GARDEN GANG

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Blumengrüße aus München

Die Münchener GARDEN GANG verbindet seit Jahren eine enge Freundschaft mit TV Smith und stellte auch schon mal die Backing-Band für den UK-Veteranen, wofür er sich mit Gastauftritten als Backing-Vocals-Spender revanchiert. Mit "Shoppers United" erschien Anfang 2006 das bislang ausgereifteste Album der eigenwilligen GARDEN GANG, die der seltene Fall einer Band sind, die sich wirklich um einen eigenständigen Stil bemüht. Klassischer England-Punkrock zählen zu ihren Einflüssen, aber auch so ein gewisser Achtziger-Wave-Touch ist vorhanden, und so befragte ich Frontmann Pamp zu einigen Aspekten seiner ständig tourenden Formation.


Was bitteschön ist eine "Garden-Gang"? So was wie Sandkastenrocker, oder doch eher eine Band von Landschaftsgärtnern?

Einen Landschaftsgärtner hatten wir zwischenzeitlich tatsächlich mal am Schlagzeug sitzen. Ansonsten gibt es in unserem Garten weder einen Sandkasten noch irgendwelche Gärtnergesellen. Aber zu deiner Frage: eine "Garden-Gang" entstand aus dem einfachen Grund, weil uns in der Entstehungsphase weder Proberaum noch Equipment zur Verfügung standen, aber eben ein Garten, in dem wir mit Akustikgitarren und Small Percussion wie Bongos, Kongas und allen möglichen Schepperzeux die ersten Songs einspielten, um schon bald darauf die erste Deutschlandtour zusammen mit TV Smith zu bestreiten. "Garden gang" ist im Übrigen auch ein Song von THE BOYS, den sie mal für eine Kinderbuchserie aufnahmen, der aber meines Wissens nie zum Einsatz kam.

Kannst du mal einen kurzen Abriss eurer Bandhistory geben und die Mitglieder vorstellen?

Zwischen 1993 und 2000 entstanden fünf CDs und wir absolvierten an die 500 Auftritte landauf, landab mit Bands wie STIFF LITTLE FINGERS oder THE DAMNED und vielen anderen tollen Acts. 1996 wäre es fast zu einem Major-Plattendeal gekommen nach der Produktion unserer "I'm Not Responsible"-Single mit dem amerikanischen Produzenten Ken Rose. Nach einem skurrilen Auftritt auf der Popkomm '96, ungünstigerweise zeitgleich mit den BACKSTREET BOYS, wo unsere damalige "angehende" Plattenfirma mit einer Riesenpalette Promo-Gießkannen antrat und jeder Idiot auf der Messe dann mit einer grünen Plastikgießkanne in der Hand herumrannte, verlief jedoch wieder alles im Sande. Nach vielen Besetzungswechseln bin ich nun das einzige Gründungsmitglied, das es ins neue Jahrtausend geschafft hat und somit auch Alleinherrscher. Mit den aktuellen beiden Alben "Follow The Trend", 2003, und "Shoppers United", 2006, konnten wir unsere Live-Präsenz noch steigern. Das aktuelle Line-up besteht aus PamP und Ann Dee - die Stimmen -, Steff an der Gitarre, der Jaro ist neu am Bass dazugekommen, genauso wie Lulu am Schlagzeug, der im Mai seine ersten beiden Auftritte in Madrid absolvierte. Auch neu, hin und wieder live mit dabei, unser Studio-Orgler und Pianist Muskel.

München, für manche eine No-Go-Area, von wegen Bayern und Schickeria-verseucht, für andere eine Stadt mit kleiner, aber feiner Punkszene. Euer Kommentar?

Ja, seltsam, es trifft wohl beides zu. Ich mochte München nie sonderlich, auch wenn es mein Geburtsort ist, konnte ich mich nie so wirklich damit anfreunden und eine Wohnung in dieser Stadt könnte ich mir eh finanziell nicht leisten. Diese Stadt vermittelt mir immer wieder aufs Neue das unangenehme Gefühl, auf irgendeine Art und Weise überwacht und ausgenommen zu werden. Die Polizeipräsenz hat gerade in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Deswegen gehe ich lieber auf Tour und entspanne mich in der Provinz.

