TEN FOOT POLE - BUCK WILD - UNDECLINABLEAMBUSCADE

Verschwitzte Körper, laute Gitarrenriffs, unzählig viele hübsche Studentinnen und natürlich drei verflucht gute Melodypunk - Bands, die genau wußten wie man einen Haufen 15-18jähriger Skater zum Ausrasten bringt. Volles Haus, so ungefähr 400 Leute und eine Stimmung, wie man sie im Exxil in Trier wohl nur selten miterlebt hat bei Konzerten dieses Genres. Da stellt sich unweigerlich die Frage, warum es nicht schon viel öfter ein solches Dreierpack auf Tour gab.

Aber von Anfang an. Trier, der 24.04.99, ca. 20:00, es nieselt und ich und mein Freund Sven erreichen gerade das Ex-Haus, wo wir hinter dem Tourbus von TEN FOOT POLE parken und kurz darauf vor dem selbigen mit Brian und Dave von BUCK WILD sowie mit Tony von TFP plaudern. Während so manches weltbewegende Thema angeschnitten wird, wie z.B. welches Fast-Food in Amerika das "beste" wäre oder daß es Shit in den Staaten so gut wie gar nicht zu kriegen gibt u.s.w., meint Tony zu wissen, dass der Name Randy im deutschen soviel wie "geil sein" heißt. Wahrscheinlich verwechselt er Randy mit "rattig" oder "räudig"; auf jeden Fall fragt er von nun an alle weiblichen Wesen, die vorbeigehen "Do I make you randy?". Lachen macht sich in der Runde breit und kurz darauf geht es auch schon in das EX-Haus. Der Saal ist schon brechend voll und ich versuche mir an der Bar noch ein Bier zu bestellen, bevor es endlich los geht.

UNDECLINABLE AMBUSCADE

Die Holländer legen gut los und vom ersten Song an ist die Menge dabei. Die Mischung aus druckvollen Gitarrenriffs und wirklichen guten Vocals lässt auch mich nicht kalt, und nach 15 Minuten schwitze ich wie Sau. Vor allem der Sänger zog so eine Show auf der Bühne ab, dass man ohne zu untertreiben von einer sportlichen Hochleistung sprechen kann. Als nach einer drei viertel Stunde das Ende des Auftritts der Band näher rückt, wird laut Zugabe gefordert. Die gibt´s dann auch, nochmal 10 Minuten Melodypunk aus dem Land der Coffee-Shops, mit dem obligatorischen SIMON & GARFUNKEL-Cover. Schön.

BUCK WILD

Nach dem gelungenen Auftritt von UNDECLINABLE AMBUSCADE, kommen BUCK WILD aus Santa Barabara auf die Bühne und die Erwartungen sind dementsprechend hoch. Da kaum jemand deren neue Platte kennt, zündet das neue Songmaterial nicht so stark wie ältere Sachen wie "The Letter" oder "That´s the Problem". Trotzdem können BUCK WILD überzeugen, auch wenn mir UNDECLINABLE AMBUSCADE an diesem Abend etwas besser gefallen haben. Vielleicht lag dieser Eindruck an dem veränderten Line Up von BUCK WILD, denn Bass und Drums wurden seit der letzten Aufnahme neu besetzt. Kurz nach dem Auftritt spreche ich dann mit Shawn (Sänger, Gitarrist, Frontmann & Ex LAG WAGON-Mitglied) über die neue Platte und nachdem wir über das abgefahrene Cover-Artwork der neuen Scheibe gewitzelt haben (lasst euch überraschen), kommen wir auf die musikalische Veränderung seit dem Debüt zu sprechen.

