NASHVILLE PUSSY

Über die Folgen eines One Night Stands: Vor sechs Jahren machte sich Ruyter Suys, die freizügige Gitarristin von NASHVILLE PUSSY, an Blaine Cartwright heran. Jener tingelte damals noch als Frontmann der kultigen Punk´n´Roll-Band NINE POUND HAMMER durch kleine Clubs. Nach der ersten, offensichtlich erfolgreichen sexuellen Kontaktaufnahme blieb die attraktive Blondine an ihm haften wie eine Klette. Sie folgte dem Mann, der bei Star Treck die Rolle eines Klingonen auch ohne Maske übernehmen könnte, wie ein Groupie und heiratete ihn noch vor der Auflösung von NINE POUND HAMMER. Sex, die oberste Direktive, wurde kurzerhand zum Bindeglied der Nachfolgeband NASHVILLE PUSSY erklärt. Dank Corey Park, einem ebenfalls leichtbekleideten, zwei Meter großen Ex-Model am Bass, konnte das musikalische und visuelle Lustprinzip in ungeahnte Höhen geschraubt werden. Man(n) sollte sich dieser imposanten Dame (nicht nur wegen ihrer respekteinflößenden Größe) allerdings nur vorsichtig nähern, wie schon so mancher Konzertbesucher in der ersten Reihe an seiner abgefackelten Haarpracht feststellen mußte. Corey gehört nämlich der feuerspuckenden Zunft an und lebt dieses spektakuläre Können auf der Bühne auch sichtbar gerne aus. Ruyter und Corey standen uns nach dem Konzert im München Rede und Antwort.

Betrachtet ihr euch eigentlich als die amerikanische Antwort auf TURBONEGRO & Co.? Eine Menge Leute in Deutschland haben diesen Vergleich nämlich schon herangezogen.

Ruyter: Wirklich? Ich meine, wir sind doch kein skandinavischer Tuntenverein, oder? Wir sind eine Rockband!! Aber mal ganz ehrlich: Dieser Vergleich ehrt uns, schließlich sind TURBONEGRO eine wirklich großartige Rockband, das haben wir gerade eben erst wieder auf der Tour mit ihnen feststellen müssen.

Weißt du, was gerade mit Hank, dem Sänger von TURBONEGRO los ist? Er hat heute in München die weiteren Dates eurer gemeinsamen Tour abgesagt, wir haben nur etwas von einem Nervenzusammenbruch gehört.

Ruyter: So kann man es auch nennnen. Ich glaube, daß er eine ziemlich sensible Pussy mit Egoproblemen ist, haha! Drogen spielen da wohl auch eine Rolle und ein bißchen durchgeknallt war er ja sowieso schon immer - alles in allem eine ziemlich ungesunde Mischung. Er wirkte in den letzten Tagen schon ziemlich fertig, müde und unmotiviert.

Wie seid ihr eigentlich zusammengekommen?

Ruyter: Durch einen One Night Stand auf dem Rücksitz!

Hä? (Gelächter im Hintergrund) Nein, nicht du und Blaine, sondern die Band NASHVILLE PUSSY als Ganzes.

Ruyter: Ach so, seitdem wir uns kennen halt, was schon weit über sechs Jahre her ist - Corey hatte wohl auch so ein einschlägiges Erlebnis mit einem männlichen Bandmitglied. Wie Groupies mit Einladungen. Ich bin Blaine überall hin nachgereist, leider hat das die damalige Plattenfirma nicht mitbezahlt, obwohl ich mich auch um organisatorische Dinge für die Band gekümmert habe. Das war ganz schön teuer. Aber wir haben von Anfang an zusammen Musik (Anm.: Blasmusik?) gemacht und geprobt, irgendwann, nach dem Ende von NINE POUND HAMMER, ist dann NASHVILLE PUSSY entstanden. Aber auch schon davor hat Blaine einige meiner Ideen bei NINE POUND HAMMER miteinfliessen lassen.

Ihr seid ja mittlerweile auch schon seit einigen Jahren miteinander verheiratet. Wer spielt in eurer Beziehung denn die Leadgitarre?

Ruyter: Ich! Er spielt dafür (grins) die bessere Rhythmusgitarre. Wir ergänzen uns glänzend, wie eine perfekte Symbiose sozusagen.

Stimmt es eigentlich, daß in Amerika alle großen Plattenfirmen schon bald nach der Veröffentlichung des Debütalbums "Let Them Eat Pussy" auf AmRep bei euch Schlange standen?

Ruyter: Stimmt genau. Die haben zum Teil ganz schön viel Geld auf den Tisch gelegt. Wir waren echt sprachlos. Letztendlich haben wir uns für Mercury Records entschieden, weil die wirklich heiß auf eine Rockband wie uns waren. Sie haben irgendwann gemerkt, daß sie viel zu viel Pop wie z.B. HANSON im Programm haben, daher kamen wir gerade recht.

Corey: Und außerdem haben Mercury KISS unter Vertrag, was uns als großen KISS-Fans die Entscheidung erleichterte. Hinzu kommt, daß uns dort alle künstlerischen Freiheiten zugesichert wurden, was nicht bei allen Majors der Fall war. Die Mitarbeiter bei manchen anderen Majors hatten fast schon so etwas wie Angst vor uns und wirkten etwas eingeschüchtert, als wir dort aufkreuzten. Das wäre auf die Dauer nicht gutgegangen, bei Mercury hingegen arbeiten auch noch ein paar alte Metalheads, die mit uns wesentlich mehr anfangen können.

