REZUREX

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I'm on a Mexican radio

Die REZUREX, 2001 gegründet, sind noch eine recht junge Band, doch Bandkopf Daniel DeLeon ist schon seit über 20 Jahren in der kalifornischen Punkszene aktiv, spielte unter anderem bei den INSAINTS, in 45 GRAVE und bei DEEP EYNDE. Mit den REZUREX, bestehend aus Daniel DeLeon (Vocals, Guitar), Manny (Lead Guitar), K.R.O (Upright Bass) und Ben 9000 (Drums), ist ihm dann aber doch endich der Durchbruch gelungen, zumindest in Europa, denn nach mehreren Touren wird seine Psychobilly-meets-Deathpunk-Formation regelmäßig abgefeiert, und auch das neue Album "Psycho Radio" gefällt durch einen smarten Stilmix. Ich traf Daniel - noch ungeschminkt - vor dem Aufritt beim diesjährigen "Fiend Force Fest" in Solingen.


Daniel, kannst du uns zum Einstieg mal deine musikalische Sozialisation ausbreiten? Du hast ja schon in diversen Bands gespielt, bevor du REZUREX gegründet hast.

Also ich lernte das Gitarrespielen einst mit alten Rock'n'Roll-Songs aus den Fünfzigern, denn das war die Musik, die meine Eltern hörten - Chuck Berry, Little Richard, Gene Vincent, Elvis und so weiter. Und ich brachte mir eben anhand dieser Songs selbst das Gitarrespielen bei.

Spielen deine Eltern denn Instrumente?

Nein, aber meine Mutter singt Mariachi, also diese traditionelle mexikanische Musik, und meine Tante hatte in Mexiko eine recht bekannte Band. Die Musikalität liegt bei uns also in der Familie, denn wenn meine Familie sich trifft, etwa bei Hochzeiten, wird immer zusammen musiziert, da holt dann jeder seine Gitarre raus und wir machen zusammen Musik. Meine Eltern stammen aus Mexiko, kamen aber schon in den Vierzigern in die USA. Meine Familie ist also sehr musikalisch, und das macht Familienfeiern immer sehr schön - sogar die Feier nach einer Beerdigung ist so noch recht schön. Aber zurück zu meiner Musik: Als ich dann gelernt hatte, wie man Gitarre spielt, gründete ich 1989 eine Punkband namens THE INSAINTS.

Du bist also auch schon ...

Ja, ich bin 1969 geboren. Ich lebte damals, als ich die Band gründete, noch in einer kleinen Stadt namens Modesto, Kalifornien, und ich und meine Freunde waren die einzigen Punks, keiner konnte uns leiden. Und das Einzige, was wir da tun konnten, war Musik zu machen und uns zu betrinken. Mit der Zeit wurde ich dann auch auf der Gitarre besser, und die ganze Band zog nach Oakland in der Bay Area um, wo wir dann jedes Wochenende Konzerte spielten.

Das war die Zeit, als der Gilman Street-Club in Berkeley seine große Zeit hatte.

Ja, und wir durften da irgendwann nicht mehr spielen, weil unsere Sängerin auf der Bühne etwas, äh, extrem war. Das letzte Mal, als wir da spielten, wurde sie sogar verhaftet. Wir haben damals unter anderem mit RANCID, GREEN DAY und OFFSPRING gespielt, als die alle noch klein waren. Es war eine wirklich coole Szene, doch irgendwann löste sich die Band dann auf und ich zog nach Los Angeles. Ich wohnte da eine Weile bei meinen Freunden von NAKED AGGRESSION, die ich noch aus Oakland kannte, wo sie vorher gewohnt hatten. Dort wohnte auch Fate Fatal von THE DEEP EYNDE, wir wurden gute Freunde, und ich gründete eine Band namens CALAVERA, die damals eine der ersten Psychobilly-Bands in Los Angeles waren, mit spanischen Texten, und die es schaffte, eine richtige Szene dort zu etablieren. Das war 1995.

In Europa gab es seit Mitte der Achtziger schon eine starke Psychobilly-Szene - in den USA entwickelte die sich erst später.

