MIKABOMB

Foto

Sayonaraa Nippon

Japan! Bekannt geworden durch Godzilla, abstruse Gameshows, und viel zu dicke Ringer, hat das Land der übertriebenen Leuchtreklame noch weitaus mehr zu bieten. Sushi zum Beispiel, Glasnudeln, eine tolle Reisernte, eine super Nationalfahne und ... MIKABOMB, die wohl charmantaste fast All-Girl Band, so unglaublich sympathisch, dass man es kaum glauben mag. Denn auch wenn das Quintett seinen Lebensmittelpunkt mittlerweile in London gefunden hat, hat es sich noch immer die nahezu unterwürfige Nettigkeit behalten, die der Hauptgrund dafür sein dürfte, dass man die kleinen, immer freundlich lächelnden Asiaten am liebsten ständig knuddeln möchte. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem die zierliche Mika die Bühne betritt, „I’m Wonder Woman! Fuck you!“ ins Miko schreit, um darauf hin mit ihren beiden ebenso zierlichen Musikerkolleginnen Mel und Anko, dem ebenfalls aus Japan stammenden Idol am Bass und dem einzigen Nichtjapaner Ergi an den Drums, eine unglaublich energetische Punkrockshow zu beginnen, die man zumindest den Mädels dem ersten Eindruck nach nicht unbedingt zutrauen durfte. Respekt! Hier sind Mika und Anko mit allerlei Meinungen zum Exotenbonus, den TOTEN HOSEN und Gründen, Japan den Rücken zu kehren.

Wie kam es dazu, dass ihr von Japan nach London gezogen seid? Ich meine, gilt das überhaupt für alle? Oder am Ende gar nur für dich, Mika?


Mika: Ich war ziemlich schnell gelangweilt von Japans „Pop Idol“-Kultur. Ich hatte schon immer eine Vorliebe für die englische Musikszene und habe davon geträumt, mal eine „echte britische Rockband“ zu sehen. Aber als ich dann in London ankam, war doch alles ganz anders, als ich erwartet hatte, und ich dachte mir: „Das kriegst du doch besser hin!“. Und so wurde MIKABOMB geboren.
Anko: Ich bin zwar in Japan aufgewachsen, wurde aber in den Vereinigten Staaten geboren. Ich bin direkt nach meinem College-Abschluss bei MIKABOMB eingestiegen. Das ist jetzt auch schon wieder mehr als zwei Jahre her. Davor habe ich einfach nur rumgehangen und habe nichts anderes gemacht, als mich zu betrinken. Bis ich eines Tages von meinem alten Freund Nic erfuhr, dass die Verrückten von MIKABOMB einen Gitarristen suchen. Er hat übrigens früher bei ihnen Bass gespielt. Ich habe meine Entscheidung nie bereut: Ich kann mich jetzt umsonst betrinken!

Nur damit ich es richtig verstehe ... MIKABOMB wurde in London gegründet und die Bandmitglieder sind alle Japaner, die nach London umgezogen sind?

Mika: Richtig, MIKABOMB wurde in London gegründet. Deshalb haben wir auch einen englischen Schlagzeuger.
Anko: Es waren also nicht immer nur Japaner in der Band, aber doch meistens.

Trotzdem werdet ihr immer als Band aus Japan angekündigt. Profitiert ihr manchmal von diesem „Exotenbonus“?

Mika: Exotenbonus? Das ist eine lustige Art, es auszudrücken. Zeug aus Japan ist gerade sehr angesagt. Die Leute wollen eben immer etwas Neues. In einer japanischen Band zu sein, ist natürlich ein Vorteil, um Leute anzulocken. Und bei unseren Live-Shows überzeugen wir sie dann von uns.
Anko: Es stimmt schon, offensichtlich sieht man nicht so viele japanische Mädchen in Punkbands. Wir sind uns dessen auch bewusst und sprechen das in unseren Songs an, zum Beispiel bei „Yellow fever“. Der Punkt ist der, dass wir als Punkband ernst genommen werden wollen. Wir wollen als Band wahrgenommen werden, die etwas Einzigartiges zu der Musik beisteuert, die sie liebt, und nicht einfach nur als Marketingtrick oder als ein paar Mädchen, die hübsch und exotisch anzuschauen sind. Darauf scheiß ich. Wir werden in der westlichen Welt immer bestimmte Assoziationen hervorrufen und anders wahrgenommen werden als beispielsweise eine Girl-Garage-Band aus Schweden, das ist nicht zu vermeiden. Aber ich hasse es, wenn wir als ein Novum behandelt werden.

