Reden ist Silber... O.k., bevor ich versuche, das den MOORAT FINGERS eigene Klanginferno auf allzu blumige Art und Weise zu umschreiben und das Bremer Nasty-Punk-Quartett dabei unbeabsichtigt - und wie in vorliegender Publikation unlängst geschehen - stilistisch in die Nähe eines schwergewichtigen rheinländischen Prollbarden rücke, halte ich lieber die Klappe und ziehe mich auf die im schmucken Bandinfo enthaltenen Informationen zurück. Ich habe nämlich keine Lust, die nächsten zwei Wochen damit zu verbringen, meine Schneidezähne aus den Handrücken diverser Bandmitglieder herauszuporkeln. Also: "Die MOORAT FINGERS sind ein Haufen untalentierter, idiotischer, schnorrender, opportunistischer Wichser. Angefangen haben sie als improvisatorische Jazz-Rock-Band, wobei ihnen ihre musikalische Inkompetenz allerdings so sehr im Weg stand, daß sie sich anschließend an New Wave, Country & Western, Skiffle, Oi und R&B versuchten, um letztendlich zu dem Schluß zu kommen, daß sie sich halbwegs glaubhaft als Punkrock-Band verkaufen könnten." Es ist gut möglich, daß du die MOORAT FINGERS hassen wirst und es ist sogar sehr wahrscheinlich, daß sie dich jetzt schon hassen, aber das ändert nichts an der Tatsache, daß auf den beiden Singles, die Gax (howl), Tim (twang), Jasper (plonk) und Todd (thump) bisher auf Into The Vortex und High Noon Records veröffentlicht haben, allerfeinster Kick-Ass-Rock´n´Roll aufgefahren wird. So buy ´em for art´s sake!

Oops, did I say art?

O.k., was gibt´s über die MOORAT FINGERS zu erzählen?

Gax: Nun, wir sind ganz einfach ein Haufen Idioten, der rockt, stimmt´s Jasper?

Jasper: Yep, ich denke, das bringt die Sache so ziemlich auf den Punkt.

Zwei Limeys, ein Yankee und ein Kraut, wie funktioniert das?

Gax: Wenn man aus derselben Stadt kommt, sich gegenseitig mag und sich zusammen betrinkt, dann funktioniert das eigentlich ganz gut.

Was hat dich denn nach Bremen verschlagen, Jasper?

Jasper: Ich bin damals für ein Konzert nach Bremen gekommen und bin dann irgendwie da hängengeblieben, weil ich gerade nichts Besseres zu tun hatte. Tim hat früher in Belgien gelebt und ist seit 1990 in Bremen.

Und warum ausgerechnet Bremen, wenn diese Stadt laut eurer eigenen Songtexte so beschissen ist, daß man sie bombardieren sollte?

Jasper: Gute Frage. Wenn wir das wüßten, dann würden wir wahrscheinlich etwas an der Situation ändern. Aber Neuss alias Neu-SS ist ja auch nicht unbedingt besser. Die ganze Stadt ist vollgekleistert mit Republikaner-Plakaten, man bekommt nichts zu trinken und der PA-Typ behandelt einen wie der letzte Dreck. Möglicherweise haben aber auch die STITCHES unser gesamtes Bier getrunken.

Gax: Jedenfalls habe ich dem Gitarristen meine Jägermeister-Pulle angeboten und der hat das Ding, ohne mit der Wimper zu zucken, sofort ge-ext.

So hat er heute Abend auch gespielt. Wie sieht das eigentlich bei euch mit ´nem Album aus?

Gax: Wir werden demnächst ins Studio gehen und mit Matthias, der früher bei PARTY DIKTATOR war und jetzt bei Joachim Witts Backing-Band spielt, einen Haufen Songs aufnehmen. Der liebt uns nämlich. Weshalb weiß ich zwar nicht, aber jedenfalls will er mit uns eine Platte machen. Wo die dann rauskommen wird, wissen wir noch nicht genau. Wahrscheinlich wieder bei Jens von Into The Vortex.

