BIG DRILL CAR

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Pioneers Of Melodic Hardcore

BIG DRILL CAR gehören zu den Bands, die dem US-Punk die Melodie zurückgaben. Was den legendären DICKIES einst gelang – der Beweis, dass Punk und Pop perfekt zusammenpassen –, geriet in der zweiten Hälfte der Achtziger zunehmend in Vergessenheit. Stattdessen dominierten die brachial-krachige (New York City, Boston) und die vertrackt-frickelige Variante (Washington D.C.) des US-Punks. Es waren erst die legendären DESCENDENTS und deren nicht weniger geniale Nachfolgeband ALL, die sich wieder trauten, poppige Melodien in den klassischen Punkrock einzuflechten. Es ist vermutlich kein Zufall, dass diese neue Gelassenheit im Punk in Kalifornien ihren Ursprung hatte, wo Sonne und Strand offenbar eine Testosteron-dämpfende Wirkung auf die Menschen haben.

Und so war es ebenfalls kein Zufall, dass eine weitere Band aus dem Sonnenstaat stammt, die ebenfalls ihren Anteil an der Kehrtwende zurück zur Melodie hatte: BIG DRILL CAR. Kultstatus wie die DESCENDENTS erlangten sie nie, aber einflussreich waren sie mit ihrer perfekten Mischung aus Punk-, Pop- und Rock-Elementen dennoch – BDC sind eine jener Bands, die unter Musikern häufig als wichtige Inspiration genannt werden. Jetzt sind sie nach jahrelanger Pause wieder zurück. Zum Erscheinen der neuen CD „A Never Ending Endeavour“ (Boss Tunage/Rookie) sprach ich mit BDC-Sänger Frank Daly über Vergangenheit und Zukunft seiner Band.

Mit eurem melodiebetonten Ansatz hattet ihr euch von Anfang an in die Tradition von Bands wie den DICKIES und den DESCENDENTS gestellt. Waren diese Gruppen ein großer Einfluss für dich und Gitarrist Marc Arnold als Songwriter?

Besonders die DESCENDENTS hatten einen riesigen Einfluss auf uns. Mit 18 spielte ich Bass in einer Band namens M.I.A., und wir waren Vorgruppe auf der Abschiedstournee der DESCENDENTS. Ich sah sie also jeden Abend, und damals haben sie meinen Blick auf die Möglichkeiten des Punkrock völlig verändert. Ich bekam völlig neue Ideen, was Tempo, Dynamik und Melodien betraf.

Eure Karriere war immer eng mit der DESCENDENTS-Nachfolgeband ALL verflochten. Ihr wart zeitweise auf dem selben Label, Cruz Records, und ALL-Gitarrist Stephen Egerton produzierte fast alle eure Platten. Besteht heute noch Kontakt?

Aber klar. Erst im Juli haben wir drei Konzerte mit ALL gespielt. Stephen Egerton hat zudem nicht nur einige Songs unserer neuen CD gemastert, sondern auch Aufnahmen meiner zweiten Band THROWING STARS.

Eure Platten waren ja durchaus beliebt, der große kommerzielle Durchbruch blieb euch dennoch verwehrt.

Ach weißt du, Erfolg im Musikbusiness hängt oft einfach nur vom Glück ab. Du musst zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Ich will nicht sagen, dass wir kein Glück hatten, aber wir hatten in verschiedenen Phasen unterschiedlich viel Glück. Immerhin erzählen uns häufig Menschen, dass wir etwas ausgelöst haben, dass wir sie musikalisch beeinflusst haben, und es gibt mir schon ein starkes Gefühl von Zufriedenheit, so etwas zu hören.

Einige Jahre nach dem BDC-Split gründeten Gitarrist Mark Arnold und du zusammen mit Ex-DOUGHBOYS-Sänger John Kastner die Band ALL SYSTEMS GO, die das BIG DRILL CAR-Konzept konsequent weiterentwickelt hat. Warum bist du nach der ersten CD ausgestiegen?

Irgendwie war ich nicht mit ganzem Herzen dabei. Mark und John hatten zusammen neue Songs geschrieben, die mir gut gefielen, und ich dachte, dass es Spaß machen könnte, da mitzumachen. Aber ich habe das immer mehr als ein Projekt betrachtet und weniger als meine neue Band. Meine damalige Freundin und heutige Frau zog in der Zeit nach Indiana, um dort zu studieren, und ich bin ihr dann von Toronto, wo ALL SYSTEMS GO beheimatet waren, dorthin nachgefolgt – und da leben wir heute noch.

Inzwischen seid ihr wieder in der alten BIG DRILL CAR-Besetzung zusammen. Habt ihr den Kontakt in den langen Jahren der Trennung immer aufrecht gehalten?

Teilweise. Natürlich war ich immer in Kontakt mit Gitarrist Mark Arnold. Außerdem habe ich den Kontakt zu Bassist Bob Thomson immer aufrechterhalten, den ich damals als meinen alten Freund in die Band gebracht hatte.

Wie kam es nun zu den neuen Aufnahmen?

Als klar war, dass wir einige Konzerte mit ALL spielen würden, dachten wir, es wäre nett, etwas Neues für den Merchandise-Stand zu haben. Und es stellte sich heraus, dass jeder von uns ein paar neue Songs in der Pipeline hatte. Wir sind dann ohne große Erwartungen vier Tage ins Studio gegangen und haben es einfach geschehen lassen – und es hat genauso perfekt funktioniert wie auf den alten Platten.

Ihr habt Kinder und Jobs. Welche Rolle spielen BIG DRILL CAR heute in eurem Leben. Ist die Band ein willkommener Nebenverdienst?

Na ja, ich lebe im mittleren Westen der USA und die anderen an der Westküste, das macht es nicht gerade einfach, zusammenzukommen. Wenn BIG DRILL CAR proben wollen, verschlingt das rund 500 Dollar an Reise- und sonstigen Kosten. Deshalb verdienen wir mit der Band nicht das große Geld. Es ist einfach ein Liebhaberding unter uns Bandmitgliedern und es macht großen Spaß. Aber wir arbeiten nicht ständig an BIG DRILL CAR. Jetzt, nachdem die Platte rauskam, werden auch wieder Phasen kommen, in denen jeder so sein Leben lebt, sein Ding macht.