KNIGHTS OF THE NEW CRUSADE

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Hallelujah Rock'n'Roll

Schon mit ihrem ersten Album "My God Is Alive, Sorry About Yours" konnten die KNIGHTS OF THE NEW CRUSADE aus Kalifornien die sonst atheistische Ox-Redaktion von ihrem segensreichen Tun überzeugen, und jetzt, passend zur Veröffentlichung des zweiten Albums, schafften es Mike Lucas (den man auch von den legendären PHANTOM SURFERS kennt) und seine Band einige Konzerte in Deutschland zu spielen. Und man hatte uns nicht zu viel versprochen, die Show in Münster war wirklich eine intensive spirituelle Erfahrung, die mich so manche in der Vergangenheit gemachte Äußerung über christliche Bands (beinahe) bereuen lässt. Kein Wunder, fiel doch auch schon Jello Biafra der Überzeugungskraft der Ritter zum Opfer und erklärte sich bereit, den neuen Longplayer "A Challenge To The Cowards Of Christendom" auf Alternative Tentacles zu veröffentlichen, ja dafür sogar das legendäre AT-Logo mit dem zerbrochenen Kreuz durch eine christliche Variante zu ersetzen (siehe unten). Wer immer also Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Tuns und der Aussagen der Knights hegte, dürfte nach diesem Interview mit Mike und John womöglich anderer Meinung sein ...


Ihr seid derzeit auf eurem ersten Kreuzzug durch die Alte Welt ...


Mike: Ja, es ist unser Kreuzzug, und John hat sogar Familie hier, in Tübingen.

Und, wie ist es so? Sind eure gläubigen Anhänger hier anders drauf als in den USA?

John: Na ja, das hängt von der Stadt ab. In Dresden etwa reagierte das Publikum mit deutlichem Unmut, als wir mit ihm den Sieg unseres Glaubens über den gottlosen Kommunismus feiern wollten. Da gab es doch tatsächlich Buhrufe! Da herrscht wohl immer noch eine Kommunismus-Nostalgie, da wurde "Fuck Jesus!" gerufen. In Hamburg wiederum war es sehr schön, dass die Jesus Freaks zu unserem Konzert kamen - und das Konzert in so geringer Entfernung zur Sünde der Reeperbahn war eine besondere Erfahrung. Aber an solch sündigen Orten werden wir eben auch nötiger gebraucht als überall sonst.

Mike: Oft finden wir an solchen Orten auch die tolerantesten Menschen, oder aber es geht uns so wie bei einem Punk-Festival in New Orleans, wo ein Typ das ganze Konzert über mit gestrecktem Mittelfinger vor uns stand.

Ihr müsstet die Sünde doch gewohnt sein, als Band aus San Francisco mit seiner großen Schwulenszene.

Mike: Wir wohnen auf der anderen Seite der Bucht, in Emeryville, und da sind wir von Bakersfield hingezogen. Wir ließen uns damals von der "berühmten" Garage-Szene der Bay Area anlocken, und als wir dann da waren, war die kaum noch existent. Was nun die Schwulenhauptstadt der USA anbelangt, so sind die Schwulen natürlich Sünder - aber das sind wir anderen alle auch. Ich weiß nicht, wie andere Christen es immer wieder schaffen, das anders darzustellen. Jesus selbst hat sich ja immer dagegen ausgesprochen, sich über andere zu stellen, sich selbst als überlegen und besser darzustellen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass viele Christen sich gar nicht die Mühe machen, die Bibel zu lesen.

John: Speziell dann, wenn sie in ein politisches Amt gewählt werden ... Die Politiker in unserem Land legen sich gerne ein christliches Mäntelchen um, um unter diesem die schlimmsten Verbrechen gegen die Menschheit und Gott zu begehen. Ihr Handeln ist nicht vereinbar mit dem, was in der Bibel steht.

Wie ist eure Band in diesem Kontext zu verstehen?

John: Wir sehen uns als Antwort auf die Perversion des Christentums in unserem Land. Dabei weiß ich aber nicht so recht, ob wir hier in Europa auch so verstanden werden.