Wie läuft es denn in Japan für euch? Gibt es da einen Unterscheid zum Rest der Welt?

Mika: Wir haben noch nie in Japan gespielt, deswegen kann ich dir nicht sagen, wie es dort läuft. Aber so weit ich weiß, kommt unser neues Album „Hellcats“ ziemlich gut an. Unser Videoclip lief im Fernsehen und wir haben sogar einen Wettbewerb gewonnen! Die Leute aus Japan sind oft überrascht, dass wir als japanische Band in der ganzen Welt erfolgreich sind und touren. Ich bin mir sicher, dass wir auch in Japan erfolgreich sein könnten, wenn wir nur mal die Chance hätten, dort zu spielen.
Anko: Ich würde so gerne mal in Japan spielen! Es wäre bestimmt anders, aber es würde sicher auch verdammt viel Spaß machen.

Seltsam ... Immerhin kommt ihr aus Japan, da solltet ihr doch die nötigen Kontakte haben. Es gibt doch bestimmt ein paar japanische Booking-Agenturen, die etwas mit euch machen wollen. Was ist der genaue Grund, dass ihr noch nie in Japan gespielt habt?

Anko: Nun, in der Vergangenheit wollten wir eben an Orten spielen, an denen wir noch nie gewesen sind. Ich war davor noch nie in Deutschland, in Holland, in der Schweiz oder in Skandinavien. Das spielte dabei sicher eine Rolle. Außerdem ist eine Reise nach Japan sehr teuer. Aber wir sind total scharf darauf, endlich dort zu spielen. Hoffentlich ist es bald soweit.
Mika: Was Anko eingangs sagte, ist schon richtig. Wir waren lange genug in Japan. Woanders ist es viel interessanter für uns.

Und welches Land war bisher das Highlight für euch?

Mika: Deutschland natürlich. Die Deutschen wissen, was cool ist und was nicht. Es hat viel Spaß gemacht, dort zu spielen. Vor allem unserer Gitarristin Mel. Sie will jetzt sogar, dass wir alle nach Deutschland ziehen. Schweden mögen wir auch, irgendwie sind wir da verdammt groß.
Anko: Ich habe an alle Orte tolle Erinnerungen ... In Deutschland haben wir immer Spaß und treffen coole Leute. Es ist schon witzig, jeder in der Band hat sein Lieblingsland, in dem er sich am wohlsten fühlt. Bei Mel ist es Deutschland, bei Mika sind es die Vereinigten Staaten und Schweden und bei mir ist Norwegen. Idol fühlt sich immer dort am wohlsten, wo die süßesten Mädchen sind ... Also in Schweden. Ich weiß zumindest, dass er vor norwegischen Mädchen Angst hat. In Bergen hat mal eines versucht, ihn aufzuessen, haha. Mein Gott, sie hat ihn einfach gegen die Wand gedrückt und mit ihm gemacht, was sie wollte. Das war unglaublich! Ja, ich glaube seitdem ist Schweden sein Favorit ...

Ihr habt erwähnt, dass Deutschland Mels Lieblingsland ist. Das hat nicht vielleicht damit zu tun, dass sie ein riesiger Fan der TOTEN HOSEN ist? Ich habe gehört, sie fliegt sogar nach Deutschland, um ihre Konzerte zu sehen ...

Anko: Haha. Und ob! Sogar während unseres Soundchecks singt sie ständig ihre Songs. Sie hatte sogar das Glück, bei einem Konzert der TOTEN HOSEN in den Backstagebereich zu kommen und die Bandmitglieder zu treffen. Als sie zurück nach England kam, strahlte sie immer noch über das ganze Gesicht. Sie sagte uns, die Hosen seien total nett und professionell. Also so gar nicht wie wir, haha. Vielleicht können wir ja eines Tages als Vorband für sie spielen.

Apropos, gibt es überhaupt schon Pläne, wann ihr wiederkommen wollt?

Anko: Noch nicht. Ich hoffe aber im Sommer.

Ich nehme dich beim Wort. Dann bleibt mir eigentlich nur noch mich zu bedanken und sage zum Abschied „Sayonara Sushi“!

Mika & Anko: Pardon ...?!

Ach ... nichts ... sorry ... dämlicher Witz ...



Übersetzung: Thomas Renz