BOMBSHELL ROCKS

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Totgesagte leben länger

Die Schweden hatten es wirklich nicht leicht: Sänger Mårten Cedergran stieg vor geraumer Zeit aus, um sich beruflich zu verändern und in gegenseitigem Einvernehmen trennte man sich dann noch von Burning Heart Records. Danach sagte man etwas zu schnell die Teilnahme an einem Festival zu, das sich als nicht ganz lupenreine Veranstaltung herausstellte. Nun aber hat man die Talsohle hinter sich gelassen und der neue Longplayer "The Conclusion" glänzt in alter Genialität und die Gruppe ist selbstbewusster denn je und hat einiges zu erzählen.


Wofür steht der Albumtitel "The Conclusion" und das Artwork?


Der Titel und das Artwork sind eigentlich eine schöne Zusammenfassung der Texte des Albums. Wir hatten bis kurz vor unserem Studioaufenthalt noch keinen Namen für das Album, und nachdem wir die Lieder öfters gehört hatten, entschlossen wir uns, dass "The Conclusion" der beste Name sei. Die Texte sind direkter und auch politischer als sonst geworden, also machte der Name auch Sinn. Ville Anger hatte freie Hand beim Gestalten der Scheibe, aber wir sagten, er solle sich vorher die Texte durchlesen, damit er auch eine Vorstellung von den Themen auf dem Album hat. Ohne dass er die Musik gehört hatte, schuf er genau das Bild, welches wir im Kopf hatten. Er hat gute Arbeit geleistet.

Anfangs war es unklar, ob die Strukturen bei Combat Rock Industry groß genug für eure Band sein würden, inzwischen mischt auch Household Name Records aus London mit. Wo siehst du die Unterschiede zu Burning Heart bzw. Epitaph, eurem ehemaligen Label?

Nun, vieles hat sich verändert, aber durchaus zum Guten. Combat Rock Industry ist ein etwas kleineres Label, aber sie arbeiten wirklich hart, um uns und die anderen Bands zufrieden zu machen. Wir haben einen sehr guten Draht zu CRI, wir sind in alle Prozesse, welche die Gruppe betreffen, eingebunden. Finanziell sind die Möglichkeiten natürlich geringer, was Promotion und so weiter betrifft, aber Janne von ENDSTAND und Jani von I WALK THE LINE sind mit vollem Herzen bei der Sache und das ist uns sehr wichtig. Ich will nichts Schlechtes über Epitaph sagen, aber ich persönlich kannte niemanden von den Angestellten und eine besonders gute Kommunikation gab es auch nicht. Ich denke, je größer ein Label ist, desto mehr dreht es sich ums Geschäft. Das ist unser erstes Album auf einem kleineren Label und wir sehen jetzt einfach mal, wie das so läuft. Ich habe aber ein gutes Gefühl, alles ist jetzt mehr nach D.I.Y.-Prinzipien organisiert und so sollte es ja auch sein. Wir sind sehr zufrieden mit der momentanen Lage und es macht uns Freude, mit Menschen zu arbeiten, die wissen worum es in der Band geht. Ich bin der Meinung, man kann auch ohne eine große Firma im Rücken eine erfolgreiche Gruppe sein. Die Kids da draußen stimmen mir in diesem Punkt bestimmt zu. Es dreht sich alles um Unity!

Bringen die neuen Voraussetzungen ohne Epitaph/Burning Heart mehr künstlerische Freiheit mit sich?

Wir hatten immer das Gefühl, künstlerisch frei zu sein. Es gab nie das Problem, dass uns jemand gesagt hätte, wie wir unsere Musik zu spielen haben. Wenn sie es getan hätten, hätten wir uns einen Dreck darum geschert. Wir gehen keine Kompromisse ein, wenn es um unsere Musik geht.

"The Conclusion" klingt neu und aufregend, aber es gibt auch einen Song über die Zweifler, die euch im Stich ließen, als Mårten ausstieg.