Seid ihr denn in München Teil einer bestimmten Szene oder eher Eigenbrötler?

Wohl eher Eigenbrötler, wobei ich natürlich viele sehr nette Leute der Münchener Szene kenne, sie kennen mich, nur wir treffen eben nicht allzu oft aufeinander. Auf unseren Konzerten in und um München findet sich dann auch ein sehr bunt gemischtes Publikum.

Ihr seid ja doch recht präsent im Rest der Republik und mit schöner Regelmäßigkeit auf Tour. Wie vereinbart man das mit seinem normalen Leben, was macht ihr sonst so?

Wenn du so willst, ist das mein "normales" Leben. Der Rest der Gang ist irgendwie freiberuflich tätig, Steff ist Gitarrenlehrer, Jaro, unser neuer Basser, ist Kurator und auf Kunstausstellungen anzutreffen, Andi, die Co-Sängerin kümmert sich um lästige Steuerangelegenheiten von irgendwelchen Chaoten, wie zum Beispiel dem Team von "Pogorausch", das sind die, die das Punkerbier brauen oder brauen lassen und versuchen, dieses an die Leute zu bringen, und was der neue Drummer so macht, ist mir selbst auch noch nicht so ganz klar. Jedenfalls haben alle die Möglichkeit, sich genügend Freiraum zu schaffen, um jederzeit auf Tour gehen zu können.

Mir scheint, ihr legt auch auf die optische Komponente viel Wert, steigt nicht in Alltagskleidung auf die Bühne und habt mit Ann Dee eine Co-Sängerin, die durch ihren extravagant-zappeligen Tanzstil auf jeden Fall ein Hingucker ist. Ach ja, ist die Dame mit irgendwem in der Band verbandelt ...?

Ich weiß ja nicht, was du unter Alltagskleidung verstehst und wie die denn aussehen soll, aber na gut, ich sehe das so: Ein Bühnenauftritt ist wie ein Rendezvous, nur eben eines mit dem Publikum. Bei einem Rendezvous versucht jeder sich so zu zeigen, wie er gerne vom Anderen gesehen werden möchte. VerBANDelt ist unsere Co-Sängerin nur mit der GARDEN GANG. Falls du Näheres erfahren willst und vielleicht sogar ein Rendezvous mit ihr anstrebst, solltest du aber besser nicht mit Joggingsanzug und Sandalen antreten ... wenn das deine Alltagskleidung sein sollte.

Wie kamt ihr mit TV Smith in Kontakt, und wie ist es, mit dieser "grauen Eminenz" zusammenzuarbeiten?

Ich traf TV Smith zum ersten Mal 1990, nach einem Auftritt mit seiner damaligen Band CHEAP, in einem kleinen Club in London, ich war mehr als beeindruckt und wir kontakteten bald daraufhin, um eine Deutschlandtour für CHEAP zu organisieren, die leider nicht mehr zustande kam, denn die Band ging kurz darauf auseinander, und so wurde daraus 1992 die erste TV Smith-Solo-Tour in Deutschland. Seither sind wir sehr gut befreundet und deswegen auch immer mal wieder zusammen auf Tour oder im Studio. Es ist ein sehr netter, feinfühliger, umsichtiger und umgänglicher Mensch und wir kommen bestens miteinander klar. Ich hab sehr viel von ihm gelernt und ich freu mich schon sehr auf die ersten gemeinsamen Auftritte mit ihm im August in England, besonders aufs Wasted-Festival in Blackpool, das dieses Jahr leider zum letzten Mal stattfinden wird.

Musikalisch macht ihr von jeher einen ganz eigenen Sound, was ich sehr schätze. Nun gab es dazu schon viele Vergleiche und Deutungsversuche, deshalb erläutere doch mal selbst, was die bevorzugten Bestandteile sind.

