CANCER BATS

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Hell Fucking Yeah

Für alle, die die CANCER BATS noch nicht kennen, etwa von Touren mit THE BRONX oder ALEXISONFIRE: diese Band ist ein Bastard aus Punk, Metal und Hardcore. Im Rahmen der "Never say die!"-Tour, die sie mit COMEBACK KID, THIS IS HELL, den WARRIORS und PARKWAY DRIVE absolvierten, traf ich mich in Münster mit Gitarrist Scott Middleton.

Ich habe gelesen, dass ihr einen Namen für eure Band gesucht habt, der eine Krankheit und ein Tier enthält. Stimmt das?

Liam hat sich den Namen ausgedacht, er kam eines Tages zu mir - er wohnte damals in Montreal und ich in Toronto, um mal eben miteinander rumzuhängen, musste er also sechs Stunden mit dem Zug fahren - und sagte: "Hey, ich hab mir einen Namen für eine Band ausgedacht: CANCER BATS. Ich möchte diese Band mit dir gründen!“ Und ich sagte: „Okay, gründen wir diese Band.“ Und in der nächsten Woche gab es die Band. Warum er diesen Namen gewählt hat? Ich weiß nicht, es ist einfach ein cooler Name, diese Krankheit-Tier-Geschichte war einfach die Basis dafür. Wir haben verschiedene Kombinationen gehabt, zum Beispiel „Pneumonia hawk“, wie wir die Band erst nennen wollten, später das ist dann der Titel eines unserer Songs geworden. Aber CANCER BATS fanden wir irgendwie eindrucksvoller, cooler, lustiger, wir mochten den Namen einfach. Er klingt ein bisschen dunkel und gefährlich, ohne uns aber gleichzeitig in eine musikalische Schublade zu stecken. Mit dem Namen können wir im Grunde verschiedene Arten von Musik machen und halten uns so die Möglichkeit offen, zu machen was wir wollen. Ich finde, der Name passt einfach zu uns.

Was würdest du wohl beruflich machen, wenn du nicht bei den CANCER BATS spielen würdest?

Das Einzige, was ich gerne machen würde, wäre Platten zu produzieren. Das ist, was ich gelernt habe. Ich habe unsere erste EP produziert und unser letztes Album koproduziert und werde das auch bei dem nächsten Alben tun. Ich meine, bevor ich in dieser Band war, habe ich Zugfahrkarten verkauft, das war nicht so spannend. Der Job war okay, immerhin gab es Geld, aber es war nun mal nicht das, was ich tun wollte. Ich könnte mir auch vorstellen, etwas mit Fotografie oder Film zu machen, einfach etwas Kreatives.

Also bist du sozusagen der Kopf der Band?

Na ja, musikalisch vielleicht, weil wir unsere Songs um meine Gitarrenmelodie herum aufbauen, ich kann also die Band in eine bestimmte Richtung bringen, und das auch im Studio, weil ich einfach weiß, wie da alles funktioniert. Das hilft uns natürlich weiter und für mich ist es interessant und aufregend, ich würde das auf jeden Fall weiter machen, auch wenn sich diese Band morgen auflösen würde. Ich würde dann anderen Bands helfen, weil diese Kreativität total wichtig für mich ist.

Wie wichtig ist den CANCER BATS die Fusion von visueller Kunst und Musik?