Das Lied heißt "Ten years" und handelt davon, dass wir als Band etwa zehn Jahre zusammen sind. Wir sind durch die Hölle gegangen, hatten aber auch viele Erfolge und jeder, der in einer Band ist, weiß, dass es nicht immer heiter Sonnenschein ist. Als Mårten ging, tuschelten die Leute hinter unserem Rücken. Leute die wir kannten, sagten, wir wären fertig als Band. Also schrieb ich diesen Song, der klar stellt, dass uns das einen Dreck interessiert. Diese Attitüde gibt mir Kraft, sowohl als Musiker, als auch als Songwriter und solange es solche Heuchler gibt, bleiben wir dabei.

Viele Leute hatten das Gefühl, sich für ein Lager entscheiden zu müssen, was völliger Unsinn ist, oder?

Hahaha! Es gibt keinen Grund sich für ein Lager zu entscheiden, so was kann ich nicht nachvollziehen. Es ist ja schließlich kein Krieg zwischen uns. Mårten hörte auf, um sich auf andere Sachen, vor allem das Tätowieren, zu konzentrieren und wir können das alle nachvollziehen. Wir sind immer noch Freunde, unterhalten uns, machen gemeinsam was. Matthias und Mårten sind im selben Anglerverein und sehen sich so sogar ziemlich oft. Natürlich hat Mårten uns auch ein paar mal tätowiert, aber die Leute haben oft den Eindruck, dass der Sänger meistens aufhört, weil er sich nicht mehr mit der Band versteht, das war bei uns nicht der Fall, wir haben einfach unterschiedliche Wege eingeschlagen.

Gibt es textlich Veränderungen, besinnt ihr euch zurück auf Bisheriges, was ist den neuen BOMBSHELL ROCKS wichtig?

Die Texte werden sich natürlich etwas verändern, weil Mårten sie ja nicht mehr schreibt, aber die Ehrlichkeit ist weiterhin vorhanden und es ist uns wichtig, authentisch zu sein. Mårten war ein guter Texter, aber ich hoffe, die Hörer mögen auch die neuen Sachen. Lyrics zu schreiben ist eine Herausforderung, aber es macht zugleich unheimlich viel Freude. So bekommen die Fans mal eine andere Perspektive von derselben Band geboten.

Habt ihr erwogen, den Namen zu ändern, oder hat euch diese Option eher abgeschreckt?

Eine Namensänderung war nie im Gespräch. Es sind außer Mårten ja immer noch die gleichen Menschen in der Band. Wir haben alle ebenso hart daran gearbeitet, unseren Namen unter die Leute zu bringen, und deshalb wäre eine Namensänderung ziemlich dumm gewesen.

Ihr habt die Veränderungen als neuen Anfang beschrieben, auch finanziell gesehen?

Unsere Finanzen betrifft es eigentlich nicht. Wir gehen momentan alle arbeiten oder zur Schule. Wir haben mit der Band nie viel Geld verdient und das wird sich wohl auch nicht ändern. Das Geld, das wir verdienen, nehmen wir als kleinen Bonus wahr. Am meisten bin ich für die kostenlosen Reisen um die Welt dankbar. Ohne die BOMBSHELL ROCKS hätte ich nie das gesehen, was ich gesehen habe, und ich hätte auch nie all die Leute kennen gelernt. Es ist das Beste auf der Welt, hunderte Kilometer entfernt von zu Hause eine Show zu spielen und zu sehen, wie die Kids mitsingen.

Thomas und Richard hatten ja ein Studio, gibt es das noch und habt ihr alles selbst aufgenommen?

Also, Thomas und Richard hatten ein gemeinsames Studio, das ist richtig, aber momentan haben sie keins mehr, also wurde das Album auch nicht dort aufgenommen, sondern im Underground-Studio in unserer Heimatstadt, mit Peter Saether, der viel mit NO FUN AT ALL gemacht hat. Richard plant in naher Zukunft, ein Studio zu eröffnen, und vielleicht steige ich diesmal bei ihm ein. Wir sind ein super Team und lieben es, Musik im Studio zu produzieren. Wir zoffen uns auch, weil wir sehr unterschiedliche Ideen haben, aber am Ende wird alles immer klasse.

