SWAT vs. ULTRAFAIR

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Pöbelpunks & Indie-Schwuletten

In letzter Zeit tauchen immer mehr Bands in meinem Freundeskreis auf, die mich total begeistern. Das hat dann nichts damit zu tun, dass es einfach nur Freunde wären, denn Sympathie allein macht noch keine gute Band. Die Musik muss stimmen, das Image, die Texte und genau alles trifft bei ULTRAFAIR und THE SWAT zu, obwohl beide Bands total verschieden und doch irgendwie gleich sind. Während ULTRAFAIR sich selber als die „Netten Schwuletten“ bezeichnen, die „Prosecco Punk“ oder „Spritpop“ spielen, mir immer vor Rührung die Tränen in die Augen treiben und mein Herz zerschmelzen lassen, sorgen THE SWAT mit ihrem dreckigen, aber stylischem Oldschool-Hardcore und Punk-Bastard dafür, dass ich zuviel Schnaps trinke, mir „DSC“ auf den Hals tätowieren lasse, Leute anpöble und dann doch wieder überall rausgeschmissen werde. Ich schickte UF-Sänger Karl-Heinz Kreidler und der SWAT-Crew meine Fragen und es freut mich, genau das Interview gekriegt zu haben, was ich erhofft habe ... Aber Vorsicht: Nicht weinen, weil man keinen Humor hat!

Musikalisch seid ihr ja sehr verschieden, dennoch gibt es Parallelen – beide Sänger trinken viel Alkohol, stehen auf weißes Pulver und haben große Egos, haha. Was würdet ihr sagen in welchen Punkten ihr euch gleichen könntet?


Karl-Heinz Kreidler: Nach diesem traumhaften Stelldichein auf der Release-Party in Aachen habe ich gleich gespürt, dass mich mit Christian Destroy und den anderen gut aussehenden Herren von THE SWAT irgendetwas Grundlegendes verbindet. Ich meine, wer könnte es leugnen, dass ich sie atmen sah, dass sie elektrisch verstärkte Gitarren benutzten und Alkohol tranken. Vielleicht imitieren die uns auch bloß, wer weiß das schon. Aber die wirklich auffälligen Ähnlichkeiten sind schon da, das stimmt. Die kann uns jeder Arzt eine halbe Stunde nach der Blutabnahme Schwarz auf Weiß präsentieren.
Blitzkrieg Islam: In keinem. Denn: SWAT sind cool, alle anderen sind schwul!
Christoph Parkinson: Ja sicher, aber Parallelen gibt es schon. Wie zum Beispiel die gemeinsame Begeisterung für außerordentliche Auftritte, D.I.Y., Drogenexzesse, heiße Ärsche, Groupielove, die Äther Youth und die Anti-Scene. In punkto Style und Show sind die Jungs schon nicht übel, aber etwas Nachhilfeunterricht von uns würde ihnen gewiss nicht schaden.
Christian Destroy: Außer den von dir genannten Sachen glaube ich zu wissen, dass sowohl ich, als auch der Herr Sänger von ULTRAFAIR schon ein sexuelles Verhältnis mit Alex G. – auch beim Ox beschäftigt – unterhielten.
M. Johnson: Ich denke wir stehen beide auf Fuck, Fame and Money.

Wenn ihr euch die jeweils andere Band anhört, was würdet ihr sagen, hat diese für Einflüsse?

KK: Ich denke, der Großteil von THE SWAT hat in seiner Jugend viel Zeit in der Nähe von Baustellen verbracht, auf denen Kreissägen eingesetzt wurden. So etwas prägt junge Menschen ungemein. Außerdem fließt in diese Band einiges an Spirituosen ein, woraufhin, so nehme ich an, der Neid auf Mutters Unterwäsche oftmals wieder hochkommt. Dieses Gemisch verwandeln THE SWAT dann in eine Art Musik, wie sie es nennen. Aber ich finde es toll, wenn die jungen Leute ihre Gefühle heutzutage zu kanalisieren wissen. Punkrock ist immer noch besser, als Ausländer totzuschlagen, selbst 2005.
BI: Keine Ahnung, ich war zu besoffen!
CP: Als den wesentlichen Einfluss kann man sicherlich den Mel Gibson-Film „Was Frauen wollen“ nennen. Allerdings haben die Jungs den Film wohl nicht ganz verstanden, denn ansonsten würden sie wohl so Musik machen und so aussehen wie THE SWAT!

Welchen Vorteil hat es für eine Band, wenn Mitglieder auch noch Fanziner sind?