Mike: Das zieht sich als Thema durch unser gesamtes Album. Deshalb haben wir es auch "A Challenge To The Cowards Of Christendom" genannt. Da ist ein ganz feiner Unterschied zwischen "Christianity" und "Christendom", wobei Letzteres Leute bezeichnet, die zwar viel von Jesus reden, aber nichts davon verstanden haben, was der gesagt hat. Etwa solche Menschen, die nur über Jesus reden, weil es ihnen politische Macht verspricht oder beim Geldverdienen hilft. Mit echten Christen haben die nichts zu tun, und das schließt auch George W. Bush ein. Keine Ahnung, was in seinem Herzen ist, ob es dämonische Einflüsse sind, die ihn zu seinem Tun verleiten, aber auf jeden Fall ist es nicht vereinbar mit dem christlichen Glauben.

Nun ist es ja aber mit gläubigen Menschen so, dass die immer, welcher kleinen oder großen Gruppe sie auch angehören, der Meinung sind, sie allein hätten Recht und die anderen alle nicht ...

John: Nun, wie Mike vorhin schon sagte, wir sind alle Sünder, und wichtig ist nur, dass du Jesus in dein Herz lässt. In diesem Punkt ist die Bibel ganz klar, darüber kann man nicht diskutieren. Lebe als möglichst guter Mensch, aber sei dir bewusst, dass niemand perfekt ist, auch du nicht.

Auf der Bühne habt ihr euch negativ über den Katholizismus ausgelassen. Seid ihr euch nicht im Klaren darüber, dass das in Deutschland nicht besonders gut ankommt? Schließlich hat ja die größte Zeitung unseres Landes die Sache mit "Wir sind Papst!" klar auf den Punkt gebracht.

Mike: Nein, nein, nein, nicht wir müssen da aufpassen, sondern die Menschen in Deutschland! Wir sprechen die Wahrheit aus: Die Menschen hier müssen Vorsicht walten lassen und dürfen nicht der Versuchung anheim fallen, den Papst zu verehren. Der ist nämlich auch nur ein Mensch. Wenn er predigt, was in der Bibel steht, gut - wenn nicht, wenn er die Botschaft Jesu verändert, dann liegt er falsch. Es gibt natürlich Ultra-Protestanten, die in der Katholischen Kirche den Antichristen selbst sehen, aber so weit wollen wir nicht gehen. Wir verdammen niemanden, nur weil er Katholik ist, aber wenn dein Herz dem Papst zu viel Platz einräumt, hat Jesus nicht mehr genug Platz darin. Das ist die einzige Warnung, die ich den Menschen in Deutschland zukommen lassen will. Denn auch wenn der Papst das mit seinem Logo suggeriert, so hat auch er nicht den Schlüssel zum Himmel. Den hat nur Jesus, when he comes back.

Heißt das nicht "if he comes back"?

Mike: Nein, "when". Es heißt ja "wenn er zurückkommt", nicht "falls er zurückkommt". "If" hieße "vielleicht, vielleicht auch nicht", während "when" bedeutet, dass es passieren wird, aber wir nicht genau wissen, wann.

Ach so ... Danke für den Hinweis, so gut ist mein Englisch dann wohl doch nicht ... Wenn ich mal einen Song von euch teilweise zitieren darf: "E is for evil", but beer is for drinking oder was? Ihr habt Bierflaschen in der Hand, während wir dieses Interview führen.

Mike: Wir hatten dazu früher eine andere Meinung, aber nach vielen Gesprächen haben wir dann eingesehen, dass wir von unserer strikten Einstellung gegen Alkohol abrücken müssen. Dabei hat mir auch eine Konversation mit Jesus Freaks aus Deutschland geholfen, die mir die Augen dafür geöffnet haben, dass auch Jesus Alkohol trank und dafür von seinen Kritikern angegriffen wurde.

John: Man muss nur aufpassen, dass man das richtige Maß findet, dass man nicht sein ganzes Denken vom Alkohol bestimmen lässt.

