DOOMRIDERS

Foto

Die Reiter der Apokalypse

Was erwartet man von einer Band, deren Referenzen im Internet mit THIN LIZZY und ENTOMBED angegeben werden, die aus Musikern besteht, die sonst bei CONVERGE und CAVE-IN engagiert sind und deren Album eher nach LSD-Trip und Selbstverarsche aussieht als nach dem üblichen Pathos-Tralala? Nach dem ersten visuellen Schock und dem sehr erstaunlichen und positiven Höreindruck der Platte "Black Thunder" war klar, da steckt viel mehr hinter als nur das Nebenprojekt einer bekannten Band. Ohne den geringsten Zweifel, was uns erwarten sollte, fuhren wir zum Konzert, um beim Interview doch wieder überrascht zu werden. Meine Damen und Herren: Nate Newton von den DOOMRIDERS!


Im Vergleich zu den USA seid ihr hier noch nicht so bekannt. Könntest du uns bitte einen kurzen Überblick über die Bandgeschichte geben?


Die Idee mit dieser Band kam vor etwa vier Jahren auf. Chris und ich sind schon ewig befreundet. Ich kenne ihn auch von seiner alten Band CAST IRON HIKE. Wir haben uns schon immer viel über Musik unterhalten und darüber, mal zusammen was zu machen. Wir haben uns dann zusammengesetzt, Gitarre gespielt und einige Songideen umgesetzt. Ich war zu der Zeit jedoch mit meinen anderen Bands CONVERGE und OLD MAN GLOOM sehr eingespannt und es war schwierig, die Dinge richtig anzugehen, weshalb es auch zwei Jahre gedauert hat, bis wir andere Leute für die Band gefunden haben. Mit dem endgültigen Line-up hat es dann auch noch mal anderthalb Jahre gedauert, bis wir eine Show zusammen gespielt haben. Dann hatten wir aber auch schon genug Songs zusammen, um ein Album aufzunehmen, was wir dann nach einigen Shows auch über Deathwish Records gemacht haben, die ja gute Freunde sind. Bevor die Platte raus kam, haben wir dann zusammen mit DAUGHTERS unsere erste Tour gemacht. Nach dem Platten-Release sind wir mit CAVE-IN in den Staaten getourt und jetzt sind wir hier.

Auf vielen Flyern für diese Tour steht, dass die Band "Members of CONVERGE" hat. Geht dir das irgendwie auf die Nerven oder ist das eher eine Unterstützung für die Band?

Ich will eigentlich nicht, dass Leute denken, wir müssten einen bestimmten Sound haben, nur weil da der Typ aus CONVERGE mitspielt. Alles, was DOOMRIDERS auf die Beine stellen, ist wahr geworden, weil wir dafür gearbeitet haben. Auf der anderen Seite muss man alles versuchen, um die Musik irgendwie zu den Leuten zu bringen, wenn man in einer Band ist, Platten rausbringen und Touren will. Unter unseren Voraussetzungen ist es leichter, da man mehr Optionen hat und die Rahmenbedingungen besser sind, was wir aber auch sehr zu schätzen wissen. Es ist aber auch härter, da manche Leute einem aufgrund unserer anderen Projekte einfach keine Chance geben. Es ist eine zweischneidige Angelegenheit und ich bin mir noch nicht sicher, wie ich das so bewerten soll. Letztendlich will ich nur Musik machen und Spaß dabei haben. Wenn ich zuviel darüber nachdenken würde, wäre ich sicherlich frustriert.

Seid ihr denn quasi hauptberuflich Musiker?

Im Prinzip schon. Ich eher als die anderen Jungs aus der Band, da ich meine Zeit zwischen drei Bands aufteilen muss. Wir machen auch wesentlich mehr mit den DOOMRIDERS, als wir zuerst gedacht haben, so dass es zu einer zeitaufwändigen Angelegenheit geworden ist.

Verglichen mit der restlichen aktuellen Hardcore-Musikszene sind die DOOMRIDERS musikalisch schon einzigartig. Hast du eine Ahnung, warum ihr trotzdem in der Hardcore-Szene so beliebt seid?

Keine Ahnung. Es ist schon etwas anderes. Vielleicht gibt es noch einige andere Bands, die ähnliche Musik machen wie ANNIHILATION TIME oder COLLISEUM. Ich finde, die weltweite Hardcore-Szene stagniert ziemlich. Jeder versucht, einen bestimmten Style zu haben oder soundso auszusehen, was ich persönlich nicht so gut finde. Ich mag es aber, wenn Bands kreativ sind, ihr eigenes Ding machen und verschiedene Sachen kombinieren. Ich denke, es ist sehr einfach, sich in DOOMRIDERS einzufühlen, da wahrscheinlich für jeden was dabei ist, also was "alternative" Musik angeht.