KK: Ganz klar. Das liegt doch auf der Hand ... Man schreibt seine Fünf-Sterne-Reviews selbst, interviewt sich an einem guten Tag, an dem man sowohl informativ als auch unterhaltsam auf Fragen zu antworten weiß, und schenkt seiner Band Anzeigen. Ganzseitig und mehrfarbig versteht sich. Außerdem kann man das Logo seiner eigenen Band auf dem Cover der Heft-CD einbauen, den Namen der Band in den News auf der Homepage mehrfach täglich nennen und bei kleinen Punks damit rumposen, dass man durch die gewonnene Routine viel weniger Rechtschreibefehler beim Verfassen eines Bandinfos macht. Prima Sache, das!
CD: Liegt ja auf der Hand. Wenn es die anderen Hefte schon nicht machen, dann kann man sich wenigstens selbst schön abkulten und umgekehrt. Ein ewiger Kreislauf des Pushens. Irgendwann glauben einem die Leute alles.
CP: Sorry, damit kenne ich mich nun wirklich nicht aus. Aber ich vermute mal ebenfalls, dass man die Band besser promoten kann, hehe. Das ist mit dem Furious Clarity Zine aber ja sowieso nicht möglich, weil das angeblich wie die Bild-Zeitung von niemandem gelesen wird – obwohl es sich in 1.000er-Auflagen verkauft. Aus diesem Grund ist das schon nicht schlecht, wenn man Leute von Heften wie dem Ox oder dem Trust für seine Musik begeistern kann.
BI: Ich konnte bisher noch keine Vorteile feststellen, vielleicht abgesehen von einem T-Shirt zum Einkaufspreis, hehe.

THE SWAT, ihr habt auf einem Konzert behauptet, Deutschlands einzig wahre Hardcore-Band zu sein. Wie kamt ihr zu dieser Aussage?


BI: Ich schätze, das war Christians Idee, da er mich als Multi-Instrumentalisten, der sechs, sieben der Songs geschrieben und die gesamte Aufnahme – abgesehen von einigen Gesangsspuren – alleine gemacht hat, ultrabrutal am abkulten ist und ihm wohl aufgefallen ist, dass diese Aussage die einzig Wahre ist, die man über unsere Musik machen kann.
CD: Mein lieber Tim, leider hast du nur eine Seite Platz, sonst würde ich dir gerne mal eine kleine Abhandlung über Hardcore in der heutigen Zeit geben. Ich wette, du kannst mir keine fünf Beispiele für aktuelle Bands – keine Reunion und nix – geben, ohne dass ich Lachen, Gähnen oder Kotzen muss. Ich unterstelle 99% der „Hardcore“-Bands, dass sie gar nicht wissen, dass Hardcore im Prinzip Punkrock ist. Was bei denen passiert, ist langweiliger Scheiß. Wenn ich noch mal zu einem Hardcore-Konzert gehen sollte, um die Band zu sehen und nicht da zu spielen oder Freunde zu treffen, würde ich mir wünschen, eine Band wie SWAT auf der Bühne zu sehen. Ich hätte Tränen der Freude in den Augen.

ULTRAFAIR, seid ihr eigentlich eine Band, die man zur Saarländer-Szene, zu denen Bands wie PASCOW und DIE ROTE SUZUKI gehören, zählen kann ... schließlich ist Düsseldorf ja quasi nur ein Exil für euch, oder?


KK: Schön, diese Namen in direktem Zusammenhang mit dem unserem zu lesen. Nicht weil PASCOW, DIE ROTE SUZUKI und ULTRAFAIR mit Kidnap Music ein gemeinsames Label haben, sondern weil diese Bands einige meiner besten Freunde beheimaten und ich auf diese Jungs schon sehr lange mächtig stolz bin. PASCOW zum Beispiel gibt es nun schon seit über acht Jahren und diese Band wächst und entwickelt sich noch immer. DIE ROTE SUZUKI ging in Insiderkreisen sowieso „von Null auf Weltmeister“ – weil die Jungs eben einfach was von gutem Punkrock verstehen. All dies jedoch, um auf deine Frage zurückzukommen, nicht nur weil sie Saarländer sind. Das Saarland ist eine schöne Ecke und auf STEAKKNIFE kann man sich allemal etwas einbilden, aber ehe dieser Gruppierungsquatsch nicht von alleine aus der gesamten Punker-Denke weicht, wird die Saarländer Szene gegen die Hamburger Schule ziehen, während diese sich mit dem Chicago-Sound verbündet. Die Frankfurter Schule steht indes daneben und kratzt sich am Kopf. Dann ist Krieg und Ulrich Wickert macht ein langes Gesicht, während er die Nachrichten vorliest. So was braucht kein Mensch.

