CLASH

This is a public service announcement – with guitar!

Diese Textzeile aus dem Song „Know your rights“ (THE CLASH, „Combat Rock“, ’82) subsumiert treffend den Charakter von THE CLASH – „A band that makes rock & roll with a message. For THE CLASH the message is as important as the rock & roll and vice versa.“ (Downbeat, 12/’82). Die Gruppe war sicherlich, neben den SEX PISTOLS, der populärste Protagonist der ersten britischen Punkwelle. Sie waren eine Band, die wie kaum eine andere Hingabe und Idealismus verkörperte und im Laufe ihres Bestehens mit einer großen stilistischen Vielfalt zu begeistern wusste, von den Ursprüngen des Punk über Rock, Anleihen beim Reggae & Dub, bis hin zu Reminiszenzen von Rockabilly, Funk und Rap (kein Geringerer als Bill Stepheny, Gründungsmitglied von PUBLIC ENEMY, spielte mit Begeisterung Songs der CLASH in seiner Radio Show). Dennoch: THE CLASH standen für die Authenzität von Punk: „We’re punk. We’re true to the spirit of ’76.“ (Mick Jones, Manifesto Of Punk, Los Angeles Times, Sept. ’78).

Von den Gründungsmitgliedern war es insbesondere Joe Strummer (bürgerlich: John Mellors), der mit den 101’ERS eine Band hatte, die über die Grenzen von London bekannt war. Strummers Name stammt aus der Zeit, als er in der Londoner Subway Songs von Woody Guthrie spielte, um sich ein paar Pennies „zusammen zu klimpern“ („to strum up“). Anfang der 70er Jahre ging seine Begeisterung für den Songwriter sogar so weit, dass er den Vornamen „Woody“ annehmen wollte. Der Name 101’ERS wiederum bezieht sich auf die Hausnummer des besetzten Hauses, in dem Strummer zu dieser Zeit ein Zimmer bewohnte. Die 101’ERS spielten traditionellen R&B im Stile von Chuck Berry. In der lokalen Pubszene genossen sie Ansehen und veröffentlichten auf Chiswick Records eine Single („Key To Your Heart“). Nachdem Strummer die SEX PISTOLS gesehen hatte – im April 1976 spielten die SEX PISTOLS Support für die 101’ERS, im Juni des gleichen Jahres eröffneten THE CLASH für diese in Sheffield – wollte er eine Veränderung: „The SEX PISTOLS just knocked my head off. It was the music of now.“ , (Joe Strummer, L.A. Times, Sept. ’78). Zur gleichen Zeit spielten Mick Jones, Brian James (später bei THE DAMNED), Tony James (später GENERATION X) und der zukünftige Manager von THE CLASH, Bernie Rhodes – Jones kannte Rhodes über Chrissie Hynde, die zu dieser Zeit im angesagten Punkladen „Sex“ arbeitete (geführt von Malcolm McLaren und Vivien Westwood) –, bei den sagenumwobenen LONDON SS, von denen es lediglich einen Auftritt gegeben haben soll, deren Tapes aber heiß begehrt waren. LONDON SS hielt jedoch dem ständigen Besetzungswechsel nicht stand. So gründeten im Sommer 1976 die Jugendfreunde Mick Jones und Paul Simonon (der offiziell auch im Line-up von LONDON SS geführt wurde) und Keith Levene (später bei P.I.L.) den Nukleus von THE CLASH. Jones und Simonon waren beide in dem für die Arbeiterklasse dieser Zeit typischen Londoner Stadtteil Brixton aufgewachsen (Jones wohnte bei seiner Großmutter in einer Sozialwohnung, „I stayed with my gran and a lot of wicked aunts“, M. Jones, Time, März ’79), während Strummer – geboren in Ankara – als Diplomatenkind bereits auf Zypern, in Mexico City und Deutschland gelebt hatte. Die Legende besagt, dass Jones und Simonon eines Tages über die Portobello Road gingen und Strummer trafen, beide kannten bereits die 101’ERS, und ihn auf die Position des Sängers ansprachen. Man liebäugelte zunächst mit den Namen „The Phones“, „The Mirrors“, „The Weak Heartdrops“ und „The Psycho Negatives“. Nachdem jedoch Simonon das Schlagwort „Clash“ oft im Evening Standard gesehen hatte, wurde er Vater des Bandnamens.
Simonon suchte nach einem Jahr Kunstschule etwas Neues, er beherrschte aber kein Instrument: „I couldn’t play an instrument, so Mick sort of taught me the rudiments.“, (P. Simonon, ’79). Der Bass schien für ihn die einfachere Variante. „Part of the punk thing that didn’t matter that you couldn’t play.“, (Mick Jones, ’79). „Before the group started, we sorted of nicked Paul Simonon from an art college. We said „Throw those old paintbrushes away! Look, here’s a bass guitar.“, (J. Strummer, GQ, June ’97). Bis ab April 1977 Nicky „Topper“ Headon das Schlagzeug besetzte, war es Terri Chimes (später auch unter anderem bei HANOI ROCKS), den man kurzer Hand für das Debütalbum „THE CLASH“ (April ’77) in Tory Crimes umbenannte.

