TOSSERS

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No Loot, No Booze, No Fun

Wenn ich sage, dass die TOSSERS eine zeitlose und kanonische Band sind, dann werden mich viele für einen Lügner halten. Schließlich gibt es solche Dinge doch gar nicht mehr. Au contraire, natürlich gibt es sie. Das neue Album „The Valley Of The Shadow Of Death“ war also ein willkommener Anlass, um wieder ein Gespräch mit der siebenköpfigen Gruppe aus Chicago zu führen, die sich der irischen Liedermacherei verschrieben hat, aber stets im Punk-Kontext bleibt. So ist Sänger T. Duggins Joyce-Leser aus Leidenschaft und seine Texte daher ebenso politisch wie poetisch. Clay Hansen, der Mann am Banjo, hielt Audienz.

Leider seid ihr in Europa nicht allzu bekannt, würdest du die Band mal vorstellen?
Gegründet haben wir die Band vor zwölf Jahren, als wir alle noch Teenager waren, und sie diente immer als Ausrede dafür, in eine Bar rein zu dürfen. Später kamen dann sogar Kids mit grünen Mohawks zu unseren Konzerten und wir spielten All-Ages-Shows. Was aber auch hieß, dass wir etwas Schwung in die Lieder brachten. Zuerst dachten wir uns nichts dabei. Wir mochten die alten irischen Volkslieder einfach, die uns unsere Großeltern beigebracht haben. Die All-Ages-Shows gaben uns die Möglichkeit, die Lieder so zu spielen, wie wir uns fühlten. Also wurden sie laut, schnell und wütend. Inzwischen sind wir ein wenig erwachsener geworden, manches hat sich dadurch verändert, vieles ist aber gleich geblieben.

Euer aktuelles Album „The Valley Of The Shadow Of Death“ ist wirklich brillant geworden. Wo siehst du die Unterschiede zu den früheren Alben?
Erstmal muss man sagen, dass die Aufnahmen zu diesem Album unsere bisher schwersten waren, zugleich sind wir aber verhältnismäßig schnell gewesen. Bisher hatten wir immer selbst produziert und dann aufgenommen, wenn genügend Geld da war. Das bedeutete aber, dass wir rund zwei Jahre benötigten, um ein Album zu beenden. Diesmal hat Andy Gerber sich darum gekümmert. Insgesamt war die Situation eben viel stressiger als sonst, was der Sache aber auch den nötigen Kick gegeben hat. Im Vergleich zu früher sind wir als Musiker an unserem jeweiligen Instrument besser geworden. T’s Songwriting ist aber auch für mich selbst immer noch beeindruckend.

Zu „Goodmornin’ da“ habt ihr ein Video im Knast gedreht. Basiert das auf einer wahren Geschichte?
Das Video basiert sogar auf mehreren wahren Geschichten. Zwar hat niemand aus der Band jemanden umgelegt oder so, aber wenn man in einer Gruppe miteinander einen trinken geht, dann trifft man manchmal richtig schlechte Entscheidungen. Wenn man auf den Blödsinn kommt, mutet er genial an, aber wenn sie einen dann geschnappt haben, bereut man meist seine Dummheiten. Wenn wir zusammen sind, dann achten wir aber aufeinander. Probleme gibt es öfter, wenn jemand alleine weg ist.

In den letzten zehn Jahren Bandgeschichte habt ihr etliche Alben aufgenommen. Kommt ihr damit finanziell über die Runden, oder macht es lediglich die Niederungen des Alltags erträglicher?
Vereinzelt hat es für die Miete gereicht, andererseits haben wir aber auch schon alle auf dem Sofa eines Kumpels übernachtet und uns von Bohnen und Sandwiches ernährt. Daher entstand unter uns auch der Witz, dass wir die modernen Cowboys wären, weil wir eben Bohnen aßen, auf dem Boden schliefen und immer Stiefel anhatten. Insgesamt kann man wohl sagen, dass die Musik alleine meist nicht für die Miete gereicht hätte. Seit zwei Monaten sieht es allerdings gut aus und wenn wir genügend Alben verkaufen, dann haben wir vielleicht eine Chance. Allerdings ist es schwer, sieben Leute allein mit der Hoffnung auf den zukünftigen Erfolg satt zu bekommen.

Jede irische Band feiert Bloomsday, oder? Wie sieht es mit euch aus?
Was soll denn Bloomsday sein? Nein, ich mache nur Spaß. Wir feiern nicht mal Weihnachten. Wir geben da zwar Konzerte, aber für uns ist es nichts anderes als an anderen Tagen auch. T. findet aber Joyce, der ja den Begriff ‚Bloomsday‘ prägte, sehr gut. Ich persönlich halte wenig von seinem Stil zu schreiben, da lese ich lieber ein Hot Rod-Magazin.

Was bedeutet denn eigentlich euer Name?
Wenn man neunzehn Jahre alt ist und auf einen Namen kommt, prüft man nicht immer alle Bedeutungsaspekte völlig. Für uns war ein TOSSER etwas wertloses, was man eben wegwirft. Nach einiger Zeit fanden wir allerdings heraus, dass der Begriff auch jemanden beschreibt, der exzessiv masturbiert, allerdings war es da schon zu spät für eine Umbenennung. Wir waren aber auch der Überzeugung, dass der Name zu einem Bandmitglied hervorragend passte, allerdings ist er nun seit ein paar Jahren nicht mehr dabei.

Ihr hattet schon immer politische Lieder.
Seit die Zivilisation existiert, gibt es Kriege. T. schreibt die Texte zu den Liedern und Geschichte an sich fasziniert ihn sehr. Meist ist die Geschichte zutiefst ungerecht.

In einigen euer Lieder geht es um Seemänner, ihr interpretiert auch alte Traditionals. Wie reagieren die jüngeren Hörer darauf?
Der Grundgedanke dahinter ist das Reisen, das Abenteuer und die Rohheit der Charaktere, die diese Lieder interessant für uns machen. Was die Jüngeren angeht, mögen sie solche Lieder manchmal und manchmal mögen sie sie nicht. Wenn ein Song nicht ankommt, wird er eben einfach von der Setlist gestrichen.

Etwas überraschend kam für mich die Nachricht, dass ihr nicht mehr bei Thick Records, sondern bei Victory seid. Ist dies ein großer Schritt nach vorne für die Band?
Für uns ist das definitiv ein Schritt nach vorne. Thick Records haben uns immer gut behandelt, aber Victory ist nun mal in der Lage, uns Dinge zu bieten, die Thick nicht hätte klarmachen können. Wir stehen jetzt besser da.

Rebecca spielt noch immer Violine, auch ansonsten gab es keine Besetzungswechsel. Hält der Alkohol die Band zusammen?
Unser Gemeinschaftssinn hält uns zusammen. Der Alkohol macht die Sache aber um Einiges lustiger.