PONYS

Foto

Ferien auf dem Reiterhof

Die PONYS wurden schon 2001 in Chicago von Sänger und Gitarrist Jered Gummere gegründet, doch erst 2003 veröffentlichten sie in Form zweier Singles ihre ersten Platten, um dann von In The Red entdeckt zu werden. Dort erschien erst das von Jim Diamond produzierte „Laced With Romance“ und dieses Jahr dann das in Zusammenarbeit mit Steve Albini entstandene „Celebration Castle“, wie der Vorgänger ein seltsamer Crossover aus Garage und Wave-Punk, eine Art Moll-Version der BRIEFS, gekreuzt mit Siebziger-New York-Punk à la VOIDOIDS, aber dann doch wieder sehr abgespacet und nicht so weit von den irren Sounds etwa der PHANTOM LIMBS entfernt. Es fällt schwer, die PONYS stilistisch einzugrenzen, sie einer Szene zuzurechnen, denn sie bewegen sich zwischen und in verschiedenen Genres. Dabei hat Jereds leiernder Gesang was vom Genöle des jungen Robert Smith, höre ich THE CURE aus den frühen Achtzigern heraus, und dann wieder ist man knarzige Post-Neo-Wave-Band, spielen sie lauten Akustik-Punk mit düster-depressivem Touch. Meine Fragen beantworte Melissa.

Wenn man sich die Kritiken zu euren Platten anschaut, dann liest man alle möglichen, seltsamen Vergleiche. Das Spektrum reicht von Richard Hell und VELVET UNDERGROUND bis JOY DIVISION und THE CURE. Welche Vergleiche kannst du nachvollziehen, welche schmeicheln dir und welche langweilen dich?

Das sind alles Bands, die ich mag oder einmal gemocht habe, also machen mir solche Verweise nichts aus. Es könnte weitaus schlimmer sein.

Seid ihr ein Teil einer bestimmten Szene in Chicago – oder „Chit-cago“ wie ihr die Stadt in eurer Biografie nennt? Wo habt ihr Gleichgesinnte? Ich weiß, dass es eine Verbindung zu Criminal IQ gibt, einem ausgezeichneten, ortsansässigen Label.
Wir sind mit vielen Leuten dieses Labels befreundet. Ich mag die FUNCTIONAL BLACKOUTS, MOTO und VeeDee Records. Vor einigen Jahren hat Jered die Aufnahmen für alle Bands der „Maybe Chicago“-Compilation gemacht, welche bei Criminal IQ veröffentlicht wurde. Wir kennen Darius, jeder kennt hier jeden. Ich empfinde das nicht mehr als „Szene“, wir sind so viel unterwegs, möglicherweise bin ich einfach draußen. Was ich an Chicago mag, ist die Tatsache, dass es keine Grüppchenbildung und keinen Konkurrenzkampf unter den Bands gibt. Wir hängen gemeinsam ab und gehen zu Konzerten. Wir trinken gerne ... und viel. Hier geht so viel, es gibt so viel verschiedene Musik zu hören. Ich wäre echt gelangweilt, wenn ich nur die ganze Zeit zu Garage-Rock-Konzerten gehen würde.

Spielt es eine Rolle für euch, dass ihr aus Chicago kommt, gibt es irgendwelche alten Bands aus Chicago, die euch beeinflusst haben.
Die Stadt spielt eine Rolle für uns, viel von der Inspiration der PONYS kommt daher, dass wir in Chicago leben. Aber ich denke nicht wirklich, dass wir von irgendeiner alten Band beeinflusst sind. Ich bin hier aufgewachsen, ich habe BIG BLACK und THE JESUS LIZARD gehört, aber da spreche ich nur für mich selbst. Diese Bands haben nichts mit dem zu tun, was wir machen ... das ist offensichtlich.

Bei eurem ersten Album habt ihr mit Jim Diamond gearbeitet, bei „Celebration Castle“ seid ihr in Chicago geblieben und habt mit Steve Albini aufgenommen. Wie war das?
Es war großartig. Sein Studio ist nahe an unserem Haus. Es war schon einschüchternd, da rein zu gehen, weil man all diese Geschichten gehört hat, aber es war dann alles doch ganz anders. Er macht es einem so angenehm wie möglich und ist saukomisch. Sein Studio ist echt hübsch. Er hat eine Sammlung alter Mikrofone und jede Menge anderer cooler Sachen.