Jens: Was redest du hier eigentlich für´n Zeug?

Gax: Wie? Heißt das etwa, du willst unsere Platte nicht herausbringen? O.k., wenn du zu pussymäßig unterwegs bist, dann gehen wir halt zu Sony.

Tim: Nur zur Information: dieser Herr hat heute Abend eine ganze Flasche Jägermeister getrunken, und das, obwohl er ohnehin schon genug Scheiße redet, wenn er nüchtern ist.

Gax: Hey, fuck you! Jedenfalls haben wir vor kurzem Vier-Spur-Demos aufgenommen, aber leider war dieser Herr hier zu dämlich, den Direct-Button zu drücken und deswegen haben wir jetzt abgesehen von den ersten fünf Songs ein Demo in dufter Triple-Mono-Qualität.

Wieviele Songs habt ihr denn sonst noch aufgenommen, die ich noch nicht kenne?

Tim: Ehrlich gesagt kennst du keinen einzigen von den Songs.

Gax: Doch, ich hab´ ihm ein Tape geschickt. Insgesamt haben wir 13 Songs aufgenommen.

Tim: Die Aufnahmen auf dem Tape sind aber noch nicht mal fertig abgemischt.

Ist doch scheißegal! Die Songs sind jedenfalls allesamt Killer. Vor allem "Social retard".

Gax: Den Song wollten wir eigentlich heute Abend spielen, aber das Publikum war so dermaßen lahm, daß wir uns gedacht haben Scheiß drauf´.

Tim: Die sahen genauso gelangweilt aus wie wir.

Ihr seid ganz einfach nicht nett genug zu den Leuten. Euch fehlt die positive Ausstrahlung.

Jasper: Wir haben dasselbe Problem wie die STITCHES. Wir sind halt nur drei Rüpel mit ´nem faggy Dude als Sänger.

Gax : Fuck off, Jasper! Das praktische an "Social retard" ist übrigens, daß man den Song, je nach dem in welcher Stadt man gerade spielt, umdichten kann. Dann singe ich halt nicht mehr "Let´s bomb Bremen City, it´s so shitty, it´s so shitty!´ sondern "Let´s bomb Solingen City".

Oh, oh!

Gax: Als wir in Solingen auf diesem Weihnachts-Festival gespielt haben, waren da nur RAMONES-Copy-Bands und uns haben alle gehaßt. Die haben uns noch nicht mal ´ne Chance gegeben, sondern sind bereits rausgegangen, bevor wir überhaupt angefangen hatten. Ich mag die RAMONES, aber nicht diese Bands, die die RAMONES nachäffen. Wir alle haben DEE DEE RAMONEs Fanzine "Takin´ dope" sowie seine Memoiren gelesen, und ich muß sagen, DEE DEE ist cool, aber nicht besonders clever.

Tim: Wie lang schreibst du eigentlich schon fürs "Ox"? Hast du davor für ein anderes Fanzine geschrieben?

Gax: Hey, hey, laß den Scheiß! Das machen wir später. Wir haben nämlich vor, mit allen Leuten, die uns interviewen, ebenfalls ein Interview zu führen.

Tim: Ich halte das für eine gute Idee, ein Heft herauszubringen, in dem Fanziner interviewt werden. Das ist bestimmt besser als ein weiteres dummes Fanzine, das dumme Bands wie uns interviewt, die nichts als dummes Zeug erzählen.

Gax: Hey, ich hab´ jede Menge interessanter Sachen zu erzählen. Darf ich übrigens fürs Ox die neue MUDHONEY-Platte reviewen? Ich liebe diese Platte nämlich und alle anderen hassen sie. Auf dem Weg hierher wollten diese Ärsche hier schon das Tape aus dem Fenster schmeißen.

Jens: Gax ist ein verkappter Grunger. Der hat den ganzen Schrank voller Flanellhemden.

Tim: O.k., Schluß jetzt! Ich möchte mal festhalten, daß das hier offensichtlich ein Interview mit Gax und nicht eins mit den MOORAT FINGERS ist.

