GOOD CLEAN FUN

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Saubermänner mit Humor

Sie kommen aus Washington, D.C. und sind eine ziemlich einzigartige Erscheinung in der heutigen Hardcore-Szene. GOOD CLEAN FUN, gegründet 1997, machen keinen Hehl daraus, dass 7 SECONDS und GORILLA BISCUITS zu ihren großen Vorbildern zählen, dass sie eine vegane Ernährung und ein drogenfreies Leben für wichtig halten und sie an gewisse Ideale der Hardcore-Szene glauben. Doch wo andere Bands vor lauter Missionierungseifer sowohl vergessen gute Musik zu machen, als auch durch fanatische Überzeugung von der Wichtigkeit ihrer Botschaft das Lachen verlernt haben, sind der massige Bandboss Mr. Issa und seine wechselnden Mitstreiter die Ausnahme von dieser Regel: Ihre Konzerte sind mitreißende Parties, Issa ist ein exzellenter Entertainer, und von Verbissenheit keine Spur. Ihr aktuelles Album ist nach einer längeren Pause einmal mehr die Studioversion dieser Shows, und so unterhielt ich mich vor dem Konzert in Bochum mit Issa.


Erst mal Gratulation zum wirklich hübschen Coverartwork, dieser nachgestellten "Das letzte Abendmahl"-Szene. Und der Titel wie der Song "Between Christian Rock And A Hard Place" sind ja auch sehr klare Kommentare zu einem unappetitlichen Phänomen, ja, ich halte den Begriff "Chistian Rock" oder auch christlichen Punk/Hardcore für ein Oxymoron.


Exakt! Mir geht es da genauso. Punkrock und Christentum haben rein gar nichts miteinander zu tun. Wenn du dich als Christ bezeichnest, solltest du die Finger von Punk lassen, und wenn du Punk bist, solltest du kein Interesse am Christentum haben. Wenn du denkst, du könntest beides verbinden, kümmert es dich nicht, wofür das eine und wofür das andere steht. Im Punk geht es darum, sich seine eigenen Gedanken zu machen, sein eigener Herr zu sein, und das Christentum steht demgegenüber dafür, sich eben nicht seinen eigenen Kopf zu machen. Das ist das exakte Gegenteil, und ich habe bis heute nicht verstanden, wie jemand versuchen kann, beides zu kombinieren.

Aber wie konnte diese Christenrock-Sache denn dann passieren? Zum Glück ist die in Deutschland ja nicht so sonderlich groß ...

... aber in den USA ist sie riesig! Wie das passieren konnte? Keine Ahnung, es ist ein seltsames Phänomen. Meine Vermutung ist, dass das kein Zufall ist, sondern dass da Kirchenleute gezielt nach einer Underground-Szene gesucht haben, um die dann nach ihrem Geschmack zu gestalten, damit ihre Kinder eine "okayne" Art der "Rebellion" haben. Aber wie "punk" soll denn bitteschön eine CD sein, die du in deiner Kirche kaufen kannst? Das ist also alles ziemlich seltsam.

Du spielst darauf an, dass in den USA viele der christlichen Hardcore-Bands ihre Konzerte in kirchlichen Einrichtungen spielen, dass die CDs über christliche Buchläden verkauft werden. Aber hat deine Vermutung nicht auch was von einer Verschwörungstheorie?

Hahaha. Ja, stimmt. Ich glaube ja auch nicht so recht, dass da wirklich Leute in einem Raum zusammen saßen und einen detaillierten Plan entwickelt haben, wie man den Kids Jesus verkaufen kann. Aber das sind letztlich nur Details am Rande, Fakt ist, dass Christian Rock heute richtig großes Business ist.

Und da fängt das Problem an: Es ist so ein großes Geschäft, dass selbst an sich coole Labels wie Hopeless oder Equal Vision die ein oder andere christliche Band oder Bands mit zumindest offen christlichen Mitgliedern im Programm haben. Ein Blick ins Booklet offenbart das ja meist, denn solche Leute tendieren dazu, in ihrer Thankslist an erster Stelle "Jesus, our lord and saviour" oder "God" zu grüßen.