THE SWAT ist ja schon seit zehn Jahren aktiv und ULTRAFAIR relativ neu. Welche Tipps gebt ihr ULTRAFAIR für ihren Weg? Und was sollten THE SWAT anders machen, um nach so langer Zeit mal wieder in zu sein, ULTRAFAIR?

BI: Das Leben als Role Model ist nicht leicht, da ihr – ULTRAFAIR – es nie zu diesem Status bringen werdet, kann ich leider keine hilfreichen Ratschläge geben ... außer vielleicht: Übung macht den Meister.
CP: Definitiv sollten sie mehr Konzerte mit uns spielen. Denn die Mischung macht’s. Ansonsten sind die Herrschaften ja auf dem richtigen Weg. Anstelle von billigem Fusel, sollten sie jedoch ihr Publikum lieber mit Hasentod versorgen. Diese geniale Schnapsmischung ist zwar nicht „Pop“, zieht einem aber die Schuhe aus und ist somit „Top“.
KK: Progressives Merchandising mit Weitsicht. Die Frauen werden über kurz oder lang diesen Planeten beherrschen, das kann man deutlich an den jüngsten Ereignissen in der Welt erkennen. Da sie auf Grund ihrer Schwächen beim Einparken jegliches KFZ über kurz oder lang gänzlich von diesem Planeten verbannen werden, ist es beliebtheitstechnisch nicht ratsam, sich auf Sitzbezüge und bedruckte Wunderbäume zu verlagern. Fahrradwimpel, Schnittblumen und gravierte Parfümflacons. Zukunftsorientierte Zielgruppensondierung: Heute Prosecco, morgen in der Hitparadin ...

Beide Bands sind ja irgendwie Szeneaußenseiter, denn THE SWAT spielen nie auf trendy Hardcore-Shows und ULTRAFAIR spielen mehr mit Schweinerock- als mit Indie-Bands. Ein Status, den ihr genießt oder lieber ändern wollt?


KK: Solange Christoph Parkinson schneller trinkt, bissiger schreibt und besser aussieht als Jochen Distelmeyer, werden wir der Schweinerock-Szene nicht verloren gehen. Ich denke, ich spreche für alle Beteiligten, wenn ich behaupte, dass ein gutes Konzert mit netten Leuten immer einem schlechten Konzert mit verachtenswerten Arschgeigen vorzuziehen ist. Was man einem Publikum jedoch zumuten kann und was nicht, wenn man ULTRAFAIR Beispielsweise zwischen einer Crust-Kapelle und einem Jagdhornbläserchor auf dem Stundenplan eines Festivals positioniert, das ist dann letztendlich der morbiden Fantasie des jeweiligen Veranstalters überlassen.
CD: Mir ist das scheißegal. Ich verlange nur endlich den Fame, der uns schon lange zusteht.
BI: Ich scheiß auf trendy Hardcore-Shows! Diese Penner will ich nicht erreichen. Es geht einzig und allein um die Credits bei den Girls.
CP: Das hat sich eben bisher so ergeben. Allerdings ist es mir auch recht, wenn wir mit unseren Freunden von BLOOD ATTACK oder BARSEROS zusammenspielen, weil dann sind wenigstens die Aftershowpartys gerettet. Mit wem wir zusammenspielen ist mir eigentlich egal. Denn die Leute gucken sich vor oder nach unserem Konzerte die anderen Bands sowieso nicht an. Schließlich kommen die Menschen ja in der Regel wegen uns und nicht wegen irgendwelcher „trendy Hardcore-Bands“.

Was bringt die Zukunft?

KK: Ich habe mal läuten hören, dass Kriege auf der Erde in der Zukunft hauptsächlich um Wasser beziehungsweise die Vorherrschaft darüber geführt werden, wenn die momentane Entwicklung anhält. Das ist keine sehr schöne Vorstellung, aber mit ein wenig Glück werden wir das auch gar nicht mehr erleben müssen. Ansonsten bringt die Zukunft sicherlich viel Neues, was nicht zwangsläufig schlechter sein muss als das Bestehende.
CD: Nächstes Jahr gibt es diverse Veröffentlichungen – Split-7“ mit BARSEROS und eventuell eine LP – und Merchandise.
CP: Vor allem viele Konzerte und hoffentlich noch mehr Koks, noch mehr Nutten und ein Labeldeal.
BI: Gewalt und Zerstörung, Angst und Schrecken. Lebt wohl!
MJ: Ein dicker Schwanz und die Liebe bleibt ganz ...