Gax: Du hast doch die letzten zehn Minuten ununterbrochen gesabbelt, während ich bloß zugehört habe. Ich hab´ nichts weiter gesagt, als daß ich die neue MUDHONEY-Platte reviewen möchte.

O.k., wer von euch war das nochmal, der vorher bei ECONOCHRIST gespielt hat?

Tim: Keiner! Siehst du, das ist nämlich eines der großen Mißverständnisse in Zusammenhang mit den MOORAT FINGERS. Todd hat bei A 38 zusammen mit jemandem gespielt, der vorher bei ECONOCHRIST war.

Gax: Und er war in CHRIST ON PARADE, den LED ZEPPELIN des Punk.

Tim: Und in THE POSSESSED und... öhm... ANGEL´S DEATH COCK oder wie auch immer diese andere satanische Band hieß. In unserer Bandgeschichte kann man nämlich sämtliche Musikstile wiederfinden: Crust, Punk, Jazz, New Wave und Gothic. Todd ist unser Crust-Dude.

Todd: Ich bin nicht crust.

Tim: O.k., dann halt unser Goth-Crust-Dude oder so.

Todd: Ich war immer schon Punk!

Tim: Nein, nein, nein, diese eine Band, in der du gespielt hast, war so eine Art kontemporäre... wie soll ich sagen?

Du brauchst gar nicht weiterzureden. "Kontemporär" ist schon schlimm genug.

Jasper: Und wir wollen ZYGOTE nicht vergessen und diese andere New-Wave-Bierzelt-Band.

Tim: Aber dann haben wir alle "Pulp Fiction" gesehen und uns entschlossen, es mal mit Surf Musik zu probieren. Kurz danach kam dann allerdings schon "Lost Highway" in die Kinos und als wir den RAMMSTEIN-Song auf dem Soundtrack gehört haben, dachten wir uns, daß es jetzt wohl an der Zeit wäre, etwas heavier zu werden.

Und jetzt, wo Till Schweiger einen "Punkrock-Film" dreht, in dem DEAD KENNEDYS-Songs zu hören sind, liegt ihr endlich voll im Trend.

Tim: Genau, daran orientieren wir uns. An "South Park" und diesem Till Schweiger-Typen, obwohl ich keine Ahnung habe, wer das überhaupt ist.

Gax: Tim interessiert sich nämlich nur für Hauke von den CELLOPHANE SUCKERS. Die beiden haben eine homoerotische Liebesbeziehung und rannten nach unserem letzten gemeinsamen Konzert nur mit Stiefeln und Sonnenbrillen bekleidet durch die Gegend. Davon handelt übrigens auch unser Song "Hey Suckers".

Hauke ist halt ein netter Kerl.

Tim: Er ist ein Sweetie Pie.

Todd: Yeah, you got lucky, buddy! Im Vergleich zu deiner letzten Freundin ist das eine erhebliche Verbesserung.

Tim: Eigentlich hatte ich es ja auf Christoph abgesehen, aber da ist mir Gax zuvorgekommen.

Hey, Jasper, das ist ein hübscher Sticker von Johannes Paul II. an deiner Jacke.

Jasper: Wir sind halt Christenpunks.

Tim: Jasper war in dieser christlichen Hardcore-Band namens UPRIGHT CROSS, die sich dann später in THE CROSS umbenannt haben. Wie lauteten nochmal diese wütenden Texte von euch? "Thou will... öhm... in the valley of the... äh... of the shadow of death I walk" oder so ähnlich.

Jasper: Genau! "I tell you why Jesus died on the cross, motherfucker!" Die Leute haben uns immer mit CRASS verwechselt.

Tim, wie ich bemerkt habe, gehörst du ebenfalls zum stetig wachsenden Club der mit einer 13 Tätowierten.

Tim: Das ist aber nur eins von diesen abwaschbaren Bravo-Tattoos.

Warum die 13?

Tim: Warum die 13? Nun, es gibt wahrscheinlich tausend verschiedene Gründe, sich ausgerechnet die 13 auf die Haut tätowieren zu lassen und eigentlich gefallen sie mir alle ganz gut.

