MOJOMATICS

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Tu nicht so, als würdest du mich kennen

Matt und Davide von den MOJOMATICS haben es geschafft, ihre Band mit jedem Album neu zu erfinden. Mit "Don't Pretend That You Know Me" erschien im Frühjahr das dritte Album der als Duo gestarteten Band aus Venedig, die, mittlerweile zwar zum Trio gewandelt, sich aber im Kern treu geblieben ist: Zwischen Garage-Blues, Sixties-Punk und British Invasion liegen hier maximal die paar Sekunden Pause zwischen zwei Songs. Ich ließ mir von Davide ein paar Fragen beantworten.


VIch war überrascht, als ich feststellte, dass aus den "Duomatics" die "Triomatics" geworden sind. Wie kam das zustande, wer ist der neue Typ?

Wir haben zwar schon länger nach einem Bassisten gesucht, aber im Endeffekt ging alles ziemlich schnell und ist vielmehr aus einem Joke entstanden. Unser neues Mitglied heißt Gabriele Boi und kommt von Sardinien. Er hat eine Zeit lang mit JUNE und unserer befreundeten Band THE RIPPERS gespielt. Durch die haben wir ihn auch zum ersten Mal kennen gelernt. Letztes Frühjahr spielten wir auf der Insel in Cagliari ein Konzert, und wie das meistens der Fall war, schaute er zu. Er war schon immer ein großer Fan von uns. Wir kannten ihn zwar nicht wirklich gut, dachten aber immer schon, dass er ein guter Musiker, aber vor allem ein netter Kerl ist. Na ja, später am Abend, als wir mit ein paar Bier zusammensaßen, meinten wir einfach: "Hey, warum steigst du nicht bei uns ein?" Das ließ er sich nicht zweimal sagen und innerhalb einer Woche ließ er sein Haus, seinen Job und seine Freunde zurück, zog nach Venedig, um komplett für die Band da zu sein. Es mangelt ihm also nicht an Mut und Willensstärke. Er hatte noch keine Sekunde mit uns zusammen gearbeitet und trotzdem wussten wir einfach, dass er der Richtige war.

Inwiefern verändert sich eure Band also dadurch, dass ein Bassist hinzu gekommen ist?

Matts Vater war früher Bassist in einer Hardrock/Blues Band à la CREAM oder BLACK SABBATH und der erzählte uns oft, dass man ohne Bass nicht weit kommen würde. Wir haben uns zu zweit zwar immer wohl gefühlt, aber man ist doch eingeschränkt, wenn man nur ein Instrument und somit nur einen Rhythmus hat, vor allem live. Das neue Album beispielsweise haben wir mit Bass aufgenommen. Diese Songs ließen sich live gar nicht verwirklichen. Dass wir jetzt den Bass hinzu geholt haben, öffnet uns neue Wege und viele neue Möglichkeiten. Matt ist nicht mehr gezwungen, den Rhythmus beziehungsweise Takt vorzugeben und dazu den Bassteil zu übernehmen. Er kann jetzt vielmehr variieren oder auch mal ein Solo spielen, was vorher eben nicht möglich war. Von jetzt an können wir unsere Melodien für die Konzerte besser vorbereiten und mehr Abwechslung reinbringen. Wir haben Gabriele also explizit nicht nur für die Live-Shows dazu geholt, sondern auch, um uns im Studio zu helfen und mehr Möglichkeiten zu verschaffen. Neben dem Bass kann er auch Piano und sogar Gitarre spielen, was uns zukünftig einige Variationen möglich macht. Wir experimentieren bereits und nehmen neue Songs mit ihm auf. Einer davon heißt "Don't believe me when I'm high" und ist einer von unseren klassischen Sixties-Garage-Tracks, die wir schon live spielen. Wahrscheinlich wird es unsere neue Single. Ein weiterer Song, an dem wir gerade arbeiten, ist durch Saxophon, Piano und einer Hawaii-Gitarre breiter gefächert, was die Instrumente angeht

Stichwort Veränderung: Euer Sound hat einen großen Wiedererkennungswert, der sich aber mit den drei Alben entwickelt hat. Wir würdest du diese Veränderung beschreiben, wo ist der Einfluss und was ist die Basis, die sich nicht ändern lasst?

