K-KLANGSTUDIO

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The Sound of Hamburg Punkrock

Wenn eine Punkrock-Band in Hamburg sich anschickt, eine Plattenaufnahme zu machen, kann man inzwischen fast davon ausgehen, dass sie zu diesem Zweck im K-Klangstudio von Ritchy Fondermann landet. Ob jung oder alt, wer seine Songs in gutem Sound aufgenommen haben will, kehrt früher oder später in diesem Keller auf St. Pauli ein. Das Geheimnis des Erfolgs mag darin liegen, dass der Hausherr selber seit vielen Jahren in diversen Bands aktiv ist. So war er jahrelang Kopf der inzwischen verblichenen ANTIKÖRPER und startet nun mit den VARANES und BUNCH OF RAGS durch. Wie es hinter den Kulissen der Musikbranche zugeht, weiß Ritchy gut genug, denn als ehemaliger A&R bei der Polydor hat er viel Sein und noch mehr Schein erleben dürfen. Da er seit einiger Zeit aber nun das K-Klangstudio hauptberuflich betreibt, schien es mir an der Zeit, den freundlichen Herrn und sein Schaffen mal etwas genauer vorzustellen.

Bitte zuerst ein paar Worte zu deinem Werdegang.


Ich bin 1973 in Essen zur Welt gekommen. Mit 12 Jahren bin ich nach einigen Umzügen in Kirchnüchel, Schleswig-Holstein gelandet. Dort wurde ich bald mit dem Punk-Virus infiziert. 1987 wurde die erste Band gegründet und auch der Grundstein gelegt für meinen Plan, ein Tonstudio zu betreiben. Ein Musiklehrer lieh mir hierfür das nötige Equipment. 1993 bin ich nach Hamburg gezogen, um dort mehr aus meinem Hobby zu machen. Jobs bei der Post und im Krankendienst boten mir genügend Zeit dazu. Dann kam ein Abstecher in die Welt des Musikbusiness, zunächst als Promoter, später dann als "Hilfs-A&R" bei der Polydor. Mein angefangenes Studium brach ich danach aus Geldmangel ab und arbeitete zunächst als Kurierfahrer. Das Tonstudio baute ich mir nebenbei auf und begann mit den ersten Produktionen. Inzwischen betreibe ich mein Studio hauptberuflich.


Und welche Musik wird dort produziert?

Mein Musikgeschmack ist sehr breit gefächert. Es braucht aber Gitarren und rauhe Sounds, um mich glücklich zu machen. Grundsätzlich bedeutet das für meine Arbeit, dass es einer Band bedarf, die von sich aus schon gut klingt, um sie möglichst naturgetreu aufzunehmen. Wobei ein Studio keine Bühne ist und Zusätzliches sowie Schummeln - wenn es unaufdringlich und ehrlich ist - durchaus erlaubt sind.


Bei der Polydor hast du das Musikbusiness ja zuerst von der rein kommerziellen Seite kennen gelernt. Welchen Einfluss hat diese Erfahrung möglicherweise auf deine jetzige Studioarbeit?

Das war eine interessante Zeit. Ohne die Polydor hätte es ANTIKÖRPER in der Form nicht gegeben, denn dann hätten wir gar nicht genug Geld verdient, um das alles zu finanzieren. Aber auf meine Studioarbeit hat das keinen Einfluss. Ich arbeite ja in erster Linie mit Bands und nicht mit Labels zusammen. Aber natürlich weiß ich auch, was man für eine Radioproduktion beachten sollte.


Du sagst, Musik, die du magst, braucht Gitarren und einen rauhen Sound. Würdest du denn auch gänzlich anderes Terrain betreten, wenn zum Beispiel eine HipHop-Band an dich herantreten würde?

Ja, weil ich grundsätzlich alles mache, was mir Spaß bereitet. Außerdem lerne ich gerne dazu und wenn ich etwas für mich Neues mache, dann biete ich das auch so an. Manchmal dauert so etwas dann länger, aber das geht natürlich nicht zu Lasten der Musiker. Ich habe auch schon Schlager produziert, und meine erste Ska-Band war auch nicht ohne. Interessant wird es immer, wenn man versucht, an "originale" Sounds wie bei altem Blues, Country oder Swing ranzukommen. So gesehen würde ich auch HipHop machen, wenn ich Platz zum Experimentieren bekäme.


Die Arbeit eines Rick Rubin scheint dich sehr zu beeindrucken. Könntest du dir vorstellen, einmal eine so minimalistisch, zurückgenommene Produktion zu machen, wie er es mit Johnny Cash tat?