Komplett waren THE CLASH aber erst mit ihrem Manager Bernie Rhodes. Er verstand es wie Malcolm McLaren, die Presse zu steuern und zu beeinflussen („A manager with tertiary verbal diarrhea.“, P. Silverton, Trouser Press, Feb. ’78). Rhodes war von erheblicher Bedeutung für die Band: „Bernie imagined THE CLASH and he built it to fit the specifications of his vision. But THE CLASH wouldn’t exist without Bernie’s imagination.“, (J. Strummer, Trouser Press, Feb. ’78). „Bernie encouraged us to sing about things that affected us really.“, (P. Simonon, Downbeat 12, ’82). Bernie Rhodes war ein versierter Mann in Sachen Presse. Er wusste, wie die Headlines in der Musikpresse aussehen mussten, damit THE CLASH das notwendige Aufsehen erregen konnten. Er verstand es beispielsweise, Meldungen mit dem Tenor zu lancieren: die CLASH seien die Band, die den SEX PISTOLS das Fürchten lehren wird. Gleichwohl wurde der Vergleich oder auch eine konstruierte Konkurrenz zwischen beiden Bands den tatsächlichen Umständen nicht gerecht. Wo die SEX PISTOLS plakativen und destruktiven Nihilismus predigten, waren es THE CLASH, die der sozialen Apathie, Ignoranz und gesellschaftlichen Gleichgültigkeit überdrüssig waren. Die Bandmitglieder legten Wert darauf, ein anderes Bild von Punk zu prägen: „We’re nothing like THE SEX PISTOLS. We don’t get out to shock people through being sick on stage.“, (T. Headon, Time, März ’79). „I was never one for sticking a pin in my nose.“, (M. Jones, Time, März ’79).
Jones wurde nicht müde darauf hinzuweisen, dass der zentrale Unterschied zwischen den Pistols und den CLASH der sei, dass THE CLASH optimistischer sind und explizit postulieren: es gibt eine Zukunft. „Where the Pistols tore down, THE CLASH built up.“, (L.A. Times, Jan. ’84). Deshalb waren die wichtigsten Richtlinien für das Debütalbum „The Clash“ kurz gehaltene und schnelle Songs und der Glaube, dass Ideale und Ideen in der Musik wichtiger sind als simple Effekthascherei. Die Songs griffen die drückenden sozialen Zustände und die Gleichgültigkeit der Gesellschaft auf. In „White Riot“ – im März 1977 als erste Single veröffentlicht (#38 in den UK-Charts) – wendet sich die Gruppe gegen soziale Apathie: „All the power is in the hands of people rich enough to buy it, while we walked the streets too chicken to even try it.“

„White Riot“, aufgenommen im gleichen Studio der CBS wie das Album „Raw Power“ von IGGY AND THE STOOGES (ein zentraler musikalischer Einfluss für Jones), entstand unter dem Einfluss der Notting Hill Carnival Riots, an denen Strummer und Jones teilnahmen. Während des Sommers 1977 wurden Strummer und Jones überdies wegen diverser Kleindelikte verhaftet, die von Vandalismus bis hin zum Diebstahl eines Kopfkissenbezugs reichten. Simonon und Headon wurden verhaftet, weil sie in einem Park mit einem Luftgewehr auf Tauben schossen. Das Cover der Single ist die Adaption eines Albums von JOE GIBBS & THE PROFESSIONALS („State Of Emergency“) und eine Respektsbekundung für die Kultur Jamaikas und deren Arbeiterklasse in ihrer typischen Kleidung. Der Song „Career opportunities“ ist ein sarkastischer Verweis auf die massive Arbeitslosigkeit und die desillusionierte Jugend. Strummer schrieb ihn auf seiner Schreibmaschine, wie so viele Songs der CLASH (im Booklet zur 1988 erschienen Werkschau „The Story Of The Clash“ findet sich ein Bild von Strummer mit einer Schreibmaschine), in seinem Zimmer im Squat, nachdem er seinen Scheck von der sozialen Wohlfahrt erhielt).
THE CLASH forderten soziale Verantwortung ein: „Hate or war – the only things there are today, and if you close your eyes, they will not go away.“, (aus „Hate or war“). Der Song „I’m so bored with the USA“, von Jones in groben Zügen bereits kurz nach dem Split von LONDON SS geschrieben und die erste Koautorenschaft von Strummer/Jones, beruht in seinem Titel auf einem akustischen Missverständnis. Strummer verstand anstatt ursprünglich „I’m so bored with you“ irrtümlich „... with the USA“, doch der Titel wurde beibehalten. Allerdings: es war kein Anti-USA-Song im engeren Sinn. Der Song richtet sich gegen die zunehmende Amerikanisierung von Kontinentaleuropa und Großbritannien. Jones war in vielerlei Hinsicht wenig Freund der USA: „I got depressed at the thougt of 50 million people worshipping Ted Nugent.“, (M. Jones, Downbeat #12, ’82). Ein Land, in dem Ted Nugent grenzenslose Erfolge feiern konnte, hatte ganz offensichtliche Probleme.

Die Songs verdeutlichen auch den Unterschied zur nihilistischen Attitüde der SEX PISTOLS: „That’s the difference between us and THE SEX PISTOLS. I think we’re more optimistic. The Pistols said there was no future. But I have got a great respect for the Pistols.“, (M. Jones, L.A. Times, Sept. ’79). „What we are trying to say is ‚Let’s have some social justice‘.“, (J. Strummer, L.A. Times, Jan. ’84). Die zweite Singleauskoppelung „Remote Control“ im Mai ’77 begründete den ersten Streit mit CBS. Während die Gruppe auf Tour war – die „White Riot“-Tour mit den BUZZCOCKS und THE JAM – veröffentlichte CBS die Single, ohne Bernie Rhodes und die Band zu informieren. THE CLASH wollten ursprünglich als zweite Single „Janie Jones“ auskoppeln, benannt nach einer Sängerin aus den 60er Jahren (1982 schrieb Strummer mit ihr den Song „House of the Ju-Ju Queen“ unter dem Alter Ego JANIE JONES & THE LASH, der aber lediglich als Bootleg erschienen ist), und reagierten mit Unmut. Sie legten „Complete Control“ nach (Sept. ’77, #28 UK). In einer ersten Version wurde „Complete Control“ von der Reggae-Ikone Lee Perry produziert. Er wurde auf die Band durch deren Coverversion von „Police and thieves“ aufmerksam: ein Song, den Perry gemeinsam mit Junior Murvin schrieb. Während der Aufnahmen zu „The Clash“ spielte die Band ursprünglich mit dem Gedanken ein Cover des Bob Marley-Songs „Dancing shoes“ für das Album einzuspielen. Marley war mit den WAILERS Anfang 1977 in London und erkannte die revolutionäre Kraft von Punk, die durchaus Parallelen zur Bewegung der Rastafaries hatte. Diese Eindrücke verarbeitete er im Song „Punky reggae party“, in dem – neben THE JAM und THE DAMNED – explizit THE CLASH erwähnt werden. Der Reggae-Einfluss sollte sich dann auch wie ein roter Faden durch das weitere Werk der CLASH ziehen.
Das Stück „Deny“ dann war ein Song über Keith Levene, der von Strummer via Telefon (so zumindest die Version von Strummer) aufgrund seiner Unzuverlässigkeit und seines Drogenkonsums aus der Band geworfen wurde. Levene erschien nicht zu einer Rehearsal-Session für „White riot“ und Strummer rief ihn an, Levene wenig begeistert: „Well, you don’t need me to come for that then do you?“, darauf Strummer: „No? Well fuck off then.“ Das Kapitel war beendet. Levene schrieb lediglich an dem Song „What’s my name“ mit.

