REJECTED YOUTH

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Rejected forever, forever rejected

Aus Nürnberg kommt mit REJECTED YOUTH die süddeutsche Punkrock-Hoffnung dieser Tage. 1998 gegründet, haben die Jungs ihren Stil, mit seinen pfeilschnellen, gleichermaßen aggressiven wie melodischen Streetpunk-Attacken einerseits und seinen mit der Welt des 21. Jahrhunderts hart ins Gericht gehenden Texten andererseits, von Jahr zu Jahr immer weiter verfeinern können. Die Jungs schaffen es, OXYMORON, RANCID und 80er-Jahre-Polit-Hardcore-Punk perfekt zu kombinieren. Die Anfangstage, in denen REJECTED YOUTH noch mit anderen Bands der Punk-Szene verglichen wurden, sind schon lange vorbei und spätestens seit ihrer Platte „Public Disorder“ gehört die Band europaweit zur Crème de la Crème im politischen Streetpunk-Sektor. Auch wenn die Besetzung sowie der Sound der Band sich in den letzten zehn Jahren geändert haben, sind ihre Attitüde und Passion für die Sache gleich geblieben. Immer noch aggressiver, kritischer, antifaschistischer und vor allem authentischer Punkrock, der die Dinge ungeschminkt zum Ausdruck bringt. Antirassismus, Antisexismus und Veganismus sind für die Band nicht nur auf der Bühne und im Studio ein Thema. 2005 musste zum Beispiel ein Konzert in München ausfallen, weil ein Teil der Band bei einer Anti-Nazi-Demonstration verhaftet und wegen Verstoßes gegen das Vermummungsverbot angeklagt worden war. Während für andere Bands Punk darauf basiert, Drei-Akkorde-Rock’n’Roll zu spielen und gegen Nazis zu sein, möchten REJECTED YOUTH mehr in den Köpfen ihrer Zuhörer bewegen. „Making punk a threat again“ heißt einer ihrer Songs und selten kommt diese Aussage so überzeugend, so ernst gemeint rüber, wie bei REJECTED YOUTH. Im folgenden ein Interview mit Schlagzeuger Keks.

1998 hast du zusammen mit Matze die Band gegründet. Kannst du kurz sagen, was ihr mit dem Namen REJECTED YOUTH ausdrücken wolltet?


Der Bandname ist mehr oder weniger ein Zufallsprodukt. Zu dem Zeitpunkt haben wir uns in der Clique, mit der wir unterwegs waren, alle „rejected“ ins Genick tätowieren lassen. Das sollte damals unser Zusammengehörigkeitsgefühl ausdrücken. Wir fanden es cool, dass wir von vornherein als Gruppe identifizierbar waren. Und das „rejected“ haben wir eigentlich geklaut, von einem Film, in dem sich die Punks ein Branding machen lassen mit den Buchstaben „T.R.“, was für „Total Rejected“ steht. Das fanden wir cool und machten daraus REJECTED YOUTH.

2001 erschien das Album „Not For Phonies“. Darauf ist ein Song namens „Our scene“ mit der Textpassage „This is our scene and we are proud to be a part of the German punkrock scene“. Wie ist das heute? Seht ihr euch immer noch als Teil der Punkrock-Szene?

Mittlerweile sehen wir das alles natürlich ein wenig differenzierter. Also musikalisch sind wir ganz klar ein Teil der Punkrock-Szene, aber Punk ist ja keine homogene Masse. Zum einen gibt es zum Beispiel den aktiven Anarchopunk-Teil, der AZs betreibt, Konzerte organisiert und politisch aktiv ist. Dann gibt es natürlich aber auch die Fraktion der stumpfen Pöbelpunks, die uns bei den Konzerten auch nerven. Es kam auch schon vor, dass wir Leute rausgeschmissen oder niedergeschlagen haben, weil sie uns auf den Sack gingen. Generell würde ich aber trotzdem sagen, dass wir sind stolz darauf sind, ein aktiver Teil der Szene zu sein.