Mike: Genau, und wenn man zu viel getrunken hat, passiert es auch leicht, dass man sich wie ein Idiot aufführt. Da wacht man dann am nächsten Tag auf und hat das Gefühl, Gott würde einen nicht mehr lieben - was aber nicht stimmt. Jedenfalls gibt es keine klaren Aussagen zum Thema Alkoholkonsum von Jesus. Was E, also Ecstasy, anbelangt, so habe ich aber mehrfach gesehen, was das mit Menschen anrichten kann, und deshalb auch unser Lied dazu.

Ein großer Erfolg für euch als Band, für eine Band mit solch einer Aussage, ist es sicher, dass Jello Biafra euch auf sein Label geholt hat. Dort haben ja nun in der Vergangenheit auch ganz andere Bands veröffentlicht, die teilweise die Christen ganz böse angegriffen haben.

John: Jello ist ein Mensch mit starken Überzeugungen, und das sind wir auch. Ich denke, das mag er an uns, und auch, dass wir vom christlichen Rock-Establishment an die Seite gedrängt werden. Die wollen mit uns nichts zu tun haben.

Warum?

Mike: Nun, ich will da nicht vorschnell urteilen, aber mir scheint, dass so mancher von denen sich mehr um sein Wohlergehen im irdischen Dasein kümmert, als um das, was ihn im Himmel erwartet. Und nicht wenige Bands spielen zwar sehr gerne Touren ausschließlich in christlichen Clubs, aber wenn man sie dann nach ihrem Glauben befragt, haben sie nicht viel zu sagen. Dabei ist es für einen Christen doch das Schönste, anderen von seinem Glauben erzählen zu können. Stattdessen schreiben die ihre ach so gefühlvollen Emo-Songs und stellen sich dann hin und kritisieren uns. Warum? Vielleicht haben sie Schuldgefühle, weil sie tief in sich drin wissen, dass sie sich mehr anstrengen müssten mit ihrem Glauben. Oder sie haben den christlichen Glauben einfach nicht verstanden.

Ist die christliche Rockszene in den USA denn wirklich so ein abgeschlossener, elitärer Haufen?

Mike: Ja, und in gewisser Weise unterscheidet sie sich nicht von der Punk-Szene. Wenn du da Teil der D.I.Y.-Szene bist, kannst du auch in jeder Stadt irgendwo spielen - aber nur, wenn du auch wirklich dazugehörst. Wenn du dann aber mit so einer Band bei einem Majorlabel unterschreibst, obwohl du vorher immer gegen die Majors gewettert hast, dann wirst du ganz schnell merken, dass sich die Leute von dir abwenden. Und so ist es mit diesen ganzen christlichen Bands. Die fingen klein an, waren auf einem kleinen christlichen Label, spielten in christlichen Clubs und Gemeindehäusern - und dann unterschrieben sie bei einem Majorlabel und plötzlich sind ihre Texte kaum noch christlich. Ich will jetzt nicht schlecht über andere reden, aber speziell das Tooth & Nail-Label wird immer genannt, wenn es um besonders heuchlerisches Verhalten geht, und die sind auch für Geschäftspraktiken bekannt, die man nicht wirklich als christlich bezeichnen kann. Aber ich kann nicht in ihre Herzen schauen, ob sie vielleicht nur vom rechten Wege abgekommen sind oder ob da Absicht dahinter steckt.

Sie sind also so was wie die Händler, die Jesus aus dem Tempel verjagt hat.

Mike: Exakt!

Sind es denn dann auch womöglich diese Menschen, die so böse Gerüchte über euch verbreiten? Ich meine, es gibt immer wieder Leute, die sagen, ihr wärt gar keine echte christliche Band, sondern würdet das nur zum Verarschen machen.

Mike: Das ist gut möglich. Aber es kommt auch von Menschen, die nicht akzeptieren wollen, dass auch Christen Spaß haben können. Für die sind Christen so sauertöpfische, ernste Typen, die nie lachen, und da ist es klar, dass die mit uns so ihre Schwierigkeiten haben. Und in irgendwelchen Foren behaupten Leute, Dinge über uns zu wissen, weil sie angeblich die Freundin des Drummers kennen - dabei hat der gar keine. Na ja, so läuft das halt.