"Nun, das neue Album ist härter als das letzte, hauptsächlich aus dem Grund weil ich, als ich an dem ersten Album arbeitete, noch bei LAG WAGON war und dort viele harte Songs schrieb, wogegen ich für BUCK WILD mehr softe Songs schrieb. Nachdem ich dann LAG WAGON verlassen hatte, bekam ich wieder Lust, härtere Songs zu schreiben." Ob er die Zeiten mit LAG WAGON vermisse, frage ich ihn daraufhin. "Also ich vermisse es schon bei der Band LAG WAGON mitzuspielen, aber ich vermisse nicht die Leute von LAG WAGON. Als ich damals sagte, ich würde die Band verlassen, hieß es nicht "Hey, spiel doch weiter", sondern "OK, und tschüss". Ich denke, sie wollten es auch so. Der einzige, der sich darum bemühte, dass ich bleibe, war Chris." Soso, ich denke mir meinen Teil dazu und frage nicht mehr blöd nach. Ich frage nach dem Propagandhi-Sample bei dem Pro-Vegetarismus-Song "Tribute to the Mammal" auf der neuen Scheibe: "In den Staaten hat Fleischessen eine mächtige Industrie-Lobby so wie z.B. das Rauchen die Zigarettenindustrie hinter sich hat. Die Leute haben aber auch das Problem, daß sie das Fleischessen sehr ernst nehmen, sie sehen es als ihr Grundrecht oder so an. Wenn du den Leuten versuchst zu erklären, warum sie besser kein Fleisch essen sollten, dann fühlen sie sich sofort angegriffen "Hey was willst du mir noch wegnehmen? Meine recht auf freie Meinung?" Hinzu kommt noch, dass die Amerikaner zu faul sind, um sich wirklich darum zu kümmern sich darüber aufzuklären, wie die Tiere mißhandelt werden, mit welchen Methoden sie gezüchtet werden, wie sie transportiert werden usw. Die meisten essen einfach ihren Burger, ohne sich bewußt zu sein wie die Kuh oder das Huhn geschlachtet wurde. Ich denke jemand, der Tag aus, Tag ein in einem Schlachthof arbeitet, der zieht sich Abends nicht noch ´nen Burger rein."

Was in Europa mehr und mehr unterstützt wird, ist in Amerika wohl noch kein Thema und die grundliegenden Unterschiede zwischen den beiden Kontinenten werden auch bei den Live-Auftritten in Europa deutlich: "Hier ist das Publikum viel lebendiger, da kommen manche 200 Kilometer, nur um uns zu sehen, sie machen mit und begeistern sich viel schneller für die Musik als z.B. in den USA. Das hat auch was mit der Faulheit der Leute zu tun. Was mich jedoch besonders beeindruckt ist die Tatsache, daß das Publikum absolut ehrlich zu dir ist, z.B. wenn die Show scheiße war, dann kommen sie auf dich zu und sagen dir ins Gesicht "Hey, heute wart ihr aber richtig mies!" In diesem Moment geht die Tür des Backstage-Raumes auf und ein blutüberströmter Stagediver wird hineingetragen. Die klaffende Wunde an seinem Kopf lässt nichts gutes erwarten, worauf Shawn ein knappes "Shit!" rausbringt. Man entscheidet sich nach kurzer Diskussion den Stagediver zum Hospital zu bringen, was prompt in die Tat umgesetzt wird. Danach rede ich mit Shawn noch mal über Lobster Records, sein Label. "Also, Lobster Records macht zum Großteil mein Freund Steve, der sich um alle möglichen Bürokram und so kümmert, während ich mir die Demotapes anhöre, mich um die Bands kümmere und sie manchmal sogar produziere. Es ist ein sehr langwieriger Prozeß ein Label aufzubauen, aber ich denke mit WIPPERSNAPPER und BUCK WILD gehen wir schon den richtigen Weg." TEN FOOT POLE spielen schon eine ganze Weile, als ich mich bei Shawn fürs Interview bedanke und mich wieder zum Konzertraum bewege.

