DRONES

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Oz-Feedback-Fest

Hier sitze ich und weiß nicht, was ich wie über diese Band schreiben soll. Frisch von der Leber weg würde jeder Satz mit Superlativen vollgestopft sein. So wie jeder der DRONES-Songs voller schöner kaputt gefeedbackter Melodien und Refrains. Oder ganz einfach die Fakten?


Schublade auf, Fakten rein: Aus Perth, seit sieben Jahren zusammen, fünf Jahre in der jetzigen Besetzung Gareth Liddiard (g/voc), Rui Pereira (g), Fiona Kitschin (b) und Mike Noga (dr). Zwei Platten und eine Sammlung von Outtakes ("Miller's Daughter"), diverse Singles. Begeisterte Rezensenten aller Orten. Hoher Bekanntheitsgrad in Australien durch ständiges Touren, im Spätjahr 2005 zum ersten Mal in Europa und Deutschland. Im Gepäck die zweite Platte (die erste "Here Come the Lies" hatte keinen Europa-Release) mit dem Titel "Wait Long By The River And The Bodies Of Your Enemies Will Float By", einer Abwandlung eines hinduistischen Sprichwortes. In allen Zines der Welt überragende Kritiken (mit einer Ausnahme). Vergleiche mit BEAST OF BOURBON, früher Nick Cave/BIRTHDAY PARTY, SONIC YOUTH, BLACK FLAG und anderen werden bemüht. Schublade zu. Fertig. Stop. Zurück. Die Referenzbands lassen auf etwas Großes schließen. Das im November besuchte Konzert im Freiburger Wohnzimmer-Venue Swamp auch. Nachfragen. Antworten kamen per eMail an einem spielfreien Abend aus Barcelona von Sänger, Gitarrist, Texter und Liedschreiber Gareth Liddiard.

Fangen wir bei den oft bemühten Einflüssen an. BEAST OF BOURBON? Ja. Kaputter Blues. Früher Nick Cave. Ja. Ist ja auch Australier. SONIC YOUTH? Ja. Minutenlange Feedbacks. BLACK FLAG? Ja. Für die Aggression. Daneben nennt Liddiard noch weitere australische Punkbands, etwa X aus Sydney, GOD und THE SCIENTISTS. Der Einfluss ist aber eher indirekt: Da er diese Bands alle selbst hört, haben sie natürlich Einfluss auf seine Lieder. Wer die DRONES hört, der denkt immer gleich an Cave und die Beasts, die seien jedoch nur die Spitze des Eisberges der australischen Szene. Gleichzeitig sei der Sound seiner Band zwar ähnlich, aber doch auch ganz anders: "Wir haben lediglich denselben Akzent und keine Kohle für eine gute Produktion."

Das ist nicht nur so dahin gesagt. Liddiard erschafft Eigenes, Neues. Nach unzähligen anderen Bands hob er vor etwa sieben Jahren die DRONES aus der Taufe; zwei Jahre später stand das jetzige Line-up. Ideen für Texte und Lieder stammen zumeist aus seiner Feder. Der kreative Prozess des Schreibens findet jedoch direkt im Studio statt. "Wir zählen an und schauen was passiert. Ohne irgendwelche Tricks."

Und dennoch sind die Garagen-Epen komplex, einige davon mit einer Spielzeit von über sieben Minuten, mit reichlich Melodien unter dem Noise-Mantel. Markenzeichen der Band ist die Stimme von Liddiard, die sich leise durch die apokalyptischen Texte quält, um Sekunden später der geneigten Hörerschaft sich überschlagend Verzweiflung entgegen zu brüllen. Kaum zu glauben, dass nach 50 Konzerten in nur 80 Tagen die Stimmbänder nicht aufgeben, sich in eine Ecke setzen und erst mal verschnaufen. "Wenn man eine Bombe auf mein Haus werfen würde, wäre alles, was man in den Trümmern noch finden würde, meine Stimme. Ich bin selbst erstaunt, dass sie das alles ohne Training mitmacht", kann sich Liddiard das Phänomen selbst nicht erklären. Und die meist düsteren Texte will er nicht erklären. "They are what they are. Es wäre besser, wenn du die Texte abdruckst, als wenn ich sie den Lesern erklären würde."

Kaputte Gestalten in ausweglosen Situationen durchziehen die Texte (zum Beispiel "Shark fin blues", "Baby 2", "The best you can believe in"), es wird die Gesellschaft kritisch unter die Lupe genommen ("Another rousing chorus you idiots!!!!!!", "Locust") oder eine klaustrophobische Atmosphäre gezaubert, die an einen David Lynch-Film erinnert ("This time"). Album Nummer drei wird noch in diesem Jahr eingespielt, zwischen zwei Australientouren, dann geht es wieder nach Europa und in die USA. Dazwischen steht noch die Hoffnung, für "Wait Long Enough ..." den neu geschaffenen Australian Music Prize für das beste australische Album 2005 zu gewinnen: Unter die letzten acht haben sie es bereits geschafft, neben unter anderem THE DEVASTATIONS, WOLFMOTHER und THE GO-BETWEENS. 2006 könnte also der Anfang von etwas Großem sein für die DRONES und für ihre Fans.