John: Und um ein beliebtes Gerücht aufzuklären: Siehst du hier irgendwo Russell Quan von den MUMMIES? Nein? Siehst du ...

Mike: Das war auf dieser Tour bislang der Running Gag: Immer wieder wurden wir gefragt, wer von uns denn bei den MUMMIES war. Keiner natürlich, aber die Leute fragen trotzdem, denn sie haben es ja im Internet gelesen, also muss es doch stimmen, haha.

Was ist eigentlich aus den Eimern, äh, Helmen geworden, die ihr auf den Fotos tragt? Die habe ich vorhin beim Konzert vermisst.

John: Damit konnte man nicht spielen, es wurde einfach zu heiß darunter.

Mike: Außerdem wackelten die auf dem Kopf herum, und man hörte nichts mehr. Und dann haben wir sie wohl bei einem Konzert irgendwo aus Versehen vergessen ... Da sind die Kapuzen aus diesem Kettenhemden-Material, die wir jetzt verwenden, ein klarer Fortschritt.

Mike, du hast das ganze Konzert über mit deinem Kreuzfahrer-Schwert herumgefuchtelt, und da hatte ich in der ersten Reihe schon Angst, verletzt zu werden. Gab es da schon Opfer?

Mike: Nein, bisher nicht - nur ich selbst. Mir ist das Schwert mal bei einem Konzert mit der Spitze auf die Zehen gefallen ... Und ich bearbeite damit auch gerne mal die Bühne, aber hier im Club schien die mir sehr teuer zu sein, da wollte ich das nicht riskieren.

Und im Flugzeug ist das Schwert kein Problem?

Mike: Ich habe es ja nicht im Handgepäck. Und bisher durfte ich es auch nur in einen Club nicht mit hinein nehmen, das war in Las Vegas.

Spielt ihr denn in den USA eher in christlichen Clubs oder in "normalen"?

Mike: Eher in ganz normalen Clubs, denn ich bin der Meinung, dass man sonst nur vor Leuten spielt, die wir nicht mehr zu überzeugen brauchen. Abgesehen davon, dass die Leute dort irgendwie auch unsere Musik nicht zu schätzen wissen. Aber das ist okay, schließlich fühlte sich auch Jesus unter Huren, Zöllnern und so am wohlsten

Wie kommt ihr denn mit Moslems klar? Für die sind die Kreuzzüge ja immer noch eine große Schmach und es werden die USA und ihre Verbündeten und deren Einsatz im Irak oft als neuer Kreuzzeug gegen den Islam wahrgenommen.

Mike: Aus diesem Grunde sprechen wir ja auch von einem "neuen Kreuzzug", und das ist ein rein spiritueller. Es geht uns nicht um einen Kriegszug im klassischen Sinne. Wir mussten uns für diesen Begriff schon oft rechtfertigen, auch gegenüber anderen christlichen Bands. Aber schon Jesus verstand man immer zu wörtlich, seine Anhänger dachten, er würde eine Revolution anführen und die Römer vertreiben. Wie auch immer, wir haben keine Probleme mit Moslems, machen jetzt sogar eine Split-Single mit einer Underground-Rockband aus dem Iran. Die wiederum sehen den Begriff "Jihad" diskreditiert und missverstanden.

Ich habe gehört, dass ihr im August auf dem Jesus Freaks-Festival hier in Deutschland spielen werdet - stimmt das denn?

Mike: Ja, und wir freuen uns schon darauf. Die kamen zum Konzert in Hamburg, und da haben wir alles abgesprochen.

Aus Hamburg kommen auch die JESUS SKINS - kennt ihr die?

Mike: Ja, ich habe von denen gehört, und mir wurde gesagt, dass die das womöglich nur zum Spaß machen, dass das ein Fake sei.

Nein, also das kann ich mir absolut nicht vorstellen.

Mike: Na, dann ist ja gut. Wir werden halt auch immer wieder als Spaßband bezeichnet, die das alles nicht ernst nehmen würde. Aber wir stehen da drüber, und wichtig ist nur, dass die Leute überhaupt zu unseren Konzerten kommen. Irgendwann werden sie unsere Botschaft schon verstehen.