BANE

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Rebellion ist keine Frage des Alters

1994 gründete Aaron Delbec BANE. Ursprünglich bei CONVERGE aktiv, suchte er nach einem Gegenpol zu dieser eher experimentierfreudigen Band. BURN und JUDGE sollten in der Anfangszeit wichtige Impulse für die neue Band liefern. Ein Jahr später fand man mit Aaron Bedard eine charismatische Stimme, die BANE komplementierte und der Band einen unverwechselbaren Stempel aufdrückte. In den letzten vier Jahren war es still um BANE geworden. Erst 2005 kehrte die Band mit ihrem neuen Album „The Note“ zurück. Aaron Bedard erzählt, was zu dieser langen Pause führte.

Du bist schon lange Zeit innerhalb der Hardcore-Szene aktiv. Erzähl mir doch mal, wie sie sich im Laufe der Zeit verändert hat.

Offensichtlich hat sie sich innerhalb dieser Jahre sehr verändert. Du siehst eine Menge Trends kommen und gehen. Die Szene ist populärer geworden, mehr Leute sind involviert, es ist besser vermarktbar geworden und damit gehen natürlich auch eine Menge negativer Dinge einher. Dabei hätte man sich vor zehn Jahren überhaupt nicht vorstellen können, dass Bands so viele Platten verkaufen, wie sie es heute tun. Oder dass Bands Musikvideos haben, oder dass ihre Shirts in großen Shopping-Malls verkauft werden. Klar gibt es da auch gute Seiten dran: Ich meine, es gibt Bands, die arbeiten sehr hart und nun geht es ihnen finanziell etwas besser, aber gleichzeitig kommen eine Menge Menschen in die Szene, die nicht verstehen, was überhaupt passiert.

Okay, aber ich denke, dass innerhalb jeder Szene, die populär wird, eine Gegenbewegung entsteht, die sich mehr auf die Wurzeln konzentriert.


Im letzten Interview wurde ich gefragt, was ich denke, was in den nächsten Jahren passieren wird, ob es schlechter werden wird innerhalb der Szene. Ich sagte, dass es möglich sein könnte, dass diese Szene so populär wird, dass wieder etwas Neues entsteht, es wieder mehr Basement-Shows geben wird, zu denen dreißig Kids kommen werden.

Ihr habt eine neue Platte draußen, „The Note“. Es ist vier Jahre her seit eurer letzten Veröffentlichung. Was hat dazu geführt, dass es so lange gedauert hat?


Nachdem „Give Blood“ rauskam, haben wir sehr lange getourt. Wir haben soviel getourt, dass unser Drummer, der seit 1998 dabei war, nicht mehr konnte und ausstieg. Wir wussten nicht, ob wir mit BANE weiter machen sollten, da wir immer gesagt haben, dass BANE wir fünf wären und wenn einer aussteigt, würden wir uns auflösen. Dann verließ er uns plötzlich. Wir mussten nun den richtigen Drummer finden, und als wir endlich unseren jetzigen Drummer Bob gefunden hatten, lag unsere Priorität darin, wieder zu touren. Mittlerweile hatten einige Leute aus der Band Nebenprojekte, zum Beispiel SILENT DRIVE und ONLY CRIME, also ist BANE für eine Weile in den Hintergrund gerückt, damit diese Bands Platten einspielen und auf Tour gehen konnten. Letztes Jahr haben wir uns dazu entschieden, dass wir weiter touren wollen als BANE, aber dazu brauchten wir eine neue Platte. Also haben wir angefangen, neue Songs zu schreiben. Die Aufnahmen haben sich dann auch noch immer weiter nach hinten verzögert und das Letzte, was wir festgestellt haben war dann: Scheiße, es ist vier Jahre her, dass wir eine Platte rausgebracht haben. Es sollte doch gar nicht so lange dauern, aber das hat es nun mal.

In welcher Weise hat Zach zur Entstehung der neuen Platte beigetragen?

