BEAUTIFUL KANTINE BAND

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Melancholisch ist gar kein Ausdruck ...

„Schüchtern“ war der Aufhänger, der Hinhörer, der Dabeibleiber, der Nichtwiederabschalter, der Mussmanweiterempfehlen-Song, der Gute. Der Name war natürlich seltsam, widersetzt er sich doch ein wenig den grammatikalisch-orthographischen Geflogenheiten während des Aussprechvorgangs – aber letztendlich zählt ja doch nur die Musik, der Sound, der im Kopf entsteht. Und der Sound von BKB ist großartig, übereinanderliegende Gitarren, Twang auf fast jedem Akkord und Lyrics, die für Beat- und Garagemusik relativ ungewöhnlich sind. Schon wieder arbeiten die fünf Kämpen von BKB an einem neuen Album, haben ihr letztes Werk bei Kamikaze Records veröffentlicht und streben schon wieder neuen Herausforderungen entgegen. Die Fragen, die Text, Bild, Sound des letzten Albums aufgeworfen haben, werden nachfolgend hoffentlich geklärt, Ungereimtheiten beseitigt und vielleicht das eine oder andere Geheimnis gelüftet. Für einige Auskünfte stand uns Kantine zur Verfügung, der ewige Meister von der BKB. Seine Ausführungen zwischen „Mendocino“, „Griechischem Wein“ und virtuellem „Highway to hell“ lassen die Tragik und gleichzeitig die Bandbreite durchscheinen, die die Kantine-Band dem Hörer vermitteln und akustisch ans Ohr bringen will und kann. Leihen wir ihnen ein Ohr, um unserem Unwissen ein wenig abzuhelfen.

Was mich eigentlich zuerst interessiert hat, als ich euren Namen auf einer Plattenhülle gelesen habe: Wie kommt ihr zu dem Namen und wie fing alles an?

Angefangen hat alles so gegen 1998, als ich mich von meiner damaligen Band CHARMANT ROUGE zurückzog. Die Band hatte sich am Laufe der Zeit immer mehr von klassischen Popgesetzen abgewandt und wurde zunehmend experimenteller. Ich hatte das bald satt und suchte nach einfacheren Ausdrucksmöglichkeiten in der Musik. Ich produzierte, inspiriert von 20 alten BEATLES- und KINKS-Kassetten im Keller meiner Eltern, auf einer 8-Spur Tonbandmaschine. Dann suchte ich Gleichgesinnte, die diese Songs mit mir auf die Bühne bringen sollten. Den Namen „Beautiful Kantine“ gab es damals schon. Er entstand, wie viele Spitznamen, aus einem Scherz heraus. Er hat also keine besondere Bedeutung. Für mich war immer klar, dass mein erstes Soloprojekt diesen Namen tragen soll. Meine Kollegen hatten dann auch nichts dagegen und so war die BEAUTIFUL KANTINE BAND Ende 1999 geboren. Einen Art Director gibt es bei uns nicht. Wir werden immer wieder von Freunden und Bekannten in der grafischen Umsetzung unserer Ideen unterstützt. Beim nächsten Album wird uns Robert Wolf von der legendären Wiener Punkband CHUZPE helfen. Das ehrt uns sehr, da diese Bekanntschaft erst durch unsere Coverversion ihres Songs „Tote Körper tanzen anders“ entstanden ist.

Erzähl mir bitte etwas zum aktuellen Line-up von BKB. Gibt es einen kreativen Kopf oder wie gestaltet sich „Musikerfindung“ bei euch?


Die Band besteht aus den drei Gitarristen Beautiful Kantine, Bubu Bondi Doringo, R. Evolver und dem Schlagzeuger Max Varta. Alle Entscheidungen, sowohl kreative als auch organisatorische, werden im Kollektiv gefällt, meistens bei einer Tasse Kaffee. Das Songschreiben passiert eigentlich im privaten Rahmen. Fertige Songideen werden in den Proberaum gebracht und den Kollegen vorgestellt. Im Rahmen dieses Prozesses bekommt der Song seine typische Kantine-Färbung. Prinzipiell versuchen wir die Songs fertig zu haben, bevor wir ins Studio gehen. In der Vergangenheit ist uns das aber nicht immer gelungen. So hatten wir zum Beispiel noch keinen Schluss für „Methadon“, als wir das „Rock’n’Roll ...“-Album aufnahmen. Dieses Mal haben wir viel Zeit damit verbracht, alles bis ins kleinste Detail vorzubereiten, bevor wir ins Studio gingen. Bei 25 Songs muss man die Zeit im Studio gut planen. Da ist es wichtig, dass jeder weiß, was er einzuspielen hat. Diverse Overdubs – Perkussion, Orgel und so weiter – werden wir dann direkt im Studio ausprobieren.