Klar, das ist schlimm, aber andererseits respektiere ich natürlich den persönlichen Glauben jedes einzelnen. Wer an Gott glauben will, der soll das tun, nur stört es mich, wenn man andere zu bekehren versucht oder auf Grund dieses Glaubens dumme Dinge anstellt. Die USA haben eine Menge Probleme im Augenblick, aber wenn es nach dem Willen solcher Christen geht, ist das größte Problem die Schwulenehe. Bei dem Thema ticken die Christen total aus, das ist angeblich gegen den Willen ihres Gottes und gibt ihnen das Recht, sich so fies zu verhalten. Dabei gibt es im Christentum doch eher das Bild des liebenden Gottes, doch ihrer scheint alle und alles zu hassen. Ich weiß, man kann nicht alle Christen über einen Kamm scheren, aber da es sich bei den Christen um eine Gruppe von Menschen handelt, die sich freiwillig zusammengeschlossen haben, darf man das schon kritisieren - mit der Ausnahme jener, die schon als Kind einer Gehirnwäsche unterzogen wurden und es nicht besser wissen. Und schlimm finde ich auch, wie stark diese fundamentalistischen Christen Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen, für Gesetze kämpfen, die einfach erbärmlich sind. Und das gefällt mir nicht.

Ich habe den Eindruck gewonnen, dass viele Labels es ablehnen, sich zu diesem Thema zu äußern, ja, sie versuchen sogar, es zu ignorieren.

In den USA ist christliche Musik einfach ein riesiges Geschäft geworden. Vor zehn Jahren war das noch kein großes Ding, da gab es ein paar christliche Bands, aber heute ist das riesig, es gibt ein riesiges Netzwerk von Labels, Radiosendern, Läden, Clubs und Festivals, und die pushen diese Musik natürlich gewaltig. Aber ich glaube nicht, dass das für unsere Szene eine ernsthafte Bedrohung darstellt, denn es wird immer eine echte Hardcore-Szene geben. In gewisser Weise ist das wie damals mit den Hare Krishnas, du weißt schon, so Anfang der Neunziger, als plötzlich jeder in der HC-Szene ein Krishna sein wollte. Und das war ja noch lächerlicher als heute die Christen.

Na ja, aber die Krishnas hat ja auch keiner so richtig ernst genommen ...

Also das waren schon heftige Konflikte bei uns, und die eine Hälfte der Bands war pro, die andere contra Krishnas, und SHELTER und CHOKEHOLD waren die beiden wichtigen Bands. Im Hardcore werden immer wieder Sachen ausprobiert, und die Guten behält man, die Schlechten wird man wieder los. Von daher macht mir dieser christliche Einfluss keine ernsthaften Sorgen, aber ich halte es doch für wichtig, darüber zu sprechen. Unser Albumtitel spricht das Thema deshalb auch an, und für mich ist "Christian Rock" und "Corporate Rock", also die Musikindustrie, ein Synonym. Mich stört es, wenn sich Leute versuchen der Hardcore-Szene zu bemächtigen, um damit ihre eigenen Ziele zu verfolgen. Das finde ich immer falsch - außer wenn es um Vegetarismus geht, hahaha.

Habt ihr wegen des Covers, das eine Adaption des berühmten Motivs "Das letzte Abendmahl" ist, schon Ärger bekommen?

Ich finde das lustig, bislang hat sich niemand beschwert, und nein, ich glaube nicht, dass das Ärger gibt. Vielleicht werden wir ja auch boykottiert, wer weiß, aber die großen Ketten in den USA verkaufen unsere Platten ja sowieso nicht.

Was GCF von fast allen Hardcore-Bands und vor allem SXE-Hardcore-Bands dieser Tage unterscheidet, ist die Tatsache, dass ihr Humor habt und ein Gespür für Ironie und das auch offen zeigt.