Zach war sehr wichtig für den Entstehungsprozess. Zach war mit dem Schreiben und Aufnehmen für SILENT DRIVE beschäftigt und die Aufnahmen waren so gut, dass er dadurch eine Menge Selbstvertrauen bekommen hat, dass er beim Entstehen einer neuen Platte wirklich mithelfen, nicht nur einen Song oder ein Riff zu einem Song beisteuern kann. Also ist er mit einem richtigen Enthusiasmus zu Werke gegangen und er war mit nichts Anderem zufrieden als dem Besten.

Ich habe gelesen, dass du besorgt warst, die Kids könnten eure Band vergessen haben.

Ich weiß nicht, ob sie uns vergessen haben. Ich denke da nicht viel drüber nach, aber manchmal habe ich das Gefühl: Hätten wir zwei Jahre nach „Give Blood“ vielleicht eine Platte rausgebracht, dann wären wir relevanter für die Kids.

Ihr hattet eine schöne Idee: In eurem Booklet habt ihr ein paar Buchstaben rot hervorgehoben und wenn man diese aneinander reiht, hat man plötzlich Namen auf dem Papier stehen.


Das sind Namen von Menschen, die uns sehr nahe waren, die aus der Hardcore-Szene stammen oder zur Familie gehören und gestorben sind. Menschen, die wir lieben und denen wir Tribut zollen wollten. Die Songs sind ihnen zur Erinnerung gewidmet. Ich dachte, es wäre cooler, als wenn wir einfach nur eine Liste hätten. Wir wollten das Textheft so gestalten, dass man sich damit ein wenig mehr auseinandersetzt.

BANE haben mehrere Songs, die sich mit dem Thema Tod auseinander setzen. Inwieweit wurdest du mit dem Tod konfrontiert?

Tod nimmt einen gewissen Stellenwert in meinem Leben ein. Meine Mutter ist gestorben, als ich 20 war, und ich hatte enge Freunde, die gestorben sind. Manche haben sich selber umgebracht, manche sind bei Unfällen gestorben. Es scheint eine Lektion zu sein, die ich persönlich immer wieder lernen musste. Seitdem ich 18 war, wurde ich immer wieder daran erinnert, wie angreifbar das Leben ist. Es macht viel aus, wenn ich Lyrics schreibe. Ich denke darüber nach, wie endlich viele Dinge im Leben sind. Was du liebst, kann dir zu jedem Zeitpunkt innerhalb deines Lebens für immer genommen werden. Es ist nicht so, dass ich besessen bin vom Tod. Aber meine Lyrics kommen nun mal daher, wer ich bin und was ich in meinem Leben erlebt habe.

Du hast einen Song geschrieben, „My therapy“, über den du gesagt hast, es handelt sich dabei darum, dass die Hardcore-Szene hilft, nicht verrückt zu werden. Kannst du das näher erläutern?


Ich werde es versuchen. Ich denke, die Welt ist ein sehr verrückter und verwirrender Ort. Ich hatte Schwierigkeiten herauszufinden, warum so viele Sachen wichtig für manche Menschen sind, und warum ausgerechnet diese Sachen so wichtig sind. Ich habe nie verstanden, warum alle zur Schule rennen mussten, dann heiraten, eine Familie gründen, ein Haus haben und sich Gedanken über Rechnungen machen wollten. Je älter man wird, desto weniger Zeit hat man, Spaß zu haben. Das ist für mich verrückt. Es gibt so viele Momente in meinem Leben, wenn ich in der Öffentlichkeit bin, im Supermarkt, im Kino, in jeder Art von großem Raum und ich schaue mich um und ich fühle mich, als ob ich mit diesen Menschen so wenig gemeinsam habe. Alles, was für diese Leute wichtig ist, bedeutet mir nichts. Wenn ich dann aber zu einer Show wie dieser hier komme, fühle ich mich verstanden. Ich verstehe diese Leidenschaft, diese Art von Aggression, das Schreien, das Springen, das macht für mich Sinn.

Aber du kannst doch nicht für immer in der Hardcore-Szene sein. Was denkst du, wirst du danach tun?