Viele Leute waren von dem veränderten Sound des neuen Album etwas vor den Kopf gestoßen, aber wenn du mich fragst, war uns diese Veränderung gar nicht bewusst. Das Ganze hat vielmehr mit anderen Einstellungen und Möglichkeiten, die wir jetzt haben, zu tun. Am Anfang haben wie die Aufnahmen immer ganz schnell gemacht, mit einem 8-Spur-Gerät und ein paar Mikros, dadurch klang unser Sound natürlich ziemlich LoFi. Dank kontinuierlichen Übens und der Tatsache, dass wir uns besseres Equipment leisten konnten, hat sich mit der Zeit auch die Qualität der Songs geändert. Aber die Grundlage für alles ist unverändert das Songwriting. Wir haben jetzt unser eigenes Studio - Mojomatt's Outside Inside, komplett analog und professionell - und dadurch mehr Zeit, an unseren Arrangements zu arbeiten und unseren Vorstellungen anzunähern. Nichts desto trotz sollen die Songs unser Markenzeichen bleiben. Von diesem Standpunkt aus gesehen, beeinflusst uns natürlich auch die Musik, die wir gerade selbst hören. Als das zweite Album entstand, waren wir ganz verrückt nach Country-Rock und beim aktuellen sind mehr die Einflüsse von frühem Punkrock, also THE SAINTS, BUZZCOCKS und THE JAM oder sogar Pop erkennbar. Aber auch schon auf unserer ersten LP lässt sich genauso viel Melodie entdecken.

Auf der Bühne seid ihr sehr stilvoll gekleidet: schwarze, elegante Schuhe, schicke Hosen, coole Shirts. Gibt es bei den Mojos so was wie einen Dresscode und was ist absolut tabu auf der Bühne?

Rockmusik hatte schon immer eine grundlegende ästhetische Seite. Wir wollten eine Identität entwickeln und quasi ein visuelles Konzept daraus machen. Uns ist dabei jedoch wichtig, dass wir nicht zu "herausgeputzt" oder wie Poser wirken. Das Erscheinungsbild ist wichtig, aber das Innere zählt, das ist unsere Einstellung. Aber an sich haben wir keinen Dresscode in dem Sinne, wir mögen's halt etwas eleganter, auch außerhalb der Bühne. Immerhin sind wir ja Italiener, nicht wahr?

Und ... wie haltet ihr die Outfits sauber? Ich meine, nach einer schwitzigen Show muss es ziemlich ekelig stinken ... Wie viele Sets habt ihr und wie oft wascht ihr, wenn ihr auf Tour seid?

Wir waschen gar nicht ... Es ist schon ein großes Problem. An sich haben wir zwei Anzüge, einen für den Winter und einen für den Sommer aus dünnerem Material. Klar, nach ein paar Tagen auf Tour fangen die Sachen schon an, nach Schweiß zu riechen - manchmal kann man ihn sogar sehen. Die Sachen aber jeden Tag zu waschen, ist aus zeitlichen und logistischen Gründen einfach unmöglich, wir haben wirklich alles probiert. Auf unserer letzten Tour zeigte Gabriele uns einen alten sardinischen Trick seiner Oma, um schnell zu waschen und zu trocknen. Es funktionierte wirklich gut, war aber leider sehr kompliziert und erforderte viel Geduld. am ersten Abend haben wir es getestet, aber die anderen Tage waren wir einfach zu faul und auch zu müde.

Gibt es etwas besonders Tolles oder Schlimmes, was euch auf dieser Tour passiert ist?