Ich denke auch, dass die Platte in einem positiven Sinne catchy ist und man sehr gut Zugang zur Musik finden kann. Aber was denkst du, ist das Hardcore-Element bei DOOMRIDERS? Was verbindet euch mit Hardcore, abgesehen von euren anderen Bands?

Da sind sicherlich Hardcore-Einflüsse, ohne Zweifel. Wir sind sehr beeinflusst von DISCHARGE oder INTEGRITY. Ich denke, da gibt es auch dieselbe Art von Energie in der Musik. Wir spielen nur nicht genauso.

Es ist nur so, dass man im Internet immer über THIN LIZZY und ENTOMBED als Einflüsse liest.

Ja, neben anderen. ENTOMBED, MOTÖRHEAD, DISCHARGE, THIN LIZZY, INTEGRITY, DANZIG, THE MISFITS - wir mögen alles mögliche. Wir haben alle eine große Affinität zu Rock'n'Roll, Indie, 70s, frühen Punk-Sachen und Hardcore. Vielleicht ist es eine Art Einfluss, was heutzutage in der so genannten Szene abgeht, mit Majorlabels und Metalcore-Bands auf MTV. Ich weiß nicht, wie es hier ist, aber in Amerika benehmen sich viele alternative Musiklabels wie Majors und viele Bands benehmen sich wie Rockstars. Ich denke, das kann so nicht funktionieren und wir wollten einfach nicht so sein. Zu viele Bands konzentrieren sich darauf, besonders ernst zu sein und dann auch noch als wahnsinnige Künstler angesehen werden. Es ist traurig, dass Musik um des Musikmachens Willen und um einfach Spaß zu haben, immer mehr zu verschwinden scheint. Besonders im Hardcore ist das scheinbar so und es ist irgendwie der Sinn dieser Band, nicht so zu sein.

Es kann ja auch ein großer Einfluss sein, wenn man nicht wie andere Bands sein möchte oder die siebte Kopie von UNBROKEN oder THE SUICIDE FILE ...

Ja! Ich denke, diese Bands waren super. Warum sollte man sie also kopieren.

Hier in Deutschland hat man oft das Gefühl, dass Bands gemacht werden, um andere Bands zu imitieren.

Es ist wahrscheinlich etwas anderes für mich, da ich in den USA wohne und alle diese Bands öfters gesehen habe als diese Kids. Deshalb kann man das auch zu einem gewissen Grad verstehen, aber irgendwann sollte man doch zu dem Punkt kommen, wo man was Neues macht und die Sache voranbringt.

Fühlt ihr euch denn neben der Musik noch anderen Hardcore-Themen verbunden?

Ja. Ich denke es wäre heuchlerisch, in der Hardcore-Szene nicht gegen Sexismus oder Rassismus zu sein. Das gehört doch zusammen. Ich bin Straight Edge und noch jemand in der Band. Ich finde, man sollte nicht unbedingt zu den Leuten predigen oder es als Botschaft in die Texte packen. Persönlich denke ich jedoch, dass politische Haltung ein sehr bedeutender Teil von Hardcore ist.

Die Musik, die Texte und das Design - das passt bei euch ja schon alles irgendwie zusammen. Was war die Intention dahinter?

Ich mag es persönlich gerne, wenn Platten "Sinn" machen hinsichtlich Artwork und Musik. Ich mag es, wenn das Artwork die Stimmung der Musik trägt. Das wollten wir auch erreichen. Wir wollten, dass die Leute schon an der Aufmachung der Platte erkennen können, ob sie uns mögen oder hassen. Sie sollten die Platte nehmen und sagen: "Was denken diese Typen eigentlich, wer sie sind?" oder "Das ist geil, ich mag das!". Als ich jünger war und keine Ahnung hatte, habe ich im Plattenladen Platten immer nach dem Aussehen gekauft, obwohl ich die Bands nicht kannte. So kam ich auch auf Bands wie D.R.I. und BLACK FLAG. Nur wegen der Cover!

Die Texte sind in einem positiven Sinne klischeebehaftet. Sie spielen mit typischen Symbolen wie Tod, Dunkelheit und Donner. Wer schreibt bei euch die Texte?

