MOSH MONSTER MÜNSTER Vol. V

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Today: SWEET ZOE

Heute moshen wir nicht. Heute tanzen wir nicht. Wir stecken die Hände in die Hosentaschen, nicken ein bisschen und wackeln rhythmisch in den Kniegelenken. Da fällt es gar nicht auf, dass man selber auch zum verwöhnten und arroganten Publikum dieser von zu vielen zu guten Bands heimgesuchten "Metropole Westfalens" gehören könnte, das keinen Bock auf Pogo hat. Heute ist das erlaubt, denn es gibt Easy Independent Rock featuring Emotion: SWEET ZOE, est. 1999.


Vor vier Jahren wollten sie wissen, wie das große Business von innen aussieht, dann stieg der Schlagzeuger aus. Lange dauerte es, bis ein passender Ersatz gefunden war, noch länger bis zum ersten Album. "The Ship's Made Fast" (2005) ist der bisher letzte, fein ausgearbeitete Aufruf der Band, sie zu unterstützen. Dabei gäben sie sich schon mit einem kleinen Label zufrieden. Sänger Ben erklärt: "Unser Problem ist, dass wir für größere Labels immer zu undergroundig klingen und für die netten, kleinen Undergroundlabels zu poppig. Es gab hier und da mal Interesse von Labels, aber getraut haben die sich bis jetzt nicht."

Dabei ist der Name der wichtigsten Referenz ihrer Musik ein bekannter: FAVEZ. Begeistert erzählt Ben: "Als ich FAVEZ das erste Mal gesehen habe, war ich wirklich sprachlos. Wie offen und ehrlich die mit Rock'n'Roll umgehen, ohne sich dabei in Klischees zu verlieren, wie sie prollige Riffs spielen, ohne zu posen. Ich hatte Angst davor, einen straighten Rockpart zu spielen, aber FAVEZ haben gezeigt, wie es geht." Auf Tour waren sie auch schon gemeinsam. Da gibt es viele Parallelen, die aber auch unbeeinflusst entstanden sind. Ben sagt, wie es ist: "Wir spielen unabhängigen Rock, den dann alle Emo nennen."

Stichwort Emo - ging es da nicht um Gefühle? Zum Thema persönliche Texte hat Ben eine für das Genre nicht ganz typische Meinung: "Ich bemühe mich um eine metaphorische Sprache, die es dem Hörer ermöglichen soll, die Texte persönlich, politisch oder intellektuell zu interpretieren." So weit, so bekannt. Aber: "Obwohl ich meine Gefühle benutze, um intensive Lyrics zu schaffen, erwarte ich nicht, dass sich irgendjemand für meinen persönlichen Kram interessiert. Das wäre ja absurd."

Viel Trauerarbeit muss der SWEET ZOE-Sänger ohnehin nicht leisten in seinen Texten. "Zoe" ist eine Ableitung vom griechischen "zoos" und bedeutet "Leben". Das süße Leben also. Eine wichtige Grundeinstellung für Ben, dem in jungen Jahren ein Schlüsselerlebnis widerfuhr: "Als ich 18 war, traf ich in Spanien ein paar Leute, unter anderem Zoe. Wir sprangen alle ins Auto, jagten die Atlantikküste runter, trafen viele unglaubliche Menschen, rasten zwischen geschlossenen Bahnschranken durch, pennten am Strand, versuchten, den Sinn des Lebens ausfindig zu machen, und flippten die restliche Zeit völlig aus. Ich habe in diesen Tagen viele Dinge zum ersten Mal getan und gedacht. Es kommt mir so vor, als hätte ich mehrere Jahre nichts anderes gemacht, als mit diesen Leuten zusammen das Leben zu kosten. SWEET ZOE ist der Versuch, dieses Erlebnis auf eine poetische Art und Weise zu verarbeiten. Deswegen handeln so viele Songs vom Meer und vom Reisen."

So positiv eingestellt, so harmonische Melodien auf der Pfanne, ungezählte weitere im Kopf - da muss die Frage nach dem Grund für die giftig Homepage-Farbgestaltung, Weiß auf knalligem Gelb, erlaubt sein. Schließlich ist für Bands ohne externen Vertrieb, neben ihrer Live-Präsenz, das Internet die wichtigste Kontaktstelle zur Öffentlichkeit. Wenn die Seite scheiße aussieht, kann die Band auch nichts taugen, so denken nicht wenige. SWEET ZOE nehmen es mit Humor: "Es handelt sich um einen technischen Fehler, verursacht durch einen Virus, der mutmaßlich von einem Brillenhersteller ins Rennen geschickt wurde, um noch mehr sehgeschädigten Kunden Brillen verkaufen zu können. Wir arbeiten daran, die Farbgebung zu korrigieren, werden aber durch die Kosten des Prozesses gegen die Firma daran gehindert, Kohle für unsere Webdesigner locker zu machen." Bis es soweit ist, empfiehlt Ben, Konzerte der Münster'schen Elektropunker PUNCH DEPARTMENT zu besuchen. Oder, noch besser: "Setzt euch eine Sonnenbrille auf und probiert sweetzoe.de aus!"