DISCIPLINES

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Nordisch korrekt

Die Kombination aus drei Norwegern und einem Wahlfranzosen klingt erst mal merkwürdig. Packt man alle vier aber in einen Raum, oder noch besser auf eine Bühne, dann wird aus der Kombination eine eingeschworene Angriffsformation, die verdammt gute Laune hervorruft und das Herz jedes Indie-Rockers höher schlagen lässt. Und wenn der Frontmann auch noch Ken Stringfellow heißt, langjährig bei den POSIES aktiv, Teilzeitmitglied der reformierten BIG STAR, Alex Chiltons legendärer Band, und außerdem Aushilfsgitarrist für R.E.M. und WHITE FLAG, dürfte da eigentlich nichts mehr schief gehen. Wir baten Ken zum Interview.

Du bist sowohl als Solokünstler als auch mit vielen Bands aufgetreten. Bist du eher ein Individualist oder Teamplayer? Wo liegt für dich das größere Potential, sich auszudrücken?

Ich schaue einfach, was mir jeweils angemessen erscheint. Manchmal bin ich alleine und dann wieder Teil einer Formation. Ich denke, ich kann mich gut an die Erfordernisse einer Situation anpassen, was mich zu einem guten Produzenten und Session-Musiker macht. Aber wenn die Situation eine Führung braucht oder jemanden, der die Richtung vorgibt, dann macht mich das eben auch zu einem guten Teamplayer. Manchmal brauche ich Hilfe, dann wiederum gibt es Momente, wo ich gerne helfe.

Erzähl doch mal etwas über den Entstehungsprozess der DISCIPLINES-Songs.

Björn, der Gitarrist, kommt mit den Ideen zu uns. Ich höre mir das alles an und wähle dann die Sachen mit Potential aus und versuche, sie weiterzuentwickeln. Björns Ideen haben bereits Texte, so dass ich in dieser Hinsicht weniger beisteuere. Dann kommt der Rest der Band hinzu und wir arbeiten zusammen an den Songs weiter. Wir sind keine Band, wo über MP3-Austausch viel geht, wir funktionieren nur, wenn wir alle zusammen in einem Raum sind. Baard, unserer Bassist, ist für die Qualitätskontrolle zuständig, er bringt den Sound und die Performance im Studio nach vorne, während ich eher die Punk-Attitüde besitze und mich früher zufrieden gebe. Baard holt wirklich das Bestmögliche aus allem heraus. Claus, der Schlagzeuger, hat immer zehn Ideen, wie man die Dinge anders machen könnte. Obwohl wir am Ende immer nur eine Idee verwirklichen und auch immer nur jene, die am naheliegendsten ist, ist es beruhigend zu wissen, dass wir keine potentielle Idee ausgelassen haben.

Wie seid ihr auf den Bandnamen gekommen? Wolltet ihr ein Anti-Image zu dem verbreiteten Sex, Drugs & Rock’n’Roll-Klischee aufbauen? Der Albumtitel „Smoking Kills“ verweist ja auch darauf.

Du hast es erfasst! Wir mögen die Vorstellung, dass unsere Band zwar nach Punk und Garage klingt und dennoch nicht Teil der eingefahrenen Denkschemata in dieser Szene ist. Wir verlassen uns nicht auf diese leicht zu greifenden Klischees, damit wir uns ein Image geben können. Unser Club ist für jeden geöffnet.

Du lebst inzwischen in Europa. Warum bist du aus den USA weggezogen?

So wie ich den Ruf der Musik schon relativ früh wahrgenommen habe, so war auch der Ruf nach „Überall-nur-nicht-in-den-USA-leben“ schon damals sehr laut. Amerika ist in vielen Dingen ein wunderbares Land, aber auch sehr ignorant gegenüber anderen Kulturen. Viele Amerikaner wachsen mit diesem „USA No 1“-Ding auf, und weil das Land so groß und einzigartig ist, schreiben sie ihre eigenen Regeln. Ich glaube nicht an diese Haltung. Ich verliebte mich in meine jetzige Frau, Dominique, und zog mit ihr nach Frankreich, wo ich jetzt lebe. Politik hatte damit nichts zu tun, aber sie öffnete mir die Augen für die Welt, als ich sie traf. Wir heirateten 2003, unsere Tochter kam ein Jahr später auf die Welt. Ich verkaufte mein Haus in Seattle 2006 und zog endgültig nach Europa.

Das Album wurde komplett in Norwegen produziert. Spielt es für dich heute überhaupt noch eine Rolle, wo du ein Album machst?

Ein Großteil der Band lebt in Norwegen und wir haben einen günstigen Deal, was das Mastering angeht, haha! Es vereinfacht halt die Dinge, und Norwegen ist auch kein Land, wo es keinen Spaß machen würde, ein Album zu produzieren. Es ist ja schon kompliziert genug, dass wir alle nicht am selben Ort wohnen. Und auch die anderen Jungs sind über ganz Norwegen verteilt. Irgendwo muss dann eben ein gemeinsamer Nenner gefunden werden.

In den Texten geht es meist um Liebe und die damit verbundenen Hindernisse. Was bedeuten die Texte auf dem Album für dich?

Ich denke, bei dem Album geht es um Frustrationen und wie man mit seinen Mitmenschen umgeht, in Bezug auf Liebesbeziehungen, Freundschaft usw. Es ist leider nie so, wie man sich das vorstellt, und davon handelt dieses Album.

Gibt es etwas in deinem Leben, was du gerne ändern würdest? Bereust du etwas?

Also, ich war sicher nicht immer stolz auf alle meine Entscheidungen, klar. Ich habe viel gelernt, über Liebe, über Freunde, darüber eine Band zu haben und über Musikkarrieren, oft auf schmerzhafte Weise. Aber wenn du es so lernst, dann prägen sich die Lehren, die man aus diesen Fehlern zieht, irgendwie tiefer ein. Ich bin glücklich, so wie die Dinge gelaufen sind und die Vergangenheit kann man eh nicht ändern.