Ich schreibe die meisten der Texte. Einige sind einfache direkte Punk-Lyrics, "fuck the world" und so. Wie ich mich halt gelegentlich fühle. Andere sind eher metaphorische Texte über Dinge aus meinem Leben. Ich mag gerne Songs, bei denen man nicht genau einschätzen kann, worum es geht, wenn man die Texte liest. Ich mag es, wenn man merkt, dass Metaphern benutzt werden, um über etwas zu reden. Davon gibt es eine Menge auf der Platte.

Die Texte lassen viel Raum für eigene Interpretation.

Ja, das ist etwas, was ich wichtig finde. Wie ich bereits sagte, man braucht nicht notwendigerweise einfache Texte, in denen man den Leuten sagt, was sie zu denken oder glauben haben. Ich mag Texte, die man lesen und sich dann eine eigene Meinung darüber bilden kann. Vielleicht ist das nicht das gleiche, was der Songwriter fühlte, als er den Song geschrieben hat, aber man kann ja auch für sich selbst etwas Wichtiges heraus ziehen.

Würdest du sagen, dass die Musik wichtiger ist als die Texte bei den DOOMRIDERS?

Ja, bei einigen Songs schon. Es gibt aber auch welche, die um die Texte herum geschrieben wurden. Jeder Song ist unterschiedlich, natürlich auch hinsichtlich der Art und Weise, wie wir sie schreiben. Da hat jeder Song seine eigene Geschichte. Ich glaube, dass die Texte genauso wichtig sind wie die Musik. Wenn du nur bescheuerte Texte hast, dann will ich deine Platte nicht hören.

Gibt es eine bestimmte Story hinter dem Song "Listen up!", da er ja nur aus einem Satz besteht?

Diesen Song und "Fuck this shit" haben wir an einem Tag geschrieben. Ich habe auch die Texte an einem Tag geschrieben oder vielmehr den einen Satz von "Listen up!". Es war einfach so, dass ich einen beschissenen Job hatte und nach Hause kam und mich alles angekotzt hat. Und deshalb habe ich "Fuck this shit" geschrieben. Und bei "Listen up!" war es ähnlich. Es soll nur bedeuten: "Hört zu! Geht mir nicht auf den Sack!". An meinen Boss, meinen Vermieter, an alle gerichtet. Es ist ziemlich einfach. Keine großartige Story. Das kann wohl jeder nachvollziehen.

Wie ist es denn für euch, als DOOMRIDERS live zu spielen? Wie muss man sich das Publikum vorstellen?

Wir kriegen sie alle: Punkrocker, Hardcore-Kids, Metalheads, alte abgewrackte Hardrocker. Es hängt ein bisschen von den Shows ab. In den Staaten spielen wir sowohl All-Ages-Hardcoreshows für die Kids als auch Über-18-Shows für die Älteren, die ja meist auf Shows was trinken wollen. Wir spielen quasi in zwei verschiedenen Szenen, aber beide sind großartig. Wir haben immer Spaß daran. Ich kann mich da nicht beschweren. Es kann sein, dass wir ein Wochenende mit INTEGRITY und DEATH BEFORE DISHONOUR spielen und zwei Tage später mit DAUGTHERS und SOME GIRLS. Das sind zwei komplett andere Shows, aber für uns fühlt es sich immer so an, als würden wir reinpassen. Es kann sein, dass wir in kleinen Bars spielen oder wie bei unserer letzten Show mit CAVE IN vor 600 Leuten.

Würdest du sagen, dass es dir mit den DOOMRIDERS mehr Spaß macht, live zu spielen, als beispielsweise mit CONVERGE?

Ja, ich genieße das schon, mit DOOMRIDERS engeren Kontakt zum Publikum zu haben. Das ist etwas, was ich ein bisschen vermisst habe. Aber ich würde nicht sagen, dass es mehr Spaß macht. Das sind zwei recht verschiedene Sachen, die ich aber gleichermaßen genieße.

War es für dich ungewohnt, die Rolle des Frontmanns einzunehmen?

Ja. Ich war zwar mal Frontmann bei einer Band, in der ich vor CONVERGE war, aber das ist schon etwa neun Jahre her. Als wir die Songs geschrieben hatten und wir uns Gedanken über den Sänger machten, habe ich einfach gedacht, ich könnte das machen, und dass wir es ausprobieren sollten. Es macht Spaß, aber ich hatte nicht mehr in Erinnerung, dass es manchmal so anstrengend sein kann. Die Energie richtig in die Songs zu leiten, ist manchmal nicht leicht.

Sarah Shokouhbeen, Oliver Niermann