Ja, es gab damals nur sehr wenige Psychobilly-Bands, etwa COSMIC VOODOO oder THE BEA PICKLES. Der Bassist von COSMIC VOODOO spielte auch bei mir in CALAVERA, und spanische Texte hatten wir, weil der Sänger aus Mexiko kam. Eine wirkliche Psychobilly-Szene mit eigenen Konzerten gab es damals nicht, wir spielten also meist zusammen mit Punkbands oder so genannte "Rock en Español"-Shows, wo ein Mix aus Ska, Punk, Metal und Rock geboten wurde. Richtige Psychobillys gab es damals eigentlich kaum, nur ein paar Greaser. Während ich bei CALAVERA Gitarre spielte, bot mir Fate an, bei THE DEEP EYNDE einzusteigen, und weil ich deren 80er-Songs schon immer mochte, nahm ich das Angebot an und nahm zweieinhalb Alben mit ihnen auf. Bei CALAVERA stieg ich dann aus und gründete 2001 parallel zu THE DEEP EYNDE mit Marian Anderson, der Sängerin von THE INSAINTS, die THRILLKILLERS. Leider gab es die Band nicht sehr lange, denn Marian starb im November 2001. Und unser Bassist fragte mich dann, warum ich nicht einfach selbst singe, wenn ich doch schon all die Songs schreibe, und ich antwortete, ich können das ja mal ausprobieren, aber er solle mir bitte sagen, wenn das nichts taugt. Bis dahin hatte ich nämlich noch nie in der Öffentlichkeit gesungen.

Und was ermutigte dich, es dann doch zu tun?

Ich sagte mir "Fuck it, man lebt nur einmal!". Und so gründete ich LOBO NEGRO, die ich dann in REZUREX umbenannte. Das war 2002, und damals spielte ich auch noch zusammen mit Dinah Cancer von 45 GRAVE und GRAVEROBBERS, und es war cool, denn das waren immer Lieblingsbands von mir gewesen. Aber es fühlte sich auch an, wie in einer Coverband zu spielen.

Wenn man sich mal die Genres der Bands anschaut, in denen du gespielt hast, ergibt das exakt den Querschnitt an Einflüssen, die man bei REZUREX heraushören kann.

Haha, ja, absolut. Ich mag 77er-Punkrock, Psychobilly und natürlich 80er-New Wave wie Gary Numan, A FLOCK OF SEAGULLS, BERLIN oder HUMAN LEAGUE. Und ich habe mit Leuten von PINS & NEEDLES auch noch ein kleines Nebenprojekt namens NEON KROSS, da spielen wir so Früh-80er-Wave zwischen Gary Numan, A FLOCK OF SEAGULLS und Billy Idol.

REZUREX wurden und werden aber auch immer wieder mit TIGER ARMY verglichen. Wie stehst du dazu?

Das liegt einfach daran, dass mein früherer Drummer James Meza und mein früherer Bassist Jeff Roffredo vor ein paar Jahren einen besseren Job angeboten bekamen und von REZUREX zu TIGER ARMY wechselten. Ich kann ihnen da keinen Vorwurf machen, sie bekamen da einfach gutes Geld, und REZUREX sind derzeit noch nicht so weit.

TIGER ARMY waren in Europa auf jeden Fall ein "Türöffner", denn viele Leute erfuhren so erst von diesem relativ neuen Sound, eben dieser Mischung aus MISFITS-Punk und Psychobilly. Verbindet euch denn außer ähnlichen Einflüssen irgendwas?

Also ehrlich gesagt habe ich nie TIGER ARMY gehört. Uns verbinden die ehemaligen Bandmitglieder, und das ist es auch schon. Ich mache mein eigenes Ding, und wir haben auch nie zusammen ein Konzert gespielt bis neulich in Deutschland beim "Satanic Stomp"-Festival. REZUREX haben auch mal mit den NECROMANTICS zusammen getourt, aber normalerweise sind wir alleine unterwegs, aber ich würde schon gerne mal im Vorprogramm einer größeren Band touren - SOCIAL DISTORTION oder X beispielsweise. Oder mit Billy Idol, hahaha.

Oder den MISFITS? Zumindest scheinen die dich auch beeinflusst zu haben.

