CRIMSON GHOSTS

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Der härteste Horror

Mit dem neuen Album der CRIMSON GHOSTS sollte ein für alle Mal klar sein: Mit schwülstigen Gothic-Sounds hat das Horrorpunk-Genre rein gar nichts zu tun. Wie keine andere Band hämmern die Kölner Geister auf ihre Instrumente ein und zeigen speziell Jerry Only und seiner Truppe, wie man heute klingen könnte, wenn man nicht nur auf die MISFITS-Namensverwertung aus ist. Wir baten CRIMSON GHOSTS-Gitarrist Jackal zum Interview.


„Carpe Mortem“, euer neues Werk, ist gerade erschienen. Beschreibt mal, was seit „Leaving The Tomb“ passiert ist. Immerhin habt ihr euch in der Szene in der Zwischenzeit einen guten Namen gemacht.

In den 18 Monaten zwischen dem Erscheinen von „Leaving ...“ und dem erscheinen von „Carpe ...“ haben wir, so oft es irgend ging, live gespielt. Auf diese Art und Weise haben wir uns ein wesentlich souveräneres Auftreten auf der Bühne angeeignet und viele neue Fans gewonnen. An unseren Fähigkeiten als Songwriter haben wir ebenfalls sehr hart gearbeitet, was man „Carpe Mortem“ sehr anmerkt. Dass wir uns einen Namen gemacht haben, kann man vielleicht auch damit belegen, dass wir einen Endorsement Deal mit der nordkalifornischen Customgitarrenfirma Monson Guitars abschließen konnten. Die Gitarren, die uns Brent Monson baut, sehen absolut abgefahren aus und sind auch qualitativ der Megaknaller!

Ihr seid offensichtlich eine ganze Ecke heftiger geworden und habt Singalong-Hymnen zugunsten von Aggressivität zurück gestellt. War das von vornherein der Plan?

Ich denke nicht, dass wir das eine wegen des anderen abgeschafft haben. Im Gegenteil; wer sich die Zeit nimmt, unsere neuen Songs mehr als nur einmal zu hören, und sich auf sie einlässt, wird schnell merken, dass man sehr wohl lauthals mitsingen kann. Dass wir härter geworden sind, kann und will ich nicht bestreiten, aber die Mischung mit den sehr melodischen bis zu dreistimmigen Chören, ergibt eine ziemlich publikumskompatible Mischung, wie wir auch schon live festgestellt haben. Ein Plan stand jedenfalls nicht dahinter, sondern es entwickelte sich auf ganz natürliche Weise.

Horrorpunk ist ja nicht nur ein Punk-Spielrichtung, sondern integriert auch Elemente von Gothic und Rockabilly. Ihr dagegen habt eine echte Metal-Kante. Keine Angst, einige Fans zu verschrecken?

Ich wüsste nicht, dass mal irgendwo ein Leitfaden aufgetaucht wäre, wie Horrorpunk genau zu klingen hat, oder wie er auf keinen Fall sein darf. Fakt ist, dass wir vielleicht einigen Leuten mit unserer Spielart vor den Kopf stoßen, aber die Mehrheit begrüßt es sehr, dass es bei uns massiver als bei anderen Bands zu Werke geht. Wer uns nicht mag, weil im Horrorpunk keine Metaleinflüsse vorhanden sein dürfen, der hat das Prinzip des Horrorpunk schlichtweg nicht verstanden. Aber wer weiß – vielleicht gibt es ja in Zukunft auch vermehrt Balladen oder bluesige Stücke ... Man kann nie wissen, was bei uns als nächstes passiert.

In euren Texten sind die üblichen Verdächtigen zu Gange: Leatherface, tote Mädchen und lebendig Begrabene. Was inspiriert euch immer aufs Neue, bekannte Horrorthemen umzusetzen? Habt ihr keine Lust mal einen richtigen Sauf- und Party-Song zu schreiben?

Unsere Songs sind absolut partytauglich, da ändert auch die textliche Thematik nichts dran! Horror ist ein großer Teil meines Lebens, so brauche ich gar nicht lange nach Inspiration zu suchen, sondern kann jeder Zeit aus den Vollen schöpfen. Wer lieber Sauflieder mit entsprechendem Text hören will, ist bei Onkel Tom besser aufgehoben ...

