AKIMBO

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The Noise Boys

Seit neun Jahren sind AKIMBO aus Seattle bereits aktiv, und 2007 erschien via Alternative Tentacles ihr fünftes Album „Navigating The Bronze“, das wie seine Vorgänger mit einer brachial-chaotischen Mixtur aus Hardcore, Punk, Metal, Rock und langen Haaren begeistert. Im vergangenen Herbst war das Trio, bestehend aus Jon Weisnewski (Bass, Vocals), Nat Damm (Drums) und Aaron Walters (Guitar) einmal mehr in Deutschland unterwegs und lärmte in der Kölner „Neue Werkstatt“ den auf Langeweiler-Indiegenöle wartenden Pöbel zur Tür hinaus. Vor selbiger unterhielt ich mich nach dem Konzert mit oben genannten Akteuren - übrigens ein sehr lustiger Haufen.

Erst mal eine Frage zu eurem Namen: Habt ihr euch nach dem unlängst verstorbenen Präsidenten von Ruanda benannt, Jonathan Akimbo?

Aaron: Was?!?

Jon: Hä?!? Nein ...

Aaron: Meinst du das ernst? So hieß jemand?

Ja.

Aaron: Nein, also von dem hab ich nie gehört.

Jon: Guck mal, er muss grinsen.

Okay, ich gestehe, das war ein Scherz.

Nat: Go fuck yourself

Hahahaha. Jetzt müsst ihr aber mit einer besseren Geschichte als meiner aufwarten.

Nat: Ach, die ist ganz simpel: Ich habe damals studiert und saß an einer Hausarbeit, als ich im Wörterbuch blätterte und auf das Wort „Akimbo“ stieß. Wir suchten gerade nach einem Bandnamen, ich schlug ihn Jon vor, er sagte okay, und hier sind wir.

Und was bedeutet „Akimbo“?

Aaron: Das beschreibt eine bestimmte Körperhaltung, und zwar wenn du dastehst und die Hände in die Hüften stützt und die Ellenbogen nach außen zeigen.

Nat: Wir werden auch immer wieder gefragt, ob das ein japanisches Wort ist, dabei soll es aus dem Isländischen des 16. Jahrhunderts stammen, was wiederum eng mit dem mittelalterlichen Deutsch verwandt ist.

Dazu würde ja gut passen, sich mal ein vernünftiges nordischen Bühnenoutfit mit Streitäxten, Helmen und so zuzulegen. Habt ihr das schon mal gemacht?

Nat: Klar, an Halloween.

Jon: Ich möchte zu Protokoll geben, dass ich eben beim Auftritt ein großes Loch in die Bühne getreten habe.

Nat: Wow, jetzt bist du ein richtiger Mann!

Aaron: Und, tut dir dein Fuß weh? Müssen wir dich ins Krankenhaus bringen? Vielleicht können wir ja den Veranstalter verklagen, haha.

Nat: Nächste Frage.

Jello Biafra nimmt gerne Bands unter Vertrag, die auf irgendeine Weise extrem sind. Inwiefern trifft das auf euch zu?

Aaron: Jello signt Bands, die er mag, das ist alles.

Nat: Er signt nur Bands, die er live gesehen hat. Und ich kann da keine Linie erkennen, er nimmt Bands, die er mag. Und er hört sich auch alle Demos an, die er geschickt bekommt. Er ist halt ein seltsamer Typ.

Aaron: Und so eigenwillig ist auch sein Label.

Jon: Ich glaube, er mag uns, weil wir ihn an Bands aus der Zeit erinnern, als er musikalisch selbst noch sehr aktiv war, also Hardcore und Punkrock aus den Achtzigern und frühen Neunzigern. Heute gibt es eine Menge Bands, die sich Punk nennen, aber rein gar nichts mit der früheren Bedeutung zu tun haben.

Nat: Ja, fuck Emo!

Aaron: Wie sagt man „Nostalgia“ auf Deutsch?

Nostalgie.

Aaron: Ja, damit hat das wohl auch was zu tun.
Jon: Ich denke, wir sind auch ganz gut darin, die Essenz des frühen Punkrocks wieder aufleben zu lassen.

Okay, aber wenn ich mir eure Frisuren so anschaue ...