Euer Album „Rock’n’Roll ...“ ist 2004 erschienen. Seid ihr damit immer noch zufrieden?

Im Großen und Ganzen sind wir mit dem Album zufrieden. Im Nachhinein betrachtet, weiß man natürlich, was man wie besser machen hätte können und sollen. Wir versuchen einfach, dieses Wissen beim nächsten Album anzuwenden. Die Arbeit am Album „Rock’n’Roll ...“ war geprägt von der Neubesetzung des Schlagzeughockers. Unser ursprünglicher Schlagzeuger hatte seinen Job bei uns gekündigt, als in Österreich der erste große Aufschwung kam. Unsere erste Tour stand an und wir brauchten schnell einen Schlagzeuger. Max Varta half uns vorerst nur für die bestätigten Konzerte aus, blieb uns dann aber treu. Die Konzerte mit Max waren energiegeladener als je zuvor. Wir wollten diese Energie auch auf den Tonträger bringen, daher spielten wir die meisten Lieder live ein – einige sogar direkt auf zwei Spuren. Die Reaktion war sehr gut. Der Radiosender FM4 nahm „Methadon“ in die Rotation auf. Zwei, drei Monate lief der Song täglich. Das half uns natürlich sehr. Wir spielten rund sechzig Konzerte – die meisten davon in Österreich. Die Konzerte uferten größtenteils in wilde Tanzpartys aus und so hatten wir bald den Ruf, eine der besten Livebands des Landes zu sein.

Ihr arbeitet gerade an neuem Material? Was legt ihr drauf, um besser zu sein als auf dem letzten Album, und wer sagt, wo es musikalisch bei euch lang geht?

Wir nehmen uns diesmal die Zeit, die wir brauchen, um alles so zu machen, wie es uns richtig erscheint. Wir haben eine sehr lange Vorproduktionsphase hinter uns. Wir haben 25 Lieder vorbereitet. Jeder Song wurde in seine Einzelteile zerlegt und wieder neu zusammengestellt. Alle Songs wurden hinterfragt und auf ihre Live-Tauglichkeit geprüft. Die Grundspuren sind bereits aufgenommen. Zurzeit arbeiten wir am Gesang. Hierfür haben wir uns Hilfe von einem erfahrenen Rock’n’Roll-Sänger geholt – Herbert Tampier von den SCHMETTERLINGEN. Wir haben bis jetzt immer im gleichen Studio aufgenommen, das hat aber hauptsächlich finanzielle Gründe. Ich besitze nämlich ein kleines Studio in der Cselley-Mühle in Oslip am Neusiedler See. Hier können wir in aller Ruhe arbeiten.

Ihr scheint eine Vorliebe für Coverversionen zu haben ...

Coverversionen spielen eine wichtige Rolle bei uns. Indem man seine Lieblingssongs nachspielt, lernt man viel über die Musik, die man gerne hört. Wir covern gerne Songs, die schon als abgedroschen gelten, weil sie jede Schulband schon einmal gespielt hat. Wir versuchen diesen Songs wieder die Frische zu geben, die sie in den 60ern gehabt haben und die sie verdienen. „Mendocino“ von Michael Holm ist seit Jahren in unserem Programm, auch „Komm gib mir deine Hand“ von den BEATLES und „Saturday nite at the duck pond” von THE COUGARS.

Was gibt es über Österreich, eure Stadt und die Musikszene erzählen?

Wir sind beheimatet zwischen Wien und dem Neusiedler See. Ich wohne in Eisenstadt, das ist die mit 11.000 Einwohner größte Stadt und auch Landeshauptstadt des Burgenlandes. Fünf Kilometer weiter liegt in einem kleinen Dorf namens Oslip die Cselley-Mühle, das wichtigste alternative Kulturzentrum des Burgenlandes. Hier habe ich meine ersten musikalischen Gehversuche gemacht. Mittlerweile habe ich ein kleines Studio dort eingerichtet und führe auch ein paar Veranstaltungen durch, zum Beispiel das „Tanzcafé der Nationen“. Ein grundsätzliches Problem der österreichischen Musikszene ist, dass das österreichische Publikum heimische Erzeugnisse nicht besonders schätzt.

Wie viel Musik ist bei euch pro Tag drin? Oder macht ihr auch andere Dinge, hab ihr noch andere „Jobs“?

Wir haben das große Glück, Jobs zu haben, die es uns erlauben, so viel Zeit in die Musik zu stecken, wie sie braucht. Ich habe in meinem Studio andere Projekte laufen. Bis vor kurzem arbeitete ich sehr viel als Live-Techniker. Das habe ich aber eingestellt, weil es schon zu viel Zeit in Anspruch nahm. Max Varta, unser Jüngster, studiert Schlagzeug und spielt noch in anderen Bands. Herr R.Evolver ist in der Sozialbranche tätig und Herr Doringo ist Landvermesser in der Firma seines Vaters.