Ihr habt sehr politische Texte. Hat für dich Punkrock immer was mit Politik zu tun?

Mittlerweile ja. Zu unserer Gründungszeit vor zehn Jahren und auch davor noch war das bei mir persönlich sehr durchwachsen. Zwar habe ich auch jetzt noch Spaß an Funpunk-Bands wie zum Beispiel FROHLIX, die überhaupt keinen politischen Anspruch haben und bloß über Saufen und Party singen. Was mir aber stinkt, sind Bands, die meinen, sie müssten anderen ihren politischen Anspruch verbieten. Fakt ist: Punk war immer ein Zeichen von Rebellion! Und wenn man sich Bands wie CRASS anschaut, dann war das immer auch ein politisches Ding. Punk ist für uns als Band eine Ausdrucksform, um politische Messages rüberzubringen.

2005 erschien mit „Angry Kids“ das dritte Album. Ein Meilenstein eurer Bandgeschichte, wie ihr selbst auf eurer Homepage schreibt. Wieso, meint ihr, ist es das?

„Angry Kids“ war einfach die ultimative Platte, von der wir sagen würden, dass da das Bandkonzept gepasst hat. Wir alle waren politisch auf dem selben Level, sprich: alle drei vegan und alle drei aktiv in irgendwelchen Bereichen. Auch musikalisch hat es super gepasst. Ich finde, das ist unsere kraftvollste Platte. Klar, die neue ist auch super, aber sie ist auch ein Schritt in eine neue Richtung.

Die Bandkonstellation hat sich in den zehn Jahren immer wieder verändert, vom Anfang sind nur noch Matze und du dabei. Im Juni 2005 gab es dann eine vorerst letzte Show. Was führte dazu und wie kam es, dass ihr schließlich doch weitergemacht habt?

Wir waren auf Europatour und hatten während dieser ein paar Streitereien untereinander. Es ging um verschiedene Sachen, zum Beispiel um die Zukunft der Band und den zeitlichen Aufwand, den jeder aufbringen will oder müsste, und solche Sachen. Nach der Tour hat Kalle angekündigt, dass er aussteigt. Zum damaligen Zeitpunkt war für mich und Matze nicht vorstellbar, mit einem Ersatz weiterzumachen. Nach einem oder eineinhalb Jahren hat Matze mich allerdings gefragt, ob ich nicht Lust hätte, mit ihm in den Proberaum zu gehen, weil er ein paar neue Songideen habe. Es war an diesem Punkt aber noch nicht klar, dass wir als REJECTED YOUTH weitermachen würden. Matze war zu der Zeit auch sehr Indiepop-beeinflusst. Wir haben aber dann fest gestellt, dass die Songs auf unseren früheren Sachen aufbauen. Es ist also nicht so, dass es ein Schnitt ist und was Neues, sondern vielmehr eine musikalische Weiterentwicklung darstellt. Wir haben uns dann gesagt, wir machen weiter, und auf einer kombinierten Geburtstags- und Hochzeitsfeier von einem Kumpel Sancho und Andy gefragt, ob sie nicht zwei Leute kennen, die Bass und Gitarre spielen. Sie sagten: „Ja, wir!“ Dann sind wir halt frühmorgens um zehn von der Feier in den Proberaum getigert und haben zwei, drei Songs gespielt und festgestellt, dass es passt. Wir sind jetzt natürlich saufroh, zwei Leute gefunden zu haben, die wir auch schon länger kennen und zur Band passen!

2007 erschien dann in dieser Besetzung „Public Disorder“, unter anderem mit dem Song „This H stands for hate“, einem Lied über Homophobie. Es sind ziemlich deutliche Worte, die da gesprochen werden. Schwulenfeindlichkeit ist aber auch in der Punk-Szene ziemlich weit verbreitet. Habt ihr Reaktionen auf das Lied bekommen?