Das Album „The Clash“ war ein großer Erfolg in Großbritannien (Platz 12 der Album-Charts). Es wurde an nur drei Wochenenden im Studio 3 der CBS-Studios in London eingespielt, und die Produktionskosten beliefen sich auf 4.000 Pfund. Aber CBS veröffentlichte „The Clash“ nicht in den USA, Grund war der nach Ansicht der Plattenfirma schlechte Sound. Offiziell gab es keine Stellungnahme von CBS, aber ein Vertreter der CBS-Tochter Epic sprach despektierlich von einem „tin-can sound“, der wenig Airplay bei den Radios in den Staaten versprach. Das Album sollte erst im Juli 1979 in den USA mit einer geänderten Tracklist erscheinen: unter anderem mit „Clash city rocker“, „White man in Hammersmith Palais“ (von dem sich OASIS-Entdecker und Creation Records-Gründer Alan McGee hinreißen ließ, ihn zum vermutlich besten Song zu küren, den jemals ein Weißer geschrieben hat) und „Jail guitar doors“, einem alten Song der 101’ERS mit einem neuen Text. Das Debütalbum der Gruppe wurde mit über 100.000 verkauften Einheiten eine der erfolgreichsten Importplatten der USA.
Ein gerade mal zwanzig Jahre alter Mick Perry (später ALTERNATIVE TV) feierte das Debüt der CLASH im „Sniffin’ Glue“-Fanzine mit dem Statement „The CLASH album is like a mirror. It releases all the shit. It shows us the truth. To me, it is the most important album ever released. It’s as if I’m looking at my life in a film. A story of life in London.“ Aufgrund der medialen Betonung des politischen Duktus der Platte – allerdings, so betonte Paul Simonon stets, „politics with a small ‚p‘ like personal politics“ – konstatierte auch Mick Jones sein Befremden, dass so viel Betonung darauf gelegt würde, die CLASH seien in erster Linie eine politische Band. Sicherlich sei er, so in einem Interview in der Los Angeles Times 1979, an Politik interessiert und zwar der ganz realen der Straße, aber was ihn mehr bewege, sei die Kraft und Faszination, die von Rock’n’Roll ausgeht, und was er bei den Menschen bewegt: „I saw MOTT THE HOOPLE years ago and I’ll never forget the frenzy in the room. People were going crazy. I knew then I wanted to be a rocker.“, (M. Jones, L.A. Times ’79).
Noch Jahre nach der Auflösung der Band betonte Strummer die Überbewertung der politischen Topics im Werk der CLASH, obgleich die Band in dieser Hinsicht stets mit Images kokettierte: „That’s what I used to say to journalists: ‚Hang on, don’t get the wrong idea, that we’re carrying around ‚Das Kapital‘ and loads of phamplets.‘ I often felt worried that people thought we are Che Guevara. We loved Chuck Berry and
Slim Harpo. We never heard of Friedrich Engels.“, (J. Strummer, L.A. Times, Jan. ’88).

Nach dem Erfolg des Albums und dem Abgang von Terri Chimes (Paul Simonon gab später als Grund an, Chimes könne nicht mit der Situation umgehen, dass bei einem weniger begeisterten Publikum ständig Flaschen auf die Bühne geworfen wurden, er war auch bereits auf dem Coverfoto des Debütalbums nicht mehr zu sehen) kam Topper Headon, ein versierter Drummer, der bereits in diversen Bands mit Jazz- und Soul-Einschlag spielte: „I left London to join one of those soul bands that was going to Hamburg. I don’t think Mick [Jones] will ever forgive me.“, (T. Headon, RS, April ’80). Einen der ersten Auftritte in der neuen Besetzung spielten THE CLASH 1978 vor rund 80.000 Zuschauern im Victoria Park in East London auf dem durch die Anti-Nazi-League (skurrilerweise war Strummers einziger Bruder Mitglied in der National Front) organisierten „Rock Against Racism“-Festival, unter anderem mit SHAM 69. Strummer betrat die Bühne mit einem T-Shirt mit der Aufschrift „Brigate Rosse“ und dem Logo der Roten Armee Fraktion. Letztlich, so Strummer, ging es ihm nicht um die Unterstützung der Roten Brigaden in Italien oder der RAF in Deutschland (der unveröffentlichte Song „RAF 1810“ aus den Sessions zum Folgealbum dreht sich um die Baader-Meinhof-Gruppe), sondern um die Auseinandersetzung mit dem Thema und deren Existenz an sich. Wirklich geglückt erschien ihm die Aktion nicht. Dies motivierte ihn „Tommy gun“ zu schreiben, ein Stück, in dem Gewalt als Mittel des Protests abgelehnt wird. Strummer musste sich auch die Kritik gefallen lassen, dass seine Art der Auseinandersetzung mit dem Terrorismus zu simpel und plakativ sei. Nick Kent vom NME und Jon Savage vom Melody Maker kritisierten, dass diese Herangehensweise – gemeinsam mit dem teilweise paramilitärischen Outfit der Band – „... often made them look rather less stylish then simply foolish.“ Die Reaktion auf die Kritik folgte: „And the only reason I ever brought up people like the Red Brigade was because I couldn’t believe what they were doing. They were just like normal people, right? They’ve gone to that extremes, so I had to compare them to me, right?“, (zitiert in Uncut, März ’03).