Euer „Necrobabe“, einer eurer besten Songs des ersten Albums, erfährt eine Auferstehung mit einem ebenso großartigen Song. Wie kam es dazu? Und überhaupt: Was macht tote Frauen so attraktiv?

„Night of the dead promqueen“ ist so gesehen das Prequel zu „Necrobabe“ und beleuchtet die Geschichte von Mary, bevor sie aus dem Reich der Toten zurückgeholt wurde und warum sie überhaupt starb. Die Idee dazu kam mir gleich, nachdem „Necrobabe“ fertig war, und schon jetzt kann ich ankündigen, dass auf unserem dritten Album ein weiterer Teil der Story um Mary verewigt sein wird.

Ihr wart gerade auf Tour mit BLITZKID. Irgendwelche wilden Storys vom Tourleben? Welche Friedhöfe habt ihr besichtigt?

Wilde Storys? Wo denkst du hin? Morgens sind wir gemeinsam in die Kirche zur Messe gegangen, haben abends unsere Shows gespielt und sind anschließend mit einer Tasse heißem Kakao auf unsere Zimmer gegangen!

Euer Bandname schreit ja förmlich: „MISFITS!“. Habt ihr euch irgendwann geärgert, dass ihr einen solch offensichtlichen Namen gewählt habt? Und wie hat Jerry Only beim gemeinsamen Gig darauf reagiert?

Geärgert haben wir uns noch nicht über die Namenswahl, aber über einen Wechsel hatten wir tatsächlich einmal ernsthaft nachgedacht. Da uns aber nach „Leaving The Tomb“ viele Leute schon als CRIMSON GHOSTS kannten, wollten wir nicht für Verwirrung sorgen und behielten den Namen einfach bei. Jerry Only hat zu unserem Namen übrigens rein gar nichts gesagt, da wir ihn außer auf der Bühne nicht zu Gesicht bekommen haben, geschweige denn, dass er mit uns geredet hätte. Wer weiß, so wie der alte Herr im Moment drauf ist, kann es uns auch gut passieren, dass er uns verklagt und wir unseren Namen ändern müssen, hahaha ...

Jackal, du bist ja für fast alle Songs zuständig. Werden sich die anderen Ghosts auch in Zukunft mehr einbringen? Wenn ja, wie könnte das den Sound der Band verändern?

Auf dem neuen Album sind einige Songs vertreten, die der Reverend geschrieben hat. Monstro hat sich ebenfalls am Songwriting beteiligt und grundsätzlich muss man auch sagen, dass zwar die Rohfassungen aller Lieder bisher vielleicht von einer Person alleine geschrieben wurden, aber am Ende sind die Songs nur so wie sie sind, weil wir als Band sie zu dem gemacht haben.

Welche Experimente könntest du dir beim Sound der CRIMSON GHOSTS generell vorstellen?

Experimente sind für mich nur so lange interessant, wie sie auch live umsetzbar sind. Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, Elektro- oder Industrial-Sounds einfließen zu lassen, aber dafür müsste man dann neue Leute rekrutieren. Ansonsten sehe ich das Ende der Fahnenstange im CRIMSON GHOSTS-Sound noch lange nicht erreicht, man kann sich also auch bei Album Nummer drei auf Überraschungen gefasst machen!

Passend zur Musik, kommen auch euer Outfit und zum Beispiel die Ketten im Booklet eher splattermäßig rüber, mehr „Hellraiser“ als „Dracula“. Seid ihr eher Freunde des harten Horrorfilms? Welche sind eure Favoriten?

Ich mag beide Spielarten des Horrors sehr gerne, es kommt lediglich auf die Umsetzung an. Zu meinen Favoriten gehören: „The Thing“ von John Carpenter, „Day Of The Dead“, „Der Exorzist“, „The Grudge“, „The Descent“, „Omen“ – die Original-Trilogie , „A Nightmare On Elm Street“ und so weiter ...

Ihr seid ja eine der ersten Bands in Deutschland gewesen, die einen solchen Sound fabriziert haben, mittlerweile entstehen weltweit Hunderte von Horrorpunk-Bands. Was würdest du ihnen mit auf den Weg geben

Sie sollen versuchen, so schnell wie möglich ihren eigenen Stil zu finden, um so etwas Besonderes in der Masse zu werden. Bands mit Glenn Danzig-Klonen gab und gibt es bereits genug und die braucht niemand.

Joachim Brysch crimson-ghosts.de