BORN FROM PAIN

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The war is on!

Das vierte Studioalbum "War" der Holländer BORN FROM PAIN ist bei Erscheinen dieses Hefts schon ungefähr seit zwei Wochen auf dem Markt. Obendrein werden BFP zusammen mit NAPALM DEATH auch hierzulande ein paar Konzerte spielen. Die aktuelle Scheibe, das anstehende Bandjubiläum, Politik und die immer mehr voranschreitende Verschmelzung des Metal- und Hardcore-Lagers, natürlich durch Metalcore und der Wechsel zu Metalblade Records, waren für mich mehr als Anlass genug, dem sympathischen Gitarristen Karl mal auf den Zahn zu fühlen.



Karl, erst mal Gratulation zu eurem neuen Album "War". Es ist mal wieder typisch BORN FROM PAIN und, ehrlich gesagt, heavy as fuck.


Vielen Dank! Ich liebe es auch.



Vier Full-Length-Alben in zehn Jahren, das ist nicht gerade viel. Ist es so wichtig für euch, ein neues Album immer auf dem höchsten Level einzuspielen und deswegen dauert das so lange, oder seid ihr einfach die meiste Zeit auf Tour und könnt nicht ins Studio?

Nun, die Band gibt es schon seit zehn Jahren, das stimmt, aber das erste Full-Length-Album erschien ja erst im Jahr 2000. Das bedeutet, es sind eigentlich vier Alben in sechs Jahren. Also alle anderthalb Jahre ein neues Album und das ist sehr gut, denke ich. Davor hatten wir ja noch eine MCD und eine Split-7" draußen, aber wie du schon erwähnt hast, ist es uns natürlich immer wichtig, das Beste aus jedem neuen Album herauszuholen. Ich finde, das haben wir auch immer geschafft, speziell jetzt mit "War". Es ist für mich eindeutig unser stärkstes Album. Es ist zwar manchmal hart, Texte zu schreiben, während man ständig auf Tour ist, aber wir finden immer einen Weg, alles unter einen Hut zu bekommen.



"In Love With The End" war euer drittes Album. Ich glaube daran, dass sich mit dem dritten Album einer Band der weitere Werdegang entscheidend prägt und meistens auch ändert. Wie war denn die Reaktion der Fans seitdem? Kamen deutlich mehr dazu? Und vor allem, kannst du diese Meinung mit mir teilen beziehungsweise stimmst du mir zu?

Ich denke eher, dass jedes Album, das du herausbringst, von entscheidender Bedeutung ist, denn du bekommst oft keine Chance für einen zweiten Eindruck. Ich stimme dir also nicht zu, dass das dritte Album den weiteren Weg einer Band entscheidend beeinflusst. Wenn du schon ein schlechtes erstes Album machst, dann wollen die meisten das zweite und dritte Album schon gar nicht mehr hören, auch wenn es noch so ein Killer geworden ist. Manche Bands machen auch erst mit dem vierten oder fünften Album etwas richtig Gutes und bekommen so plötzlich einen Karriereschub. Ich denke, dass es viel wichtiger ist, jedes einzelne Album nach seinem individuellen Charakter zu bewerten und das tun wohl die meisten Leute. Als dann "In Love With The End" erschien, war die Resonanz überwältigend. Da haben auf einen Schlag eine ganze Menge Leute mitbekommen, dass es uns gibt. Ich meine, sobald wir auf unseren Konzerten Songs wie "Rise or die" oder "The new hate" spielen, drehen die Kids total ab. Von daher hast du Recht, dass "In Love With The End", unser drittes Album, uns schon sehr viel geholfen und weitergebracht hat. Ebenso wird es mit "War" sein. Unsere alten Fans werden den neuen Stoff lieben. Die Kritiker, die unsere Entwicklung nicht verstehen und immer wollen, dass eine Band so klingt, wie auf ihrem ersten Album, verstehe ich nicht. Was bringt es denn dann, ein neues Album zu schreiben? Wir haben jetzt vier Alben mit jeweils mindestens zehn Songs zur Auswahl, um sie live zu spielen. Da wäre es doch schlimm, die einzelnen Songs nicht nach ihrem individuellen Charakter bewerten zu können, weil alles gleich klingt.



BFP war nie eine Band, der es nur um den Style ging und den neuesten Trend. Diese Attitüde ist ja auch deutlich auf eurem neuen Album zu spüren. Ich finde aber auch, dass die ganze Grundstimmung des Albums düsterer ist als sonst. Siehst du das genauso?

Ich stimme dir in jedem Fall zu! Wir waren wirklich nie eine Band, die Trends hinterhergelaufen ist. Wir haben immer das gemacht, was wir wollten, auf einem musikalischen Level und dem, was BORN FROM PAIN sind und waren. Manchmal erweitern wir den Level über seine Grenzen hinaus ein wenig, manchmal sind die Grenzen starr. Aber immer klingt es nur nach uns. Ich denke auch, dass die Grundstimmung düsterer ist, was natürlich auch am Titelthema "Krieg" liegt. Die Musik ist für mich dieses Mal aber auch viel emotionaler, pulsiert regelrecht an einigen Stellen und atmet, bevor wir es wieder krachen lassen. Wir haben auf diesem Album viele verschiedene Gefühle eingefangen und ihnen dann freien Lauf gelassen und so kann jeder sich seinen Teil aus der Platte ziehen. Diesen Aspekt mag ich ganz besonders an "War".