Im Herbst 1978 veröffentlichten THE CLASH ihr zweites Album „Give ’Em Enough Rope“ (#2 UK, #128 USA) – produziert von Sandy Pearlman, der bereits als Produzent für BLUE ÖYSTER CULT gearbeitet hatte und zeitweise Manager von BLACK SABBATH war. Er hatte THE CLASH live in Manchester gesehen, und als die Band Pearlman am Mischpult erkannte, spielten sie „I’m so bored with the USA“ – mit dem Intro: „We’re dedicating this to AEROSMITH, Ted Nugent and most of all, THE BLUE ÖYSTER CULT“. Strike! Pearlman verstand diesen Humor. CBS bestand auf ihn als Produzenten, denn man wollte den größten Plattenmarkt der Welt knacken. Der ökonomische Anreiz für Pearlman, dies zu bewerkstelligen, war durchaus gegeben: sein Produzentenvertrag sah ein Beteiligungsmodell vor, nachdem er 2% des Ladenverkaufspreises bei 90% der weltweit verkauften Exemplare erhielt – sollten mehr als 180.000 Einheiten abgesetzt werden, erhielt er 2,5% für die überschießenden Anzahl der verkauften Exemplare. Ursprünglich wollte die Gruppe Chris Thomas und Bill Price, weil sie von deren Arbeit für das SEX PISTOLS-Album „Never Mind The Bollocks“ beeindruckt waren. Mick Jones hatte massive Bedenken. Für ihn waren Produzenten, insbesondere US-amerikanische Produzenten aus dem Hardrock-Genre (immerhin produzierte Pearlman auch „Go Girl Crazy“, das erste Album der New Yorker Proto-Punkband THE DICTATORS), lediglich Übersetzer, Menschen mit bezahlten Ohren – Ohren, welche die Kasse klingeln hören. Einig war sich die Band allerdings, dass der neue Drummer Topper Headon eine gute Wahl war: „Topper could handle anything and his jazz licks where right in. There’s an old rock’n’roll legend saying – I don’t know how true it is – a group is only as good as their drummer. And in this case it was true because we didn’t have anything holding us back.“, (J. Strummer, MTV-Documentary, ’84).
Noch im Mai 1978 begannen die Aufnahmen in den Marquee Studios in London. Pearlman lud Strummer und Jones nach San Francisco ein, um in den Automatt Studios der CBS – ursprünglich eingerichtet für SIMON & GARFUNKEL und BLOOD, SWEAT & TEARS – die Bänder zu überarbeiten. Das „kulturelle“ Dreigestirn, so Pearlman, das den beiden ihre ersten Eindrücke der USA bot, war ein sehr heterogenes: bestehend aus John Belushi (Strummer und Jones wurden nicht müde, die Komödie „Animal House“ mit John Belushi via Projektor auf der Studiowand zu anzuschauen – „They thougt John Belushi was the greatest living American.“, Sandy Pearlman), einem Treffen mit Mike Bloomfield, eine Art amerikanischer Eric Clapton seiner Zeit, und das Lebensgefühl von „Dirty Harry“. Die Band war im Holiday Inn untergebracht. Dort wurden zahlreiche Sequenzen von „Dirty Harry“ gedreht. Es war dann auch ein Souvenirshop in der Nähe des Hotels, der mit einer dort gekauften Postkarte das Cover von „Give ’Em Enough Rope“ bestimmte: auf der Karte war ein Motiv eines Spaghettiwesterns, welches in einer extremen Nachcolorierung Covermotiv des Albums wurde.

Mit dem Song „Stay free“ vom „Rope“-Album sollte sich ein ganz persönliches Erlebnis der Band verbinden: ein gemeinsamer Freund der Band wollte sich des Geldes wegen bei den Marines einschreiben. Jones war entsetzt. Er tat sich mit Strummer und Kosmo Vinyl, dem zweiten Manager von THE CLASH, zusammen und gemeinsam brachten sie die 500 Dollar monatlich auf, um den Freund für die Band zu beschäftigen. Live widmete die Gruppe ihm „Stay free“. Der letzte Song des Albums „All the young punks“ ist eine Respektsbekundung an MOTT THE HOOPLE – im Original „All the young dudes“.
Dieses Album verwendeten THE CLASH als Druckmittel gegenüber CBS, um die Veröffentlichung ihres ersten Albums auf dem amerikanischen Markt durchzusetzen, welches knapp ein Jahr nach „Rope“ in den USA erschien. Würde CBS das Debütalbum nicht veröffentlichen, würde sich die Band weigern, die Mastertapes zu „Rope“ herauszugeben. CBS willigte ein, schließlich hatte die Produktion 180.000 Dollar gekostet. Hintergrund der schleppenden Verkaufsstrategie von CBS in den USA war nicht mangelndes Engagement des zuständigen A&R-Managers, sondern der Umstand, dass der Vizepräsident von CBS Wert darauf legte, alle Marketingaktivitäten auf REO SPEEDWAGON zu konzentrieren – bad enough. Und nicht genug der Kuriositäten: das Album fand sich noch vor der offiziellen Veröffentlichung in einem Second-Hand-Laden in London. Bei der Launch-Party für „Rope“ in Soho steckten sich John Green, Road-Manager der CLASH, Topper Headon und ein Roadie einen ganzen Stapel von Promo-LPs ein, sprangen in ihren Van und fuhren zu „Cheapos“ einige Straßen weiter. So lag „Rope“ noch vor der offiziellen Veröffentlichung im Fenster eines Second-Hand-Ladens. Der New Musical Express fand im Schlusssatz zur LP-Besprechung die adäquate Formulierung: „It’s true. If you don’t like THE CLASH, you don’t like anything.“, (Dave McCulloch, NME, ’78). Im Anschluss an die Veröffentlichung folgte eine US-Tour mit Bo Diddley – eine musikalisch zentrale Erfahrung für die Gruppe (und bereits ein musikalischer Einfluss für 101’ERS). Die Singleauskoppelung „Tommy Gun“ (Nov. ’78, #19 UK) war die bisher erfolgreichste Single der Band. Die B-Seite enthielt mit „1-2 crush on you“ – auch auf dem US-Release des Debütalbums zu finden – eine Neueinspielung eines Songs von Mick Jones.