Ich mag die MISITS, THE DAMNED, die CRAMPS, die STRAY CATS, und die kann man sicher auch alle aus unserem Sound heraushören.

Und was verbindet euch mit den Bands, die heute hier bei dem Festival spielen?

Eigentlich haben wir mit denen nur gemeinsam, dass wir auf dem gleichen Label sind. Wir klingen nicht wir irgendeine der anderen Bands heuteabend. Meine Lieblingsband auf Fiendforce ist übrigens ZOMBIE GHOST TRAIN, die uns wiederum recht ähnlich sind.

Seid ihr in den USA denn auf einem anderen Label?

Nein, da haben wir kein Label, was es den Leuten nicht gerade einfach macht, unsere CD im Plattenladen zu finden. Ich habe auch schon darüber nachgedacht, mein eigenes Label zu gründen - wenn ich mal Zeit habe, mache ich das auch, haha. Aber die Band und mein normaler Job - ich verkaufe schicke alte Kleidung - nehmen mich auch so schon genug in Anspruch. Und ich habe auch hier und da noch Nebenjobs, so war ich neulich in einem TV-Werbeclip und schauspielere auch ab und an, etwa in "Day Of The Dead Pt. 2". So kann man ich mir immer noch ein paar Dollar extra verdienen, hangle mich von Monat zu Monat.

Und wie bist du an Fiend Force geraten?

Ich kannte Thorsten schon, als ich noch bei DEEP EYNDE spielte. Wir lernten uns kennen, als THE OTHER bei uns im Vorprogramm ihr erstes Konzert spielten, und so blieben wir in Kontakt. Thorsten kam dann auf unserer ersten Tour zu einem Konzert, wir gefielen ihm und er bot uns an, unser Album auf seinem Label zu veröffentlichen, und so fing alles an.

Was für Leute kommen denn in den USA zu euren Shows? Auch viele so schick verkleidete Menschen wie heute Abend?

Nein, eher Psychobillys, Deathrocker und Punks. Aber eigentlich gefällt es mir in Europa besser, hier sind wir bekannter, unser Label ist aus Deutschland, mir gefallen die ganzen alten Städte und so ist das schon meine fünfte Tour. Hier kümmert man sich auch viel besser um die Bands als in den USA: Wenn du Glück hast, bekommst du im Club ein Bier, und nach einem Bett brauchst du gar nicht erst zu fragen. Deshalb waren REZUREX auch noch nie in den USA auf Tour - ich habe keine Lust, Geld zu verlieren, in irgendwelchen Käffern vor zehn Leuten zu spielen und dann auch noch von Hinterwäldlern aufs Maul zu bekommen.

Euer neues Album "Psycho Radio" ist gerade erschienen. Was ist neu, was ist anders?

Ich denke, das Album hat insgesamt einen eher am klassischen Rock'n'Roll orientierten Sound, dazu kommt so ein gewisser 80er-Darkwave-Einschlag und etwas Psychobilly, Punk und Hardcore. Ich habe einfach in meiner mentalen Bibliothek die Songideen der letzten paar Jahre nachgeschlagen, und dabei kam das neue Album heraus.

Die erwähnten Szenen kamen früher überhaupt nicht miteinander aus, doch heute scheinen sich die Grenzen zu vermischen.

Ja, das stimmt. Die Leute kennen sich untereinander, alles ist mehr "united", und gerade in kleineren Städten sind die coolen Leute ja sowieso darauf angewiesen, miteinander klarzukommen. Ich finde das gut.

Mir kommt es vor, als seien REZUREX vor allem deine Band - ein korrekter Eindruck?

Na ja, ich bin der Hauptsongwriter, und als wir ins Studio gingen, hatte ich die Songs alle fertig und die anderen haben sie eben gespielt, haben ihre eigenen Akzente gesetzt. Ich spiele weder Bass noch Schlagzeug, von daher bin ich darauf angewiesen, dass die anderen sich da mit ihren Ideen einbringen. Die Hauptidee für die Songs stammt also von mir, den Rest erarbeiten wir gemeinsam.

Daniel, besten Dank für das Interview.