Kunst ist sehr wichtig für uns. Speziell Liam und ich sind sehr auf Kunst ausgerichtet. Ich habe zum Beispiel Fotografie studiert, bevor ich Aufnahme- und Produktionstechnik gelernt habe. Die Art, wie wir die Band visuell repräsentieren, ist uns also auch sehr wichtig. Unser ehemaliger Bassist ist Grafikdesigner, aber er spielt seit einem Jahr nicht mehr bei uns. Er hat die Band verlassen, um sich ganz auf seine eigene Firma zu konzentrieren, die schon immer sein Traum war. Als wir die Band gegründet haben, haben wir das Ganze ja nur zum Spaß gemacht. Er war ein Freund von uns, also fragten wir ihn, ob er nicht Bass bei uns spielen würde. Dann wurden wir bekannter und mussten immer häufiger und länger auf Tour gehen, und es wurde schwer für ihn, das mit seiner Firma unter einen Hut zu bekommen, also hat er sich gegen die Band entschieden. Das Coole ist allerdings, dass er immer noch unsere ganzen Designs macht, die Layouts für unsere CDs, unsere Website und den ganzen Kram. Diese Sachen sind uns sehr wichtig und wir kümmern uns umso mehr darum, seit wir bekannter geworden sind, ohne jedoch die Musik in den Hintergrund zu drängen. Schon bevor es die Band gab, hatte Liam die Idee, diese kleinen Fledermäuse, die er designt hat, auszuschneiden und zu kopieren, um sie in Montreal und Toronto überallhin zu kleben, einfach nur so aus Spaß. Ich habe damals Marker-Tags gemacht und Graffiti an meine Schule gesprüht und so. Na ja, das war eher ein Akt von jugendlichem Vandalismus, aber damals hat das für mich Sinn gemacht, ohne dass ich unbedingt Graffitikünstler werden wollte, aber ich erkenne Graffiti als Kunstform an. Jedes Mal, wenn wir nach Europa kommen, sehen wir die Werke verschiedener Künstler, die wir vom Touren kennen, wir sehen zum Beispiel ein bestimmtes Tag in Tschechien und ein paar Tage später dasselbe in Paris, ich finde das toll und respektiere die Leute, die Streetart ernst nehmen. Wir mögen Graffiti sehr, was man auch an den Designs unserer T-Shirts sehen kann, das ist einfach Teil unserer Ästhetik.

Denkst du, dass Punkrock beziehungsweise Hardcore heutzutage noch mit einer originären Einstellung der Leute zu tun haben?

Das ist für mich schwer zu sagen, weil ich vom Metal komme. Aber ich denke, das gibt mir den Vorteil, einigermaßen objektiv auf die Szene blicken zu können. Ich finde die Punkrock-Szene okay, wobei ich nicht viele Leute, die in solchen Bands spielen, als echte Punks bezeichnen würde, obwohl das wahrscheinlich für jeden etwas anderes bedeutet. Ich weiß nicht, sind die SEX PISTOLS Punk? Sind die RAMONES Punk? Diese Bands haben ja im Grunde auch Rock'n'Roll gespielt, um Geld damit zu verdienen, denn das ist letzten Endes der Traum einer jeden Band. Sind sie deshalb nun Punk oder nicht? Ich kümmere mich eigentlich nicht so sehr um Punkrock-Ideale. Wir haben unsere eigenen Ideen. Natürlich sind wir gegen Rassismus, Homophobie, und Sexismus, was ja auch Punkrock-Ideale sind. Schwierig finde ich allerdings, wenn Punkrock zum Trend wird. Besonders in Nordamerika gründen viele Leute solche Bands, um berühmt zu werden, und das finde ich nicht gerade besonders „Punk“, N’SYNC mit Gitarren ... Ich denke, dass es heutzutage keine großartigen Punkbands mehr gibt. Ich mag die ganze Rock'n'Roll-Szene auch lieber, weil die Leute da einfach ihr Ding machen und die Musik, auf die sie Bock haben, und das ist alles. Es geht einfach darum, sich zu amüsieren. Das ist auch der Grund, warum wir diese Band gegründet haben, um Spaß zu haben und die Musik zu spielen, die wir mögen. Mir ist da im Grunde der künstlerische Ausdruck wichtiger, als irgendjemandem eine bestimmte Botschaft aufzudrängen, wir sind ja auch keine besonders politische Band. Wir haben natürlich unsere persönlichen Ansichten, zu denen wir auch stehen, aber wir haben keine Band gegründet, um eine politische Plattform zu schaffen. Aber ich denke, dass Punkrock heute definitiv etwas anderes ist, als noch vor zehn, fünfzehn Jahren. Außerdem beschränkt sich eine Punk-Einstellung ja nicht auf Bands, die Punkrock spielen, deshalb ist es echt schwierig zu definieren, wer eine Punkband ist. Beim Hardcore ist es ja ähnlich: Sind wir eine Hardcore-Band? Sind COMEBACK KID eine Hardcore-Band? Ist AVENGED SEVENFOLD eine Hardcore-Band? Man würde sie heute nicht dafür halten, aber vor sechs Jahren haben AVENGED SEVENFOLD vielleicht bei Hardcore-Shows gespielt, und die meisten Leute hätten sie wohl als Hardcore oder Metalcore oder so bezeichnet, obwohl sie das heute offensichtlich nicht mehr sind. Das ist das Gleiche wie mit PARKWAY DRIVE. Viele Leute bezeichnen PARKWAY DRIVE als Hardcore, wobei ich meine, dass die Metal spielen. Das Lustige ist, dass das keine Metal-Typen sind, die spielen die Musik nur, weil es ihnen Spaß macht - deren Lieblingsband ist BAD RELIGION. In erster Linie sind sie Musiker und sollten dafür respektiert werden. Viele Hardcore-Bands gehen ja auf Achtzigerjahre-Hardcore zurück, etwa auf die ganze Straight-Edge-Bewegung, was cool ist, ich bin auch mit solchen Bands aufgewachsen und mag einige immer noch und ich lebe nach wie vor selber Straight Edge.