Hahaha, danke. Nun, GCF könnte ohne all die anderen Bands und ihre Statements gar nicht existieren, denn sonst wüsste ja keiner, worauf wir anspielen und worüber wir unsere Witze machen. Nur weil es all diese Bands gibt, die ganz offen heraus ihre Vegan- oder SXE-Botschaft verbreiten, können wir uns mit unserer etwas anderen Sichtweise absetzen und Dinge etwas anders zum Ausdruck bringen. Ich will anderen Bands die Fähigkeit zur Ironie nicht absprechen, aber es muss eben auch jemand den Spaßmacher geben. Es gibt eben verschiedene Möglichkeiten, seine Message unters Volk zu bringen, und der eine reagiert auf geradlinige Botschaften wie "Go vegan now!", der andere hat's lieber etwas subtiler. Und letztere, die es nicht so direkt mögen, versuchen wir zu erreichen.

Ist das nicht auch eine Frage des Alters? Seit eurem aktuellen Album wissen wir ja, dass du nicht mehr 25 bist, sondern eher 35 ...

Hm ... na ja, also so ungefähr 35, aber im Herzen bin ich noch immer 25. Nun, ich denke, wenn du 14, 15 bist, dann ist vieles nicht so einfach, und auch Slogans, die mir heute simpel vorkommen, empfand ich damals nicht so. Ich denke da etwa an Hardcore-Bands wie YOUTH OF TODAY, das waren ja keine sonderlich komplexen Texte, nur eine Band wie 7 SECONDS stach da etwas heraus. Nur: Wenn ich heute so was zum ersten Mal hören würde, glaube ich nicht, dass mich YOT besonders mitreißen würden, doch als ich 15 war, waren die Texte das Beste, was ich jemals gehört hatte. Man muss sich eben immer wieder in Erinnerung rufen, wie man selber in jungen Jahren Hardcore wahrgenommen und gehört hat.

Ja, und ich erinnere mich auch sehr gut, wie ich für eine der ersten Ox-Ausgaben Ray von YOUTH OF TODAY interviewte und er das grandiose Statement abgab "You can't think when you have a girlfriend".

Hahaha, ja, Ray steht eben schon sehr lange im Mittelpunkt des Szene-Interesses, und er war schon immer jemand, der sehr offen sagt, was er gerade denkt, auch wenn er da nicht unbedingt viel darüber nachgedacht hat. Im Laufe der Jahre hat er sich aber schon etwas verändert: Ich kenne ihn persönlich noch nicht so lange, wie ich seine Musik kenne, aber allein beim Verfolgen seiner Aussagen in Interviews konnte ich erkennen, wie er erwachsen wurde. Wenn man jung ist, hat man eben auch so verrückte Ideen, die für dich Sinn machen und die du dann in die Welt hinausbrüllen willst. Wenn du dann älter bist, siehst du die Dinge etwas differenzierter, und Hardcore als noch recht junge Szene ist eben erst jetzt so alt, dass du Leute findest, die vieles etwas differenzierter sehen als vor 20 Jahren. Und ich finde das cool, denn wir sind jetzt eine ganze Generation von Leuten, die die Möglichkeit haben, ihre Überzeugung aus dem Hardcore-Kontext in andere Lebensbereiche zu übertragen. Dabei hatte ich auch meine Probleme mit der Entwicklung von Punk- und Hardcore in den Mainstream-Bereich hinein, denn ich hatte das Gefühl, man habe mir meine Überzeugungen und Werte weggenommen, die Message immer weiter verwässert. Und die Szene wurde auch etwas zerstört von Veranstaltungen wie der Warped-Tour, die ganze Landschaft ist mittlerweile einfach viel zu groß, als dass man von einer Szene sprechen könnte, und bei solchen Dimensionen leidet auch immer die Kommunikation untereinander. Aber eigentlich ist das keine Frage von gut oder schlecht, die Szene ist heute einfach anders als vor zehn oder zwanzig Jahren. So, und was war jetzt deine ursprüngliche Frage ...?

Egal, das fummeln wir schon hin ... Wie sind denn generell die Reaktionen auf eure doch eher provokanten Texte? Fühlen sich Leute verarscht und werden sauer?

