GLUECIFER

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Over & out

Zehn Jahre lang waren GLUECIFER aus Oslo, Norwegen eine sichere Bank in Sachen glamouröser Rockmusik, waren sie neben den HELLACOPTERS die Auslöser eines skandinavischen Rock-Hypes und wurden seitdem dutzendfach nachgeahmt. Doch so, wie sich ein paar Chucks eben abträgt, war seit zwei, drei Jahren auch bei den Norwegern der Lack ab. Und so kam die Ankündigung der Auflösung im Herbst dann zwar unerwartet, aber zeugt doch von einer gewissen Konsequenz. Im Rahmen der GLUECIFER-Abschiedstournee stand uns Gitarrist Captain Poon, den die Auflösung der Band vor kurzem recht überraschend traf, beim letzten Deutschlanad-Gig der Band in Köln Rede und Antwort, wobei der Besucherandrang bewies, dass GLUECIFER doch noch massig Fans und Freunde haben.

Wie ist das Gefühl auf der Bühne, wenn ihr diese letzten Shows spielt? Ist es etwas Besonderes, oder ist Show gleich Show?

Wir spielen mehr Songs als gewohnt und haben keine Supportbands, wir wollen das alleine durchziehen. Dafür geht das Programm fast zwei Stunden und es gibt alle Hits, wir wollen den Leuten „value for money“ bieten. Natürlich sind da manche Momente, in denen ich traurig werde. Es sind die letzten Male, die ich mit diesen Jungs die Bühne teile. Und dann siehst du jede Nacht noch Leute im Publikum, die weinen, und dann denkst du schon darüber nach und es wird wirklich emotional.

Ihr konntet mittlerweile halbwegs anständig von der Musik leben, seid ihr nun arbeitslos?
Biff und Raldo haben beide Alternativen. GLUECIFER was never about the money. Es ging immer darum, Spaß zu haben und zusammen Musik zu machen. Natürlich ist es großartig, wenn du in deiner Karriere an einen bestimmten Punkt kommst, an dem genug Geld verdienst, um davon dein Leben zu bestreiten, denn dann kannst du noch mehr Zeit in die Songs investieren. Wir haben wirklich verdammtes Glück gehabt, in eine Position zu geraten, wo wir tun konnten, was wir wollen.

Ist die Stimmung in der Band jetzt nicht ein wenig belastet?
Wir haben die ganze Sache jetzt so oft durchgesprochen ... Am Anfang war ich wirklich angepisst und deprimiert und fand alles einfach nur dumm. Aber wir haben über all die verschiedenen Aspekte geredet, was man mit seinem Leben machen will und so weiter, und das hat mir geholfen, zu verstehen, dass es für Biff und Raldo einfach nicht mehr das Richtige ist.

Also ist die Freundschaft noch immer intakt?
Das ist überhaupt der Grund, warum wir diese Tour machen – es ist eine tolle Möglichkeit, um all den Leuten, die uns auf unserem Weg unterstützt haben, Lebewohl zu sagen, zum anderen aber auch, um ihnen zu zeigen, dass wir das Ganze in einer positiven Art und Weise beenden.

Wie sehen deine Zukunftspläne jetzt aus?
Wenn ich von dieser Tour zurückkomme, werde ich mich umgehend an die Arbeit zu einem neuen Projekt machen. Ich habe den ganzen Sommer über Songs geschrieben. Da gibt es einen Typen, der ein toller Gitarrist ist. Und Nicke von den HELLACOPTERS ist ein guter Freund von mir und ein verdammt guter Schlagzeuger, er spielt auf meinen Demos die Drums. Wenn du eine Band formieren willst, ist es viel leichter, wenn du die Songs mit deinen Leuten aufnimmst, um sie anschließend mit anderen auszuprobieren. Ich werde zunächst auch selbst singen und hinterher versuchen, einen besseren Sänger zu finden.

Könntest du dir vorstellen, an diesem Projekt Stu oder Danny zu beteiligen?
Wenn ich mit jemandem von GLUECIFER arbeiten würde, wäre es sicher Danny.