TEN FOOT POLE

Den Anfang habe ich verpasst, aber wenn er nur im Ansatz so gut war wie die letzte halbe Stunde, dann war das Konzert ein Hammer. Niemand, wirklich niemand stand still und die vier Kalifornier wußten, aus ihrem reichhaltigen Liedgut die richtigen Knaller raus zu fischen. Egal ob es ein Song der "Rev"-Platte oder der neuen Scheibe "Inside" war, die Menge tobte. Nicht nur wegen der richtig guten Stimmung, sondern vielmehr wegen der starken Zugabe wird mir diese Konzert noch länger in Erinnerung bleiben. Als Zugabe haben die Herren nämlich einen Song gebracht, der aus allen Band Phasen musikalische Highlights zusammenfasste und ca. 12 Minuten dauerte. Nach diesem Dauerfeuerwerk war das Publikum denn auch fertig, so dass ich mich noch ein bisschen mit Dennis, dem Sänger und Gitarrist von TEN FOOT POLE, unterhalten konnte, etwa darüber, wieso z.B. alte Songs wie "Old Man" noch immer in der Gunst der Fans ganz oben stehen und ob generell gesehen "Rev" nicht die beste Platte von TEN FOOT POLE war: "Nein, ich denke nicht. Ich für meinen Teil mag die letzten beiden Scheiben lieber, weil wir da diesen druckvolleren Gitarrensound haben, nicht wie bei "Rev", wo die Gitarre sehr schrammlig ist. Aber es ist schon o.k., wenn einige sagen Rev wäre unsere beste Platte. Das ist Geschmackssache." Vielleicht auch wegen dem Weggang Scotts, der ja PULLEY aufgezogen hat und fast zeitgleich mit TEN FOOT POLE ein Album rausgebracht hat. "Also das mit Scott war so: Wir wollten mit TEN FOOT POLE auch größere Touren machen, aber Scott war immer wieder mit seinem Baseball-Team beschäftigt, so dass wir ihn irgendwann vor die Wahl gestellt haben, entweder Band oder Baseball, was er dann als Rausschmisss empfand. Ich denke er hat genau das als Motivationsschub gebraucht, denn danach hat er mit PULLEY weitergemacht, und ich denke er ist dort viel engagierter als er es bei TEN FOOT POLE je gewesen wäre."

Ich frage ihn weiterhin, ob das Touren mehr Arbeit oder Spass ist, da Brian von BUCK WILD vorher meinte, für ihn wäre es wie Urlaub. "Ich empfinde es als Arbeit, denn ich meine, jeden Abend eine Livepeformance hinzulegen, das ist nicht nur körperlich, sondern auch psychisch anstrengend. Manchmal fragst du dich, warum machst du das alles, weil du es einfach leid bist. Das heisst nicht, dass ich nicht gerne toure, aber man kommt halt in eine gewisse Routine. Bei dieser Tour sind wir z.B. zu achtzehnt im Bus, das ist manchmal hart, oft aber einfach nur fun z.B. wenn gerade eine verrückte Party im Gange ist.

Das bringt uns zu der Frage, wie es zu diesem doch ungewöhlichen Dreierpack kam, das zusammen acht Wochen durch Europa touren soll. "Ich finde es interessanter, wenn die Bands auf Tour sich auch im Klang unterscheiden. Die Tour mit HI-STANDARD vor zwei Jahren war, wie ich fand, sehr gut, weil wir unterschiedlich klangen und das macht eine gute Show aus. Die jetzige Tour ist noch besser; da wären UNDECLINABLE AMBUSCADE, die wirklich gut sind und mit denen sich die Kids hier identifizieren können, da sie aus der Gegend kommen, da sind BUCK WILD, die sich doch mit ihrem Sound von uns unterscheiden. Es ist immer schwer Bands zu finden, die als Support auf Tour mitkommen, du mußt dich entscheiden zwischen einer größeren Band, die vielleicht mehr Geld machen würde, wenn sie selbst touren würde, und einer kleinen unbekannteren Band, die auf Tour möchte um auch ein breiteres Publikum zu erreichen. Und so kam es zu der Entscheidung halt mit beiden Bands, in diesem Falle UNDECLINEABLE AMBUSCADE und BUCK WILD, auf Tour zu gehen."

Kurz darauf werden die Sachen zusammengepackt, denn schließlich geht es für die drei Bands morgen auf ein Festival in Belgien. Als Sven und ich aus dem EX-Haus hinausgehen nieselt es wieder. Roadies und Bandmitglieder laden ihren Bus zur Weiterfahrt wieder mit Instrumenten und Mischpulten voll. Erst noch ´ne Zigarette, um dann im Dunkeln mit dem guten Gefühl nach Hause zu fahren, dass es sich gelohnt hat für ein Konzert 200 Kilometer weit zu fahren.