Na ja, wir sind ja schon seit einer Weile einigermaßen bekannt, und es gibt also ein paar Leute, die uns mögen. Es gibt aber auch eine ganz ordentliche Anzahl von Leuten, die uns hassen, und das eigentlich ohne Grund, das ist erstaunlich. Da gibt es Leute, die uns nicht abnehmen, dass wir tatsächlich eine positiv eingestellte Band sind, die auch was zu sagen hat. Es ist unglaublich, was schon alles über uns behauptet wurde, was man uns unterstellt hat. Das ging zwar nicht ganz so weit wie "Ich habe gehört, ihr fresst kleine Kinder", aber schon in diese Richtung. Unglaublich, was sich manche Menschen so zusammenreimen. Das ist echt lustig. Das wiederum finden manche andere Leute nicht, die uns beschuldigen, wir machten uns über ihr ernsthaftes Anliegen lustig, wenn wir Witze über Vegetarier reißen. Und das verstehe ich dann nicht, denn wir sind es doch, die Leute überzeugen könnten, Vegetarier zu werden, eben weil wir uns bei diesem Thema nicht wie fanatische Arschlöcher verhalten. Wir tun nicht so, als ob die Entscheidung für oder gegen Vegetarismus die wichtigste Entscheidung überhaupt sei.

Eben. Mit bissigem Fanatismus erreicht man da gar nichts, das kennt man ja aus eigener Erfahrung.

Ich denke auch, dass wir mit unserer Methode bislang recht erfolgreich waren, und darüber bin ich glücklich.

Wie groß war und ist der Einfluss von CRUCIAL YOUTH?

Hahahaha. CRUCIAL YOUTH spielten unlängst ein paar Reunion-Shows und hatten uns eingeladen, mit ihnen zu spielen. Das war echt großartig, ich habe mich mit Gentleman Jim angefreundet, ihrem Bassisten, und wenn wir von dieser Tour nach Washington, DC zurückkehren, spielen wir eine Record-Release-Party, und CRUCIAL YOUTH sind unsere Vorband.

Als ihr Album "The Posi-Machine" 1988 erschien, verstand keiner, ob die das mit ihren expliziten Verhaltensregeln für ordentliche Hardcore-Kids nun ernst meinen oder ob das ein Fake ist, so gut war das gemacht. Und man kann schon erkennen, dass ihr davon ganz gut beeinflusst worden seid.

Haha, ja, ich liebe diese Platte. Ich weiß noch, wie all meine Freunde mal zu einem Konzert von WIDE AWAKE gefahren sind, der einzigen alten HC-Band, die ich bis da noch nie gesehen hatte - und ich blieb in DC, um CRUCIAL YOUTH zu sehen. Da waren dann nur eine Hand voll Leute, aber es war ein grandioses Konzert und sie erwiesen sich als supernette Leute. Und ja, um deine Frage zu beantworten, sie sind ein riesiger Einfluss, auch wenn da natürlich der Unterschied besteht, dass sie im Gegensatz zu uns nicht Straight Edge sind. Die wollten halt einfach ihren Spaß haben. Wir haben auf jeden Fall was von ihrem Humor übernommen, aber gleichzeitig haben wir ja auch die eine oder andere ernsthafte Botschaft.

Was hat es mit GOOD CLEAN FUN als Name auf sich?

Das ist eigentlich eine Redewendung, aber mehr als die wortwörtliche Bedeutung hat es auch nicht. Von den DESCENDENTS gibt es einen Song mit diesem Titel, und auch von SIDE BY SIDE ...

... und auch von CLEARLAKE.

Okay, und wir haben unseren Namen vom SIDE BY SIDE-Song. Aber das ist auch schon alles an Hintergrund.

Myspace.com: Einerseits macht ihr euch auf der neuen Platte in einem Song lustig darüber, andererseits habt ihr auch selbst da eine Seite.

