BAMBOO KIDS

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Von den Straßen New Yorks

Die BAMBOO KIDS sind eine der talentiertesten New Yorker Punk/Rock’n’Roll-Combos der letzten Jahre, und das hervorragende Debütalbum auf Get Hip hatte mit seinen Einflüssen von klassischem Rock’n’Roll und NYC-70s-Punk sofort meine Aufmerksamkeit erregt. Die Mainstream-Medien haben eine Menge unbedeutenderer Bands wie die STROKES gehypet, aber wenige können an die BAMBOO KIDS in Sachen klassischer Rock’n’Roll-Songs heranreichen. Ich hatte ein nettes längeres Gespräch mit Dwight „Dee“ Weeks (Gesang, Gitarre), Vince „Cheech“ Cecio (Bass, Gesang) und Schlagzeuger Chris „Rosie“ Orlando über die Geheimnisse des jüngsten Komets am Rock’n’Roll-Himmel – und die Jungs bringen es bestimmt noch weit. Im Herbst sind sie jedenfalls wieder in Europa unterwegs, mit ihrer neuen Platte „This Ain’t No Revolution“ im Gepäck.

In der Presse nannte man euch 2003 „Beste ungesignte Band“, und selbst das Maximum Rock’n’Roll fährt auf euch ab. Das muss schmeichelhaft sein.

Dee: „Ich will nicht abstreiten, dass die Leute gut über uns reden, und das ist nett. Das hat uns wahrscheinlich auch ein paar Türen geöffnet. In dieser Stadt gibt es eine Menge guter Bands und netter Leute. Für zwei Jahre war ich guter Hoffnung, aber dann wurden wir disqualifiziert, weil wir einen Plattenvertrag unterzeichneten, aber das war auch besser so.“
Vince: „Es ist immer schön, wenn Leute dich zur Kenntnis nehmen und über dich schreiben. Wenn sie dann nette Sachen über dich sagen, ist das noch besser.“

Und dann hat euch Gregg Kostelich von Get Hip und den CYNICS unter Vertrag genommen ...

Chris: „Ja, Gregg hat uns letztes Jahr unter Vertrag genommen. Gregg hat in den frühen Neunzigern mit 500 Dollar sein Label gestartet. Wir haben viel Respekt für sein Label und seine Arbeit mit den CYNICS. Die CYNICS haben auch auf unserer Release-Party in New York gespielt, und sie waren klasse.“

Ihr seid also Teil eines großartigen Labelprogramms, obwohl ihr mehr Punkrock als Garage-Rock seid.

Chris: „Wir passen da nicht wirklich rein, aber bei dem Label geht es auch einfach nur um guten Rock’n’Roll. Ich sage auch nie, dass die BAMBOO KIDS Punk wären, niemals. Immer nur Rock’n’Roll. Wenn es noch etwas gibt, was toter als Rock’n’Roll ist, wäre das Punk. Das Wort hat keine Bedeutung mehr. Sieh dir doch einfach mal GOOD CHARLOTTE an ...“
Vince: „Garage-Rock, Punkrock, das sind wir beides nicht. Einfach nur Rock’n’Roll. Aber wie auch immer, Amazon und die Vertriebe und die Plattenläden brauchen einfach eine Schublade.“
Chris: „Es ist gut, dass Get Hip den Geschmack in Bezug auf ihre Veröffentlichungen erweitert haben, und das zeigt, dass Rock’n’Roll in keine Schublade passt.“

Ich kann mir schon denken, dass ihr eine riesige Plattensammlung habt, denn ich höre eine Menge Einflüsse. Ein Stück wie „She got off“ ist ziemlich klassischer NYC-Punk à la Johnny Thunders, „Caught in New York“ hat so ein CHEAP TRICK-Powerpop-Feeling, und bei „Right on“ höre ich MC5 und RADIO BIRDMAN.

Dee: „Ich habe eigentlich eine ziemlich kleine Sammlung, aber eine sehr vielfältige. Ich ignoriere Genres. Für jede Musikrichtung gibt es ein paar große Namen. Das sind die Leute, die mich interessieren. Warum sollte ich Zeit und Geld an B-Künstler verschwenden, wenn ich auch die Meister hören kann? Die Musik, die aus mir kommt, ist Rock’n’Roll im Geiste der oben genannten Bands. Ich liebe auch gute Renaissance-Messen, aber das ist nicht die Musik, die ich in meinem Kopf höre, bevor ich einschlafe. Das ist einfacher Rock’n’Roll, also spiele ich auch so was.“
Vince: „Ich mag allerlei Zeugs. Ich höre Rock und Punk wie MC5, STOOGES, RAMONES, die ROLLING STONES und die CLASH. Aber ich mag auch alten R&B und Blues wie Howlin’ Wolf und Reggae wie die WAILERS oder TOOTS AND THE MAYTALS und Motown Soul, und all den Kram, der die Leute beeinflusst hat, die du eben genannt hast.“

Ihr habt letztes Jahr in Norwegen und Großbritannien getourt. Werden wir euch auch hier zu sehen bekommen?

