CASHLESS

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D.I.Y.-Streetpunk Deluxe

Durch SCRAPY immer wieder mal auf diese junge Band aus Niederbayern aufmerksam gemacht worden, kam ich fast zufällig im Mai ins Jugendzentrum Burglengenfeld, um neben zwei Lokalmatadoren auch CASHLESS zu hören. Die Jungs präsentierten sich trotz widrigster Umstände verdammt professionell. Ende April erschien ihre zweite CD „Kisses And Lies“, ein kraftvolles Punkrock-Album, irgendwo zwischen Streetpunk und Emo, GREEN DAY und BOMBSHELL ROCKS. Definitiv eine großartige Liveband, denen ich mit den richtigen Leuten im Hintergrund sowie ihrer ungebrochenen Motivation eine große Zukunft voraus sage. Bis sie jedoch den nächsten Sprung in die Oberliga wagen, versuchen sie im altbewährten Do-It-Yourself-Verfahren das Beste daraus zu machen. Wie sie das machen, hat mir am Telefon Schlagzeuger Florian Stadler mitgeteilt.

Erst mal kurz die wichtigsten Eckdaten zur Bandgeschichte.

„Zig Anläufe mit schlechten Besetzungen. Langsam formierte sich alles. Nach der EP kam Tom dazu. Durch den Re-Release der EP ‚One Hit Wonder‘ kamen wir im letzten Jahr durch City Rat zu einer Tour. 2005 ‚Kisses And Lies‘ in Eigenregie, die Phillip Seidl von FLYSWATTER aufgenommen und gemastert hat. Durch das übliche Promo-Mailing ging es zu Modern Noise, über die seit Anfang des Jahres das Meiste in Sachen Verlag und Vertrieb läuft.“

Aber Epitaph wäre nach wie vor euer Wunschlabel?

„Sicher. Aufgrund des großen Stammpublikums, auch wenn mittlerweile viel Scheiße auf dem Label veröffentlicht wurde, wissen Epitaph ihre Produkte auf dem Markt zu platzieren, angefangen vom internationalen Markt wie auch hierzulande am Beispiel der BEATSTEAKS. Derzeit aber passt das alles auch ohne Label, da wir durch die Unterstützung des Managements selbst wie ein mittelmäßiges Label arbeiten, uns aber eben voll auf uns konzentrieren können. Sinnvoll wird ein Label ab einer gewissen Größe, wobei man da so locker auch nicht reinkommt. So gesehen werden wir sicherlich noch einige Zeit D.I.Y. bleiben, was ich okay finde.“

In eurem Song „The kids“ rechnet ihr mit der Punkrock-Szene-Polizei ab. Wie vermeidet ihr, selbst auf so eine Schiene zu geraten?

„Wir versuchen allem gegenüber offen zu bleiben. Wir finden es scheiße, wenn Bands wie GOOD CHARLOTTE oder DONOTS, die auch mal so angefangen haben wie wir, als schlecht dargestellt werden, nur weil sie auf MTV laufen oder Dreizehnjährige die Konzerte der Bands besuchen. Diejenigen, die so argumentieren, sind meistens Leute, die selbst mal in Bands gespielt haben, aus denen nichts geworden ist. Als wir vor vier Jahren mit unserer Homepage online gingen, stand im Gästebuch, wir seien arrogant, völlig abgehoben und überhaupt die absoluten Wichser. Dabei hatten wir damals definitiv noch nichts erreicht! Punkrock ist für mich nach wie vor, das zu machen, was ich will, und da sind derartige Kritiken nicht gerechtfertigt, nur weil ich jetzt ein Interview im Ox oder einen kleinen Artikel im Uncle Sally’s stehen habe oder eine CD-Produktion finanziere und zwölf Euro dafür verlange, weil ich diese am besten verschenken sollte! ‚The kids‘ ist an die Leute gerichtet, die nichts für die Szene tun, aber über alles ablästern. Wenn ich mein Ding durchziehe und damit Erfolg habe, kann ich nichts Verwerfliches daran finden, wenn ich auf MTV laufe. Ich finde GOOD CHARLOTTE gut.“

Du musst dich mir gegenüber nicht rechtfertigen.

„Aber das genau ist doch das Problem und darum geht es auch in dem Song, dass ich mich rechtfertigen muss, weil ich in einer Punkband spiele. Sich zu limitieren hat mit Punkrock nichts zu tun.“

Ihr seid zwar keine explizit politische Band, unterstützt aber auch schon politische Aktionen wie damals die „Stoppt Stoiber“-Demo in Passau.