„This is London calling“, mit diesem Satz begannen die Sendungen des BBC World Radio Service während des Zweiten Weltkrieges, und es war der probate Titel und Einstieg für den Monolith im Schaffen der CLASH. Der kam zur genau richtigen Zeit, oder wie es Joe Strummer beschrieb: zu einer Zeit, in der THE CLASH im Ausnahmezustand waren – mit der Plattenfirma, der ganzen Welt und sich selbst. Das Doppelalbum ist in seiner stilistischen Palette von Rock, Anleihen beim Rockabilly über Reggae & Dub sowie Jazz bis hin zu R&B sehr breit gefächert: „We’re not minimalists, where the most punk bands tend to keep themselves in one line, we tend to go out in every line possible – all sorts of sub-tracks.“, (M. Jones, Downbeat #12, ’82). Im Titelstück fokussieren sich das Hereinbrechen des Armageddeon sowie sämtlicher nur denkbarer Katastrophen: „Now that war is declared and battle come down ... the ice age is coming, the sun is zooming in, engines stop running, and the wheat is growing thin, a nuclear error“. „London Calling“ war der Seismograph des Jahres 1979. THE CLASH setzten ganz im Sinne ihrer „Value for money“-Politik fünf Pfund als Verkaufspreis durch, der Preis für ein einfaches Album. Deshalb waren die CLASH bei der CBS stets in den roten Zahlen und sollten den Break-even erst mit den Verkäufen von „Combat Rock“ (’82) erreichen.
Das Album wurde im Wesentlichen im späten Frühjahr und Sommer 1979 in London eingespielt, in einer Zeit, als ganz unmittelbar für die Band die Indizien für eine Apokalypse spürbar waren: Rassenspannungen, aufkommende Arbeitslosigkeit, wild wuchernder Drogenkonsum, Isolation und so weiter. Es verwundert nicht, dass sich die Band über diese Themen hinaus dem spanischen Bürgerkrieg (in „Spanish bombs“), dem Schicksal des amerikanischen Schauspielers Montgomery Clift („The right profile“) oder dem Tao of Love widmet. Während „Hateful“ die Drogensucht aus der Sicht eines Süchtigen schildert (Strummer war kein Freund von Drogen: „I never liked heroin. I never even took it. I might have smoked it once in Holland. I remember the bloke said: ‚This next joint has the heroin in it.‘ I took like a show puff, the one where you keep it in your mouth.“, J. Strummer, L.A. Times, Jan. ’88), waren es auch ganz persönliche Rückschläge wie beispielsweise in „Lost in the supermarket“, die verarbeitet wurden. Der Song basiert auf der Lebenssituation von Jones, der in einer Sozialwohnung mit seiner Großmutter lebte und nicht sesshaft werden konnte. In „Guns of Brixton“ – geschrieben und gesungen von Paul Simonon mit einer Bassline, die nur zu oft kopiert wurde, unter anderem von FATBOY SLIM und CYPRESS HILL – kanalisiert sich die Wut und der Zorn angesichts der Krawalle im Londoner Stadtteil Brixton, kombiniert mit der Outlaw-Ethik von „The harder they come“ (dem 1972 erschienenen Film mit Jimmy Cliff als personifiziertem Rudeboy: „I’d rather be a free man in my grave than living like a puppet or a slave“).
„Spanish bombs“, inspiriert durch einen Rundfunkbericht über einen Bombenleger, verarbeitet die Ereignisse des spanischen Bürgerkrieges. Er ist aber vor allem eine Ode Strummers an den andalusischen Dichter Federico García Lorca (1898 – 1936), den er sehr bewunderte und der im spanischen Bürgerkrieg von den Faschisten getötet wurde. Strummer verweist explizit im Song auf Lorca und verarbeitet dessen Death-Poem „Despedida“: „Joe loved Spain, he loved the openess of the people, the way of life, the poetry, the passion.“ (Richard Dudanski, Schlagzeuger der 101’ERS , später auch bei P.I.L., Mojo, ’03). THE CLASH verbrachten fast drei Monate in einem Proberaum, einer Garage in Pimlico, einem Stadtviertel von London, um das Material zu sichten und zu arrangieren, bevor sie dann ins Aufnahmestudio gingen. Übrigens ist der Song „Garageland“ vom Debüt ist ein sarkastischer Verweis der Band auf eine Bemerkung von Charles Shaar Murray vom NME, der THE CLASH, nach dem er sie mit den SEX PISTOLS sah, den „Ratschlag“ gab ihren „Garagensound“ auch weiter in einer Garage zu spielen und diese besser nicht zu verlassen ...
Die Band fügte den eigenen Nummern dann noch einige Coverversionen hinzu, die ihren erweiterten musikalischen Horizont reflektierten: „Brand new Cadillac“ von der britischen Rockabilly-Legende Vince Taylor und „Wrong ’em boyo“, eine „Stagger Lee“-Imitation der jamaikanischen Ska-Band THE RULERS. „Jimi Jazz“ ist nicht nur dem Titel nach eine Jazz-Interpretation (Jazz war später für Strummer ein durchaus wichtiger Einfluss, eine seiner Töchter nannte er „Jazz Domino Holly“), sondern auch eine Art Reverenz an Tom Waits oder Mose Allison (dessen Song „Look here“ findet sich auf dem Triple-Album „Sandinista!“).
THE CLASH fanden in Guy Stevens, der schon für MOTT THE HOOPLE gearbeitet hatte und bereits 1976 das erste Demo für THE CLASH produzierte, den adäquaten Konterpart: Stevens verkörperte Genie und Wahnsinn. Er goss Bier in das Klavier, wenn es die Band trotz seiner Einwände bei einem Stück benutzen wollte („‚The card cheat‘ opens with a piano, which wasn’t considerd a punk instrument.“, Jakob Dylan, Uncut, März ’03) oder er warf Stühle nach Strummer, falls es ihm einfallen sollte, eine Spur zu löschen. Beinahe hätte er Jones mit einer Leiter geschlagen.
Dennoch, die Band war mehr als zufrieden mit ihm. Die LP-Version von „Brand new Cadillac“ ist lediglich ein Warm-up. Die Band wollte eine Überarbeitung, Stevens widersprach – „all rock speeds up“ – und so gelangte die ursprüngliche Fassung auf das Album. Das Prasseln zu Beginn von „Guns of Brixton“ ist kein Feuer, sondern das Geräusch, als Bandmitglieder Klettverschluss abreißen. Die hatten sich zuvor von den Ledersesseln gelöst, welche die Band aus dem Kontrollraum genommen hatte. Der „Überraschungshit“ war „Train in vain“: der Song wurde erst in letzter Minute aufgezeichnet, so dass im Original keine Zeit mehr blieb, den Titel auf das Cover zu nehmen. Die Lyrics finden sich bis heute nicht auf der Platte, allerdings kam der Song unter die Top 30 in den USA.
Das Cover-Foto stammt von Pennie Smith – ebenfalls für die Cover-Fotos von „Sandinista!“ und „Combat Rock“ verantwortlich –, wobei sich die generelle Gestaltung an das Debütalbum von Elvis Presley für RCA anlehnt (während der Aufnahmen zu „London Calling“ spielten THE CLASH auch „Heartbreak hotel“ ein). Auf dem Foto sieht man Paul Simonon, wie er während eines Konzerts in New York seinen Fender-Bass zerlegt – die Aufnahme wurde vom Q Magazine zum besten Rock’n’Roll-Foto überhaupt gekürt. Smith selbst war zunächst nicht glücklich mit dem Bild, da Simonon nicht voll im Fokus war. Sie hatte seinerzeit Angst, von Teilen des Basses getroffen zu werden: „There have been various theories about that night. One was that I didn’t like the sound and another was that I was having problems with my girlfriend, but I never took stuff like that onstage with me.“, (P. Simonon).
„London Calling“ erlangte Goldstatus in den USA und hielt sich dort 33 Wochen in den Album-Charts. Nach der Veröffentlichung des laut Rolling Stone wichtigsten Album der 80er Jahre gingen THE CLASH auf US-Tour („Sixteen Tons Tour“), unter anderem mit Screamin’ Jay Hawkins und THE CRAMPS – ein großer Erfolg: „Like THE WHO, THE ROLLING STONES in their prime or any other truly great rock’n’roll band, THE CLASH are at their best on stage.“, (Rolling Stone, April ’80).