Nat: Hast du mal die MEAT PUPPETS gesehen? Die hatten lange Haare. Und Henry Rollins, bevor er bei BLACK FLAG einstieg? Der hatte lange Haare.

Jon: Ebenso Chuck Biscuits. Im frühen Punk ging es um die Musik, nicht um einen Haarschnitt. Und darum, nicht der Norm zu entsprechen und du selbst zu sein.

Aber sprechen wir über Nostalgie. Ist das ein Motiv für euch?

Aaron: Quatsch, wir sind der letzte Schrei.

Nat: Wir sind mit den DEAD KENNEDYS, BLACK FLAG ...

Aaron: ... BLACK SABBATH ...

Nat: ... MINOR THREAT, VICTIM'S FAMILY und so weiter aufgewachsen. Das hat uns als Kids beeinflusst, und das kommt heute in unserer Musik wieder zum Vorschein.

Aaron: Nicht zu vergessen DEVO.

Jon: Wir hören also nicht nur Metal, in unserem Van läuft nicht die ganze Zeit SLAYER. Ich mag SLAYER, aber auch ARCADE FIRE. Und LED ZEPPELIN. Und die MELVINS.

Und wie schreibt ihr eure Songs?

Nat: Das ist ein ziemlich demokratischer Prozess: Jemand kommt mit einer Idee an, und dann arbeiten wir gemeinsam daran. In all den Jahren ist es nur ein- oder zweimal vorgekommen, dass jemand mit einer Idee ankam, die wirklich auf Ablehnung stieß.

Jon: Wir spielen, was sich gut anfühlt, so einfach ist das. Wir zerreden und analysieren unsere Musik nicht. Wir machen, worauf wir Lust haben.

Habt ihr ein Leben außerhalb der Band?

Nat: Nein. Wir leben im Proberaum, Freundinnen sind nicht erlaubt. Jon halten wir sogar in einem Käfig, wie ein Haustier.

Aaron: Also im echten Leben designt Nat Poster für viele Clubs in den USA, Jon testet Videospiele, die beiden haben also echte Traumjobs. Ich sitze in einem Musikgeschäft hinter der Computer.

Jon: Aaron verkauft Musikinstrumente bei einem Webstore in Seattle.

Und das lässt euch noch genug Zeit für die Band?

Jon: Definiere „genug“ ... Es ist nie genug Zeit. Und Freundinnen sind nie begeistert, wenn du schon wieder auf Tour gehst. Aber unsere Jobs sind recht flexibel, aus den Touren kommen wir null/null raus - und wenn die USA wie Europa wären, wären wir längst Millionäre und würden nie wieder in den USA touren. So müssen wir das wohl oder übel. Wir sind übrigens schon das vierte Mal in Europa auf Tour. Und an Halloween haben wir unseren neunten Geburtstag gefeiert, wobei Nat und ich schon seit 14 Jahren gemeinsam Musik machen. Und bald heiraten wir auch, haha.

Auf eurem neuen Album gibt es ein Stück namens „Stjerneborg“. Was hat es damit auf sich?

Nat: Tycho Brahe war ein dänischer Astronom aus dem 16. Jahrhundert. Der König hatte ihm zwei Inseln geschenkt, auf denen er jeweils ein Observatorium baute - eines davon hieß Stjerneborg. Er war ein herausragender Astronom, beobachtete die erste Supernova und zeichnete extrem genaue Sternenkarten. Er war aber auch ziemlich verrückt, behandelte sich selbst mit Quecksilber und unterhielt seine Gäste mit seinem zahmen Elch und einem Zwerg. Er soll an einer geplatzten Blase gestorben sein, weil er während eines Festmahls mit dem König nicht pissen ging, weil er das als unhöflich empfand. Und als junger Mann hatte er sich bei einem Duell die halbe Nase abschlagen lassen und trug seitdem eine goldene Schutzhülle.

Und woher wisst ihr das alles?

Nat: Internet.

Wikipedia, ich verstehe.

Nat: Das ist einfach eine großartige Story. Jon hatte keine Idee für einen Text, und dann stieß er in einem alten Schulheft von sich auf die Geschichte von Brahe und so kam das.

Sonst noch was?

Aaron: Danke für das Interview.