DIE STRAFE

"Wir sind eh besser als EA 80" ritzten die drei Mönchengladbacher schon in ihre erste Single, als hätten sie geahnt, dass von nun an in wirklich jeder Kritik über DIE STRAFE dieser Name fallen würde. Ausserdem ist die Band bekannt dafür, öfter mal ein Mädchen gefesselt an den Bühnenrand zu hängen oder auch mal zu versteigern. Dies lässt sie nicht unbedingt für alle sympathisch wirken, aber mit diesem ,teilweise sehr schwarzen Humor und den zwei sehr guten Alben "Strafe muss sein" und "Henry mit dem Spaten" schafften es DIE STRAFE, sich zu einem sehr geschätzten Act zu mausern. Warum, wieso, und einiges mehr erzählten Kai (Bass, Gitarre, Schlagzeug, Gesang), Budde (Bass, Gitarre, Schlagzeug, Gesang) und Torsten (Gitarre, Gesang) bei einem gemütlichen Pläuschchen.

Bei euch werden ja ständig die Instrumente getauscht, auch auf der Bühne. Konntet ihr euch nicht entscheiden, wer was spielt?

Torsten: Ich spiele ab jetzt nur noch Gitarre.

Budde: Wir haben alles mal ausprobiert, und was wir dann einigermassen konnten, haben wir dann auch gespielt.

Kai: Weil wir die demokratischte Band der Welt sind, darf bei uns jeder alles spielen.

Budde: ...und wir sind die toughste.

Kai: Jeder schreibt bei uns Stücke und spielt die dann auch auf Gitarre.

Torsten: Wer den Song schreibt, der singt ihn dann auch später.

Auf dem letztjährigen Wuppstock-Festival habt ihr massig Kritik wegen eurer Bühnenshow geerntet. Passiert euch das öfter?

Budde: Danach ist uns das öfter passiert, aber sonst eigentlich nicht.

Kai: Der erste Teil der Bühnenshow war geplant, danach kamen dann ein paar Sprüche von einem Bandmitglied, die vielleicht nicht ganz nett waren.

Torsten: Man muss die Show einfach in Verbindung mit dem Song sehen, den wir dabei gespielt haben, nämlich "Strafe muss sein". Das war alles mehr als Satire gedacht. Wenn TOD UND MORDSCHLAG uns meinen ankacken zu müssen, dann sollen sie es machen. Das ist wohl bei ihnen falsch rübergekommen.

Ihr hättet ja eigentlich damit rechnen müssen, dass ihr da irgendwo aneckt, wenn ihr mit so einer Show auf einem Konzert für die autonome Anti-AKW-Bewegung auftretet. Nehmt ihr das also in Kauf?

Torsten: Ich hab das gar nicht gewusst, dass wir auf einem politischen Festival spielen. Ich habe dann auch gar nicht drüber nachgedacht, als ich diese Versteigerungsaktion gemacht habe.

Budde: Wenn man den Namen hört, dann denkt man gleich an den grossen Bruder und an abfeiern. Wer unsere erste Platte "Strafe muss sein" kennt, weiss, dass wir uns da selbst auf den Arm nehmen. Um von unserer schlechten Musik abzulenken versuchen wir dann immer ein bisschen Spass zu machen.

Torsten: Wer unsere erste Platte kennt, weiss auch, dass wir auch nackte Männer foltern.

Budde: Wie Michael Will schon sagte: "Wer will schon nackte Männer sehen?".

EA 80, die WISHMOPPER, BOXHAMSTERS, VERBRANNTE ERDE, DEVIL IN MISS JONES, DIE STRAFE... Seid ihr das grösste Punkrockkollektiv Deutschlands?

Budde: Wir kennen uns halt alle ganz gut und dadurch macht es halt riesig Spass mit denen aufzutreten. EA 80 sind unsere Vorbilder und es macht ebenfalls Spass, in dieser Richtung Musik zu machen.

Kai: Gerade die Bands, die du gerade aufgezählt hast, haben doch alle ihren eigenen Stil. Ich glaube manchmal, dass wenn du als Band nicht diese Saufen/Ficken-Texte hast, wirst du immer in diesen Topf geschmissen, ob das nun passt oder nicht.

Es ist ja nicht nur das Musikalische, was euch so verbindet, sondern auch, dass ihr ständig zusammen auftretet, ständig für die anderen Bands werbt und die Grusslisten sich auch überschneiden.

Kai: Wir müssen immer mit WISHMOPPER zusammen spielen, weil wir selber keine Instrumente haben.

Budde: Wir haben einmal mit denen zusammen gespielt und dann haben sie halt gefragt, ob wir nicht nochmal Bock hätten.

Kai: ...und natürlich hatten wir Bock, weil wir ja keine Instrumente haben.

Torsten: Seitdem treten wir öfter mit WISHMOPPER und VERBRANNTE ERDE auf.

Budde: Wir haben übrigens ein Spendenkonto für Instrumente. Nein, wir waren dann halt mit denen auf Tour und das ging über das Musikmachen hinaus, das wächst halt alles so zusammen. Es ist fast schöner die Menschen einfach so zu treffen, als mit ihnen aufzutreten.

Kai: Ich trete nur wegen der Instrumente mit denen auf!

Nennt doch mal einen guten Grund, warum man euch nicht mit EA 80 vergleichen sollte.

Budde: Wir sind besser.

Kai: Wir sind schöner.

Es nervt also?

Torsten: Am Anfang war ich stolz darüber, dann hat's mich genervt und jetzt ist es mir egal.

Budde: Jeder versucht halt seine Richtung festzulegen. Man kann uns insofern mit EA 80 vergleichen, als dass die Musik so ähnlich klingt, aber wie schon viele Leute gesagt haben, an die Qualität kommen wir nicht dran. Die sind zu viert und haben einen Bass dabei und sind viel besser im Zusammenspiel, deshalb klingen die ganz anders und interpretiren Sachen auch anders. So denken wir jedenfalls.