Also ich liebe myspace, das ist eine der coolsten Websites. Und der Typ, der das erfunden hat, ist echt ein Gewinner: Nach zwei Jahren verkaufte er die Seite für 580 Millionen Dollar, unglaublich. Das Internet an sich ist ja schon phantastisch, aber myspace macht es noch mal einfacher, mit allen Leuten in Kontakt zu bleiben, die sich für unsere Band interessieren. myspace speziell hat für viele Leute die letzte Hemmschwelle gegenüber dem Internet beseitigt.

Mich stört daran ja dieser Aspekt des Freunde-Sammelns, dieses "Seht her, ich habe mehr Freunde als du".

Nun, so kann man das auch sehen, aber ich nutze es einfach nur, um mit Leuten in Kontakt zu bleiben, und ich habe über myspace Leute wieder getroffen, von denen ich sehr lange nichts gehört hatte. Dafür ist das perfekt, aber ich kann schon sehen, dass es auch Kids gibt, die viel zu viel Zeit bei myspace verbringen. Übrigens haben wir zu dem Song auch ein schönes Video gedreht.

Ihr habt auf dem neuen Album so ein seltsames elektronisches Lied - und das ist doch eindeutig eine Anspielung auf Michael Jacksons "Thriller", oder?

Gratulation! Du bist der Erste, der das erkannt hat! Echt, wir haben das schon vielen Leuten vorgespielt, aber niemand kam drauf. Ja, wir haben versucht, es so klingen zu lassen wie das Intro von "Thriller". Aber womöglich kennen das nur noch ältere Leute ...

Dass ihr gerne zitiert, ist damit einmal mehr bewiesen, aber ihr seid ja auch große Namedropper, denn in euren Texten tauchen immer wieder mal die Namen anderer Bands auf. Auch der von ANTI-FLAG, mit denen ihr gerade auf Tour seid.

Oh ja, gerade bei dieser Platte. Ich wollte bei dieser Platte erreichen, dass die Kids da einen Bezug zu sich selbst herstellen können, denn Hardcore ist eben schon lange nicht mehr eine kleine Szene, in der jeder jeden kennt. Nimm nur mal uns als Beispiel: Wir sind eine Band für Eingeweihte, für Leute, die sich richtig gut mit Hardcore auskennen. Und so habe ich versucht, eine Menge popkultureller Referenzen in die Songs einzubauen, singe über Chris Carrabba, den auch die ganzen HC-Kids kennen, denn es ist ja seltsamerweise beinahe die gleiche Szene und viele, die GOOD CLEAN FUN mögen, mögen auch DASHBOARD CONFESSIONAL. Für mich macht das also Sinn, es macht mir Spaß und ich finde es lustig - und vielleicht geht das anderen ja auch so. ANTI-FLAG waren, nachdem sie gehört hatten, dass sie auf der neuen Platte erwähnt werden, anfangs besorgt, dass ich Scheiße über sie geredet hätte, aber das habe ich ja nicht. Und als dann klar war, dass wir mit ihnen touren, versicherte ich ihnen das auch noch mal.

Auf dieser Tour mit ANTI-FLAG habt ihr ja ein ganz anderes Publikum als sonst. Klappt das?

Also bei den ersten paar Konzerten war ich etwas frustriert, weil die Leute überhaupt nicht auf meine Ansagen und Texte reagierten, aber dann kamen nach der ersten Show die ersten Kids auf mich zu und sprachen mich an, fragten mich zum Thema Vegetarismus, worum ich vorher bei unserem Auftritt explizit gebeten hatte. Das brach das Eis.

Letztes Jahr sah ich euch beim Reflections-Festival in Arnheim, und ich muss sagen, unter all den grimmigen Bands mit ihren peinlichen kickboxenden Fans seid ihr doch ziemlich herausgestochen. Wie reagieren diese toughen Typen, die ihr Machoverhalten ja wohl ziemlich nötig haben, auf Leute wie euch, die sich über so was lustig machen?