Also, wir haben nichts Negatives gehört. Ich glaube auch nicht, dass irgendjemand, der vielleicht homophobe Ansichten hat, sich innerhalb der Punk-Szene dazu bekennen würde. Das ist viel mehr etwas Verstecktes, das in der Sprache wiederkehrt, das in Verhaltensweisen wiederkehrt, aber nichts, das von irgendjemandem offen propagiert würde. Allerdings hatten wir vor, zu dem Thema einen Videoclip zu drehen, wofür wir die Leute darum baten, uns Fotos zuzuschicken, die deren Ansicht über Homophobie zum Ausdruck bringen sollten. Daraus wollten wir dann etwas bauen, aber es kamen lediglich drei Fotos! Das heißt weniger, dass die Leute kein Interesse an der Band haben, sondern vielmehr, dass sich die Leute mit dem Thema nicht auseinandergesetzt haben oder auseinandersetzen wollten. Wenn wir den Song live spielen, dann grölen die Leute den Text mit und im nächsten Augenblick sagen sie dann „Du bist doch schwul“ oder so was. Da wird, glaube ich, nicht so sehr darüber nachgedacht.

Es gibt von euch auch immer wieder Songs über Tierrechte oder Veganismus. Was ist eure aktuelle Position als Band zu dem Thema? Seid ihr alle Veganer?

Wir leben nicht alle vegan. Matze und ich sind Veganer, die anderen beiden sind Vegetarier. Ganz klar: Zu einem herrschaftsfreiem Leben gehört auch die Freiheit von Tieren, dementsprechend ist unsere Position als Band ganz klar. One struggle, one fight! Tier- und Menschenrechte hängen einfach zusammen. Man kann nicht Herrschaftsstrukturen bekämpfen, aber gleichzeitig selber von oben drücken.

Ihr habt ein neues Lied veröffentlicht, „Black army“, gemeinsam mit Mark von THE UNSEEN. Kannst du kurz etwas zu dem Inhalt sagen?

Das ist im Prinzip eine Lobpreisung des Schwarzen Blocks. Es wird von Seiten der Medien, auch von alternativen und bürgerlichen Linken immer auf den „black block“ und auf Militanz bei Demonstrationen geschimpft. Fakt ist und man hat es ja in Köln erst wieder gesehen: Die Nazis beim „Anti-Islam-Kongress“ konnten sich nicht etwa deshalb nicht treffen, weil da Zehntausende friedlich standen, sondern sie durften sich nicht versammeln, weil die Bullen gesagt haben, sie könnten nicht für deren Sicherheit garantieren. Und dieses Verbot wäre nicht ergangen, wenn nicht ein breites militantes Spektrum vor Ort gewesen wäre. Und genau für diese Leute, die in den ersten Reihen stehen und leider oft von beiden Seiten was abkriegen, genau für diese Leute ist der Song! Damit sie weitermachen und um damit zu zeigen, dass ein militantes Agieren notwendig ist. Es ist nicht die Lösung für alles, aber meiner Meinung nach muss es manchmal auch knallen.

Okay, jetzt würde mich noch interessieren: Aus den zehn Jahren Bandgeschichte, gibt es da ein besonderes Highlight oder einen Lieblingssong, zu dem du noch irgendwas sagen möchtest?

Highlights sind natürlich Touren. Vor allem die letzte Tour, 2007 mit UNSEEN, war einfach fantastisch! Es war von A bis Z alles cool. Und es war das erste Mal nach drei Wochen Tour, dass wir uns gesagt haben, „Scheiße, wieso ist das denn jetzt schon wieder zu Ende?“ und niemand entnervt war. Was die Lieder betrifft, wechselt das natürlich immer wieder. Es gibt welche, die mich thematisch immer wieder fesseln, und welche, die mich musikalisch immer wieder begeistern. Aber wenn du mich nach meinem jetzigen Lieblingssong fragst, dann ist es ein Song auf „Angry Kids“, der den Freiheitskämpfern der EZLN in Mexiko gewidmet ist.

Karen Raab (Vorwort: Birol Demir)