Ich würde einfach sagen, es ist eine Symbiose von Punk, Glam, Beat, und Rock'n'Roll.

Die Texte sind bei euch wichtig, das merkt man bei genauerer Beschäftigung, sind nicht nur Blabla und Phrasen zur Musik. Wer schreibt die, und was ist da die Herangehensweise? Dazu dann auch die Frage nach dem Albumtitel/-song und seiner Aussage.

Die Texte schreibe ich. Meistens gibt es dazu im Vorfeld schon eine musikalische Skizze und eben solche Blabla-Phrasen, die ich dann im Laufe der Entstehungsphase des Songs zu einer Story umgestalte. Allerdings kommt es auch manchmal vor, dass es eine fertige Geschichte gibt, die dann vertont wird, wie zum Beispiel bei "The torch". Bei "Shoppers united" stand erst die Musik, der Text kam später. Es geht darin um die ständige Bedrohung durch die Kommerzwelt, in der wir leben. Die Belästigung nimmt ständig zu, via Internet, übers Telefon, im Briefkasten, an der Wohnungstür. An jeder Ecke versucht irgendjemand, einem irgendetwas anzudrehen und bringt so manchen dadurch in Bedrängnis. Um nicht an Ansehen zu verlieren, lassen sich viele in den finanziellen Ruin treiben. Ohne Kredite und Leasing geht gar nichts mehr. Das Resultat ist oftmals ein halbseidenes Scheinleben auf Pump oder schlimmstenfalls der soziale Absturz bis in die Gosse.

Was hat es denn mit "The torch" auf sich? "Blair Witch Project Vol. 2" oder was? Und gibt es den "Parcel packer no. 1" in echt?

"The torch" ist unsere selbst durchlebte Suche nach dem Nachtquartier, nach einem Auftritt in Lübeln. Bei absoluter Mondfinsternis, ohne jegliche Art von Straßenbeleuchtung, irrten wir im Tourbus querfeldein irgendwo in den Weiten der Lüneburger Heide umher, um den Holiday Club Kamerun zu finden. Vermeintlich nahe dem Ziel entschieden wir uns, unglücklicherweise, den Bus abzustellen, um uns zu Fuß weiter auf den Weg zu machen. Wir teilten uns in Zweiergruppen. So ging die Odyssee in die nächste Runde. Keine Menschenseele weit und breit und absolute Dunkelheit. Da lief plötzlich dieser Film ab, den man aus unzähligen Horrorstreifen kennt, die Truppe trennt sich, das Unheil nimmt seinen Lauf. Das ist die Basisgeschichte zu "The torch", Fiktion ist nur das Finale, denn nach stundenlangen Umherirren in der Wildnis trafen wir schließlich alle am Bestimmungsort aufeinander und hatten dort in einer Art nordischen Blockhütte einen recht entspannten, idyllischen Aufenthalt. Gewidmet ist der Song dem ersten Kartoffelhotel Deutschlands, in Lübeln, und den Jungs von der SONDASCHULE, die nach unserem gemeinsamen Auftritt dort, wie uns am nächsten Tag berichtet wurde, "versehentlich" die Hotelbar und den Whirlpool zerlegten. Aber das ist eine ganz andere Geschichte ... Den "Parcel packer no. 1" gibt es ebenfalls in echt. Nach einer gescheiterten DJ-Karriere und intensivem Drängen seiner Ehefrau, den Job zu wechseln, entschließt er sich als Paketpacker sein Glück zu suchen. Als DJ war er daran gewöhnt, die Nummer Eins zu sein, so packt ihn nun auch im Paketlager der Ehrgeiz. Doch auch hier bleibt die Konkurrenz nicht aus. Aber er ist fest entschlossen sein Territorium und seine Position auf Biegen und Brechen zu verteidigen, um nicht an Anerkennung und Ansehen bei Arbeitskollegen, im familiären Umfeld und in der Nachbarschaft zu verlieren. Und schließlich müssen die anfallenden Zinsen für die aufgenommenen Kredite auch beglichen werden ...