Warst du schon Straight Edge, als du in Metal-Bands gespielt hast?

Ja, ich war schon Straight Edge, bevor ich überhaupt in irgendeiner Band gespielt habe und zu Hardcore-Shows gegangen bin, einfach weil ich die Idee dahinter mag und es für mich einfach sinnvoll ist. Aber ich mag diese elitäre Einstellung nicht: wenn ich Hardcore mag, kann ich nur Hardcore hören und nur zu Hardcore-Shows gehen, so was langweilt mich total. Ich finde auch die meisten Hardcore-Bands total langweilig.

Kennst du viele europäische Hardcore-Bands?

Ehrlich gesagt nicht. Wenn ich von Hardcore-Bands rede, meine ich auch in erster Linie amerikanische Bands. Aber vielleicht interessiert es mich auch einfach nicht mehr so sehr wie damals, als das alles völlig neu für mich war, obwohl ich die Ideen dieser Szene und den D.I.Y.-Gedanken nach wie vor sehr unterstütze. Als wir jünger waren, haben wir unsere eigenen Konzerte organisiert, unsere Freunde haben Konzerte organisiert, wo immer sie konnten, in Kellern, Gemeindezentren und wir haben uns andere Bands angeschaut, die dort spielten. Aber ich mag dieses Elitäre im Hardcore nicht. Ich komme ja vom Metal, und als ich das erste Mal bei einer Hardcore-Show war, haben mich einige Leute ausgelacht, weil ich so abgegangen bin, gemosht habe und so überhaupt nicht zu ihnen gehörte. Das ist doch blöd! Wir haben auf dieser Tour ein Konzert in Paris gespielt, und in den ersten Reihen sind einige Leute total abgegangen und hatten echt Spaß, hinter ihnen standen ein paar von diesen toughen Hardcore-Typen, die sich total über sie lustig gemacht haben. Es geht doch um die Musik und nicht darum, „richtig“ zu tanzen.

Ihr bezeichnet euer Album „Birthing The “ oft als Partyplatte. Welches sind deiner Meinung nach die fünf besten Partyplatten oder -songs?

„Use Your Illusion II“ von GUNS N’ROSES. „La Sexorcisto“ von WHITE ZOMBIE , „Ill Communication“ von den BEASTIE BOYS: , METALLICAs „Black Album“, weil es mich dazu gebracht hat, selbst Gitarre spielen zu wollen. Und irgendein RAMONES-Album, das war die Band, durch die ich Punkrock entdeckt habe. Das Tolle an ihnen ist, dass, egal, worüber sie singen, sie immer eine gewisse Melancholie verbreiten und man trotzdem von ihren Songs immer gute Laune kriegt.