Erstaunlicherweise hat bislang nie ernsthaft jemand versucht, uns aufs Maul zu hauen, nur fünf-, sechsmal in den zehn Jahren, die es uns jetzt gibt, war es kurz davor. Letztlich konnten wir die Leute aber immer davon überzeugen, doch besser mit uns zu diskutieren. Wir beleidigen ja auch niemanden persönlich, wir machen nur Aussagen wie "Leute, die sich auf Konzerten prügeln, sind dumm". Wenn dann so jemand auf dich zukommt und dich darauf anspricht, so aggressiv ist, musst du ihn eigentlich nur fragen, ob er denn zu den Leuten gehört, die man eben als dumm bezeichnet hat, und schon ist Ruhe. Der Trick ist, sich einfach nicht auf die Provokationen solcher Leute einzulassen, ihr Spiel nicht mitzuspielen. "Are you talking shit about our band?", werde ich gefragt, und antworte, "Are you dumb and start fights? If yes, then we are talking shit about you. Wenn ihr nicht so drauf seid, haben wir euch logischerweise auch nicht gemeint." Danach ist dann alles klar. Ich finde es eben auch nicht gut, mit dem Finger auf Leute zu zeigen. Und einzelnen Leuten die Ehre zu erweisen, sie auch noch auf einer Platte zu erwähnen, macht gar keinen Sinn. Und sowieso sind Hardcore-Kids generell ziemlich schlau, die wissen genau, was gut und was schlecht ist. Trotzdem kann ich nicht erklären, warum dieser Tough Guy-Hardcore so beliebt ist - ich hoffe nur, dass er bald nicht mehr so populär ist.

Ganz meine Meinung.

Ja, und es gibt da draußen Bands, die haben leider Fans, die glauben sich tough aufführen zu müssen, und andere wiederum ermutigen ihre Fans zu so einem Verhalten. Bei ersteren ist es schade, bei letzteren einfach dumm. Ich kapiere das nicht, und hoffentlich ist das bald wieder vorbei.

GOOD CLEAN FUN als Szenepolizei ...

Nein! Jeder muss für sich selbst Verantwortung übernehmen, dann braucht keiner eine "Szenepolizei". Das Ding ist, dass dumme Menschen nicht nur ein Problem für sich selbst, sondern auch für andere darstellen. Klar will man anderen Leuten nicht vorschreiben, wie sie sich zu verhalten haben, aber wenn es darum geht, anderen klarzumachen, dass man eben nicht sexistisch oder rassistisch ist, dann geht das eben nicht anders. Und irgendjemand muss es ja sagen, oder? In dieser Hinsicht fühle ich mich mit dem Etikett "scene police" also durchaus wohl, irgendwer muss sagen, was geht und was nicht. Außerdem sind wir ja nicht die erste und einzige Band mit solchen Statements, und sicher auch nicht die letzte.

Glaubst du, du wirst es irgendwann mal leid sein zu "predigen"?

Haha, nein, auf keinen Fall. Aber es hat mich viel Kraft und Zeit gekostet, diese neue Platte zu machen. Drei Jahre hat es gedauert, und es war ein harter Kampf, denn ich wollte nicht die gleiche Platte machen wie die davor. Okay, ich muss zugeben, so wirklich anders ist "Between Christian Rock ..." nicht geworden, aber so billig das auch klingen mag, so halte ich es doch für einen Schritt vorwärts. Und solange ich es spannend finde, über irgendwas zu schreiben oder zu reden, werde ich das auch tun. Und auch ohne mich wird Hardcore weiter existieren, wenn ich selbst alt geworden bin und nicht mehr mitbekomme, was da draußen alles für Bands existieren. Es ist gut zu wissen, dass das, wofür wir immer gekämpft haben, Bestand hat. Hardcore hat ein Eigenleben, neue Ideen kommen dazu, aber es gibt eine gewisse Selbstreinigungskraft. Jedenfalls bin ich sehr froh darüber, Teil dieser Szene zu sein.

Was treibst du außerhalb von GCF?

Ich kümmere mich um mein Studio, mein Label und meine Merchandising-Firma, und das reicht eigentlich auch. Es hat aber alles mit Musik zu tun, was anderes mache ich nicht. GOOD CLEAN FUN ist letztlich nur ein Hobby, aber ich liebe es. Abgesehen davon reise ich gerne, und da fahre ich dann dahin, wo man mit der Band nicht touren kann.