Wie seid ihr mit In The Red zusammengekommen – meiner Meinung nach eines der interessantesten Labels unserer Tage?
In The Red sind auch schon lange eines meiner Lieblings-Labels. Wir haben eine 7“ auf Contaminated veröffentlicht, die Larry gehört hat. Er hat sich bei uns gemeldet und gesagt, dass er sie mag und unter Umständen gerne mit uns arbeiten würde. Jered und ich wollten sowieso nach LA in der folgenden Woche, um Freunde zu treffen, also haben wir uns mit ihm bei einer MODEY LEMON-Show getroffen. Das Konzert wurde abgesagt, also gingen ein paar von uns in eine Karaoke-Bar und haben bis zum Abwinken Tequila getrunken, das war alles. Er war großartig und wir wussten sofort, dass wir mit ihm arbeiten wollten. Es fühlt sich nicht so an, als würde man mit irgendeinem Label zusammenarbeiten, man hat eher das Gefühl, man arbeitet mit einem Freund.

Nach dem ersten Album erzählte mir Larry Hardy, dass einige Major-Label-Scouts hinter euch her seien. Wieso seid ihr bei ITR geblieben und nicht dem Ruf des großen Geldes gefolgt?
Zu einem Majorlabel zu gehen, bedeutet nicht, das große Geld zu machen. Ich habe so viele Horrorgeschichten über Bands gehört, die richtig gefickt wurden. Bei einem Majorlabel zu sein klingt furchtbar, niemand von uns hatte Interesse. Wir haben Larry gesagt, dass wir unser zweites Album mit ihm machen würden und waren wunschlos glücklich bei ITR. Es gab also keinen Grund, das Label zu verlassen.

Verglichen mit dem eher hektischen Debüt, klingt das neue Album ein bisschen „erwachsener“. Seid ihr ruhiger geworden, oder was ist passiert?
Viele Leute sagen das, ich weiß auch nicht, warum. Vielleicht liegt es an der Aufnahme oder daran, dass wir inzwischen länger zusammenspielen. Die meisten Lieder haben wir letztes Jahr geschrieben, außer „Get Black“, „Discoteca“ und „Today“, die wurden 2001 von Jered geschrieben, als wir zu dritt waren. Diese Songs haben wir aus irgendwelchen Gründen nicht auf „Laced With Romace“ gepackt. Aber wir haben beschlossen, dass wir sie mögen und sie deshalb auf das neue Album getan.

Ich mag an den PONYS, dass ihr einen sehr eigenständigen Sound habt. Er klingt nach Garage, aber nicht auf eine klischeehafte Art und Weise, er ist Punk, ohne schlicht zu sein, er hat einen 80er-New-Wave-Touch, ohne aber diesen Retro-Bands zu nahe zu kommen.
Dazu sage ich einfach nur: Danke!

Auf eurer „neuen“ EP auf Sweet Nothing habt ihr ein Cover von „Good Good Things“ von den DESCENDENTS. Keine allzu offensichtliche Wahl. Wieso dieser Song, wieso diese Band? Spielt ihr auch andere Coverversionen?
Wir haben nie Coverversionen gespielt, dieser Song war eine Premiere für uns. Die zweite war ein Song von Junior Kimbrough für eine Compilation auf Fat Possum. Ich glaube, wir haben „Good Good Things“ für eine B-Seite für ein australisches Label aufgenommen. Die Single kam jedoch nie raus, also haben wir den Song auf die „Sweet Nothing“-EP gepackt. Ich weiß nicht mehr, warum wir dieses Lied ausgewählt haben. Wir alle mögen die DESCENDENTS und die Tatsache, dass der Song keine offensichtliche Wahl war.

Was kommt als nächstes?
Wir haben gerade unsere letzte Tour für dieses Jahr hinter uns gebracht. Den Winter nehmen wir uns frei, damit wir ein neues Album schreiben und aufnehmen können.

Können wir demnächst eine paar Konzerte in Deutschland erwarten? Ihr solltet ja eigentlich im September nach Europa kommen, aber die Tour wurde abgesagt. Warum?
Wir sollten im September nach Spanien, Italien und Frankreich kommen, aber das wurde aus mehreren Gründen abgesagt. Hauptsächlich wegen schlechter Planung und einer schlechten Kommunikation zwischen unserem Booker und uns. Es wurde richtig teuer und wir konnten es uns zu der Zeit einfach nicht leisten. Wir würden sehr gerne nach Deutschland kommen. Alle unsere Freunde lieben es, dort zu touren. Hoffentlich schaffen wir es nächstes Jahr.

Übersetzung: Thomas Renz