Das Jahr 1980 begann mit Einzelaktivitäten der Bandmitglieder. Mick Jones arbeitete am zweiten Album seiner Freundin Ellen Foley (Strummer und Jones schrieben einige Songs für ihr ’81er Album „Spirit Of St. Louis“, unter anderem einen interpretatorisch belastbaren Titel wie „The death of the psychoanalyst of Salvador Dalí“). Strummer produzierte eine Platte mit einer befreundeten Band und Paul Simonon übernahm eine Rolle in dem Film „Ladies and Gentlemen, the Fabulous Stains“. Im August 1980 erschien die Single „Bankrobber“, die CBS zunächst nicht veröffentlichen wollte, die aber aufgrund des großen öffentlichen Interesse dann doch auf den Markt kam. Beim Videodreh wurden einige Roadies der Band verhaftet, als sie in London einen inszenierten Bankraub durchführten.
Als Ergebnis einer sehr kreativen Phase erschien Ende 1980 das umstrittene Triple-Album „Sandinista!“, benannt nach dem linken Flügel der Freiheitskämpfer in Nicaragua, mit der Katalognummer FSLN1, den Initialen von „Frente Sandinista de Liberacion Nacional“. Nicht wenige Fans empfanden diesen breiten Output und stilistischen Overkill als zu weit von den Wurzeln der Band entfernt, für viele war das Album zu experimentell. Das stilistische Spektrum zog sich von Reggae & Dub-Experimenten („Let’s go crazy“), Anleihen beim Jazz („Look here“ von Mose Allison), Rap-Einflüssen („The magnificent seven“, der Song bekam bei schwarzen US-Radio Stationen massiven Airplay – in der unveröffentlichten Originalversion mit Sprachfetzen von Clint Eastwood aus „Dirty Harry“), vagen Reminiszenzen an Kammermusik („Rebel waltz“) bis hin zu einer Tape-Loop-Collage in „Mensforth Hill“, die entfernt an „Revolution No. 9“ der BEATLES erinnert. Der Einfluss von Rap kam über Mick Jones ins Studio: „The others used to call me ‚Whack Attack‘. I’d walk around with a beatbox.“, (M. Jones, The Austin Cronicle).
Auch dieses Album führte zu Konflikten mit CBS. Die Gruppe setzte nach langen Diskussionen den Verkaufspreis von 5,99 Pfund durch. Doch die CLASH mussten ihre Grenzen erkennen. CBS zeigte keine Motivation, Marketing zu betreiben – im Gegenteil: „We figured we’d showed CBS – the mightest record company in the world – how powerful we are. But we found we weren’t all that powerful. CBS showed us that they can put something out on their label and then sit on it just to prove a point. They didn’t just promote it. What’s the opposite of promote? They demoted it!“, (J. Strummer, L.A. Times, Jan. ’88). Kritiker bemängelten, dass der Umgang mit dem politischen Zeitgeschehen – zu Zeiten des Kalten Krieges – mitunter zu simpel und plakativ sei. Der einseitige Focus auf den amerikanischen Imperialismus („Ivan meets G.I. Joe“) würde, so der Tenor, beispielsweise die Ereignisse in Tibet und Afghanistan zu sehr vernachlässigen. Der Song reflektiert inhaltlich und musikalisch den Kontext, der sich in einem geflügelten Satz von Mick Jones spiegelt: „This is a fact – people prefer to dance than to fight wars.“, (M. Jones, RS, April ’80), und eben dies rief Kritiker auf den Plan. Strummer betonte dennoch die Funktion der Musik als Sprachrohr oder Filter: „In our music, we try to balance things a little by giving people information that they aren’t going to get on TV or in a newspaper.“, (J. Strummer, L.A. Times, Jan. ’88). Der Song „Charlie don’t surf“ von diesem Album, ein Zitat aus dem Film „Apocalypse Now“, war übrigens auch Namenspate für das „Charlie Don’t Surf“-Filmfestival im Dezember ’05 in London. Das Festival widmete sich Strummers Engagement für und in diversen Filmen. Strummer arbeitete in der Zeit nach den CLASH bis zur Gründung der MESCALEROS mit zahlreichen Independent-Filmern zusammen wie Robert Frank („Candy Mountain“), Alex Cox („Walker“, „Straight To Hell“ unter anderem mit Courtney Love und Elvis Costello), Aki Kaurismäki („I Hired A Contract Killer“), Rudy Wurlitzer, George Armitage („Grosse Pointe Blank“ mit John Cusack, das Drehbuch stammt von Joe Strummer) und Jim Jarmusch („Mystery Train“).

