bezug, ich bin ziemlich auf Musik fixiert, WEEZER sind eine ganz große Band für mich. In letzter Zeit spiele ich unglaublich viel Gitarre, was ein wirklich sehr effektiver Weg ist, um sich die Zeit zu vertreiben. Mit der Band zu spielen ist das Beste, wenn die Leute nach dem Gig sagen ‚Fuckin’ hell, that was great, wasn’t it?‘. Ich denke, die Laune des Publikums inspiriert einen sehr, deshalb spielen wir zuletzt auch meistens ‚Good weekend‘, ein Lied mit einer durchgekauten Thematik, aber mit einem unfassbar lustigen Text und Eddies charakteristischer, direkter Art.“

Was steht in nächster Zeit an?

Eddie: „Wir kommen im Herbst nach Deutschland, werden noch auf ein paar Festivals spielen und dann kommt schon wieder eine neue Single raus. Wir sind gespannt, wir wollen viel rumkommen und so viel wie möglich auftreten. Der Rest ergibt sich dann.“