Was sind denn eure Lieblingsbands außer KISS?

Ruyter & Corey im Chor: AC/DC!!! Und so Sachen wie AEROSMITH, MOTORHEAD, STATUS QUO, ZZ TOP, Ike & Tina Turner oder James Brown.

Mögt ihr nur Rockdinosaurier oder auch noch ein paar aktuelle Bands?

Corey: TURBONEGRO, GLUECIFER, MONSTER MAGNET und THE HOOKERS finde ich auch noch ziemlich klasse. Es gibt heutzutage leider so viele beschissene Musikrichtungen und Bands, daß einem echt schlecht werden kann! Mit HipHop, Dancemusik oder Alternative-Rock kann eigentlich niemand von uns etwas anfangen.We´re sick of seeing bands that suck! Aufregend finde ich allerdings die skandinavische Punk´n´roll-Szene - TURBONEGRO, GLUECIFER, BACKYARD BABIES, HELLACOPTERS - Rock´n´roll rules!

Kennt ihr auch ein paar deutsche Bands?

Ruyter: RRRRRRAMMSTEIN - wirklich grausam!

Corey: DIE ÖTZE! Kennt ihr DIE ÖTZE? Die sollen hier ziemlich bekannt sein.

DIE ÖTZE??? (Es beginnt ein fröhliches Rätselraten, das einige verwirrende Minuten beansprucht. Irgendwann dann schließlich:) Meinst du DIE ÄRZTE?!?!? Ja, die kennt hier wirklich jedes Kind.

Corey: Also viele gute Bands habt ihr hier in Deutschland wirklich nicht! Auf so Kommerzpunk wie von den (sichtbar um die richtige Aussprache bemüht) ÖRZTEN oder den TOTEN HOSEN können wir gerne verzichten. Die ÖRZTE haben in Düsseldorf, als wir sie sahen, mit ihren 5000 Dollar-Uhren angeggeben - und das als "Punkband"!

Apropos Kommerz:Könnt ihr eigentlich mittlerweile von der Band leben?

Corey: Ja, richtig reich geworden sind wir zwar noch nicht, aber das kann ja noch kommen. Das meiste bringen jedenfalls die Live-Auftritte ein, weshalb wir euch wahrscheinlich noch des öfteren mit unserer Präsenz beglücken werden, um euch kräftig in den Hintern zu treten! Wenigstens haben wir wieder einen festen Wohnsitz in Atlanta gefunden. Nachdem in Nashville unsere Wohnung abgebrannt ist, haben wir über ein halbes Jahr lang auf fremden Sofas von Freunden geschlafen. Dann sind wir nach Athens/Georgia umgezogen, um festzustellen, daß das eine absolute Scheißstadt ist, und mittlerweile sind wir eben in Atlanta gelandet.

Was ist eigentlich mit dem Video zu "Go motherfucker go" geschehen, ist das irgendwo schon mal gezeigt worden? Und wenn ja, hat es eurer Popularität irgendwie genutzt oder geschadet?

Ruyter: Keine Ahnung. In Amerika ist es bestimmt noch nie auf einem Musikkanal gezeigt worden. Allein schon weil darin 21 Mal das Wort "Motherfucker" auftaucht, das wäre dann nämlich gleichbedeutend mit 21 Beeps!, weil man ja so schmutzige Wörter im moralischen Amerika nicht sagen darf. Allein schon das Wort "Pussy" in NASHVILLE PUSSY ist ja zutiefst verwerflich, weshalb man uns dann wahrscheinlich mit "Nashville Beep" ansagen oder schreiben würde. In Europa hingegen gehen die Leute mit sexuellen Themen und Anspielungen wesentlich unverkrampfter um, nicht so verklemmt wie im spießigen Amerika.

Corey: Wir haben das Video eigentlich nur so just for fun gedreht, es war uns von vornherein klar, daß das Ding nicht nur wegen der Fickszene kaum gesendet werden dürfte.

Wer sind eigentlich die beiden Typen zwischen euren Schenkeln auf dem Plattencover?

Ruyter: Zwei sehr glückliche Jungs! Mann, wir haben für diese eine Aufnahme über acht Stunden im Fotostudio verbracht. Und dann haben wir uns nach über 40 verschossenen Filmen für das dritte Bild des allerersten Films entschieden. Ich denke, daß die beiden Jungs, die übrigens Bodybuilder sind, trotzdem oder gerade deswegen eine Menge Spaß an diesem Tag hatten, ha!

Corey, stimmt es eigentlich, daß du früher als Model gearbeitet hast?

Corey: Korrekt, ich war sogar schon in einigen Musikvideos zu bewundern, zum Beispiel in "Funky Cold Medina" von TONE LOC oder in einem JANET JACKSON-Video. Aber diese Zeiten sind vorbei, schaut euch bloß mal meinen feuerroten Hals vom Feuerspucken an. Ganz so ungefährlich und schönheitsfördernd ist das nämlich nicht, außerdem brennt das ganz schön.

Vielen Dank für das heiße Interview.

Elmar Salmutter & Peter Seyferth