Wahrscheinlich werde ich sehr traurig und verwirrt sein und viele Bücher lesen und versuchen, meine eigene Welt zu schafften, auf dem basierend, was ich in diesen Jahren und durch diese Menschen gelernt habe. Ein Leben zu kreieren, das Sinn für mich macht, und nicht, was die Gesellschaft von mir erwartet. Was vielleicht bedeutet, dass ich niemals eine Menge Geld haben, niemals hübsche Sachen tragen werde, nicht verheiratet sein werde und vielleicht nie Kinder habe. Ich werde immer mit dieser Musik, mit der Kunst und Freundschaft in Berührung sein, denn das sind die fundamentalen Dinge, die ich durch Hardcore erfahren habe.

Ich habe über dich gelesen, dass du die Musik liebst und die Rebellion. Kann man mit 36 noch rebellisch sein?

Ja, ich denke, dass man das auch noch in diesem Alter sein kann. Man sollte niemals Angst haben und die Wahrheit einfordern: Ich denke nicht, dass das Alter bestimmt, wie lange man dazu in der Lage ist, dies zu tun. Man sollte einfach bewusst nicht die ganze Scheiße schlucken, die man uns serviert. Rebellieren kann ja auch einfach das sein, dass ich hier bin. D.I.Y., die ganze Gegenkultur im Punkrock ist ein Akt der Rebellion. Denn eigentlich wird von mir erwarte, dass ich daheim mit meinen Kinder sitze und mir Gedanken mache, wie ich mein Geld anlege und ich glücklich die Zeitung lese und dankbar bin, dass uns der Präsident vor dem Terrorismus beschützt.

Du bist niemals richtig zur Schule gegangen, stimmt das?

Ich war natürlich in der Highschool, aber alles, was ich weiß, kommt aus meinem eigenen Erfahrungsschatz. Oder durch das Lesen. Ich habe mich eben mit 14 mehr für Skateboardfahren interessiert und wollte Punkrocker sein. Ich bin definitiv nicht der cleverste Mensch auf der Welt. Ich möchte jetzt nicht sagen, dass die Leute nicht mehr zu Schule gehen sollen, denn wenn es mit dieser Band mal aus ist, dann wird mich niemand mehr ernst nehmen. Für einen guten Job brauchst du einfach eine Ausbildung. Ich habe das eingetauscht für ein Leben, über das ich dachte, dass es mehr Spaß machen würde.

Es gibt mit „One for the boys“ einen Song auf eurem Album, da geht es ums Pokern, oder?

Ja, denn wenn ich nicht mit BANE auf Tour bin, verdiene ich damit mein Geld. Es ist ein sehr strategisches Spiel. Der bessere und clevere Kartenspieler wird für gewöhnlich gewinnen, es ist nicht so wie mit Würfeln oder Roulette, wo man Glück haben muss. Beim Pokern trifft man selbst die Entscheidungen, für mich ist es ein faszinierendes Spiel und viele meiner Freunde daheim sind ernsthafte Kartenspieler und wir spielen um hohe Einsätze. Auf „Give Blood“ gibt es einen Song, „Ante up“, der ein paar Pokerreferenzen hatte, die man versteht, wenn man Karten spielt. Meine Freunde liebten den Song, also hab ich mich dazu entschlossen, einen Song zu schreiben, in dem es nur um Poker geht. Wenn du weißt, wie man Karten spielt, ergibt der Song für dich Sinn. Aber jetzt bereue ich es, dass ich diesen Song geschrieben habe, ich wünschte, dass ich etwas Bedeutenderes geschrieben hätte. Irgendwann kann ich keine Songs mehr schreiben und werde mir sicher wünschen, ich hätte diese Chance dazu genutzt, etwas Wichtigeres zu sagen.

Also denkst du, dass es nicht mehr viele BANE-Platten geben wird?


Vielleicht wird es noch eine Platte geben. Ich hoffe es, dass es noch eine geben wird. Aber ich weiß es einfach nicht. Jeder von uns ist älter geworden, zwei aus der Band sind mittlerweile verheiratet. Aber ich hoffe, dass es noch weiter geht. Ich habe immer noch Sachen zu sagen und ich hoffe, dass die Leute zuhören werden.