Dee: „Das würde ich gerne. Ich liebe es, in Europa zu spielen. Absolut! Immer, wenn ich mit einer Gitarre in ein Flugzeug steige, weiß ich, dass ich ein Mann mit Privilegien bin.“
Vince: „Hoffentlich. Ich war 2002 schon mal in Kopenhagen, und ich weiß noch, dass ich dort zum ersten Mal Absinth probiert habe. Leider weiß ich danach fast gar nichts mehr.“

Reagiert das Publikum in Europa anders als in Amerika?

Vince: „England ist ähnlich wie New York. Ein ziemlich reserviertes Publikum, man muss schwer arbeiten, um sie aufzuwecken. In Kleinstädten sieht man gerne etwas Neues, aber die Leute sind überall gleich. Europäer fragen aber eher nach Autogrammen. Das ist aufregend.“
Dee: „Beide Kontinente sind sehr groß und haben viele unterschiedliche Städte. Es gab gute und schlechte Shows, was die Publikumsresonanz betrifft, auf beiden Seiten des Atlantiks.“
Chris: „Das europäische Publikum ist besser. Sorry, Amerikaner!“

In New York hat es ja in den letzten Jahren ordentlich geknallt, aber ich kann nicht sehen, was MOONEY SUZUKI, die STROKES oder THE RAPTURE gemeinsam haben. Was denkt ihr über den Hype?

Dee: „Den Hype habe ich gar nicht mitbekommen. Ich weiß nur, dass vor einiger Zeit viele Leute außerhalb der Stadt diese Bands absolut satt hatten. Unsere Pfade und die der STROKES überschneiden sich nur selten. Ich glaube, sie lassen ihre Gitarren beim gleichen Kerl wie wir reparieren. Das wär’s dann schon.“
Chris: „Hype kann gutes und schlechte Seiten haben. Ich weiß, heute überwiegen die schlechten. Ich glaube, dass manche Leute NYC eher mit unwichtigen Dingen wie Mode verbinden als mit Musik.“

Mit welchem Rockstar/Schauspieler würdet ihr gerne mal eine Nacht durchzechen, und warum?

Dee: „Keith Richards. Warum? Ich bitte dich ... Und Peter O’Toole. Ich gäbe alles dafür, mit ihm eine Flasche Cognac zu leeren. Man kann nicht charmanter sein. Auch mit Beat Takeshi würde ich gerne mal trinken. Allerdings dürfte dann keiner von uns etwas sagen.“
Vince: „Keith Richards, aber nur, weil ich Todessehnsucht habe.“
Chris: „Vince und Dee von den BAMBOO KIDS. Ich kann mich schlecht umstellen.“

Was soll der zickige Panda auf eurer Website?

Dee: „Ich werde immer wegen meiner politischen Kommentare verlacht, also lasse ich sie beim Panda-Blog raus, den Rosie aufgebaut hat, damit ich nicht immer sagen muss, wie ekelhaft die Lage in unserem Land ist. Aber dafür habe ich nun leider kaum noch Zeit.“

Noch etwas hinzuzufügen? Pläne für die BAMBOO-Weltherrschaft?

Dee: „Wir wollen mehr in Europa spielen, und wir wollen unbedingt mal nach Japan. Das ist meine Rock’n’Roll-Phantasie. Danach könnte ich zufrieden sterben. Nächste Woche nehmen wir unsere neue Platte auf, und deswegen sind wir schon sehr aufgeregt. Zum ersten Mal arbeiten wir mit einem Produzenten, und das gefällt uns ganz gut. Aber am meisten sind wir auf unsere Songs stolz. Sehr stolz. Wenn ich weiß, dass ich einen guten Song geschrieben habe, kann alles andere zur Hölle fahren.“
Vince: „Wir waren noch nicht im Fernen Osten. Vielleicht können wir Nord-Korea dazu überreden, ihr Atomprogramm aufzugeben. Wenn das nicht klappt, spielen wir eben doch in Japan.“