"Teenagers" beschreibt das Thema Alter und Punk. Macht das Alter reifer, oder bringt es Probleme mit sich?

Teils, teils. Es kommt irgendwann der Tag, an dem man sich im Spiegel ansieht und feststellt, dass man kein Kind mehr ist. Man hat Verpflichtungen sich selbst gegenüber und natürlich auch den Menschen gegenüber, die man liebt. Was allerdings nicht heißen soll, dass man nicht im Herzen jung bleiben kann. Ich glaube, viele Menschen vergessen das und entscheiden sich dafür, erwachsen zu werden, ohne auf ihre Bedürfnisse zu achten. Man kann mit 100 noch Punk sein, es sind der Glaube an die Sache und die Attitüde, die wichtig sind. Was unsere Musik betrifft, glaube ich, dass sie noch sehr jung und ungestüm klingt, aber inzwischen eine Winzigkeit reifer ist.

Komplett neu bei euch ist die Percussion. Woher kommt die Idee dazu?

Die Idee spukte schon sehr lange in unseren Köpfen herum. Zuerst wollten wir ein Lied mit zusätzlichen Trommeln einspielen, aber es klang so gut, da haben wir uns entschlossen, es bei mehreren Liedern zu integrieren. Wir experimentieren gerne mit dem Klang der Gruppe und das war wirklich etwas völlig Neues. Punkrock und Bongodrums mag manchen vielleicht seltsam erscheinen, aber ich finde das Resultat spitze. Man sollte keine Angst vor Experimenten haben.

Vor etwa einem Jahr hattet ihr zugestimmt, auf der BÖHSE ONKELZ-Abschiedsshow zu spielen, die ja eine sehr umstrittene Band mit ehemals rechten Tendenzen waren. Wie kam es denn dazu?

Man hat uns informiert, dass wir die Chance hätten, in Deutschland ein großes Festival zusammen mit vielen etablierten Gruppen vor Tausenden von Zuschauern zu spielen. Zu dem Zeitpunkt wussten wir rein gar nichts über diese Band und es klang, als ob die Sache Spaß machen würde. Etwas seltsam wurde uns zumute, als wir eMails bekamen, in denen man uns mitteilte, dass die Gruppe früher definitiv dem rechten Sektor zuzuordnen war. Da wir noch nie was von der Band gehört hatten, waren wir ziemlich verwirrt. Der Wendepunkt kam, als ein guter Freund von uns, der zufällig in einer großen deutschen Band spielt - Namen werde ich aber keine nennen -, uns über die Vergangenheit dieser Gruppe informierte und uns alles detailliert erklärte. Danach entschlossen wir uns, die Show sofort abzusagen. Als wir das getan hatten, bekamen wir Hunderte Mails von Leuten, die uns beschimpften. Die meisten waren auf Deutsch. Wir verstehen zwar kein Deutsch, aber uns wurde schnell klar, dass die Nachrichten nicht freundschaftlicher Natur waren.

Haben die Typen euch danach verklagt? Die Band schien ja sehr wütend zu sein. Welche Lehre habt ihr aus dieser Erfahrung gezogen?

Ja, das stimmt, die waren echt angepisst. Aber verklagt hat uns niemand. Wir stehen noch immer hinter der Entscheidung, dort auf keinen Fall zu spielen, und jede Gruppe in unserer Lage hätte wohl ähnlich gehandelt. Punktum. Das war das erste und einzige Mal, dass uns so was passiert ist, und wir blicken auf eine zehnjährige Bandgeschichte zurück. Ich kenne auch keine andere Gruppe, die in einer vergleichbaren Lage war. Daraus ziehe ich persönlich den Schluss, dass solche Vorfälle sehr selten passieren. Konsequenzen hatte die Angelegenheit für uns eigentlich nicht.