GALLOWS

Foto

Bloß nicht den Boden unter den Füßen verlieren

Die GALLOWS aus Südengland sind hierzulande noch weitgehend unbekannt. Ein paar kurze Auftritte auf den Sommerfestivals ließen aber schon mal die ungeheuere Live-Power des Fünfers aufblitzen. Die Entwicklung der Band seit der Gründung im Jahr 2005 gleicht nach diversen Startschwierigkeiten einem kometenhaften Aufstieg.

Als klassische "Working Class"-Punkband in einer trostlosen englischen Industriestadt gestartet, hielt man sich zunächst mehr schlecht als recht mit selbstveranstalteten Konzerten und miesen Jobs über Wasser. Obwohl die Band wegen diverser Schwierigkeiten ein Dutzend mal vor dem Kollaps stand, hielt man durch und schaffte es schließlich im Herbst 2006, das Debütalbum "Orchestra Of Wolves" komplett in Eigenregie zu veröffentlichen. BAD RELIGION-Mastermind Brett Gurewitz wurde auf die Band aufmerksam und nahm sie unter Vertrag, so dass "Orchestra ..." in den Staaten auf Epitaph herauskam. Mittlerweile erscheint der Erstling zum dritten Mal, diesmal über Warner Bros, mit denen die GALLOWS kürzlich einen Eine-Million-Pfund-Vertrag abgeschlossen haben. Die englische Musikpresse ist entzückt und redet schon vom "nächsten großen Ding", dabei sind die Band und ihre Musik so bodenständig und unkommerziell wie nur irgendwas. Bassist Stu Gili-Ross nahm sich im Dauertourstress ein paar Minuten Zeit, sich zu dem ganzen Trubel zu äußern.

Stu, wie fühlt es sich an, berühmt zu sein?

In meinen Augen sind wir gar nicht berühmt. Wir fühlen uns nicht anders als früher. Alles läuft nur viel organisierter ab, weil wir nun mit Leuten zusammenarbeiten, die wissen, wovon sie sprechen. Wir gehen immer noch sehr zynisch und skeptisch mit dem Music Business um und passen auf, dass uns die ganze Sache nicht zu Kopfe steigt.

Und wie war es, für BAD RELIGION in den USA eröffnen zu dürfen?

Das war großartig. Die Tour mit BAD RELIGION gab uns die Möglichkeit, in größeren Venues vor einem größeren Publikum zu spielen. Wir kamen mit ihnen und ihrer Crew gut aus. Natürlich war es eine große Ehre für uns, BAD RELIGION zu supporten und wir genossen jede Minute davon. Ich persönlich hatte den Spaß meines Lebens auf dieser Tour und werde das niemals vergessen.

Was erwartest du von euren ersten Headliner-Shows in Deutschland? Hier seid ihr noch nicht sehr bekannt.

Vom Publikum erwarten wir nie etwas, wenn wir in eine Stadt kommen. Wir setzen nur Erwartungen in uns selbst. Wir spielen zu unserem eigenen Vergnügen, um richtig die Sau rauszulassen. Natürlich sind wir froh, wenn sich das Publikum dann von uns anstecken lässt. Wir hatten außerdem schon im Sommer ein paar super Erfahrungen mit deutschem Publikum auf Festivals machen können, und hoffen nun, darauf aufbauen zu können.

In einem Interview mit dem NME hat euer Sänger Frank kürzlich verlauten lassen, dass die Band nicht über 2009 hinaus bestehen wird. Eventuell noch ein oder zwei Alben, dann soll Schluss sein. Frank will dann wieder in seinem alten Job als Tätowierer arbeiten. Wie geht der Rest der Band mit solch einem Statement um?

Wir wollen einfach nur so lange wie möglich Spaß miteinander haben. Nicht mehr, nicht weniger. Ich hoffe, das reicht als Antwort.

Obwohl ihr noch recht jung seid, hat eure Musik eine Menge Oldschool-Punk- und Hardcore-Einflüsse. Woher kommen die, ihr dürftet kaum mit BLACK FLAG aufgewachsen sein, oder?

Zwei von uns sind immerhin schon 27, also vielleicht schon alt genug. Außerdem haben wir alle schon in jungen Jahren angefangen, Hardcore zu hören, und teilen deswegen auch unsere Vorliebe für die Bands, die am Anfang der Bewegung standen: BLACK FLAG, INSIDE OUT oder MINOR THREAT sind Bands, mit denen wir aufgewachsen sind. Nicht dass wir sie jemals live sehen konnten, aber wir wuchsen auf und entwickelten unseren Geschmack anhand solcher Bands, bevor das Internet zu einem wichtigen Faktor in der Geschmacksbildung wurde. Wir gingen auf Shows, lasen Fanzines und bestellten Platten von Bands bei einem Mailorder, nur weil wir sie zusammen mit einer coolen Band live gesehen hatten oder weil sie ein tolles Artwork hatten oder weil sie auf einem bestimmten Label waren. Bands zu entdecken funktionierte in erster Linie durch Mund-zu-Mund-Propaganda oder trial and error.

Während der Recherchen zu diesem Interview habe ich gesehen, dass ihr euch für viele Sachen einspannen lasst. Bei YouTube gibt es einen ziemlich traurigen Auftritt für eine Levi's-Promotion-Show, ihr spielt auf der Vans Warped und Taste Of Chaos Tour und supportet lasche Bands wie BULLET FOR MY VALENTINE oder PAPA ROACH. Könnt ihr nicht nein sagen?

Wir lehnen nie eine Show ab, nur weil uns eine Band auf dem Billing nicht gefällt. Außerdem war es großartig, auch mit diesen "laschen Bands" zu spielen, weil wir deren Publikum eine Alternative zu diesem "Mist" zeigen konnten. Wir gehen einfach raus, sagen "Hi, wir sind die GALLOWS", und spielen unser Set, egal ob das mit den angesprochenen Bands oder beim South By Southwest stattfindet. Wir passen uns da nicht an. Auf diese Art haben wir es soweit geschafft, indem wir immer wir selbst blieben. Jeden Tag, jede Show, zu jeder Zeit!