„Natürlich ist jeder von uns auch politisch interessiert und so was gehört für mich einfach auch zur Grundbildung. Wir würden Ähnliches wieder unterstützen, aber mal abgesehen davon, dass wir politische Parteien sowieso nicht unterstützen wollen, arbeitete in diesem Fall die Ortsgruppe Passau der PDS mehr als katastrophal. Für ein Konzert sollten eben auch die Konditionen etwas passen. Und kein Gartenpavillon nebst Paletten als Bühne vorm Bahnhof sowie keine Anlage. Wenn eine für uns vertretbare politische Organisation ein für uns wichtiges Thema anspricht und das Außenrum für ein Konzert passt, kein Thema. So wie in Passau geschehen, ist da niemand mit geholfen.“

Habt ihr auch schon Konzerte abgelehnt?

„Ja. Wenn das Publikum nichts für uns ist, spielen wir nicht – unabhängig von der Gage oder den noch so guten Rahmenbedingungen. Hatten wir alles schon mal. Leider gibt es Veranstalter, die auf dem BÖHSEN ONKELZ-Trip sind und versuchen links und rechts davon abzugrasen, wie eben beim artverwandten Streetpunk und Oi!.“

Habt ihr in euren Reihen Fans aus dem Oi!-Genre?

„Der stereotype Oi!-Fan ist bei uns kaum vertreten. Wir haben mal auf einer offiziellen Oi!-Veranstaltung gespielt, die auch schlecht organisiert war, was dann auch nicht gerade den besten Eindruck bei uns hinterließ, zudem ein Oi!-Skin während des Konzerts auf die Bühne pisste und wenige Minuten später die Polizei den Saal räumte. Oi!-Fans stehen nicht wirklich auf unsere Musik, was wohl auch an unserem Erscheinungsbild liegt.“

Optisch erinnert ihr wirklich ein bisschen an GOOD CHARLOTTE oder GREEN DAY.

„Wir fahren alle Skateboard und haben eben etwas diesen Style übernommen. Sicherlich tun wir für Promo- und Pressefotos auch etwas mehr dazu.“

Warum covert ihr eine unbekannte Nummer von den RAMONES?

„Wir covern nicht, um den Leuten bekannte Songs nahe zu bringen. Was den RAMONES-Song betrifft, wird im kommenden Jahr der zweite Teil des RAMONES-Tribute-Samplers ‚All Good Creetins Go To Heaven‘ erscheinen. Wir wurden gefragt, ob wir uns daran beteiligen wollen und so haben wir nach einem RAMONES-Song gesucht, der zum einen nicht typisch nach RAMONES klingt, unbekannt ist und uns gefällt.“

Wie schätzt ihr die Punkszene in Deutschland derzeit ein?

„Ich finde, sie wächst wieder etwas an, eben auch aufgrund der Tatsache, dass Bands wie GOOD CHARLOTTE, GREEN DAY und SIMPLE PLAN wegen ihrer Massentauglichkeit in den Charts zu finden sind. Und deren Einflüsse sind dann bei ZSK oder kleineren Bands feststellbar, da die Leute durch GOOD CHARLOTTE eben andere Bands kennen lernen. Meine erste Platte war von MILLENCOLIN, die in Schweden, Japan und Australien in den Charts zu finden sind. Durch diese Bands finden die jungen Leute den Einstieg. Folglich wächst die Szene und die Konzerte sind auch wieder besser besucht. Eine Entwicklung, die insgesamt positiv ist.“

Würdet ihr euch des Erfolgs wegen die Musik diktieren lassen?

„Ursprünglich war im Vertrag mit Modern Noise eine Bestimmungsklausel enthalten, die besagte, dass das Management den Sound bestimmen oder auch mal ein Veto einlegen darf. Wir bestimmen nach wie vor selbst, wie sich unsere Musik entwickelt, ohne dass wir jetzt größere Veränderungen in naher Zukunft planen. Wir schreiben die Songs, wie sie kommen. Mal werden sie poppiger, mal etwas rockiger. Die Entwicklung von ‚One Hit Wonder‘ zu ‚Kisses & Lies‘ zeigt, dass wir langsamer und poppiger geworden sind. Keine Ahnung, wie sich das in Zukunft fortsetzen wird, da wir auch noch nie in derart großen Ebenen waren, um sich entscheiden zu müssen.“

Was steht in naher Zukunft an?

„Viele Konzerte und eine Split-Veröffentlichung, wenngleich noch nicht entschieden ist, mit welcher ausländischen Band, welche Songs, welches Format und wahrscheinlich wieder in Eigenregie, da Split-Release bei Labels nicht gerne angenommen werden, wir aber trotzdem einen weiteren Markt erschließen wollen, um so weiterhin etwas mehr Publicity für die Band zu bekommen.“

Vielen Dank für dieses Interview