MAD SIN

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Blind Date

Köfte "The Biggest" Deville ist ein ziemlich beschäftigter Zeitgenosse. Nicht nur, dass er mit MAD SIN in einer der bekanntesten Psychobilly-Bands der Welt singt, mit Selbiger tourt er mittlerweile auch immer wieder rund um den Globus und schaut nun, satte 20 Jahre nach der Gründung, auf die Geschichte seiner Band zurück: "20 Years In Sin Sin" heißt die Doppel-CD, auf deren erstem Teil sich sechs brandneue Songs und allerlei Raritäten finden, und deren zweiter Teil eine schöne Live-CD ist, die MAD SIN in Hollywood aufgenommen haben. Auf den Lorbeeren ausruhen will sich der Zwei-Meter-Hühne mit beachtlicher Tattoo-Sammlung dennoch nicht. Laut eigener Aussage schreibt er schon am neuen Album und hat für Ende des Jahres außerdem eine MAD SIN-Jubiläumstour geplant. Bevor es aber in die Zukunft ging, traf ich ihn im Berliner RAMONES-Museum, wo er Promotion für "20 Years In Sin Sin" machte, und sich Zeit nahm, um beim Blind Date die Bandvergangenheit, Freundschaften und eigene Einflüsse Revue passieren zu lassen.


"Home swing hell", THE BONES


(Sofort:) KINGS OF NUTHIN'!?

Nein.

(Nach langem Überlegen:) Das sind aber nicht die BONES, oder?

Doch, ganz richtig!


Ach, stimmt! Das ist auf der "Partners In Crime"-EP, die sie gemeinsam mit allerlei anderen Musikern aufgenommen haben! Die habe ich aber nur einmal gehört, weswegen ich das jetzt nicht gleich erkannt habe, wobei der Song ja auch recht schwer zu erkennen ist, weil er ja eine Swingversion von "Home sweet hell" ist. Jedenfalls kenne die BONES schon sehr lange, noch bevor wir auf People Like You Records waren, habe ich mir ihre erste EP auf PLY geholt, die ich immer noch sehr gut finde. Mittlerweile finde ich ihren Sound nicht mehr so herausragend wie früher. Gute Musik machen die Jungs aber immer noch. Und nette Typen sind sie sowieso.

Mich hat es ja ziemlich überrascht, dass sie von People Like You zu Century Media gewechselt haben.

Mich hat das nicht überrascht, weil ich denke, dass solche Sachen passieren und Bands eben irgendwann das Label wechseln. Schau dir doch nur mal an, wie oft MAD SIN das Label gewechselt haben.


"Wer A sagt, muss auch B zahlen", BEATSTEAKS feat. Dendemann

(Nach langem Überlegen) Ich muss gestehen, das sagt mir gar nichts.

Tipp: Ihr seid schon zusammen getourt, vor ein paar Jahren auf der "Monster Of Hauptstadt"-Tour.

Ich finde das jetzt richtig cool, aber ich kann es dir beim besten Willen nicht sagen. Aber, "Monster Of Hauptstadt"-Tour, was willst du mir sagen, das sind doch weder MOTHER'S PRIDE, noch die BEATSTEAKS!

Doch, Letztere!

Ehrlich? Das habe ich jetzt nicht erkannt, wobei ich die leise Ahnung habe, dass Arnim hier auch gar nicht singt.

Sehr gut kombiniert: Es ist Dendemann.

Die BEATSTEAKS sind eine geile Band und ich gönne ihnen ihren Aufstieg. Aufgrund der Live-Power, die sie damals schon hatten und die sie heute immer noch auf die Bühne bringen, hatte ich von Anfang an das Gefühl, dass sie richtig groß werden können, wenn sie weiter machen. Sie bringen in meinen Augen sehr viel frischen Wind in die deutsche Rocklandschaft, die ansonsten ja ziemlich öde ist. Wobei es gerade in Sachen Punkrock, also abseits des Mainstreams, sehr viele gute deutsche Bands gibt. Auf BOOZED stehe ich zum Beispiel total. Schade ist nur, dass gerade im deutschen Rockbereich diese strenge Trennlinie zwischen Underground und bekannteren Bands verläuft: die großen Bands kann man auf eine Handvoll Bands reduzieren. In Amerika hast du zum Beispiel sehr viel bessere Möglichkeiten, dich als Band hochzuspielen, wenn du dir Mühe gibst.