Für mich ist "War" eindeutig euer bestes Album. Wie schon erwähnt, ist die Grundstimmung generell schon düsterer als auf den Vorgängeralben. Liegt es an der innenpolitischen Situation in Holland, oder was gab euch die entscheidenden Impulse?

Vielen Dank. Wie gesagt, für mich ist es auch unser bestes Album. Aber so negativ sind unsere Texte nun auch wieder nicht. Wir greifen Themen auf, die die Politik und die Missstände in der ganzen Welt betreffen, es hat also weniger mit der innenpolitischen Lage in Holland zu tun. Es gibt so viele Dinge, die global und zwischenmenschlich schief laufen, dass ich manchmal an der Menschlichkeit an sich zweifeln muss. In unserer modernen Gesellschaft brauchst du schon einen eisernen Willen, um nicht unterzugehen oder an der Scheiße zu ersticken, die so tagtäglich passiert. Wir wollen den Leuten mit unseren Texten Mut machen und ihnen helfen, nie aufzugeben und an sich selbst zu glauben. Es ist heute wichtiger denn je, auf Missstände hinzuweisen und den Menschen zu zeigen, dass es noch andere gibt, die genauso denken wie sie selbst. Wir wollen mit unserer Musik zeigen, dass man etwas verändern kann und das jeden einzelnen Tag aufs Neue. Wir als einzelne Individuen sind nicht anders als die Fans da draußen, aber gemeinsam können wir unsere Kräfte vereinen und etwas bewegen und uns gegenseitig nach vorne pushen.



Ihr konntet für "War" verschiedene Gastsänger verpflichten. Da wäre zum Beispiel Lou Koller von SICK OF IT ALL und Barney von NAPALM DEATH. Wie kam es dazu?

Hahaha, nun so richtig haben wir gar nicht zusammen gearbeitet, um ganz ehrlich zu sein. Jeder hat seine Vocals ohne uns aufgenommen, aber es stimmt, wir kennen die Jungs recht gut und sie sind zu echten Freunden geworden. Natürlich ist es aufregend, drei solch hervorragende Musiker auf unserem Album zu haben. Ich meine, ich gehe auf SICK OF IT ALL-Shows seitdem ich 16 Jahre alt bin, und Barney haben wir zum ersten Mal auf der Persistance Tour getroffen, als wir uns mit NAPALM DEATH einen Tourbus geteilt haben. Er ist sehr intelligent, witzig und ein großartiger Sänger. Er hat total verstanden, was hinter "War" steckt und hat seine Sache exzellent gemacht. Und nicht zu vergessen Jan von GOREFEST, der bei "Crusader" mitsingt. Es ist unglaublich, auch die Stimme einer so einflussreichen Band auf unserem Album zu haben. Wir sind alle total froh, dass die Jungs dabei sind und die Platte zu einem echten Killer machen.



"War" ist schon das zweite Album auf Metalblade Records. Warum habt ihr damals Gang Style Records verlassen?

Durch den Deal mit Metalblade ergab sich für uns die Möglichkeit, eine Stufe aufzusteigen mit einem größeren Label und so auf einen Schlag viel mehr Menschen zu erreichen. Wir sind froh, mit Metalblade zusammen zu arbeiten, denn sie unterstützen uns zu hundert Prozent.



Ich habe ein Review zu eurem Album geschrieben und darin euren Stil mit den in den 1990ern mächtigen MERAUDER verglichen. Wie stehst du dazu? Siehst du das als Kompliment?

Natürlich ist das ein Kompliment! MERAUDER waren eine sehr individuelle Band, als sie auf der Bildfläche erschienen. Sie waren einer der Haupteinflüsse für BFP und ich bin froh, dass du das immer noch in unseren neuen Songs heraushören kannst, gerade weil wir inzwischen ja auch noch viele andere neue Einflüsse verarbeitet haben. Wir sind immer noch dieselbe Band, die wir immer waren, wir fügen nur hier und da ein paar neue Dinge ein.



Inzwischen spielt ihr auf einigen der größten Hardcore- und Metal-Festivals, wie dem Wacken Open Air und dem With Full Force. Auf diesen Festivals habt ihr die Möglichkeit, Metalheads und Hardcore-Kids zu vereinen. Violent Dancing ist inzwischen auf Hardcore-Shows nichts Neues mehr, aber ich kann immer noch die Differenzen der beiden Lager spüren. Natürlich ist Metalcore der erste Schritt, diese beiden Stile zu vereinen, aber ich denke, auf den Shows herrscht oft mehr Gewalt, als nötig ist. Wie ist das mit den Konzerten in den USA? Gibt es große Unterschiede zu den Shows in Europa?

Es ist schwer, die Unterschiede genau zu beschreiben, denn wir sind nur vor einigen Jahren mal durch die USA getourt und das war eine reine Westküsten-Tour. Aber mein Eindruck ist, dass die Shows auf der ganzen Welt gleich ablaufen. Natürlich wird es hier und da mal ein paar Unterschiede geben, ich meine das Kickboxing hier und die Circle Pits da. Klar sind die Shows alleine in Europa schon unterschiedlich, aber generell wollen die Fans einfach Spaß haben, Moshen, Stagediven und ihre Runden im Pit drehen. Und so lange unsere Fans das genießen können, was wir tun, und dabei gegenseitig auf sich aufpassen, können wir uns doch nicht mehr wünschen.

Karl, vielen Dank für das Interview.