Im Anschluss an die Veröffentlichung von „Sandinista!“ gingen THE CLASH auf Welttournee, spielten unter anderem in Asien und Australien und traten mit THE WHO auf deren Abschiedstour in Stadien auf. Es waren große Shows – vielleicht zu große. Größenwahn war einer der Vorwürfe der Fans, neben der obligaten „Sell-out“-Hysterie. „Sell-out“ wurde ihnen ja bereits 1977 vorgeworfen, als sie ihren mit 200.000 Dollar dotierten Vertrag bei der CBS unterschrieben. Die Gruppe verlor Sympathien, oder wie es Julie Burchill vom NME beschrieb: „Das Passionsspiel der Credibility waren die CLASH – sie wurden dafür gekreuzigt. Niemals zuvor war sie [die Glaubwürdigkeit] so ausgeprägt wie bei den CLASH und nie wurde sie so leichtfertig verschwendet, sie [THE CLASH] hingen in Amerika herum (Nord-, nicht Mittel-!), kreuzten in Smokingjacken am Flughafen auf und schnupften Kokain wie Dreck. Die CLASH brachen das Herz einer ganzen Generation.“ (in: „Julie Burchill über Prince/Pop/Elvis“, ’87, KiWi).

Im Mai 1982 erschien das Album „Combat Rock“, produziert von Glyn Johns, der bereits mit LED ZEPPELIN gearbeitet hatte. Es wurde das „Best selling“-Album der CLASH in ihrer Bandgeschichte, mit erfolgreichen Singleauskoppelungen wie „Know your rights“, „Rock the Casbah“ (eine Anklage gegen das Verbot westlicher Rockmusik im Iran) und „Should I stay or should I go“ (später für die Werbung pervertiert, wie bereits „London calling“ für eine englische Edelautomarke), und die beiden letzten schafften es in die Top Ten der amerikanischen Radio-Charts. Dieser Erfolg (in den USA erreichte das Album Platinstatus) brachte den ökonomischen Durchbruch für die Band. Bernie Rhodes, der zwischenzeitlich durch Kosmo Vinyl ersetzt worden war, kehrte als Manager zurück und brachte die Finanzen wieder ins Gleichgewicht. THE CLASH standen bei der CBS mit einigen Hunderttausend Dollar in der Schuld: „It wasn’t that the band had gone out and bought pink Cadillacs and houses in Beverly Hills. They had run up bills recording and touring. They didn’t have anyone watch them.“, (B. Rhodes, L.A. Times, Jan. ’88). Rhodes verstand es durch erfolgreiche Konzerte, beispielsweise zahlreiche ausverkaufte Konzerte in New York, die wegen des großen Andrangs von der Feuerwehr aus Sicherheitsgründen beinahe abgesagt wurden, die Finanzen ins Lot zu bringen.
Echte Probleme drohten von anderer Seite: Die Stabilität der Band war durch den zunehmenden Drogenkonsum von Headon gefährdet. Jener Topper Headon, der den Song geschrieben hatte, von dem Strummer 1988 sagte, dass er ihn im Gesamtwerk der CLASH mit dem größten Stolz erfülle („‚Rock the casbah‘. It’s such a groove. Long live groove. Screw the rest“, J. Strummer, L.A. Times, Jan. ’88. Allerdings: in seinem letzten Interview vor seinem tragischen Tod im November 2002 war es „London’s burning“.) Während der Aufnahmen zum Album in den Electric Ladyland Studios in New York rannte Headon begeistert durch das Studio, spielte den Drumpart ein, sprang zum Klavier, spielte die Melodie ein, hängte sich anschließend den Bass um und perfektionierte die Bassline. Nach 25 Minuten war „Rock the casbah“ fertig. Der Song „Ghetto defendant“ wurde mit dem Beatpoeten Allen Ginsberg, der den Text schrieb, eingespielt, und das Stück „Red angel dragnet“ wurde Teil des Soundtracks zu „Taxi Driver“ von Martin Scorsese. „Sean Flynn“, mit leichten Jazzanleihen und Sounds, die entfernt an den Soundtrack von „Apokalypse Now“ erinnern, widmet sich dem Schicksal des Sohnes von Errol Flynn, der als Fotoreporter im Vietnamkrieg für das Time Magazine war und der an der Grenze zu Kambodscha vermisst gemeldet wurde. Angeblich wurde er von den Roten Khmer als „imperialistischer Journalist“ gefangen genommen. „Combat Rock“ war musikalisch seiner Zeit voraus: „For a careericide pop album, this is about 15 years ahead of it’s time.“, (M. Cibula, Ink Blot Magazine).
