MEINE KLEINE DEUTSCHE

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Größer, härter, gruseliger!

Mit ihrem Bandnamen locken MEINE KLEINE DEUTSCHE Kritiker und Sympathisanten geschickt auf eine falsche Fährte. Denn MKD sind eigentlich vier gar nicht so kleine Schweden, die sich statt auf deutsche Tugenden vor allem darauf verstehen, rauhe Punk-Attitüde mit elegant-kühlen New-Wave-Elementen zu vermengen und die gewagte Verbindung anschließend in ein Mäntelchen aus elektronischer Liebe zu hüllen. Dabei kommt das neue Album „Before People Forget Sound“ deutlich weniger wild daher als die Vorgänger. Stattdessen zelebriert das Quartett um Gründungspaar Maria „Mia“ Johansson und Patrik Boman die Melancholie.

Patrik, ich bin mir mehr als sicher, dass ihr diese Frage schon mindestens sieben Millionen Mal gehört habt. Warum habt ihr euch MEINE KLEINE DEUTSCHE genannt?

Die Story, die sich hinter unserem Bandnamen versteckt, ist so lahm und langweilig, dass ich mich weigere, auf diese Frage zu antworten. Aber es scheint eine gute Wahl gewesen zu sein, sonst würde in Deutschland ja nicht jeder danach fragen. Manchmal würde ich uns gern umbenennen, aber ich fürchte, dafür ist es jetzt zu spät. Davon abgesehen haben fast alle Bands beschissene Namen, außer SLAYER und NWA natürlich. RAMONES ist auch ein ziemlich guter Name, besonders auf Spanisch.

Wo wir gerade bei uns Deutschen sind: Wir haben oft mit Vorurteilen zu kämpfen. Angeblich essen wir nichts als Sauerkraut, die Mädchen tragen ausschließlich Dirndl und wir jodeln. Den ganzen Tag lang. Was denkt ihr Schweden über uns?

In letzter Zeit scheint ihr Deutschen die Ironie für euch entdeckt zu haben, oder? Aber deutsche Männer tragen immer riesige Schuhe. Ich glaube nicht, dass eure Füße größer sind als unsere, aber eure Schuhe sind gigantisch. Elbkähne. Das habt ihr mit den Dänen gemeinsam. Riesenschuhe! Würdest du in Schweden niemals sehen. Meine Freundin ist zur Hälfte eine Deutsche, also muss ich wohl oder übel damit klarkommen. Nicht mit den Schuhen, aber mit dieser Ironiesache.

Euer letztes Album, „Rooky“, war sehr laut, druckvoll, elektronisch. „Before People Forget Sound“ hingegen ist sehr viel ruhiger, melancholischer und reifer.

Ich weiß nicht, ob es reifer ist. Ich weiß nur, dass ich die Schnauze voll davon hatte, Jahr für Jahr nur schnellen, lauten Punk zu spielen. Punk ist eh nicht so mein Ding. Wir haben die Songs diesmal einfach anders gestaltet. Anstatt mit den Gitarren anzufangen, haben wir diesmal zuerst die Synthies und die Beat-Parts aufgenommen. Die Gitarren sind erst später dazugekommen. Wenn ich Musik mache, will ich, dass es gefährlich klingt. Und ein bisschen gruselig. Die Songs auf diesem Album stehen für sich, anders als auf „Rooky“.

Ihr wurdet zusammen mit THE KNIFE und AAVIKO als die Pioniere des skandinavischen Electroclash gefeiert. Würdet ihr eure Musik noch immer so bezeichnen?

Was soll Electroclash eigentlich sein? Wenn es das ist, als was die britische Presse Acts wie PEACHES oder CHICKS ON SPEED bezeichnet, dann haben wir damit nichts zu tun. Ich bin mir sicher, dass diese Künstler großartig sind, aber wir haben wirklich gar nichts gemeinsam. Ich denke, wir machen einfach Musik und bei jedem neuen Album klingen wir ein bisschen anders.

Der Wave und generell der Sound der Achtziger scheint einen großen Einfluss auf eure Musik zu haben.

Ich glaube, dass ich für uns alle spreche, wenn ich sage, dass wir den Pop der Achtziger lieben. Kate Bush, Kim Wilde, HUMAN LEAGUE. Die Balladen der Achtziger sind fantastisch. Songs wie Cindy Laupers „Time after time“ oder „Total eclipse of the heart“ von Bonnie Tyler sind ganz großes Kino. Der Sound der Achtziger hat was Besonderes, definitiv.

Ihr habt als Duo angefangen, heute sind MEINE KLEINE DEUTSCHE vier Leute. Hat das einen Einfluss darauf, wie ihr eure Songs schreibt oder wie ihr live performt?

Mia und ich schreiben immer noch den Großteil unserer Songs. Aber jeder von uns hat ein Mitspracherecht, was die Aufnahmen und das Abmischen angeht. In Zukunft werden darum auch mehr echte Drums auf den Aufnahmen zu hören sein. Live sind wir heute viel mehr eine echte Band, alles ist dynamischer. Mit Topi haben wir den besten Drummer der Welt, und Max hat etwas völlig Neues und Großartiges in unsere Songs gebracht. Größer, härter, gruseliger!

Apropos gruseliger: Der Stil eurer aktuellen Pressefotos erinnert mich doch sehr an die 30er und 40er Jahre, sehr elegant, sehr raffiniert, gleichzeitig aber auch dunkel und mysteriös. Ist das der visuelle Ausdruck eures neuen Sounds?

Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Es ist ein wenig Goth, gemixt mit dem Style und der Attitüde der Dreißiger ... daher denke ich, die Antwort müsste „Ja“ lauten. Vor ungefähr einem Jahr kam uns die Idee, uns in etwas Mysteriöses zu verwandeln, die Musik sollte geheimnisvoll sein, wir wollten geheimnisvoll sein. Dieser Gedanke wurde fast zu einer Besessenheit. Und diese Bilder waren ein Teil des Plans.