Auf jeden Fall. Was ich an Rick Rubin mag, ist die Nähe zum Künstler. die er manchmal transportieren kann. Ich mag das, wenn man glaubt, neben dem Sänger zu stehen, und alles zu hören ist, was sie eben machen. Mit meinen eigenen Bands versuche ich immer, minimal zu arbeiten. Da kommt drauf, was da ist, und nicht mehr. Aber eben alles mit guten Sounds.


Wie wichtig ist generell das persönliche Verhältnis zwischen dir und Band/Interpret für die Arbeit im Studio?

Absolut wichtig. Wenn die Chemie nicht stimmt, wird auch aus der Produktion nichts. Wenn mir die Menschen nicht gefallen, habe ich keine Lust und dann knie ich mich auch nicht rein. Wenn mir die Musiker gefallen, dann arbeite ich auch gerne so lange und zum Teil umsonst, bis eine Produktion wirklich fertig ist und allen gefällt. Nichts ist schlimmer, als wenn man als Musiker nach einem halben Jahr nicht mehr mit seiner Platte zufrieden ist. Nur so kommen die Leute auch wieder. Und wenn sie nett sind, dürfen sie das auch. Ich habe nämlich auch schon sehr lukrative Angebote abgelehnt, weil ich mit den Leuten nicht zurechtkam.


Nenn doch mal ein paar Bands, mit denen du bereits gearbeitet hast

Insgesamt waren es bislang über fünfzig Bands, unter anderem ANTIKÖRPER, ASTA KASK, GOTTKAISER, HEIMATGLÜCK, JESUS SKINS, LEISTUNGSGRUPPE MAULICH, MOTORMUSCHI, MR. BURNS, PROJEKT KOTELETT, RAMONEZ 77, RANDYS RIPCORD, RANTANPLAN, RUBBERSLIME, SKATOONS, SMALL TOWN RIOT, SQUARE THE CIRCLE, SS ULTRABRUTAL, THE CRIMES, THE VARANES und viele, viele mehr.


Noch mal ein paar Fakten: Was kann eine Band, die bei dir aufnehmen will, für technische Möglichkeiten vorfinden? Und wie sieht es mit Bands von außerhalb Hamburgs aus?

Mein Equipment hier aufzulisten, ergäbe keinen Sinn, das kann man sich im Internet angucken. Grundsätzlich kann man sagen, dass ich jeder Aufnahmesituation gerecht werden kann. Ich lege, wie schon gesagt, viel Wert auf authentische und warme Sounds. Das bedeutet, ich habe sehr viel Röhrenequipment, über 30 verschiedene Mikrofone und eine Top-Abhöre. Aufnehmen kann man analog oder digital, je nach dem, wie man das gerne hätte. Im Endeffekt kann man nicht sagen, das eine ist besser oder schlechter. Es entscheidet der persönliche Geschmack, die Erfahrung - digital ist viel einfacher - und der Geldbeutel. Bands von außerhalb kommen auch häufig und haben die Möglichkeit, bei mir zu übernachten oder in eine Art Hotel zu gehen. Ich habe da ganz gute Kurse und außerdem bin ich ja nicht so teuer, so dass da häufig noch was übrig bleibt.


In deinem eigenen musikalischen Werdegang ist sicherlich ANTIKÖRPER die bekannteste Band gewesen. Erzähl doch mal ein wenig über die Zeit und warum es dann zum Aus kam?

Auf das Wesentliche beschränkt, kann man sagen, wir haben alles gemacht, was wir machen wollten, Plattenvertrag, eine Tour und viel mehr. Schließlich sind es 3,75 Platten, diverse Touren - zwei nach Russland - und viel, viel mehr geworden. Dann war die Luft raus, es fing an, sich zu wiederholen und wir brauchten eine Pause. Peter und ich telefonieren aber einmal im Monat und drücken uns gegenseitiges Beileid aus, so dass es sehr wahrscheinlich ist, dass bald mal wieder was kommt. Aber wie und wann ist noch unklar.


Wie sehen deine derzeitigen Aktivitäten aus?

Zurzeit habe ich mit zwei Bands alle Hände voll zu tun. THE VARANES spielen englischsprachigen Punkrock mit viel Melodie, und BUNCH OF RAGS ist der Versuch, Johnny Cash und Elvis so zu spielen, wie das früher gemacht wurde - mit wenig Schlagzeug, akustischer und elektrischer Gitarre.