Jede Tour ist voll von unglaublichen Situationen, Momenten von Glück und Unlust und hunderten anderen kleinen Abenteuern. Doch woran wir uns immer wieder gerne erinnern, ist der Abend, an dem wir mit den NEW CHRISTS in Hamburg waren. Rob Younger und Jim Dickson sind für uns wie Helden. Wir haben sie schonmal auf Tour mit RADIO BIRDMAN getroffen und kamen gut miteinander aus. In dieser Nacht jedenfalls kam Younger und hat uns ein paar Komplimente gemacht, er meinte: "Ihr spielt genau die Art von Musik wie auf den alten Scheiben, die ich bis heute kaufe und höre." Wir hätten anfangen können zu heulen. Immerhin sind wir doch, die mit ihren Songs groß geworden sind.

Euer neues Album ist auf einem neuen Label. Warum? Wer steckt dahinter?

Eigentlich haben wir nur zu einem Teil gewechselt. Die Vinylversion des Albums ist, wie bereits die ersten beiden, bei Alien Snatch erschienen. Die CD für Italien und den größten Teil Europas ist erschienen auf Ghost Records aus Varese, einer Stadt bei Mailand. Es ist ein ziemlich bekanntes Indierock-Label in Italien und hat einen sehr guten Ruf. Da wir zuletzt um die 80 Shows in Italien gemacht haben, brauchten wir also ein Label, das auch einen guten internationalen Vertrieb hat, damit die Leute die CD nicht bloß auf unseren Konzerten bekommen können. Ghost Records waren als erstes Label an uns interessiert. Sie boten uns einen fairen Vertrag an und arbeiten sehr engagiert im Promo-Bereich. Gleichzeitig wollten wir unsere Zusammenarbeit mit Daniel von Alien Snatch aufrecht erhalten, da wir schon lange befreundet sind, sowohl professionell als auch privat.

Sieht so aus, als ob es bei euch momentan ziemlich gut läuft - jedenfalls in Deutschland. Zu den Shows kommen immer mehr Leute, ihr erhaltet gute Reviews. Wie sehen eure weiteren Pläne aus?

Ja, ob mit einem neuen Album oder einer neuen Tour, es läuft wirklich immer besser und besser. Es sieht so aus, als ob sich die ganzen Anstrengungen langsam auszahlen. Jede Tour ist besser als die davor, die Platten verkaufen sich gut, wir bekommen gute Reviews von der Presse, unser Publikum wird immer größer und es kommen nicht nur Leute aus der "Szene". Es fühlt sich gut an, aber uns ist durchaus bewusst, dass das erst der Anfang ist und kein Ziel. Wir sind nicht der Typ Band, die aus dem Nichts "explodiert" und ist auf allen Magazin-Covern. Wir sind keine Engländer und keine Amerikaner, werden auch nicht durch einflussreiche Medien oder Plattenfirmen unterstützt. Für das, was wir bis jetzt erreicht haben, mussten wir viele Opfer bringen, endlos Touren mit einigen Shows, die zum Verzweifeln waren und trotzdem haben wir nie aufgegeben. Wir sind nicht reich, wir können gerade so von unserer Musik leben, aber wir sind zuversichtlich, dass unsere "Politik der kleinen Schritte" die Einzige ist, die funktioniert. Und wir sind stolz, sagen zu können, dass wir das alles im Schweiße unseres Angesichts alleine geschafft haben.

Da du aus Venedig kommst, brauchen wir deine Meinung: Warum sollte man die Stadt besuchen und warum sollte man sich dabei keine Gedanken um Geld machen müssen?

Venedig ist eine der schönsten Städte der Welt, die man einfach einmal gesehen haben muss. Es gibt hier viele Touristen, da ist es kein Wunder, dass die Preise unvorstellbar hoch sind. Das Beste ist, man holt sich einige Tips von den Einheimischen. Unsere Musik ist auch ein bisschen wie Venedig: Die Wurzeln liegen in der Vergangenheit, aber faszinieren kann sie einen noch heute.