Torsten: EA 80 können spielen!

Euch wird ja auch vorgeworfen ihr würdet die Instrumente tauschen, weil jeder es nur bruchstückhaft beherrscht.

Kai: Wir haben nie behauptet, dass wir spielen können!

Ihr habt teilweise sehr lyrische Texte, was inspiriert euch dazu?

Torsten: Manches ist halt einfach persönlich, anderes sauge ich mir dann einfach aus dem Kopf, indem ich mir eine Situation vorstelle.

Kai: Aus den Fingern, meinst du.

Budde: Torsten saugt!

Kai: Jeder schreibt halt Stücke und meistens über Sachen die ihn persönlich betreffen.

Was sind denn so eure liebsten Hörspiele?

Kai: Jeden Abend "Drei Fragezeichen" zum Einschlafen.

Die Ampelmännchen sind da doch um einiges besser.

Torsten: Wer?

Kai: Kenn ich nicht.

Budde: Was? Ihr kennt die Ampelmännchen nicht?

Kai: Du kennst die Ampelmännchen?!

Budde: Nö.

Was hört ihr denn so auf der Anfahrt zu euren Gigs?

Torsten: Das letzte Mal hat Kai in seiner Cassettensammlung gekramt und alte Achtziger-Sachen mitgebracht.

Kai: FRANKIE!

Torsten: ...und SVEN VÄTH.

Budde: Ansonsten machen wir lustige Ratespiele im Auto. Jemand fängt an mit "Ihr kennt doch den Sänger von... äh, fängt mit A an" und dann geht's los. Wenn wir dann gar nichts mehr wissen, holen wir den Atlas und suchen total bekloppte Städte raus wie z.B. "Dorffluss"oder "Häuserkampf".

Kai: Kirchbach!

Es wird behauptet, dass das Foto von euch mit Berti Vogts auf der "Henry mit dem Sparten"-LP nicht gefaket sein soll.

Kai: Das stimmt. Wir stehen bei Berti Vogts im Garten und haben da auch mit ihm Kaffee getrunken.

Wie kommt man dazu? Bundestrainer lassen sich ja eher seltener für Punkplatten ablichten.

Kai: Berti Vogts ist ja schon lange Ehrenmitglied der APPD... das stimmt zwar auch, aber egal. Der wohnt halt ein paar Straßen entfernt und ich hab' dann mal angeklingelt und gefragt, ob er nicht eine junge, dynamische Punkband unterstützen will - und er wollte.

Budde: Er hat sich auf jeden Fall vorher die Texte durchgelesen und fand die toll.

Also achtet auch Berti Vogts beim Plattenkauf auf eine gewisse textliche Korrektheit?

Kai: Ja, und er mag keinen HipHop. Er sagt, es ist ihm alles recht, nur kein HipHop.

Torsten: ..und Lothar Matthäus ist bekloppt!

Kai: Hat er das auch gesagt? Naja, auf jeden Fall grüssen wir Berti ganz herzlich an dieser Stelle, denn wir wissen, dass er Ox-Abonnent ist.

Wie sieht es den bei euch mit Politik aus? Ihr habt ja schon politische Songs, allerdings auf einer sehr emotionalen Ebene.

Budde: Ich bin tätig bei den Jungsozialen in Mönchengladbach. Das war jetzt übrigens ein Witz. Politik ist so hoffnungslos wie dass Geld irgendwann nicht mehr auf der Welt existiert. Manche Bands singen halt gerne politische Sachen, aber wir können und wollen lieber über unsere Gefühle Musik machen.

Kai: Viele Leute stecken uns in diese unpolitische Ecke. Ich antworte diesen Leuten dann immer, dass wir viel zu egozentrisch sind, um uns auch noch mit Politik zu befassen.

Wenn ihr öfters als unpolitisch oder sexistisch eingestuft werdet, habt ihr bestimmt oft Ärger mit dieser selbsternannten Szenepolizei.

Kai: Ich denke mir, dass sind die Leute, die nichts raffen und diese Art von Humor nicht verstehen. Wer sich eine Platte von uns genauer anguckt oder anhört, der sieht, wo es lang geht.

Torsten: Wir sind nicht sexistisch, sondern politisch. Ficken OI!

Budde: Das sind wir wieder bei der Definition von Punk. Ich mache Punkmusik und habe auch eine Einstellung dazu.

Kai: Punk wird immer alles dürfen - "Mono" ist das einzig gute BOXHAMSTERS-Lied.

Ich höre hier die ganze Zeit garstige Seitenhiebe in Richtung BOXHAMSTERS.

Budde: Wir sind halt das grösste Punkrockkollektiv Deutschlands.

Kai: Die BOXHAMSTERS und wir streiten uns nur noch um die Aktienmehrheit.

Torsten: Wir haben keine Probleme mit denen.

Kai: Wir!

Ihr scheint euch ja immer sehr viel Mühe beim Coverartwork zu geben.

Budde: Wir müssen ja alles das überspielen, was wir nicht können, nämlich Musik.

Torsten: Der Kai gibt sich immer sehr viel Mühe.

Der rennt sogar zu Berti Vogts in den Vorgarten, wenn es sein muss.

Kai: Ausserdem haben die Leute dann auch noch was zu gucken und komponieren die LP mit dem Familienfotoalbum.

[b] Budde:
Wir wollen auch die Möglichkeiten, die einem hier geboten werden, ausnutzen. Deshalb machen wir auch nur Vinyl, denn erstens ist Vinyl sowieso Kult, zweitens ist das schöner und grösser und man kann da viel mehr interpretieren.