Doch nach der Veröffentlichung des Albums war die Band in Aufruhr. Strummer verschwand nach Paris, er brauchte Abstand und Ruhe: „I felt that freedom, you know, like in a Hank Williams song.“, (J. Strummer, RS, Jan. ’03). Nach seiner Rückkehr musste Headon die Band verlassen, was selbstverständlich als „political differences“ kommuniziert wurde. Der Drogenkonsum war zu massiv geworden, und Headon verbrachte 15 Monate im Gefängnis, weil er Drogen an einen Abhängigen verkaufte, der unmittelbar danach starb. Terry Chimes, zwischenzeitlich zeitweise bei GENERATION X, sprang für ihn ein.
Überdies gab es Spannungen zwischen Strummer und Simonon auf der einen Seite und Jones auf der anderen Seite. Jones, so Strummer, war nicht mehr kreativer Teil der CLASH. Er hatte sich zu weit von der Band entfremdet, er wollte nicht mehr auf Tour: „The thing with Mick – and I have said this to his face on numerous occasions – was that he was really with us in the beginning. He really did a lot. But he became different. He didn’t want to go in the studio or go on tour. He just wanted to go on holiday. He just wasn’t with us anymore.“, (J. Strummer, L.A. Times, Jan. ’88). Für Jones kam der Rauswurf unerwartet. Er war geschockt. In einem seiner letzten Interviews sagte Strummer, dass sicherlich einer der Trennungsgründe auch war, dass die Band nicht in einer Konstellation von Jugendfreunden angefangen hatte. Diese Verbindung, die seiner Auffassung einer Band längere Überlebenschancen gebe, habe es bei den CLASH nicht gegeben: „We met and immediatly started THE CLASH.“, (J. Strummer, RS, Nov. ’02). Zudem war das Verhältnis zwischen Rhodes und Jones angespannt. Und so verließ Jones im September 1983 die Band, um anschließend BIG AUDIO DYNAMITE zu gründen.

Den Verlust eines der Songschreiber und der „human drum machine“ Topper Headon konnte die Band nicht verkraften. Nach einigen Auditions „refomierte“ sich THE CLASH mit Nick Sheppard – ex-CORTINAS – und Vince White. Anfang 1984 ging die Band auf „Out Of Control“-Tour. Auch die Aufnahmen zum Album „Cut That Crap“ standen unter keinem guten Stern: Bernie Rhodes war nicht von Howards Fähigkeiten (der Chimes ersetzte) als Schlagzeuger überzeugt. Deshalb sprach sich Rhodes dafür aus, ab und an eine Drum-Machine einzusetzen. Ferner gab es Gerüchte, dass Teile des Albums nicht von der Band selbst eingespielt wurden. Auch Rhodes legte Hand an das Material und überarbeitet es, weshalb er ebenfalls als Songschreiber gelistet wurde. Diese Entwicklung führte bei Strummer zu einer immer geringeren Identifikation mit THE CLASH, teilweise spielte die Band in dieser Zeit des Abgesangs kostenlose Konzerte in Pubs. 1985 erschien dann „Cut That Crap“, das letzte Album von THE CLASH. Lediglich die Single „This Is England“ findet sich auf den unzähligen Retrospektiven der Gruppe, was den Stellenwert des Albums bei der Band und den Fans durchaus widerspiegelt. Anfang 1986 folgte dann auch das offizielle Aus: Strummer und Simonon beschlossen, die Band aufzulösen. Und zu unser aller und wohl auch zu ihrem eigenen Glück wurde nicht wahr, was die 90er hindurch, speziell nach der Neuauflage der SEX PISTOLS, immer wieder mal als Gerücht auftauchte: eine Reunion.

Am 10. März 2003 dann wurden THE CLASH in die „Rock’n’Roll Hall Of Fame“ aufgenommen: „When I heard the news, I put my fist up and said ‚Like Babe Ruth!‘ Wow, I’m in the Hall Of Rock’n’Roll.“ – so Joe Strummer im November 2002. Er verstarb im Dezember 2002 im Alter von fünfzig Jahren an einer Herzattacke. Die offizielle Aufnahme fand nach Strummers Tod statt. Mick Jones hielt die Einweihungsrede, Paul Simonon, heute ein erfolgreicher Maler, nahm das Ganze eher gelassen, und Terri Chimes zollte in seiner Rede Topper Headon Tribut, der trotz Einladung nicht erschienen war.