"Dope Fiend Blues", Mike Ness

(Sofort:) Das kenne ich auf jeden Fall! Warte, das sind SOCIAL DISTORTION - nee, warte, es ist Mike Ness! Und zwar von seinem zweiten Soloalbum "Cheating At Solitaire". Das ist ein wirklich toller Song und ich mag seine Soloalben beide sehr. In meinen Augen hat er ganz wesentlich dazu beigetragen, dass traditionellere Musik wie Blues, alter Rock'n'Roll oder Rockabilly in die Punkszene getragen wurden. Er hat ja Punkrock mit diesen Stilen vereint und dadurch seinen Fans gezeigt, dass es neben Punkrock auch noch andere sehr gute Musikstile gibt.

Dieser Song handelt von Drogen, ein Thema, das dir nicht ganz fremd sein sollte?


Also, ich war nie ein Junkie! Zwar habe ich alle Drogen einmal ausprobiert, aber dieses Abhängen auf einem Trip hat mich zum Glück nie angemacht, weswegen ich nach nichts süchtig geworden bin. Dennoch habe ich Schicksale drogenabhängiger Menschen ziemlich hautnah mitbekommen: mein Stiefvater war Junkie und sehr viele meiner Freunde aus den verschiedensten Szenen haben gerade in den 80ern das Zeug genommen. Einige haben leider ihr Leben verloren, andere haben ihres komplett geändert und sind unter anderem auf dem Christentrip hängen geblieben und haben heute kaum noch etwas mit Punk, Hardcore, Oi! oder Psychobilly zu tun.


"What's your number", CYPRESS HILL feat. Tim Armstrong

Ähm, warte, das sind CYPRESS HILL zusammen mit Tim Armstrong und "What's your number", der Song mit der "Guns of Brixton"-Hookline von THE CLASH. Das ist ein sehr cooles Stück und Tim Armstrong ist auch ein netter Kerl. Er war ja, wo wir gerade von Junkies geredet haben, auch mal auf Heroin, ist aber mittlerweile komplett runter. Allgemein ist Tim offen für sehr viele verschiedene Musikstile, hier setzt er aber gewissermaßen seine Vergangenheit fort: mit OPERATION IVY hatten er und Matt Freeman ja eine phänomenale Ska-Punk-Band. Und "What's your number" ist auch ein ziemlich guter Ska-Song.

Du hast ja eine enge persönliche Beziehung zu RANCID, oder?

Eher zu Lars Frederiksen, als zur ganzen Band. Mit ihm bin ich gut befreundet, was, denke ich, daran liegt, dass wir in sehr ähnlichen Verhältnissen aufgewachsen sind, so dass wir ähnliche Vorstellungen von der Welt haben. Als wir uns das erste Mal trafen, verstanden wir uns auf Anhieb gut. 2005 hat er uns ja auch mit auf Tour in UK genommen, als er dort mit den BASTARDS spielte. Oh Mann, was für eine Tour, es war scheißkalt und wir wurden alle krank. Was ich daran aber richtig geil fand, war, dass Lars gewissermaßen zurück zu seinen Wurzeln gegangen ist. Er und die BASTARDS, und RANCID sowieso, sind in England ja unglaublich groß, viel populärer als hier. So stand er vor der Wahl, einige wenige Shows in großen Hallen zu spielen oder viele Shows in ganz kleinen Clubs. Er entschied sich für Zweites, so dass wir mit ihm in Läden spielten, wo gerade mal 150 Leute reingingen.

Solltet ihr nicht auch mal auf Hellcat Records veröffentlichen?