Der jetzt aber in L.A. die Musikschulbank drückt ...
Genau. Nach der Tour wird er nach L.A. fliegen und dort bis Weihnachten bleiben, dann kommt er nach Norwegen zurück. Wir haben schon darüber gesprochen, dass ich einen Drummer brauche. Ich glaube, wir brauchen beide die Freiheit, zu tun, was immer wir tun wollen. Mit ihm auch in Zukunft zusammen zu arbeiten, wäre großartig, weil er ein wirklich guter Freund und ein toller Schlagzeuger ist.

Wie lange wird es dauern, bis wir von deinem neuen Projekt etwas hören können?
Ich hoffe, dass wir noch vor Jahresende aufnehmen, damit die Leute es sich runterladen und anhören können. Wann es ein Album gibt, hängt von Plattenfirma und Management ab. Ich werde mein Bestes tun, damit es so schnell wie möglich passiert, denn es ist wichtig, dass die Sachen noch frisch sind. Wenn man zu lange wartet, dann wird es langweilig.

Wo du schon eine Plattenfirma ansprichst: Gibt es da bereits Pläne?
Sony Scandinavia haben mir gesagt, dass sie die ersten sein wollen, die sich von meiner neuen Band etwas anhören. Das finde ich cool, aber was passieren wird, ist momentan noch schwer zu sagen. Wenn du eine neue Band zusammenstellst, kann es teilweise völlig falsch sein, zu einem Major zu gehen, weil sie nicht wissen, was sie tun sollen. Und dann verbocken sie es und du kackst ab. Wir folgen unserem Herzen und werden das tun, was für uns am besten ist. Da sind all diese Leute, die nach deiner neuen Band fragen, noch bevor sie existiert. Aber ich mache das schon so viele Jahre, dass ich mir zumindest die Möglichkeit verdient habe, eine Band nicht bei Null starten zu müssen, und ich hoffe die Leute werden es mögen.

Ihr habt betont, dass es keinesfalls eine GLUECIFER-Reunion geben wird. Wenn nun eine Plattenfirma eine B-Seiten- oder Best-of-Collection veröffentlichen wollte, würdet ihr versuchen, das zu verhindern?
Oh, wir werden tatsächlich im nächsten Jahr eine Doppel-CD rausbringen, eine Hälfte Best-of und auf der anderen werden die Sachen zu finden sein, von denen es nur 500 Kopien gab. Das wird ein cooles Package für Fans, aber es wird definitiv keine Tour mehr geben. Ich habe diese Band mit Biff gestartet und für mich wäre es sinnlos, sie ohne ihn weiter zu führen. Wenn wir sagen, dass es vorbei ist, ist es vorbei.

Ist euer letztes Album ein letztes Statement der Band, mit dem ihr zufrieden seid oder hättest du gerne noch ein Album gemacht?
Neue Ideen werde ich alle in mein neues Projekt stecken. Aber es war schon seltsam, denn alle im Umfeld der Band waren sich einig, dass „Automatic Thrill“ unser bestes Album war. Gewöhnlich sagen die Leute so was über das erste und das zweite Album einer Band, aber nicht über das fünfte. Es war das Album, das alle zu mögen schienen, und das macht es umso schwerer aufzugeben. Auch unser letzter Song „Desolate city“, den ich für einen Soundtrack geschrieben habe und den wir aufgenommen haben, nachdem die Band beschlossen hatte, sich aufzulösen, ist einer der besten Songs, den wir je gemacht haben. Da wäre immer noch Raum für mehr tolle Musik gewesen, wenn wir weiter gemacht hätten. Wir wären nicht wie MOTÖRHEAD, die ihren Zenit vor 20 Jahren hatten.

Macht es dich glücklich und zufrieden, wenn junge Bands sagen, dass sie ohne GLUECIFER nicht die Musik machen würden, die sie machen?
Klar, es ist doch viel besser, wenn ein Kid rockt und nicht irgendeinen anderen Scheiß spielt, oder? Aber kommerzieller Erfolg ist wie ein Lotterielos. Nimm die HIVES, sie waren immer so was die kleinen Brüder in der schwedischen Szene und plötzlich explodierte die ganze Sache. Die Leute hören geile Musik und das ist, was wichtig ist.