Aber der wichtigste Grund unter den tausend wäre?

Tim: Das ist eine lange Geschichte, für die dein Tape leider nicht lang genug ist.

Ok, dann erzähl mir halt die Punch Line.

Tim: Die Punch Line lautet: 13! Wieso haben Deutsche eigentlich solche Probleme, die Nummer 13 zu verstehen?

Na und? Dafür verstehe ich zum Beispiel die 7 so gut wie kein Zweiter.

Tim: Aha, eine Fabelnummer. Deutsche mögen also eher nette, hübsche, glückliche Nummern.

Weiß ich nicht. Eigentlich sind Deutsche ja eher griesgrämig.

Tim: Kein Wunder, wenn man bedenkt, daß z.B. in Neuss eine Straße auf den Namen Adolfstraße getauft wurde.

Davon gibt´s mit Sicherheit in jeder deutschen Stadt eine.

Jasper: In Bremen haben wir dafür eine Kaiser-Wilhelm-Brücke.

Jeder Blödmann, der mal ´ne Pickelhaube getragen hat, bekommt irgendetwas nach sich benannt.

Jasper: Vielleicht ist das die deutsche Art der Vergangenheitsbewältigung.

Und niemand bewältigt seine Vergangenheit bekanntlich besser als die Deutschen.

Jasper: Ich wohne z.B. in der Dschingis-Khan-Straße und das interessiert in Bremen keine Sau.

Tim: Weil Bremen die lahmarschigste, linksliberalste Art-Fag-City in Deutschland ist. In der gesamten Stadt wimmelt es von langweiligen Mittelklasse-Idioten, die einen auf Künstler oder Musiker machen. Deswegen haben wir auch die Bremer Stadtmusikanten als Stadtwappen. Alles dreht sich um Arty Farty Shit. Willst du eigentlich nicht mal langsam die üblichen, dämlichen Standard-Fanziner-Fragen stellen?

Wie lauten die denn?

Tim: Na, du weißt schon: warum nennt ihr euch THE MOORAT FINGERS? Wie lange seid ihr schon zusammen? Was habt ihr für politische Ansichten? Seid ihr Vegetarier? Sowas halt.

Ich weiß doch schon, wie ihr an den Namen gekommen seid."

Tim: Na, dann ist ja gut.

Und wie lange seid ihr schon zusammen?

Gax: Los, stell mir jetzt mal ´ne Frage!

Tim: Wieso heißt das Fanzine, für das du schreibst, "Ox"? Hat das irgendetwas mit Rinderfetischismus zu tun?

Da mußt du den Herausgeber fragen. Ich glaube aber, daß hinter dem Namen die Katze irgendeiner Verwandten steckt.

Tim: Es hat also definitiv etwas mit Tieren zu tun.

Jasper: Und seit wann schreibst du fürs Ox?

Hey, ich stell´ hier die gottverdammten Fragen. Außerdem hat mich Tim dasselbe schon vor einer halben Stunde gefragt.

Gax: Nächste Frage!

Kann es sein, daß ihr es irgendwie mit Retards habt?

Gax: Wir lieben Retards. Wir sind von Retards fasziniert. Deswegen haben wir auch Songs wie "Rise of the retards", "Social retard" und "T.S.S." geschrieben. Wir wollen demnächst auch ein paar geistig Behinderte als Roadies mit auf Tour nehmen. In Bremen gibt es da so ein Programm, das von der Stadt finanziert wird. Auf die Art und Weise kommen die Behinderten mal aus ihren Heimen raus und sehen ein bißchen was von der Welt. Und irgendwann werden wir auch "Take your retards to the zoo" von den DEAD MILKMEN in unser Programm aufnehmen.

DEAD MILKMEN??? Das ist aber eine ziemliche Feindbildband.

Gax: O.k., wir mögen die auch nicht so gerne, aber "Take your retards to the zoo" ist ein Kick-Ass-Song. Außerdem gibt es Hunderte von Bands, die man mehr hassen könnte, zum Beispiel die Herren auf euerm letzten Cover.