Nein, nicht wirklich. Damals ging es darum, ob wir eventuell "Survival Of The Sickest" von 2002 in den USA auf Hellcat machen würden. Allerdings sprachen drei Dinge dagegen: erstens ist Hellcat ein Punkrock-Label, und sie fanden damals schon selbst, dass sie recht viele Psychobilly-Bands unter Vertrag hatten. Zweitens wollten sie das Release weltweit machen, was drittens nicht ging, weil wir ja schon bei People Like You waren. Unser Merchandise kommt in den USA aber über Machete, was ja gewissermaßen Lars' Baby ist, während Tim sich eher um Hellcat Records kümmert.


"Are you ready for some darkness", Bela B. feat. Denim Girl (Blümchen)

Du machst mich fertig! Ich habe so viele Scheiben zu Hause, aber das kenne ich schon wieder nicht! (wartet) Obwohl, das sind Blümchen und Felse, vom TURBONEGRO-Tribute-Sampler! Ich kenne Bela schon lange, haha, früher habe ich ihm die Reifen von seinem Motorrad zerstochen. Zwar kamen DIE ÄRZTE aus der Punk-Szene, aber sie waren in der Bravo und anderen großen Medien, weswegen wir sie zunächst überhaupt nicht mochten. Ich habe ihn dann aber kennen gelernt, nachdem DIE ÄRZTE sich Ende der Achtziger aufgelöst hatten. Danach sind wir viel zusammen rumgezogen und haben eine Menge Spaß gehabt. Irgendwann habe ich ihm auch gestanden, dass wir ihm die Reifen zerstochen haben, er fand das total lustig. Seitdem sind wir ziemlich gut befreundet.


"The hangman's daughter", Peter Paul Fenech

Ganz klar: Peter Paul Fenech solo - vom aktuellen Album! Gemeinsam mit Nigel Lewis hat er ja die METEORS und damit auch gewissermaßen Psychobilly begründet, von daher ist er einer der wichtigsten Charaktere, wenn man über diese Musik spricht. Anfang der 80er war ihr Sound wirklich revolutionär und hat mich sofort angekickt. Ich muss ungefähr elf gewesen sein, als ich mit der Band in Berührung kam. Damals war ich großer RAMONES- und KISS-Fan und kurz nachdem "In Heaven" von den METEORS rauskam, bin ich voll auf Psychobilly eingestiegen und die METEORS waren eine der wichtigsten Bands in dieser Phase. Fenech ist auf jeden Fall ein Wahnsinniger und irgendwo auch ziemlich arrogant. Aber seine Band macht bis heute coole Musik.

Aber er hat euch in mehreren Interviews angegriffen.


Klar, weil er jeden anpisst. Ich würde ihn auch niemals als Freund bezeichnen, weil er ein ziemlich bösartiger und krankhafter Typ ist. Weißt du, als ich ihn 1984 traf, war alles cool: ich war der Fan, er der Musiker und wir hatten keine Probleme miteinander. Ein paar Jahre später hatte ich dann eine eigene Band und wir haben die METEORS bei einer Show supportet. Da war er schon nicht mehr so locker, sondern eher distanziert und skeptisch. Er will halt der Einzige sein, der Psychobilly macht, und er akzeptiert sehr wenige neben sich. Das ist das Krankhafte an ihm, was ich aber irgendwie cool und vielleicht sogar genial finde. Denn es macht ihn zu einem Original. Und wenn er mich auf musikalischer Ebene anpisst und sagt, er hasst meine Musik, dann kann ich damit leben. Ohne die alten METEORS hätte es MAD SIN jedenfalls niemals gegeben.


"Daddy sang bass", Johnny Cash

Johnny Cash! Anfang der 80er bin ich auf ihn gestoßen und fand seine "Sun Recordings" von Anfang an geil, weil er damals noch alten Rockabilly gemacht hat. Die anschließenden Sachen, die er Ende der 60er/Anfang der 70er gemacht hat, finde ich heute noch fürchterlich. Die "American Recordings" fand ich dann wieder sehr gut, weil das wieder sehr düstere Alben waren. Trotzdem geht mir dieser Hype auf die Nerven: jeder Pisser findet gerade Johnny Cash gut. Und früher, als wir noch Rockabilly, Psychobilly und eben auch Cash gehört haben, wurden wir dafür ausgelacht.